Geschichte des Sports in Neukalen (8)
Mario Heinzel
Reinhold Dominka
Im Jahre 1935 in Dortmund geboren und in Bad Doberan aufgewachsen ist Reinhold Dominka. Seine Sportbegeisterung entwickelte sich schon von Kindesbeinen an. Er sog als Kind alles auf, was mit Sport zu tun hatte. Und als Reinhold dann auch noch lesen konnte, hing seine Nase gern über Bücher, die mit Sport zu tun hatten, sofern diese zur Verfügung standen. Ein Lieblingsbuch war “Olympia 1936“. Die Ergebnisse hatten sich in seinen Kopf eingebrannt. Und so kam es, dass eines Tages, auf Anfrage seines Kindermädchen (Pflichtjahrmädchen) nach seinem Berufswunsch, die Antwort Olympiasieger lautete. Für ein Olympiabuch hat es nicht ganz gereicht, aber für einen ausführlichen Bericht langte es allemal. Denn Reinhold hinterließ sichtbare Spuren in Neukalen. Folgen wir nun seinem tatsächlichen Werdegang.
Das erste sportliche Erlebnis als Zuschauer waren für ihn 1944 die Spiele zur Erlangung der Dreikampfnadel. Die drei Disziplinen waren Weitsprung, Schlagballweitwurf und ein Kurzstreckenlauf (je nach Alter 60, 75 oder 100 Meter). Turnen und Leichtathletik, die Ursportarten, hatten es ihm angetan. Schrecklich die Erinnerungen an 1945. Nach Ende des Krieges fand in Bad Doberan eine Trauerfeier für die im Krieg gebliebenen Sportler statt. Reinhold hatte sie Laufen, Springen und Handball spielen gesehen. Es war für ihn ein trauriger Moment. Ein betagter Arbeitersportler namens Herr Lange nahm sich den sportbegeisterten Jungs aus Bad Doberan an. Alle über 12 durften mitmachen. Sie wurden vorher von einem Arzt untersucht. Reinholds Bruder fiel auf Grund einer Krankheit durch. Reinhold dagegen, obwohl noch zu jung, durfte jedoch mitmachen. An diesem Tag erklomm er zum ersten Mal die Kletterwand. Herr Lange trainierte sie nach guter alter deutscher Art. Disziplin war oberstes Gebot und dann kam der Spaß auch nicht zu kurz. Es wurde in einer kleinen Turnhalle (ähnlich wie früher unsere im heutigen Bürgerhaus) im so genannten Ringbetrieb (Geräte in Kreisform aufgestellt) trainiert, und der Herr Lange gab mit einer Art Klapper immer den Takt an. Die Jungs waren so begeistert, dass sie sehr enttäuscht waren, wenn der Sport mal ausfallen mußte. Einige Zeit später wurde der Herr Lange im Rathaus der Stadt angestellt und hatte somit kaum oder wenig Zeit für seine Jungs. Dann übernahm auch schon mal Reinhold zusammen mit seinem Kumpel das Zepter und die Jungs trainierten in Eigenregie. Hier wuchs in Reinhold die Entscheidung. Ich werde Sportlehrer!
Und als wäre das alles noch nicht genug, schaffte sich Reinhold noch ein zweites Standbein in jungen Jahren, er verschrieb sich auch noch dem Handball. Bad Doberan war damals, und ist es auch heute noch, eine Handballhochburg im Norden unseres Bundeslandes. Die großen Vorbilder für die Doberaner waren die Rostocker Handballer. Die waren mehrmalige Ostzonenmeister und später DDR-Neister. Die Erlaubnis Handball spielen zu dürfen war ein Weihnachtsgeschenk seines Vaters. Dieser war, verbittert durch den ganzen Krieg, eigentlich gegen den Sport. Er sagte immer: “Reinhold, die brauchen nur gute Soldaten. Deshalb deshalb der Sport.“ Aber sein Vater ließ sich erweichen und Reinhold spielte ab 14 Jahre bis zum 24. Geburtstag aktiv Handball. Sein letztes Jahr spielte er erfolgreich in Stavenhagen. Er fuhr mit dem Fahrrad nach Malchin und von dort mit dem Zug nach Stavenhagen und danach zurück. Mit Training und Wettkampf kamen dabei schon ein paar Kilometer zusammen. Hätte er das noch länger gemacht, wäre er wohl ein Mann für Max Kohnke geworden.
An ein Erlebnis erinnert sich Reinhold noch ganz besonders. 1945 wurden die Lager vom Reichsarbeitsdienst aufgelöst. Mit ein paar Kumpels wollte er, natürlich „unerlaubt“, dort stöbern. Die trauten sich nicht und so ging er alleine. Viele Sachen wurden einfach kaputt gemacht, damit sie ja nicht in die Hände der Sowjetarmee fielen, so z.B. sämtliches Schuhwerk und darunter besonders Turnschuhe. Denen wurden einfach die Sohlen durchschnitten und waren somit unbrauchbar. Aber er wurde trotzdem fündig. Reinhold nahm sich zukunftsweisende Dinge mit. Eine 5 kg-Kugel für Kugelstoßen, einen Diskus und einen 5kg „Hammer“ mit durchtrennter Kette. Diese und den damals noch fehlenden Griff, besorgte er sich Jahre später in Rostock. Diese drei Dinge begleiteten ihn in den Jahren als Jugendlicher, und er nahm sie später auch mit nach Neukalen. Und als Randnotiz, Reinhold hält noch den Neukalener Stadtrekord im Hammerwerfen. Geworfen 1957 hinter dem Sportplatz an den Judentannen. Die Weite ist hierbei uninteressant.
In der Schule war Reinhold auch nicht gerade schlecht. Er erreichte die 12. Klasse, aus der er aus privaten Gründen entfernt wurde. Da er aber nicht, wie viele andere in dieser Zeit, in den Westen wollte und auch das Abitur auf seiner Liste der zu erreichenden Ziele blieb, schaute er sich anderweitig um. Zunächst bekam er eine Lehrstelle in der Warnow-Werft. Noch bevor er diese antreten konnte, bekam er Bescheid nach einigem Hin und Her, mit dem 11.06.1953 beginnend, daß er sein Abi in Bad Doberan beenden konnte. Der Weg über die ABF (Arbeiter-und Bauernfakulttät) wurde also hinfällig. Das geplante Studium der Fächer Romanistik/Sport wurde in Rostock aufgenommen, nach einem Semester in ein dreijähriges einfaches Sportstudium umgewandelt. Die Möglichkeit, die erstgewählte Kombination in Berlin fortzusetzen, nahm er nicht wahr. Da Sport allein als Fach nicht ging, nahm er später Russisch als zweites Fach. Das Wissen dafür eignete er sich damals zusammen mit Franz Drenk per Fernstudium in Güstrow an. Da der Franz damals schon einen Trabant besaß, war die Fahrt dorthin immer gesichert. Dies ging von 1960 bis 1964.
Im Sommer 1956 beginnt Reinhold seine Lehrerlaufbahn und seine Beziehung mit Neukalen. Eine Stadt, in der er sich sehr schnell wohl und zu Hause fühlte. Seine erste Bleibe hatte er in der Rektorstraße 26. Er ist der erste an einer Hochschule ausgebildete Sportlehrer an der Schule. Junglehrer hatten über Schnellkurse der Sonderausbildungen die Befähigung dafür erworben. Vorbildlich sei hier Dieter Siebert erwähnt. Dieser hatte, trotz Fernstudium (Geographie) nebenbei, schon etwas aufgebaut. Was Dieter für die Schule gewesen war, hatte Kurt Albrecht mit seiner Sektion Geräteturnen bei der BSG Traktor Lelkendorf geschaffen. Diese übernahm Reinhold gleich nach seiner Ankunft. Der gute alte Kurt mochte nicht mehr und war froh darüber, dieses jetzt in junge Hände zu übergeben.
Reinhold staunte nicht schlecht, als zum ersten Training nur Mädchen dastanden. Es war zwar ein schöner Anblick, doch bat er darum, dass die Mädels doch ihre Freunde mitbringen sollten und eine Woche später waren dann auch die Jungs da. Die Älteren waren alle mit Begeisterung und dem nötigen Ernst dabei. Das färbte auf die Jüngeren ab. So war es möglich mit allen Klassen auch an Wettkämpfen auf Kreis- und Bezirksebene teilzunehmen. So gab es Vergleichswettkämpfe mit Stavenhagen, Malchin, Teterow oder Dargun. Die etwas Besseren gehörten zur Kreisturnerriege Teterow. So nahmen Eberhard Zingelmann und Reinhold Dominka selbst 1958 an Vergleichskämpfen mit Bad Segeberg in Trappenkamp und Teterow teil. Zu Bezirksmeisterschaften fuhren z.B. Adalbert und Emmerich Tonhäuser. Eine dieser Meisterschaften blieb auf Grund der abenteuerlichen Anreise in Erinnerung. Sie fand in Templin statt. Mal ging es mit dem Zug, mal per Anhalter. Und das Stück von Fürstenberg bis Lychow sogar mit einem „Saukra“ der Sowjetarmee.
Weitere Höhepunkte waren die jährlichen Schauturnen. Sie fanden nach größeren Elternabenden, zu Weihnachtsfeiern, Sportlerbälle und später auch als Programmfüller beim Gewichtheben statt. Austragungsort war zumeist der Saal in der Gaststätte Dahms (heute Diskothek). Das war schon aufregend für die kleinen Sportler vor so vielen Leuten ihr Können zu zeigen..
Von links: - ? -, Margit Papke, Marianne Kirschner, Edda Dräger, Emmerich Tonhäuser, Jürgen Paulig, Wolfgang Tietz, Uli Voth, Hans Müller, Erwin Tonhäuser, ?Mit dabei: Edda Dräger, Hildegard Schmidt (geb. Talke), Heidelore Ballwanz, Margit Papke, Bärbel Matznick, Rita Ladwig, Marianne Kirschner, … Dumann, Rosi Mann
Von links: Ingrid Olesch, Monika Suhr, Ingrid Matznick, Brigitte Krüger, Renate Allonge, Edda Dräger, Elke KerkliesVon links: Benno Bliessner, Hans Ziebarth, Wolfgang Hein, Reinhold Dominka, Uwe Dethloff, - ? -,- ? -,- ? -, Jürgen Paulig, … Tetzlaff, Carl Schnürer, Wolfgang Rinke, Erwin TonhäuserVon links: Manfred Hein, Peter Gieseler, Fritz Waack, Richard Schmidt, Karl-Heinz Mieckley (am Gerät), Reinhold Dominka, Uli Weinelt, Manfred Leverenz, Jochen Krüger
Schauturnen 1956
Neben Reinhold und Dieter Siebert sind hier Frau Schössow und Edda Trebbin (Dräger) als helfende, vorbereitende und unterstützende Personen zu nennen. Viele der damaligen Aktiven erinnern sich gern an diese Zeit zurück und wissen auch noch die eine oder andere Anekdote zu erzählen. Eine zum Beispiel. Reinhold hatte für die Mädchen der 9. und 10. Klasse den Volkstanz mit in den Lehrplan genommen. Ein mutiger Schritt. Er war musikalisch eher wenig vorgebildet, doch hatte er in der Studienzeit Akkordeon spielen gelernt. So eins besorgte er sich nun und spielte den jungen Mädchen die Melodie zum Tanz. Ob Hildegard Schmidt (Talke), Frau Greschner oder andere erzählen heute gerne davon. Ihre Tänze waren oft sogar der Höhepunkt oben genannter Veranstaltungen.
Neben dem Turnen wurde Leichtathletik die zweite große Herausforderung für den „Sportlehrer“ Reinhold Dominka. Mit den Beispielen Kurt Schmidt und Wilma Schlund (beide Anfang der fünfziger Jahre gute Leichtathleten) entfachte er die Begeisterung für diesen Sport über den Lehrplan hinaus. Schon früh stellten sich erste Erfolge ein. Durch gute Leistungen bei den Kreismeisterschaften 1957 erhielten einige Neukalener Jungs die Auszeichnung in einer Malchiner Kreisauswahl an internationalen Sportspielen in der damaligen „Pionierrepublik“ am Werbellinsee (nahe Berlin) teilzunehmen. Auch der damals hochgeschätzte und sportbegeisterte Pastor Beencken soll seine Hände bei der Organisation im Spiel gehabt haben. Welcher und wie hoch sein Anteil war lässt sich leider nicht mehr genau nachweisen, darum lassen wir den „Mann Gottes“ im respektvollen Hintergrund. So ging es für die Jungs in den Sommerferien 1957 auf große Reise. Sie staunten nicht schlecht beim Anblick dieses großen Lagers. Untergebracht wurden sie in 16-Mann-Zelte. Neu für sie war auch das internationale Stimmengewirr. Dort Russisch, Polnisch, Tschechisch und auf der anderen Seite Ungarisch oder gar Albanisch. Der Tag im Lager war von Sport geprägt. Von morgens bis abends gab es Aktivitäten jeglicher Art und natürlich auch die Wettkämpfe. Über den so genannten Dreikampf (Weitsprung, Schlagballweitwurf, 60 m-Lauf) wurde die Einzelstarter bzw. die Staffelbesetzung der Kreise ermittelt. Und die Staffel "Malchin" war durch Neukalener geprägt. Neben einem Läufer aus Basedow standen mit Peter Gieseler, Fritz Waack und Hans-Jürgen Salow gleich drei Neukalener in der siegreichen 4 x 60-m-Staffel. Die Goldmedaille zeichnete sich deutlich von der schwarzen Sportbekleidung der Burschen ab, welche sie auch stolz dem ganzen Lager zeigten. Hans-Jürgen Salow war zum Beispiel eines der größten Talente unter Reinhold, aber dazu später mehr. Optischer und gerade für die Jungs interessantes Prunkstück des Lagers war ein altes sowjetisches Flugzeug. Das war was, worüber man in der heimatlichen „Provinz“ erzählen konnte, und der Flieger wurde bis ins Detail erkundet. Das waren die positiven Erinnerungen. Für Peter gab es auch eine schlechte Erfahrung.
Enblem Schulsportklub Mittelschule Neukalen
Nach einer anstrengenden Trainingseinheit ging es schnell zurück in ihr Mannschaftszelt und Peter schnappte sich die erstbeste Mostflasche um seinen gewaltigen Durst zu stillen. Was er in seiner kindlichen Gier nach dem Labsal übersah, war, dass sich bereits eine größere Gruppe Wespen zu einer „Zuckerorgie“ in der Flasche versammelt hatte. Diese wehrten sich und machten aus Peters Rachen ein Schlachtfeld. Sieben der gelb-schwarzen Biester rammten ihm ihre Stacheln in den ausgetrockneten Mund. Sie bezahlten diese Stiche zwar mit dem Tod, aber brachten Peter in eine bedrohliche Situation. Ein klarer Fall für den Notarzt. Dieser stabilisierte ihn, legte einen Schlauch zum Atmen, der nötig wurde, weil alles zu geschwollen war. Er kam ins nächst gelegene Krankenhaus, wo sich bei fürsorglicher Pflege durch hübsche Krankenschwestern bald Besserung einstellte. Er hatte Glück gehabt. Eine etwas ironische Bemerkung sei mir hier gestattet. In Anlehnung an ein Grimmsches Märchen hätte man Peter die Beinamen “Sieben auf einen Schluck“ geben können. So fuhr er zwei Tage später nur mit der Goldmedaille und ohne Gürtel ("Sieben…") mit den anderen in Richtung Heimat.
Von links: Wolfgang Jabrowski, Reinhart Merten, Hans-Werner Dorsch, Manfred Hein
Trainingslager in Gnoien
Von links: Atze Tonhäuser, Edda Dräger, Uschi Schröder, Anke Krüger, Rosi Winkler und Emmerich Tonhäuser
Einmarsch der Mädchen zum Sportfest in Stavenhagen
Von links: Gernot Füchsel, Benno Ludwigs, Wolfgang Hein und Wilfried Brandt
Zurück zur Schule. Um den umfangreichen Lehrplan zu schaffen, wurden die jeweiligen Klassenstufen parallel unterrichtet. Somit standen immer zwei Sportlehrer zur Verfügung. Das gab die Möglichkeit Jungen und Mädchen getrennt zu unterrichten, da sich deren Lehrpläne doch stark unterschieden. So hatte Reinhold immer einen an seiner Seite. Meist war es Dieter Siebert, später auch z.B. die sehr gute Turnerin Frau Pollex oder der Herr Königsmark. Ebenso war es bei der Betreuung der sportlichen Arbeitsgemeinschaften (AG) nach Schulschluss. Die viele Arbeit wurde auf mehrere Schultern verteilt, da jede Gruppe ein bis zweimal wöchentlich trainierte. Die 1962 gegründete SSG Neukalen erfasste diese Aktivitäten unter einem Dach. Das Emblem für den Klub entwarf Zeichenlehrer Peter Skabell in seinem stillen Kämmerlein. Der Entwurf wurde nach Thüringen zur Bearbeitung geschickt. Nach Absegnung der Verantwortlichen bestellte die Schule 200 dieser Aufnäher. Diese verteilten die Sportlehrer aber nicht wahllos. Man mußte sich schon eins mit sportlicher Leistung verdienen. Der Ansporn half und viele Mütter der Stadt saßen in dieser Zeit abends dabei, das Emblem auf die Sportkleidung ihrer Kinder zu nähen.
Das war zunächst die sportliche Seite. Etwas anderes brannte Reinhold viel mehr unter den Nägeln. Seinem und dem Ehrgeiz seiner Schüler wollte er ein besseres Fundament schaffen. Die Bedingungen für den Schulsport in Neukalen waren aus seiner Sicht katastrophal. Da war der weite Weg zum großen Sportplatz außerhalb der Stadt (von einer Doppelstunde ist bereits eine Stunde für den Weg draufgegangen), zumal es zunächst weder eine Laufbahn noch eine vernünftige Weitsprunganlage gab. Die Sprunganlage brachte Reinhold zusammen mit einigen Eltern und Schülern und mit Zuhilfenahme von Ziegelschotter, Lehm und Sand wieder auf Vordermann. Sie war sogar so angelegt, dass man dort auch Hoch- und sogar Stabhochsprung absolvieren konnte. Hier hielt z.B. Manfred Düring (2,70 m mit dem Bambusknüppel) den Stadtrekord. Gelaufen wurde zu der Zeit oft im Stadtpark, was aber auch keine Lösung der Probleme darstellte. Hier lief man zwar eine “Runde“, doch teilte man diese mit dem normalen “Verkehr“ bzw. war die Bodenbeschaffenheit eben nur die eines Parkweges. Trotz dieser Umstände gab es in den späten 50-ziger und Anfang der 60-ziger Jahre Schulsportfeste an den Judentannen. Bei einem dieser Feste entstand das Foto mit den vielen jungen Mädchen. Die Laufstrecken wurden auf den Rasen verlegt. Improvisation war alles. Über die 100 Meter war nachweislich Horst Schelän der schnellste. Mehr ist leider nicht bekannt.
Reinhold machte ständig Druck die Bedingungen für den Sport in Neukalen zu verbessern. Mit einem Plan im Kopf suchte er sich hilfreichen Beistand. Den fand er in Herrn Weinelt. Der Vater zweier Jungs (Lutz und Ulli) war zu der Zeit Elternratsvorsitzender und, was ganz wichtig war, er hatte einen großen Betrieb hinter sich. Herr Weinelt war als Hauptbuchhalter bzw. stellvertretenden Direktor der Ziegelei tätig. Er sorgte für das nötige Material und einige Technik. Den Rest besorgten Eltern und Schüler. Unter ihnen besonders diejenigen, wo es noch eine private Landwirtschaft und die damit verbundene Technik gab. Ebenso half die BSG Traktor Lelkendorf und so mancher Handwerker der Stadt. Um der Wiese hinter der Schule diese Anlage abzugewinnen, mußte einiges an Boden abgetragen und noch mehr festes Material aufgebracht werden. Oft versagte die Technik und Pferde mussten ran. Zum Beispiel die von Robert Zingelmann. Sie leisteten gute Arbeit. So manches Mal fuhren sie sich fest. Einmal, so berichten Quellen, hatten sie die „Pferdenüstern“ voll und verabschiedeten sich auf geradem Wege in Richtung Stadt. Kurz bevor sie bei Wiechert „einkehren“ konnten hatte sie Robert wieder eingefangen. Die Arbeit wurde trotz Hindernissen geschafft, und so hatte Neukalen im Jahr 1964 endlich einen Schulsportplatz. Er besaß ein Kleinfeld, eine Rundbahn, eine 75 m-Laufbahn und eine TÜV-gerechte Weitsprunggrube.
Ein weiteres großes Projekt Reinholds mit bleibender Wirkung war die Erschaffung eines Lehrschwimmbeckens auf dem Neukalener Schulhof. In der damaligen Zeit war es Pflicht, dass jedes Kind in der 5. Klasse das Schwimmen erlernte und war auch Teil der Benotung der Schüler. Die zu erreichen war immer ein schweres Unterfangen. Die Peene war nicht geeignet und so blieb nur der Kummerower See. Jahr für Jahr fuhren sie bei Wind und Wetter mit den Klassen nach Kummerow, um dort ein Schwimmlager durchzuführen. Zwar waren diese „Zeltlager“ (10-Mann-Zelte) ein Abenteuer für die Kinder, doch Aufwand und Ergebnis standen zumindest aus Lehrersicht in keinem Zusammenhang. Zumal bei oftmals schlechtem Wetter auch die Motivation der Kinder sprichwörtlich schnell den Bach runter ging. Dem mußte Abhilfe geschaffen werden. In einem Gespräch mit einem Kollegen erfuhr Reinhold von einem neu gebauten Lehrschwimmbecken in Anklam. Zusammen mit Direktor Steinberg und Bürgermeister Hans Schuhmacher begab er sich vor Ort zur Besichtigung der Anlage. Allen drei gefiel das Projekt und schon auf der Rückfahrt wurde diskutiert und gegrübelt wie man ähnliches in Neukalen umsetzen konnte. Von staatlicher Seite war mit finanzieller Unterstützung nicht zu rechnen. Größten Falls könnte die Stadt bürokratische Hürden einebnen. Die Schule brachte es auf 3000,- Mark Eigenkosten. Nun war Improvisation gefragt. Über den Elternbeirat wurden Kontakte gesucht, gefunden und auch geknüpft. Über einen Aushang bei Friseur Ullrich am Markt wurde gefragt, wer sich am Bau beteiligen würde, und auch die ortsansässigen Handwerker wurden über das „nationale Aufbauwerk“ NAW um Mithilfe gebeten, heute würde man Sponsoring sagen. Es ist überliefert, dass der eine oder andere von ihnen ein wenig verärgert waren, weil sie sich nicht, wie erwünscht, in das Projekt einbringen konnten. Die Grube auf dem Schulhof wurde von Herr Gamm aus der Lutherstraße ausgehoben. Den Boden verschafften die umliegenden Bauern. Die jetzt benötigten Betonplatten besorgte Herr Bauingenieur Hans Burmeister aus Neukalen. Er hatte einen LKW voll 7-m langen Deckenplatten, die beim Transport „beschädigt“ worden waren, und als “Abschreibung“ nach Neukalen umgeleitet wurden. So wurden aus ursprünglichen Deckenelementen Bodenplatten für ein Schwimmbecken. Wie er das gemacht hat, soll bitte im Verborgenen bleiben, aber gut hat er es gemacht!!! Jetzt konnte pausenlos gewerkelt werden und binnen kurzer Zeit hatte Neukalen im Jahr 1968 sein eigenes Lehrschwimmbecken in den Maßen 14 x 7 Meter. Noch erwähnenswert ist, dass die Einweihungsfeier teurer war wie der Bau der gesamten Anlage. Ein fröhliches Fest für jung und alt, insbesondere für diejenigen, die sich für das Gelingen auf die Schulter klopfen konnten.
Ein Beitrag aus der "Freien Erde" berichtet darüber:
"Mit Hilfe der Einwohner
Modernes Lehrschwimmbecken für Neukalen geschaffen
Allgemeine Aufregung herrschte am vergangenen Sonnabend auf dem Hof der Oberschule in Neukalen im Kreis Malchin. Hunderte Bürger aus dieser kleinen mecklenburgischen Stadt gaben sich hier ein Stelldichein, um ein neues Lehrschwimmbecken seiner Bestimmung zu übergeben. 14 Meter ist dieses Becken lang. Die Breite beträgt sieben und die Tiefe durchschnittlich 1,15 Meter. Überdacht ist das Ganze von einer Halle aus einer durchsichtigen Folie. Wie uns einer der Initiatoren dieses im Kreis einmaligen Objektes, der stellvertretende Direktor der Schule, Parteifreund Siebert, mitteilte, stellt dieses Becken einen beachtlichen Gesamtwert von 24 500 Mark dar. Durch die fleißige Hilfe der Bevölkerung wurden jedoch nur 3740 Mark in Anspruch genommen. Das entspricht annähernd der Summe, die die Schule in jedem Jahr für einen Schwimmlehrgang am Kummerower See auf den Tisch blättern mußte. Zukünftig kann diese Summe eingespart werden, Auch für die Verbesserung der Leistungen im Modernen Fünfkampf, in dem nun einmal Schwimmen enthalten ist, schafft dieses Becken günstige Voraussetzungen."
Der Baubeginn des Lehrschwimmbeckens für die Schule auf dem Schulhof war am 2.6.1968. Der Bau dauerte 14 Wochen. Die offizielle Einweihung fand am 31.8.1968 statt. In der „Freien Erde“ wird berichtet:
"Zu einem Ereignis für die ganze Stadt wurde am Sonnabend in Neukalen im Kreis Malchin eine Einweihungsfeier. Die Einwohner der Stadt hatten sich in den letzten Monaten im Wettbewerb zum 20. Jahrestag neben ihrer Schule ein modernes Lehrschwimmbecken gebaut. Mit Folie überdacht, wird es der Jugend der Stadt und natürlich auch allen Einwohnern prächtige Möglichkeiten zur sportlichen Betätigung und im Sportunterricht der Schule bieten. Viel Anteil nahm die Bevölkerung, als am Sonnabend der lang gehegte und fleißig verwirklichte Wunsch mit der Eröffnung in Erfüllung ging. Viele, viele Lobes- und Dankesworte gab es natürlich für die Initiatoren und die fleißigen Helfer. Fotos: Peter Sengpiehl."
Am 31.8.1968 fand die offizielle Einweihung des Lehrschwimmbeckens der Schule statt.
So schön wie sie es sich mit dem Foliendach erdacht hatten, ging es praktisch aber nicht. Regenwasser drückte Beulen in das Dach und die Folie riss.
Ein weiteres Projekt, das der Reinhold in seiner Schaffenszeit an unserer Schule verwirklichte, war, dass der zur Turnhalle umgebaute Tanzsaal in der Rektorstraße (Bürgerhaus) endlich einen vernünftigen Parkettboden erhielt. Auch hier erwies sich seine angeborene Hartnäckigkeit als positiver Motor bei den notwendigen Gesprächen mit den Ämtern und Behörden. Das alles trug dazu bei, dass die Unterrichtsbedingungen im Bereich Sport in Neukalen, gegenüber Vergleichsschulen, auf einem sehr guten Niveau waren.
Seine Schüler und insbesondere seine Sportler zahlten ihm das schon bald mit guten Erfolgen bei regionalen Meisterschaften zurück. Ob Kreismeisterschaften, Spartakiaden oder Kreis-, Turn- und Sportfesten. Neukalen hatte Spitzenleute in allen Altersklassen. Auf Bezirksebene sah es da schon etwas anders aus, weil dort schon die neu gestalteten Trainingszentren der großen Clubs an den Start gingen. Der eine oder andere seiner Schüler schaffte den Sprung auf diese Ebene oder kam ihr zumindest sehr nahe. Nachweislich bekannt sind uns Ergebnisse vom 8. Kreissportfest. Dort siegte Eckhard Litschko bei den Schülern im Dreikampf mit 179 Punkten. Er siegte in allen drei Disziplinen (75-m-Lauf in 10,0 Sek., Weitsprung mit 4,81 m und Kugelstoßen mit 10,28 m). Günter Steinberg wurde in dieser Klasse Dritter. Bei der männlichen Jungend B wurde Manfred Salow Zweiter im Dreikampf, wobei er die 100 Meter in 12,5 Sek. lief und den Weitsprung mit 5,83 Meter sogar gewann. Auch den Mannschaftswettbewerb gewannen die Schüler aus Neukalen. Dies war und blieb immer eine Neukalener Stärke. In Mannschafts- oder Staffelwettbewerben waren sie bis weit in die 80-er Jahre auf Kreisebene Spitze. Doch nicht nur die Jungs waren bei diesem Fest gut, auch die Mädels verbuchten Erfolge. So gewann Sigrun Otto Platz 1 im Mehrkampf der Schülerinnen B, und Christine Cremkow gewann den 60-m-Lauf in 9,5 Sekunden.
Noch einmal kurz zurück zu Manfred Salow. Er und besonders sein Bruder Hans-Jürgen waren zum Beispiel Kandidaten, die es auf die Sportschule schafften. Hans-Jürgen schaffte es bei einem Sportfest in Teterow, seine Bestzeit über 100 m an einem Tag von 12,1 auf 11,7 Sekunden zu verbessern. Das war sein Sprungbrett zum Sportclub nach Rostock. Schwierige Verletzungen verhinderten später einen weiteren sportlichen Werdegang. Er wohnt heute in der Heimatstadt seines „Entdeckers“ in Bad Doberan. So wie er gingen einige Neukalener Jahrgänge durch Reinholds sportliche Schule. Über so manche war an dieser Stelle und über einige andere wird in einem der nächsten Hefte noch die Rede sein.
Reinhold versuchte sein Wissen immer auf den neusten Stand zu bringen. Dazu besuchte er viele Lehrgänge. So absolvierte er an der Universität Rostock ein Zusatzstudium, welches die Qualifikation zum Unterricht bis Klasse 12 einschloß. Doch vorher stand noch die Verteidigung der Hausarbeit für das eben erwähnte Sportstudium ins Haus. Reinhold hatte eine Lehrprobe zum Thema “Unterrichtsführung“ im heimischen Neukalen zu absolvieren. Dazu reiste 1969 extra sein Professor aus Rostock an. Reinhold verlegte die Sportstunde in die Judentannen. Dort ging es durch den Wald und vor allem auf den Platz der AG Reiten. Hinter dem Sportplatz hatte die Gruppe von Hans Schockknecht ihren Parcours aufgebaut. Diese nutze Reinhold als Hindernisse für seine Jungen. Das kam sowohl beim Professor, als auch bei seinen Schülern gut an. Denn erstens sieht man auf den gemachten Fotos kein trauriges Gesicht und zweitens hatte er alles bestanden.
Im gleichen Jahr trat man an Reinhold Dominka heran, mit der Frage, ob er bereit wäre, an der Erweiterten Oberschule Malchin eine gesellschaftliche Funktion zu übernehmen. Für ihn war damit die reizvolle Aufgabe verbunden, mit älteren Schülern zu arbeiten. So sagte er zu und nahm die höhere Belastung in Kauf, die auf ihn in fachlicher und gesellschaftlicher Hinsicht, wie auch auf seine Frau und die Kinder zukam. Eine, um ein "halbes" Zimmer größere Wohnung, war ein zusätzlicher Anreiz. So zog die Familie 1970 nach Malchin. Dort blieb er bis zur wohlverdienten Rente. Und rüstig ist er noch. Früher war es der Rennsteiglauf (8-mal), heute halten ihn Frau, Enkel und Fahrrad fit. Und mit Neukalen hatte er auch in dieser Zeit zu tun. So mancher Neukalener, der die Oberschule besuchte, ging noch durch seine sportliche Prägung, und ich habe keinen gefunden den das geschadet hat, getreu seinem Motto “Für Gesundheit und Lebensfreude“ oder einfach gesagt “Sport frei“
Appell vor der Sportprüfung 1969 an den Judentannen
Günter Ahlgrimm, 1969
Hindernisüberquerung, 1969, bei den Judentannen
Klaus Schirrmacher, 1969
Reinhold im Kreise seiner Schüler 1969
Wilbrot Beencken
Thomas Steinberg, 1969
Von links: Emmi Mucha, Barbara Olesch, Roswitha Eickelberg, Ingrid Bruhns, Karin Weinke, - ? -, Bärbel Puls, Gudrun Drenk, Heidi Gemander, Gisela Penzlin und Wilma Ockert