Der letzte der ausgestorbenen Adelsfamilie von Stoislaff lebte in Neukalen
Die Adelsfamilie von Stoislaff (auch: Stoislav, Stoislof, Stoislaf u.a.) - ein altes slawisches mecklenburgisches Geschlecht - leitete ihren Namen von Stojslaw = "der seinen Rum beständig Machende" her. Sie war nie sehr ausgebreitet und hatte ihren Besitz zu Pankelow und Bussewitz, welche Güter die Familie bis 1734 besaß. Einer, der die letzten Stoislaff noch persönlich gekannt haben dürfte - Joachim v. Pritzbuer (1665-1719) - schrieb: "Sie seien alle Zeit sonderlichen und melancholischen Gemüthes gewesen und hätten sich mit der Erklärung der Offenbarung des Johannes abgegeben". In der Literatur über die erloschenen Adelsfamilien in Mecklenburg geht man davon aus, daß der letzte Nachkomme, Friedrich Christoph von Stoislaff, 1750 starb. Das ist wohl ein Irrtum, denn er hatte einige Jahre später seinen Wohnsitz in Neukalen.
Ungewöhnlich ist es schon, daß sich ein Adelsmann ganz von seinen Gütern zurückzog und von seinem verbliebenen Geld bescheiden in der Stadt lebte. Aber so muß es gewesen sein. Denn Friedrich Christoph von Stoislaff wohnte bis zu seinem Tode am 2.1.1787 in Neukalen und wurde hier am 8.1.1787 im Alter von 80 Jahren beerdigt. Scheinbar hinterließ er keine Nachkommen, denn der Name ist nie wieder erwähnt. 1777 hatte der "Herr von Stoisloff, ein hier wohnender Edelmann", wie es im alten Stadtbuch heißt, für die bei dem Großfeuer von 1777 Geschädigten die nicht geringe Summe von 100 Rthlr. gespendet. Dafür wollte er auch keine Aufbauarbeiten leisten. Seine Haushälterin Sophia Catharina Schulz ("vormalige Ausgeberin") starb am 2.3.1790, bald 57 Jahre alt an Auszehrung in Neukalen.
Über das Wappen herrscht noch nicht völlige Klarheit. Denn während zuletzt und seit ziemlich langer Zeit die 3 Schildfiguren in Sonnen bestehen, zeigt z.B. das Siegel des Gotanus Stoislaff von 1340 drei Löwenköpfe, die ja auch sonst in den Wappen mecklenburgischer und rügischer Adelsfamilien vorkommen und in ungekünstelter Darstellung eine Ähnlichkeit mit Sonnen haben, wie auch umgekehrt.
Wappen Stoislaff
Unglücksfall in Schorrentin 1782
Über einen Unglücksfall in Schorrentin kann man 1782 im Kirchenbuch folgendes lesen:
„In Schorrentin starb am 20sten Juni in der Nacht Hans Lass, u. wurde am 22sten ej[usedem] begraben. Not. Der Tod dieses Mannes wurde dadurch veranlaßet, daß er am 19ten Juni des Nachmittags von der Scheune des hiesigen Hofes, darauf er eben die oberste Spitze zudeckte, unglückl. Weise u. unvermuthet herunter u. auf ein Stück Holtz fiel, worauf er sich den Kopf u. Brust besonders innerl. zerschmetterte. Es war eine der obersten Leitter Sprossen, die er mit beyden Händen angefaßet, um die Leiter weiter zu rücken, zerbrochen, u. er also rücklings herunter gestürtzt.“
Johann August Wachenhusen
Justizbeamter
geb. 4.4.1778 in Schwerin
gest. 27.1.1831 in Güstrow
Vater: Justizrat Christian Gottlieb Heinrich Wachenhusen (geb. 12.8.1749 in Schwerin, gest. 24.2.1795 in Schwerin).
Mutter: Lucia Elisabeth, geb. Bouchholz (geb. 1748, gest. 16.1.1807 in Schwerin)
Johann August Wachenhusen besuchte die Domschule in Schwerin; 1795 Jurastudium an den Universitäten Jena und Rostock; 1797 Advokat und Prokurator der Justizkanzlei Schwerin. Von Oktober 1799 bis Oktober 1811 war er Bürgermeister, Steuereinnehmer und herzoglicher Stadtrichter in Neukalen. Am 28.4.1800 heiratete er in Schwerin: Friederica Catharina Maria Grantzow (geb. 10.9.1781 in Lübtheen, gest. 4.4.1861 in Güstrow). Sie wohnten ab 1801 unten im neuerbauten Rathaus. 1805 erwarb Johann August Wachenhusen das Haus Rektorstraße 2 von Joachim Kasch und zog hier ein. Am 5.7.1810 war er Schützenkönig. Im Oktober 1811 wurde er als ordentlicher Assessor beim Hof- und Landgericht Güstrow angestellt. Das Haus in Neukalen blieb noch bis 1817 in seinem Besitz, dann verkaufte er es an den Ackersmann Heinrich Müller. 1818 war er Vizedirektor; 1819 Geheimer Justizrat; später Ehrendoktor der Juristischen Fakultät der Universität Rostock. Johannes August Wachenhusen wirkte für die gemeinnützigen Anstalten und Stiftungen; war selbst Mitglied des Güstrowschen Armenkollegiums; Mitherausgeber des "Neuen Archivs für die Rechtsgelehrtheit in dem Großherzogtum Mecklenburg", von dem 1817 nur Band 1 erschienen ist.
Christian Friedrich Gottlieb Raddatz
Pastor
geb. 24.5.1792 in Schorrentin
gest. 7.9.1832 in Rostock
Vater: Prediger
besuchte die Domschule Güstrow; studierte Theologie in Rostock; war Hauslehrer bei Gutsbesitzer Könemann in Alt-Sammit und bei Assessor von Blücher zu Wasdow; 1819 Diakon an St. Nikolai Rostock; 1822 Diakon an St. Jacobi Rostock; 1826 – 1832 Pastor in Rostock; seit 1828 Mitdirektor und ab 1832 alleiniger Direktor der Großen Stadtschule Rostock.
Prügelstrafe
„Auf Befehl des hochlöblichen Magistrates hieselbst habe ich am 28ten August, die dem Knaben Bernhard Koch zuerkannte Züchtigung mit fünf Rohrhieben vollzogen und quittire dafür 16 Schilling aus der löblichen Stadt Casse erhalten zu haben.
Neukalden den 1ten September 1832
Dechen
Armendiener
Der Schutz - Jude Joseph Mendel hieselbst hat durch eine vom Magistrate hieselbst erkannte Urthel eine körperliche Züchtigung erhalten. Er selbst ist zu arm um die Kosten dieser Züchtigung sofort ganz bezahlen zu können, und wird daher die Stadt - Casse die rückständigen Kosten in dieser Sache als
1. an Bielefeld 7 Schilling
2. an Dechen 16 Schilling
3. an Schulz 8 Schilling
--------------------------------
in Summa 31 Schilling
zu bezahlen haben.
Neukalden den 29ten Septbr. 1832
Bürgermeister und Rath
Petri
Für die mir am 11ten 0ctober d. J. vom löblichen Magistrat anbefohlene aber nicht executirte körperliche Züchtigung des Juden Joseph Mendel, habe ich auf Befehl wegen Versäumniß 8 Schilling aus der löblichen Stadt Casse erhalten und quittire darüber gehorsamst.
Neukalden den 25ten October 1832.
Dechen
Armendiener
Auf Befehl des Bürgermeisters Petri habe ich an folgende Personen körperliche Züchtigung vollzogen:
21. April Schneidergesell Bachmann
10 Röhrchen Hiebe a 4 Schilling 40 Sch.
21. April Wittwe Kisberg 5 Hiebe 20 Sch.
21. April Friederica Kisberg desgleichen 20 Sch.
22. April Leierkastenmann Johann Kisberg
10 Röhrchen Hiebe 40 Sch.
22. April Ww. Kisberg u. Friederica jede 5 Hiebe 40 Sch.
6. Mai Ww. Kisberg u. Friederica jede 5 Hiebe 40 Sch.
-----------------------------
in Summa 4 Rthlr. 8 Schilling"
Das Geld bekam der Armenvogt Schulz für seine "Arbeit". Er weigerte sich aber bald, weitere körperliche Züchtigungen vorzunehmen, und seit dieser Zeit finden wir in den Akten der Stadt Neukalen keine Prügelstrafen mehr verzeichnet.
1835 berichtete der Rat:
„Die alten Stadt und Gerichtsdiener Fidler und Köhn haben nie geschlagen, sie haben wohl inhaftiert und Ketten angelegt wenn es Noth that, aber geschlagen haben sie nie.
Mußten einmal Schläge decertirt werden, so requirirten wir uns entweder von Remplin aus oder von E.G.H. Amte Dargun einen Schließer, und dieser vollzog dann die Züchtigung gegen Gebühr, welche in jeden vorkommenden Fall zwar ziemlich hoch war, welche aber nicht den hundertsten Theil von demjenigen ausmacht, was da hätte ausgegeben werden müssen, wenn man einen eigenen Schließer und Prügelanten hätte anstellen wollen.
Es scheint uns dies Verhältnis auch sehr gut beibleiben zu können, denn da E.F.H. nur geruhet haben, das Stadtgerichtliche Wesen vom Magistratischen zu trennen, so geht uns nur das letztere an, und wir versuchen daß wir in durchaus gar keiner Noth sind, denn policeiliche Hiebe gegen eine kleine Gebühr ertheilen zu wollen, hat uns der Bürger H. Schulz versprochen, und hat sein Wort auch bis jetzt gehalten.
Wir haben schon erwähnt, daß Fidler nicht schlug, Köhn nicht schlug und Bielefeld schlägt auch nicht, und das ist auch kein Wesen für einen Stadt und Gerichts - Diener und haben wir den Bielefeld wenn es auch nicht in den Acten steht, es versprochen daß er weder policeiliche noch urtheilsmäßige Gerichtliche Schläge vollführen soll.
Will und soll E.F.H. StGericht hieselbst nun ein eigenen Schließer und Puckeldröscher haben, so kann uns das ganz gleichbedeutend sein. Wir von seiten der Stadt können dazu auch nicht einen Schilling contribuciren, denn wir sind, was uns in dieser Hinsicht betrifft an fait.
Die Ehrfurcht ist die höchste in welcher wir ersterben, als
Ew. F. H. allerunterthänigste
Bürgermeister und Rath
Neukalden, den 20ten Jul. 1835“
Die Schweinehude
Bis 1838 war es üblich, daß jeder Bürger sein Schweinchen von Michaelis (29. September) bis Martini (11. November) gegen ein geringes Entgelt in das städtische Waldgebiet Richtung Malchin treiben konnte. Der zuständige Ratmann schätzte vorher ein, ob es in der Eichen- und Buchenwaldung genügend Eicheln und Bucheckern gab, damit die Mast erfolgreich war. Er legte die Anzahl der Schweine und die Höhe des Mastgeldes fest. Pfarrer und Küster brauchten nicht zu bezahlen. Zur Kennzeichnung wurden die Schweine mit einem Mal versehen, für das ein Mark- und Brenngeld zu entrichten war. In der Regel führte der Stadthirte die Schweine des Ortes zum Hüten in den Wald. In provisorisch erbauten Buchten wurden die Tiere für die Nacht eingesammelt oder bei schlechtem Wetter untergebracht.
1653 war es dem Herzog zu Ohren gekommen, daß die Neukalener einige Schweine zur Mast an andere Orte geben wollten; wahrscheinlich weil es im eigenen Wald an Eicheln und Buckeckern fehlte. Er verlangte in einem Schreiben vom 2.9.1653, daß diese Schweine in den herzoglichen Amtswald gegeben werden, damit dem Amt die Einnahmen zu Gute kommen:
„Von Gottes gnaden Adolph Friedrich, Hertzog zu Mecklenburgk
Ersahme liebe getrewe, Vns ist vnterthänig hinterbracht worden, welcher massen Ihr aus dem Stättlein ewre Schweine, so Ihr in eweren eigenen Holzung nicht feist machen könnet, an frembde orter zutreiben Vorhabens, Vnnd alß dan solches dem alten gebrauche zuwider, vnd Ihr auch Vnterthänig zuerinnern, das Ihr, wan Mast in des Ambtsholzung Verhanden, die Stadt Schweine darin treiben, vnd also dem Ambte für frembden das Gelt gönnen müssen. Alß ist hiemit Vnser gnediger vnd ernster befehl an euch, das Ihr den semptlichen Einwohnern andeuten lasset, das Sie Ihre Schweine, so Sie in der Stadtholzunge nicht feist machen können, an frembde Örter nicht Verreden, sondern in des Ambtsholz muge treiben, woselbst Sie Ihnen für billige bezahlunge feist gemachet werden sollen. Daran geschiht Vnser gnediger will vnd meinunge Datum Güstrow den 2. Septembr Anno 1653
Fürstliche Mecklenburgische zu der Güstrowschen Regierunge Verordnete Cantzler vnd Rähte.”
1838 wurde die Aufhebung der Schweinehude durch den Großherzog anbefohlen, da sie dem Wald großen Schaden zufügte.
Liederverbot
„An den Magistrat Neukalden
Paul Friederich von Gottes Gnaden Großherzog von M. pp
Wohlgelahrter, Ehrsame, liebe Getreue. Es ist Uns angezeigt worden, daß auf den Jahrmärkten von Orgeldrehern und andern Spielleuten Lieder abgesungen zu werden pflegen, welche die Beschreibung von Mordthaten und andern Gräuelscenen enthalten. Da Wir das Absingen solcher Lieder nicht für zweckmäßig halten, so fordern Wir euch auf, dafür Sorge zu tragen, daß solches in der dortigen Stadt nicht weiter stattfinde.
Gegeben Schwerin den 30. Maerz 1841.“
Armut 1850
Erschütternd lesen sich die Akten über den elfjährigen Fritz Kühl aus Neukalen, der am 25. Januar 1850 vom Gendarm Frick zu Küsserow wegen „Vagabondage und Bettelei“ aufgegriffen wurde.
Er gab zu Protokoll:
„Ich heiße Fritz Kühl, bin im 11. Jahre alt und ein Sohn des Arbeitsmanns Ludwig Kühl zu Neukalden. Ich habe zu Hause noch zwei Schwestern und einen Bruder von 7, 4 und 1 Jahr. Wir haben selten Brot genug im Hause, um uns zu sättigen, und werde ich daher oft zu Lande geschickt, um Lebensmittel zu erbetteln. Gestern morgen nun bin ich auf Geheiß meiner beiden Eltern von Hause fortgegangen, um zu betteln, und bin ich auch zu Lelkendorf bettelnd umhergegangen, ebenso wie zu Dorf Küsserow, in welchem letzteren Orte ich arretiert wurde.“
Als Strafe sollte für dieses Mal der kurze Arrest genügen, im Wiederholungsfall wurde ihm körperliche Züchtigung angedroht.
Vierlinge in Neukalen
Das war schon eine Sensation, als am 18.1.1854 in Neukalen Vierlinge geboren wurden. Die Eltern waren: Töpfermeister Carl Heinrich Theodor Paul und seine Ehefrau Hanna Sophia Dorothea, geb. Stör.
Das erste Kind war ein Mädchen und wurde bereits einige Tage später am 23.1.1854 von Pastor Friedrich Breuel getauft, da es sehr schwächlich war. Es starb eine Woche später. Die anderen drei Kinder erhielten zusammen am 8.2.1854 die Taufe, verstarben aber auch in jungen Jahren.
Die Vierlinge waren:
1. Alexandrine Helmine Caroline Luci Paul, gest. am 30.1.1854 an Krämpfe. Die Paten waren: 1. Excellenz der Minister von Lotzow auf Dobertin, 2. Friederike Brinckmann, Predigertochter in Neukalen, 3. Elisabeth Stör, Schlosserfrau in Neukalen.
2. Auguste Louise Caroline Paul, gest. am 10.2.1855 an Krämpfe. Die Paten waren: 1. Ihre Königliche Hoheit, die Frau Großherzogin Auguste von Mecklenburg Schwerin, 2. Carl Schlüter, Pensionair auf Schlakendorf, 3. Ludwig Mussäus, Pensionair auf Schönkamp).
3. Franz Ludwig Hermann Paul, gest. am 31.5.1862 an Nervenfieber. Die Paten waren: 1. Seine königliche Hoheit, der Großherzog Friedrich Franz II. von Meckl. Schwerin, 2. Ludwig Mau, Bürgermeister in Neukalen, 3. Hermann Willgohs, Doctor und Senator in Neukalen.
4. Juliane Christiane Wilhelmine Paul, gest. am 19.11.1855 an Scharlachfrieseln. Die Paten waren: 1. Joachim Stüdemann, Senator in Neukalen, 2. Christian Timm, Stadtsekretär in Neukalen, 3. Wilhelm Hermes, Kaufmann in Neukalen.
Ob alle hochrangigen Paten zur Taufe anwesend waren, ist leider nicht überliefert.
Vom Blitz erschlagen
Am 9. Juni 1852 wurden bei einem schweren Gewitter zwei Schorrentiner vom Blitz erschlagen:
Elisabeth Maria Friederica Jenss, geb. 16.6.1832 und Ludwig Christian Friederich Oelschläger, geb. 29.8.1834.
Hagelschaden 1856
Über ein besonderes Naturereignis berichtete Bürgermeister Mau:
„Am Sonnabend Nachmittag (28ten Julius 1856) gegen 2 Uhr verfinsterte sich der Himmel plötzlich so sehr, daß die gegenüberliegenden Häuser in den Straßen hier nicht zu sehen waren. Plötzlich fielen sehr große Hagelschossen von der Größe einer kleinen Wallnuß in solcher Menge, daß in kurzer Zeit die Straßen damit bedeckt waren und Nachmittags 4 Uhr selbige noch weiß die Erde draußen zwischen den Scheunen bedeckten. Dazu kam noch ein furchtbares Gewitter von Westen her. Alle unsre schönen Kornfelder, die zu der herrlichsten Erndte berechtigten, waren in kurzer Zeit zerstört und besonders die Wintersaaten, so daß der die Feldmark Neukalden betroffene Schaden zwischen 16 und 20 000 Rthlr. nicht zu geringe veranschlagt worden. Das Hagelwetter hielt bei dem heftigstem Sturme etwa eine Viertelstunde an. Die Feldmarken der benachbarten Gute und Dörfer namentlich Thürkow, Bukow, Sührkow, Suckow, Gr. Markow, Rey, Schorrentin, Küsserow und Warsow hatten bedeutend gelitten, weniger Schönkamp, Lelkendorf, Karnitz und Sarmstorff. In Bukow hatte die Hagel - Sache - Kommission demnächst nicht entscheiden können, welche Frucht auf dem Felde gestanden, so war selbige zerstört gewesen. Vögel und Gänse waren von den Hagelkörnern getödtet. Versichert hatte von den hiesigen Einwohnern niemand und ist selbigen auch keine Vergütung zu Theil geworden. Der Lelkendorfer und Warsower Schlag hatte am meisten gelitten. Das Kraut von den Kartoffeln war wie mit der Sense abgeschnitten und doch war demnächst die Erndte der Kartoffeln ziemlich zufriedenstellend. Möge der allgütige Gott ferneres Unglück von unserer Feldmark abhalten!
L. Mau
Bürgermeister“
Blitzeinschlag 1858
„Nachdem am Mittwochen - 9ten Junius 1858 - bei schwüler Luft und drückender Hitze den Tag hindurch Nordostwind gewehet, zogen am Abend um 8 Uhr von allen Himmelsgegenden Gewitter in der Umgegend zusammen, welche außerordentlich heftig waren und bis zum Donnerstag morgen um 4 Uhr anhielten. Die Schläge waren furchtbar und folgten rasch aufeinander. Der Blitz schlug hier ein in den Schornstein des Hauses des Schmidts Rohde, sprengte denselben auf dem Hausboden auseinander, warf die Fensterluken auf der Diele oberhalb der Haus- und Hofthüre, sowie in der Wand hinter der Schmiede heraus, und tödtete in dem neben dem Rohdeschen Hause befindlichen, durch eine Gasse von 4 Fuß breit getrennten, Stall des Ackermanns Seemann von den dort stehenden drei Kühen eine, welche unmittelbar an der Wand gestanden hatte. Zum Glück hat der Blitz nicht gezündet indem sonst bei dem starken Winde ein großes Unglück über die Stadt gekommen wäre. Wie die Feuerscheine am Himmel zeigten namentlich in der Gnoienschen Gegend hat das Gewitter vielen Schaden angerichtet, welches in der Güstrower, Bützower und Rostocker Gegend gleichfalls sehr stark gewesen.“
Spottvers aus dem Jahre 1865:
In Kalen is nix to halen,
in Tessin mag ick ok nich sin.
In Laag is vel Plag,
in Teterow is´t noch ebenso.
Aewer to Gnoien,
da kann man sick freuen!
Selbstmord 1866
„Neukalen, 30. Juli 1866. Der spurlos verschwunden gewesene Tagelöhner Krüger von hier ist in voriger Woche von Mähern auf hiesiger Feldmark erhängt gefunden.“
Es handelte sich um Friedrich Ludwig Ernst Krüger, laut Kirchenbuch, geb. 18.10.1793, gest. 12.7.1866. „Wurde seit dem 12ten Juli vermißt und am 24 dies. Monats auf dem Salemer Schlage erhängt gefunden (die Untersuchung ergab einen Selbstmord).“
Gewitter 1867:
Öffentlicher Anzeiger 1867:
„Neukalen, 24. Juli 1867. Gestern Vormittag um 1/2 12 Uhr entlud sich über die hiesige Gegend eine heftige Gewitterwolke mit starkem Regen und großen Hagelschlossen. Spuren des Hagelschlages fanden wir auf der ganzen hiesigen Feldmark, am bedeutendsten ist der Schaden für die Besitzer der nordwestlich von der Stadt gelegenen Ackerstücke und zwar, je weiter von der Stadt entfernt, je bedeutender. Das Hagelwetter soll besonders zwischen hier und Laage starke Verwüstungen angerichtet haben, ebenso zwischen Teterow und Krakow. Seit 10 Tagen gab es hier überhaupt viele schwere Regenschauer, und das Getreide leidet vielfach an Nässe. In den Wiesen der umliegenden Güter sieht man noch viel Heu stehen.“
Grabsteine auf dem Schulhof
1868 meldete sich ein gewisser Julius Crumbigel aus Ludwigslust und wollte die Leichensteine seiner Großeltern erhalten, welche sich auf dem ehemaligen Friedhof und späteren Schulplatz befunden haben. Er schrieb:
„Die Eltern meiner seel. Mutter der wail. Bürgermeister Justus in Neukalden hatten dort auf dem Kirchhofe einen Begräbniss Platz wo sie und ihre Familie beerdigt worden sind, und sind deren Gräber mit großen Leichensteinen belegt worden. Wie ich nun erfahre ist der Kirchhof eingegangen und ein Schulhaus auf demselben erbaut, die Grabstellen sind alle planirt, nur mit Ausnahme des Minister von Levetzow - Lelckendorfer welches dicht neben dem Begräbniss Platz meiner Großeltern belegen ist, und welches ganz unangerührt geblieben ist, aber die großen Leichensteine meiner Großeltern sind sämmtlich fortgenommen, sind aber so viel ich erfahren noch da.
Da ich nun in rechtsgültiger Ehefolge ein Recht an diese großen Grabsteine meiner seel. Großeltern habe, so will ich solche, da sie auf ihren Gräbern nach Eingehung und Planirung des Kirchhofes nicht mehr liegen als ein mir rechtlich zustehendes Erbtheil an mich nehmen...“
Es handelte sich um drei Leichensteine:
1. Heinr. David Justus, Rathmann und Kirchenprovisor, geb. 8. März 1732, gest.
11. Febr. 1800
2. Sophia Hanna Charlotte Justus, geb. 21. Aug. 1777, gest. 22. Julius 1802
3. Elisabeth Margaretha Justus, geb. 23. Januar 1781, gest. 10. Junius 1812
Diese Steine waren an der Pumpe zu Trittsteinen verwendet worden. Sie wurden wieder herausgenommen. Zwei Steine kamen nach Altkalen zum Familienbegräbnis des Gutes Lüchow und einen erhielt besagter Crumbiegel aus Ludwigslust. Die Witwe Justus war am 7.11.1820 zu Lüchow gestorben und am 13.11.1820 in Neukalen beerdigt worden, sie hatte aber keinen Leichenstein.
Messerstich in den Rücken
Öffentlicher Anzeiger 1868: "Neukalen, 19. März. Am Montage d. W., abends gegen 12 Uhr, wo es im Gastwirt Anders´schen Hause noch etwas lebhaft herging, erschien dort, wie der "Gen.-Anz." erzählt, der hiesige Rats- und Polizeidiener M. um Ruhe und Feierabend zu bieten. Er traf u. a. daselbst auch seinen Schwager, den Schustermeister N., welcher sich der polizeilichen Aufforderung widersetzte und in Folge dessen arretiert wurde. Als der Arrestant auf der Rathausdiele sich befand und der Polizeidiener die Haustür verschließen wollte, benutzte ersterer diese Gelegenheit und versetzte dem M. einen Messerstich in den Rücken, in Folge dessen dieser noch krank darnieder liegt und unter ärztlicher Behandlung sich befindet. Die Untersuchung über diese Tat ist im Gange."
Auch das gab es:
Am Warsower Weg vor der sogenannten "Reeperbahn" standen früher Scheunen (heute befinden sich hier Garagen). Die großen Scheunentore hatten ein kleines Katzenloch. Dahinter hatte ein Scheunenbesitzer einmal eine Falle aufgestellt. Eines Tages gab es ein großes Geschrei. Ein neugieriger Bauer hatte seine Hand durch das Katzenloch gesteckt, und die Falle war zugeschnappt. Er konnte die Hand nicht wieder losbekommen, bis der Eigentümer kam und ihn befreite.
Sedanfeier
Am 6.9.1873 gab die Stadt für Festlichkeiten zur Sedanfeier 296 Rthlr. 25 Schilling aus.
Tödlicher Unfall 1880
„Neukalen. 11. Febr. [1880]. Der Schuhmacher Sch. ging am Sonntag zu Lande, um seinen Kunden die angefertigte Arbeit zu überbringen. Um dabei zugleich kleine Reparaturen an Ort und Stelle ausführen zu können, nahm er einen sogenannten Ohrt mit und steckte denselben ohne ihn einzuwickeln in die Tasche seines Überziehers. Beim Übersteigen eines Schlagbaums in der Nähe der Stadt stolperte Sch. und fiel sich das Instrument in das Bein nahe am Knie, so daß es darin abbrach. Der herbeigerufene Arzt entfernte das abgebrochene Stück aus der Wunde und legte den nötigen Verband an; der Mann ist indessen heute leider an den Folgen dieses Unglücksfalles gestorben. Er hinterläßt eine Witwe mit drei unmündigen Kindern.“
[Es handelte sich um den Schustermeister August Ludwig Johann Schohknecht, geb. am 27.2.1847 in Dargun, gest. am 10.2.1880 „an Blutvergiftung in Folge einer Verletzung“, wie es im Kirchenbuch vermerkt ist.]
Betrübender Unglücksfall 1881
Öffentlicher Anzeiger Nr. 85 vom 26.10.1881:
„Neukalen, 17. Okt. Am Freitag abend [14.10.1881] voriger Woche ereignete sich hier ein betrübender Unglücksfall. Eine junge Dame, früher Erzieherin, welche sich bei ihrer Schwester, einer Schneiderin, hier schon längere Zeit aufgehalten und dieser in ihrem Geschäfte geholfen. wie auch durch Erteilen von Privatstunden ihre Zeit ausgenutzt hat, ging am gedachten Tage spät nach dem in der Nähe ihrer Wohnung fließenden Peenestrom, um, wie sie fast allabendlich getan, Waschwasser für den nächsten Morgen zu holen, kehrte aber von diesem Gange nicht wieder zurück. Man vermutete sofort ein Unglück, zumal es sehr dunkel und stürmisch war. Was man vermutet, hat sich bestätigt. Gestern morgen fand man die Leiche der Verunglückten im Strombette, nicht weit von der Unglücksstätte."
Es handelte sich um die Lehrerin Amalie Caroline Friederike Birn, geb. 8.2.1846 in Güstrow.
Schreiben des Superintendenten Sostmann 1882
„An den verehrlichen Magistrat zu Neukalen.
Aus der Bürgerschaft der Gemeinde Neukalen ist hierher Beschwerde gekommen, daß die Chorknaben bei den Beerdigungen vielfach in unpassenden und ungleichmäßigen Anzügen, im Sommer oft in Turnanzügen erschienen, und der Wunsch ausgesprochen, daß eine gleichmäßige Bekleidung mit schwarzen Chormänteln und Mützen oder Baretts auf Kosten der Kirche beschafft werde. Der hohe Oberkirchenrath hat bereits diesen Wunsch der Gemeinde als sehr berechtigt anerkannt und sich bereit erklärt, für die Anschaffung und Erhaltung von Chormänteln die Bewilligung der Mittel aus dem Ärar der Kirchenökonomie zu ertheilen, resp. zu erwirken, wenn ihm zuvor der Consens des Patronats und der Eingepfarrten mit dieser Ausgabe nachgewiesen sei. Die Patronatsbehörde, das Großherzogliche Amt in Dargun, hat diese seine Einwilligung bereits erklärt. So richte ich denn auch an den verehrlichen Magistrat der Stadt Neukalen den ergebensten Antrag:
seine Zustimmung dazu geneigtest erklären zu wollen, daß aus der Kirchenökonomie in Neukalen die Mittel zur Anschaffung und Erhaltung von schwarzen Mänteln und Mützen für die Chorknaben bei Beerdigungen entnommen werden.
Malchin, d. 23. Februar 1882
Sostmann
Superintendent“
Es wurden für 24 Chorknaben Totenmäntel bewilligt.
Orbör
Diese jährliche Abgabe der Städte an den Landesherrn mußte früher auch Neukalen entrichten. Ursprünglich hieß sie Orbede oder Urbede, von „Bitte“.
Bei der Stadtgründung wurden die Gemeinwesen vom Landesherrn mit Grund und Boden ausgestattet, wofür sie zur jährlichen Zahlung einer bestimmten Summe verpflichtet waren. Zumeist kam die Höhe der Abgabe unter Berücksichtigung städtischer Besonderheiten, der Anzahl der Häuser sowie der Feldmarkgröße zustande. Einmal festgelegt, blieb die Orbör im Verlauf der Jahrhunderte etwa gleich.
Der Begriff „Oehrboer“ findet sich in Neukalen erstmalig 1657.
Die Stadt Neukalen zahlte z. B. an das herzogliche Amt: 10 Gulden „Ohrböer“ für zwei Jahre (1689/1690), 2 Rthlr. 32 Schilling „Uhrbürde“ (1789), 2 Rthlr. 27 Schilling 6 Pfennig „Ohrböde“ (1805), 2 Rthlr. 32 Schilling „Uhrbäde“ (1810), 2 Rthlr. 24 Schilling „Ohrbede“ (für Johannis 1817 bis Johannis 1818), 2 Rthlr. 24 Schilling „Ortbeede“ (1830), 2 Rthlr. 28 Schilling „Ortbeede“ (1845) oder 9 Mark (1882). 1718 wurde festgestellt, daß die Stadt viele Jahr die „ohrbahr“ nicht gezahlt hatte und den Rückstand von 25 Taler bis Fastnacht 1717 nachzahlen mußte.
Schon Bürgermeister Petri bemühte sich 1830 diese lästige Zahlung durch einen einmaligen Kapitalbetrag abzuschaffen. Das gelang erst 1882 dem Bürgermeister Ludwig Mau durch eine einmalige Zahlung von 180 Mark.
Unglück am 5.4.1883
Öffentlicher Anzeiger Nr. 29 vom 11.4.1883:
„Neukalen, 5. April. Heute Vormittag ereignete sich hier ein betrübender Unglücksfall. Der vierjährige Sohn des Maurers K. war in den hinter dem elterlichen Hause liegenden Garten gegangen. Als kurze Zeit darauf die Großmutter in den Garten trat, vermißte sie den Knaben und fand ihn nach wenigem Suchen in der im Garten eingegrabenen Jauchentonne. Der Knabe war kopfüber in die Tonne gefallen und wurde tot herausgezogen. Die sofort angestellten Belebungsversuche blieben erfolglos.“
Es handelte sich um Hermann Martin Johann Koch, geb. 9.6.1879 in Neukalen, Sohn des Maurergesellen Johann Koch.
Feuer am 25.5.1883
Öffentlicher Anzeiger Nr. 44 vom 2.6.1883:
„Neukalen, 26. Mai. Gestern Abend 11 Uhr brannte es in der Malchiner Straße im Hause des Kaufmanns H. oben unterm Dache, und das Feuer griff so rasch um sich, daß beim Eintreffen der Löschmannschaften schon eine große Feuerlohe durch das Dach schlug und man um das Weitergreifen des Feuers sehr besorgt sein mußte. Jedoch der völligen Windstille und dem kräftigen Eingreifen der Löschmannschaften hatten wir es zu danken, daß man nach einstündiger, schwerer Arbeit des Feuers Herr wurde und selbiges auf seinen Herd beschränkte. Das Haus des Kaufmanns H. ist fast ganz ausgebrannt, die Nachbarhäuser haben aber durch den Brand sehr wenig oder gar nicht gelitten. Die Löscharbeit war eine sehr schwierige, da das Feuer durch die Dächer der Nachbarhäuser von oben bearbeitet werden mußte, wobei vor Allem die Rohrführer und Steiger unserer freiwilligen Feuerwehr einen überaus harten und gefahrvollen Stand hatten. Hierbei ist der Nutzen unserer freiwilligen Feuerwehr uns recht vor Augen geführt. Den entstandenen Brandschaden für Mobilien und Warenvorräte hat die Oldenburger Feuer-Versicherungs-Gesellschaft zu tragen.“
Öffentl. Anzeiger Nr. 45 vom 6.6.1883:
„Am Mittwoch Morgen 9 Uhr sollen die bei meinem Brande geretteten Sachen im Speicher des Herrn Brandt öffentlich meistbietend verkauft werden, als:
Feilen, Sägen, Hobeleisen, Ketten u.s.w.
Wilhelm Herrlich.“
Unglücksfall 1883
„Neukalen, 2. Okt. Gestern ereignete sich hierselbst ein recht beklagenswerter Unglücksfall, welcher wieder einmal dringend zur Vorsicht mahnt. Der Lehrling des Bäckermeisters Anders war in den Morgenstunden damit beschäftigt, im Ofen Feuer anzumachen und benutzte hierzu, wie leider so Viele, Petroleum, welches er in die noch glühenden Kohlen goß. Durch die Explosion der Flasche, welche er in der Hand hielt, wurde der Unglückliche von der brennenden Flüssigkeit übergossen und stand in hellen Flammen, wodurch der Ärmste schwere Brandwunden erhielt und nach mehreren qualvollen Stunden infolge derselbe verstarb.“
[Es handelte sich um den Bäckerlehrling August Theodor Friedrich Wittenburg, geb. am 26.9.1866 in Teterow. Er wurde in Teterow beerdigt.]
Selbstmord 1884
Öffentlicher Anzeiger Nr. 40 vom 17.5.1884:
„Neukalen. Am Sonnabend Morgen wurde im hiesigen Kanal die Leiche des Pantoffelmachers B., der hier in letzter Zeit in recht zerrütteten Verhältnissen lebte, aufgefunden. Mit Sicherheit läßt sich hier wohl ein Selbstmord annehmen.“
Es handelte sich um den Holzpantoffelmacher Christian Carl Joachim Bartels, geb. am 21.1.1834 in Neukalen, im Kanal selbst ertränkt am 10.5.1884.
Kinder in die Peene gefallen 1886
Aus dem „Neukalener Wochenblatt“ vom 7.4.1886:
„Neukalen, 4. April. Nicht genug kann davor gewarnt werden, kleineren Kindern das Spielen am Wasser zu gestatten, wie folgender Vorfall beweist. Dieser Tage belustigten sich eine Anzahl kleiner Kinder an der Peene, bei der hohen Brücke vor dem Mühlenthore, wobei einige ins Wasser fielen, von dem Strome gefaßt und eine Strecke fortgetrieben wurden. Dieselben konnten nur mit Mühe gerettet werden.“
22. Februar 1888: Vor einigen Tagen erschien bei mehreren Einwohnern in Neukalen eine Dame, um Unterschriften zu sammeln zum Besuche einer dramatischen Vorlesung, die ihr Vater im dortigen Hotel zu halten gedenke. Auch verkaufte sie bereits mehrere Billets, verschwand aber Nachmittags mit dem erschwindelten Gelde.
25. Oktober 1888: Gestern Nachmittag war ein hiesiger Fuhrmann beim Chausseehaus Pisede abgestiegen, um das Chausseegeld zu entrichten. Beim Besteigen seines Wagens glitt der alte Mann aus, die Pferde zogen an, und der schwer beladene Frachtwagen ging über den Leib des Fuhrmanns, so daß er sofort eine Leiche war. Der Frachtwagen wurde mit der Leiche von einem Manne aus Malchin nach hier gebracht.
(Ackerbürger Friedrich Schröder, geb. 8.8. 1827 in Langsdorf, gest. 24.10.1888).
12. März 1889: Ein kleiner Knabe, der Sohn des Arbeiters S. hierselbst, verunglückte jüngst, wie man mittheilte, in der folgenden schrecklichen Weise. Das Kind befand sich mit seiner Mutter in der Wohnstube; auf dem Tische stand die mit heißem Kaffee gefüllte Kanne. Als nun die Mutter sich auf einen Augenblick entfernt hatte, um Milch hereinzuholen, kletterte das Kind auf den Tisch, hielte sich die „Tülle“ der Kanne vor dem Mund, um von dem Kaffee zu trinken, wobei sich der arme Bursche mit dem fast kochenden Gebräu den Mund und Schlund so stark verbrühte, daß er, trotz schleunigst hinzugezogener ärztlicher Hülfe, an den Folgen dieser Verbrühung verstarb.
(Es handelte sich um Paul Ludwig Friedrich Sarnecki, Sohn des Arbeiters Carl Sarnecki, geb. 27.10.1887, gest. 9.3.1889)
Schützenfest 1889
Neukalen, 15. Mai. In der gestrigen Generalversammlung der hiesigen Schützenzunft wurde beschlossen, den diesjährigen Königschuß am 4. und 5. Juli abzuhalten und mit dem zweiten Tage eine Feier des hundertjährigen Bestehens der Zunft zu verbinden, zu welcher die Schützengesellschaften von Malchin und Dargun eingeladen werden sollen.
Neukalen, 4. Juli. In großem Festschmucke prangt heute unser Städtchen, es gilt der 100jährigen Jubelfeier unserer Schützenzunft. In allen Straßen, wo nur irgend Schützen passiren werden, hat fast jedes Haus, nicht allein von Maurer und Maler sein Aeußeres verschönern lassen, sondern Fahnen und Guirlanden in Menge, verleihen ihm ein reiches Festkleid. Zu dem Ganzen macht der Himmel ein freundliches Gesicht und verheißt einen guten Verlauf der Feier. - Herr Töpfermeister Rothenhäuser hatte den besten Schuß, zum Schützenkönig proklamirt, zog er am Abend gegen 10 Uhr in die Stadt. Bereits um 7 Uhr des folgenden Tages versammelten sich die Schützen von Neuem, holten den König ab zum Rathhause. Hier theilten sich die Compagnien, und zogen jede mit einem Musikkorps die erste zum Malchiner-, die zweite zum Dargunerthor hinaus, um die fremden Gäste einzuholen. Fast gleichzeitig trafen gegen 8 Uhr die Malchiner und Darguner Schützen ein, wurden zunächst im Locale des Herrn Aug. Seemann mit einem Frühschoppen begrüßt und nahmen alsdann auf dem Markte Aufstellung. Hier hielt Herr G. Meyer eine Ansprache und verlas die alten Urkunden. Alsdann verlas Herr Geheimer Hofrath Mau den von Sr. Königl. Hoheit dem Großherzoge ihm gewordenen Auftrag und brachte ein Hoch auf Allerhöchstdenselben aus, in welches die gesammte große Menge der Anwesenden begeistert einstimmte. Nach einem von den Malchiner und Darguner Gästen ausgebrachten Hoch auf die Neukalener Schützenzunft erfolgte der Festmarsch durch die Straßen, wie ihn die 100jährige Zunft bis jetzt wohl noch nicht gesehen; drei Könige waren in dem Zuge. Die Darguner Zunft überreichte durch Herrn Badermeister Schlie ein prachtvolles Schild, das zur Zierde des Schützenkönigs dienen soll. Der Festplatz im Gaarzbruch war gleichfalls festlich decorirt, und wurde von einer festlich erregten Menge in allen seinen Theilen gefüllt. Das Schießen nach der Scheibe fand sehr rege Betheiligung und es wurden so viele Knöpfe geschossen, daß es fast ein Centrumschuß sein mußte wenn er einen Gewinn erzielen sollte. Am Abend war der Gaarzbruch prachtvoll erleuchtet, auch wurden Raketen und bengalische Flammen abgebrannt. –
Der 3. Festtag am gestrigen Sonntag verlief wieder recht lebhaft, es waren viele Landleute zur Stadt gekommen, und auch das Malchiner Dampfschiff “Pilot” brachte uns etwa 100 Gäste. Leider begann es um 7 1/2 Uhr zu regnen wodurch das schöne Fest etwas gestört wurde.
Malchin, 5. Juli. Auf 6 Leiterwagen und zwei Privatwagen rückte heute morgen ein ansehnlicher Theil unserer Schützenzunft (etwa 90 Personen hatten sich unterschrieben) aus; um sich zur Jubelfeier nach Neukalen zu begeben. Voraussichtlich dürfte das Fest aber durch starke Regenschauer, die heute Vormittag dorthin sich entluden und auch uns von dem so lang ersehnten Naß spendeten sehr beeinträchtigt worden sein.
Neukalen, 5. Juli. Am gestrigen, unsern ersten Königsschußtage bewies sich das Wetter, trotz aller bedenklichen Aussichten doch noch günstig. Das Fest verlief aufs beste und unter lebhafter Betheiligung seitens der Bevölkerung. Herr Töpfermeister Rothenhäuser erwarb die Königswürde.
28. Januar 1891: Die Post von Dargun nach Malchin kam, dem „M. T.“ zufolge, am 23. d. M. in Neukalen ohne Führer an. Derselbe war, wie die angestellten Nachforschungen ergaben, in der Nähe von Warsow von seinem Sitz heruntergefallen und liegen geblieben, bis ihn ein Erbpächter in Warsow fand und in seine Wohnung bringen ließ. Von dort wurde er gegen Abend in Betten nach Malchin gebracht. Es soll viele Aussicht auf Besserung in dem Befinden des Verunglückten vorhanden sein.
2. Juli 1891: Beim Baden in der Peene ertrank heute Morgen gegen 6 Uhr ein im Geschäft des Herrn Löwy angestellter Commis. Derselbe war wohl unwillkürlich in zu tiefes Wasser gerathen, ging plötzlich unter und kam auch nicht wieder zum Vorschein. Vermuthlich ist er vom Schlage getroffen und der Körper in dem Morast stecken geblieben. Der Verunglückte ist aus Schwaan gebürtig und einziger Sohn seiner Eltern.
Mordverdacht (September 1891)
Nicht bestätigt hat sich erfreulicher Weise der Verdacht des Mordes, der laut „G. Z.“ neulich in Neukalen einen Einwohner in Haft gerathen ließ: Man schreibt hierzu der „Mecklb. Z.“ unterm 26. d. M. aus Malchin: In unserer Nachbarstadt Neukalen machte in diesen Tagen eine Ackermannsfrau in Folge Geistesgestörtheit ihrem Leben durch Erhängen ein Ende. Der Ehemann wurde anfangs als eines Mordes verdächtig gefänglich eingezogen, ist jedoch nach der gestrigen gerichtsärztlichen Untersuchung der Leiche durch den Kreisphysicus und den Ersten Staatsanwalt wieder aus seiner Haft entlassen worden.
17. Oktober 1891: Heute Mittag bald nach 12 Uhr, ertönte die Sturmglocke. Es brannten die Hintergebäude des an der Malchiner Straße gelegenen Hauses des früheren Bäckers Schröder. Nach kurzer Zeit jedoch wurde auch das Wohnhaus von den Flammen ergriffen, das total niederbrannte. Nur dem thatkräftigen Eingreifen der Freiwilligen und der Städtischen Feuerwehr ist es zu danken, daß die beiden Nachbarhäuser, deren Giebel bereits brannten, gerettet wurden. Dieselben haben aber vom Wasser sehr gelitten.
15. März 1892: Luft! Luft! Als gestern die Familie K. von hier – welche nach Amerika ausgewandert – im Begriff stand, den vor der Thür haltenden Wagen zu besteigen, der sie von hier fortfahren sollte, trat bei deren einjährigem einzigen Kinde plötzlich und anscheinend ohne jegliche Veranlassung eine Erkrankung in Form eines Erstickungsanfalles auf, wodurch die Eltern natürlich in heftige Aufregung versetzt wurden, eiligst ärztliche Hülfe herbeizuholen versuchten, die momentan aber nicht zu haben war. Schließlich lüftete die geängstigte Mutter dem Kinde die Kleidung, und siehe da: das Baby erholte sich sofort, nachdem es einmal erst – Luft schöpfen konnte. Damit das Kind sich auf der Reise nicht erkälten sollte, war es nämlich so gründlich „eingepackt“ worden, daß es, wie gesagt, beinahe ein Opfer der übergroßen mütterlichen Fürsorge geworden wäre.
8. Juli 1892: „Dunkler Vorfall“. Von einem bis dahin noch etwas „dunklen“ Vorfall wird neuerdings hier erzählt. Angeblich soll jüngst Morgens in der Koppel eines benachbarten Gutes ein werthvolles Füllen todt und völlig zerfetzt aufgefunden worden sein. Man vermochte zuerst sich in keiner Weise zu erklären, durch was für eine Art wilder Bestien – denn nur solche konnten gedachtes Füllen so zugerichtet haben – das Füllen zerrissen war. In nächster Nacht wurde das Räthsel gelöst: es galoppirten plötzlich die aus der Koppel ausgebrochenen Füllen auf den betr. Hof, worauf sich der Gutsherr mit seinen Leuten schleunigst hinausbegab und gerade noch rechtzeitig an der Koppel anlangte, als zwei mächtige Hunde dabei waren, an einer Starke in ähnlicher Weise sich zu delektiren, wie dies vorher mit dem Füllen geschehen war. Man erzählt, daß der eine Hund die Starke gehalten indem er das arme Thier am Maul packte und der andere Riesenköter derselben bei lebendigem Leibe Stücke Fleisch aus den Lenden gerissen habe. – Die Hunde sollen auf zwei in der Nähe belegene Gutshöfe gehören. – Wie weit obige Darstellung den Thatsachen entspricht, konnten wir nicht mit Sicherheit erfahren.
5. Januar 1893: In der Nacht vom 1. auf 2. Januar gelang es dem zur Zeit auf Forsthof Franzensberg stationirten Revierjäger C. Fockenbrock, auf dem ihm unterstellten Revier einen Menschen zu ertappen, welcher mit geladenem und schußbereitem Gewehr unerlaubter Weise die Jagd auszuüben gedachte. Nachdem von dem Forstbeamten die Persönlichkeit festgestellt war und das Gewehr dem Ertappten abgenommen worden, trennten sich Beide.
7. September 1893: Die Wahrheit des in den Schulfiebeln bereits gelehrten Sprüchworts „Spiele nicht mit Schießgewehr, denn es kann geladen sein“, - welches leider aber immer wieder, und zwar nicht nur von Kindern, ungeachtet gelassen und demzufolge viel Unheil angerichtet wird, - findet durch einen gestern in Schorrentin vorgekommenen Fall auf´s Neue Bestätigung: Daselbst waren gestern Ulanen einquartirt. Von dort gleichzeitig beschäftigten Maurern und Arbeitern suchte der Arbeiter L. seine Neugierde in Bezug auf die Construction der Militär-Carabiner zu befriedigen und hantirte mit einem solchen herum. Dabei entlud sich die Waffe, und die vom Manöver her wohl versehentlich im Laufe stecken gebliebene Platzpatrone verletzte den Maurer L. H. in schwerer Weise an Backe und Kiefer. Schleunigst wurde der Getroffene nach hier gebracht und vom Sanitätsrath Dr. Buschmann verbunden, der auch die unverweilte Ueberführung des H. in die Rostocker Universitätsklinik anordnete, die auch sofort bewerkstelligt wurde.
11. Januar 1894: In großer Sorge wurden am Montag die Angehörigen von fünf jungen Mädchen versetzt, welche sich Nachmittags mit ihren Schlittschuhen zu Eis (auf dem Canal nach dem Cummerower See) begeben hatten, und bei einbrechender Dunkelheit nicht zurückgekehrt waren. Glücklicherweise wurden die Befürchtungen durch ein Abends 8 Uhr aus Verchen eingehendes Telegramm behoben, welches meldete, daß die Vermißten sich auf der Aalbude befänden, und, von der ihnen dort gewährten freundlichen Gastfreundschaft Gebrauch machend, dort übernachten würden, da sie an der Heimkehr durch eine im Laufe des Nachmittags entstandene, mehr als ½ Meter breite „Borste“ im Eise verhindert worden seien.
4. Juni 1894: Ueber ein hier verübtes Bubenstück ohne Gleichen wird berichtet: In der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch voriger Woche sind in der hiesigen Koppel bei den Mühlen mehrere Pferde angeschossen! Ein dem Viehhändler S. gehöriges Thier soll an einem Fuß und in den Flanken verletzt gewesen sein und hat darum geschlachtet werden müssen. Auch zwei Pferde des Ackerbürgers S zeigen Schußwunden, glücklicherweise weniger bedenklicher Art. Anhaltepunkte für die Entdeckung der Thäter – zwei Patrone sind zweifellos bei der Schandthat betheiligt – sollen vorhanden sein. Ob ein Racheact oder ein solcher bestialischer Rohheit vorliegt, läßt sich vorläufig nicht erkennen.
3. Juli 1894: Schwere Gewitter zogen heute über unsere Stadt hinweg; ganz besonders entlud sich ein solches heute Nachmittag zwischen 1 und 2 Uhr und hatte ein solches Unwetter im Gefolge, wie wir es seit Menschengedenken hier nicht erlebt haben. Neben einem wolkenbruchartigen Regen brachte es ein Hagelschauer mit sich, dessen Schlossen die Größe einer Wallnuß hatten, ja zum Theil noch größer waren. Das Unwetter dauerte ca. ½ Stunde, und der Hagel lag stellenweise stundenlang nachher noch zollhoch. Wie wir hören, und was sich auch ganz von selbst versteht, hat dieser Hagel sehr erheblichen Schaden auf den Aeckern und in den Gärten angerichtet, und somit ist leider wohl mancher kleine Mann in den Hoffnungen und Erwartungen, die er auf die diesjährige Ernte gemacht hatte, getäuscht worden.
In der Peene ertrunken
Neukalen, 6. Juli 1894. Ein betrübender Unglücksfall ereignete sich hier heute Nachmittag. Der Bäckergeselle C. Schütt aus Alte Fähre auf Insel Rügen ging in Gemeinschaft mit dem Barbiergehülfen Z. nach der hiesigen Badestelle um zu baden; da Ersterer des Schwimmens unkundig, wurde er von dem Z. gewarnt, ihm nicht nachzukommen, was indeß von Schütt unbeachtet blieb. Die traurige Folge war, daß derselbe an einer tiefen Stelle untersank und noch seinem Collegen zurief: „Rette mich.“ Leider war dieser junge Mann nicht im Stande ihn aus der Tiefe zu ziehen; derselbe konnte erst nach vielen Anstrengungen als Leiche aus dem Wasser geholt werden. Da unser Arzt nicht zu Hause war, so wurden von anderer sachkundiger Hand Wiederbelebungsversuche angestellt, die leider erfolglos blieben.
(Bäckergeselle Carl Schütt, geb. 24.5.1876 in Altefähr auf Rügen, gest. 6.7.1894)
Unglücksfall 1894
„Neukalen, 7. August [1894]. Wie erzählt wird, hätten angeblich Knaben in der Frankengrund, zwischen Schutt versteckt, eine Anzahl Patronen gefunden. Es habe nun einer der Jungen eine Patrone auf einen Stein gelegt und sie durch Bearbeiten mit einem harten Gegenstand zur Entzündung zu bringen gesucht, welches Bestreben denn auch sehr bald von dem gewünschten Erfolge begleitet gewesen wäre, wobei aber gleichzeitig eine, vermuthlich sehr unerwünschte, Nebenwirkung erzielt worden sei, indem bei der Explosion das Bürschchen so arge Verletzungen an einer Hand erlitten hätte, daß hat ärztliche Hülfe in Anspruch genommen werden müssen.“
Feuer beim Ackersmann Schoknecht Dargunerstraße 11
Neukalen, 28. Jan 1895. Gestern gegen 9 Uhr Abends entstand auf dem Hausboden des Ackersmanns Schohknecht vor dem Mühlenthor Feuer, dasselbe soll durch den Schornstein auf den Rauchboden übertragen sein, wodurch sämmtliche Speckseiten und Würste verbrannt sind. Auch ist ein Schrank, in dem sich circa 90 Mark baares Geld befunden haben und welches einem in demselben Hause in einer Dachstube wohnenden alten Mann gehört, mitverbrannt. Unsere freiwillige Feuerwehr war wie gewöhnlich schnell zur Stelle und verhinderte durch ihr energisches und thatkräftiges Eingreifen eine weitere Ausdehnung des Feuers, welche um so leichter hätte erfolgen können, als das Haus, nur durch einen schmalen Weg getrennt, fast unmittelbar an der Scheunenreihe liegt. Das Haus hat nicht allein durch das Feuer gelitten, sondern auch durch die ihm zugeführten Wassermengen; den Schaden an dem Wohnhaus hat die Baseler Versicherungsgesellschaft, denjenigen des Mobiliars der Verein kleiner Landwirthe zu Rostock zu tragen.
Gerichtsverhandlung am 6.12.1895
„Neukalener Wochenblatt" vom 8.12.1895:
Neukalen, 6. December. An der heutigen Schöffengerichtssitzung nahmen als Schöffen theil die Herren Rentner Salchow und Sattlermeister Albrecht hier. - Verhandelt wurde die Strafsache gegen den Ackerbürger S. hierselbst wegen Körperverletzung mittels gefährlichen Werkzeuges. Angeklagter ist beschuldigt, in der Nacht vom 18. auf den 19. October d. Js. im Gastwirth Ganzel´schen Locale den Gastwirth L. mittels eines Bierglases körperlich verletzt zu haben, indem er mit demselben den L. derart auf den Kopf schlug, daß das Glas zersprang und L. Schnittwunden am Kopfe erhielt. Angeklagter ist nur theilweise geständig und will von dem Verletzten mit einem Stocke bedroht worden sein. - Das Gericht billigte dem Angeklagten mildernde Umstände zu und verurtheilte ihn auf Grund der Zeugenaussage wegen Vergehens gegen § 223a Str.-G.-Bs. zu einer Geldstrafe von 20 Mark, aushülflich zu fünf Tagen Gefängniß.“
Radfahrer - Verein Neukalen
1896 wurde in Neukalen ein Radfahrer - Verein gegründet. Vorsitzender war Ernst Salchow. Im Vorstand waren außerdem Kaufmann Bernd, Lehrer Westphal und Kaufmann Löwi. Als Stammlokal galt das Restaurant “Zur guten Quelle” (Straße der Freundschaft 26). Leider ist über diesen Verein nur sehr wenig bekannt.
Im “Neukalener Wochenblatt” vom 23.7.1897 war zu lesen:
“Neukalen, 21. Juli. Ein Fest, welches ähnlich Neukalen noch nie in seinen Mauern gesehen, wird nach Beschluß der letzten General - Versammlung des hiesigen Radler - Vereins am 1. August d. J. hier abgehalten werden. Genannter Verein wird in Verbindung mit dem ,,Mecklenburg-Vorpommerschen Radler-Verband” am genannten Tage sein Sommerfest feiern. Eingeladen sind die Vereine Demmin, Stralsund, Greifswald, Loitz, Teterow, Malchin, Stavenhagen, Neubrandenburg, Waren, Dargun, Gnoyen, Tessin, Sülze und Rostock. Aus dem Programm entnehmen wir folgendes: Morgens von 8 Uhr an Empfang der Gäste, um 9 Uhr gemüthliches Beisammensein im Vereinslocal (C. Daevel); um 10 Uhr Ausflug nach der Friedrich-Franz- resp. Marienhöhe; um 11 1/2 Uhr Delegirtensitzung (Vereinslocal); um 1 1/2 Uhr Festessen daselbst; um 4 Uhr Corsofahrt auf geschmückten Rädern, mit Musik, durch sämmtliche Straßen der Stadt. (Es werden drei Preise vertheilt: erster Preis im Werthe von 60 Mark, gestiftet vom “Mecklenburg- Vorpommerschen Radler-Verein”, die beiden anderen Preise im Werthe von ca. 40 und 20 Mark vom hiesigen Radler-Verein. An sämmtlichen Preisen können alle Vereine, die sich bis zum 27. d. Mts. angemeldet haben theilnehmen); um 5 Uhr Concert im Gartsbruch und “Promenadenfahren” daselbst; um 7 1/2 Uhr Saal-Reigen und Kunstfahren im Vereinslocal, darauf Preisvertheilung; von 9 Uhr ab Ball. - Es verspricht dies Fest glänzend zu werden, wenn das Wetter schön und die Stahlroßreiter sich ihren bekannten Humor mitbringen, welches zu einem solchen Feste nöthige Dinge sind. Hoffentlich wird es allen lieben Gästen hier gefallen. Die Festcommitte wird noch an die Bewohner unseres Städtchens die Bitte richten, die Häuser und Straßen festlich zu schmücken.“
Desweiteren ist der folgende Antrag erhalten geblieben:
„An den verehrlichen Magistrat hieselbst.
Der unterzeichnete Vorstand des „Neukalener Radfahrer-Verein v. 1896“ bittet den verehrlichen Magistrat ganz ergebenst, an seinem Stiftungsfest am 18. Juni eine Korsofahrt durch die Straßen der Stadt mit Musik, nach derselben ein öffentliches Konzert im Gartsbruch, und Abends einen Ball bis 1 Uhr abhalten zu dürfen.
Die Erlaubnis des hohen Ministerii ist eingeholt.
Gehorsamst
der Vorstand des „Neuk. Radfahrer – Verein“
I. A.
E. Löwi, Schriftführer
Neukalen, 15. Mai 1899“
Ausflüge nach Neukalen 1897
Aus dem „Neukalener Wochenblatt“ vom 2.7.1897:
„Neukalen, 28. Juni. Am Sonntag hatte eine Anzahl der dortigen Loge angehöriger Herren aus Demmin per Dampfer einen Ausflug nach hier unternommen. Die Gesellschaft dinirte im Kähler'schen Hotel gemeinschaftlich. Das vorzügliche Menü im Bunde mit dem ausgezeichneten Kähler'schen Traubensaft riefen die animirteste Stimmung hervor. Ein gerade anwesender Photograph, ein Herr Freitag aus Weidmannslust bei Berlin, photographierte die Herren auf einem größeren Gruppenbilde in humoristischen Stellungen. Erst gegen acht Uhr Abends kehrte die Gesellschaft hoch befriedigt von dem Ausflug auf ihren Dampfer zurück.
Neukalen, 29. Juni Heute Mittag gegen 1 Uhr trafen, von Malchin kommend, etwa 200 Schüler der Güstrower Bürgerschule, unter Leitung von Lehrern, hier ein und gingen im Daewel'schen Locale, in welchem sie sich angemeldet hatten, vor Anker. Trotz der glühenden Hitze und des staubigen Weges zeigte die muntere Schaar wenig Erschöpfung, die bei der fürsorglichen Bewirthung bald bis auf den letzten Hauch der allgemeinsten Fröhlichkeit Platz machen mußte. Die Herren Lehrer nahmen ein gemeinschaftliches Mittagessen ein, während die Schüler in ihren mitgebrachten Vorräthen schwelgten, wozu Frau Daewel das erfrischende Naß lieferte. Später durchzogen die Schüler in vereinzelten Gruppen unsern Ort, während die Jüngeren in dem geräumigen Saal oder den schattigen Lauben sich tapfer herumtummelten. Bei aller Fröhlichkeit fand nirgends eine ungezügelte Ausgelassenheit statt, und der Geist der Ordnung war überall zu bemerken. Gegen 4 Uhr wurde der Rückmarsch über den Bataillenberg und die Friedrichfranzenshöhe nach Malchin wieder angetreten. Beim Abmarsche brachte Herr Rector Steinfatt Herrn und Frau Daewel für die freundliche Aufnahme und vortreffliche Bewirthung ein Hoch aus, das bei den jugendlichen Gästen den kräftigsten und jubelndsten Ausdruck fand. Einer von den Bürschlein schien aber das erste Hoch eher seinem lieben Herrn Rector, als den guten Wirthsleuten zu gönnen; denn kaum war es verklungen, als er blitzschnell hinterdrein rief: "Unser Herr Rector soll leben!" Da hätte man hören sollen, wie das Hoch von Lehrern und Schülern aufgenommen wurde! Ueberhaupt haben wir an der herzlichen Collegialität, die unter den Lehrern herrschte, und die, wie man uns sagte, besonders von dem Herrn Rector Steinfatt gepflegt wird, unsere helle Herzensfreude gehabt.“
Brunnen eingestürzt
Aus dem „Neukalener Wochenblatt“ vom 23.7.1897:
„Neukalen, 21. Juli. Der Kaufmann Herr K. entging, wie man hört, nur mit genauer Noth einem Unfall, welcher vermuthlich von den schlimmsten Folgen begleitet gewesen wäre. Herr K. hörte nämlich kürzlich um 10 Uhr Abends ein Geräusch auf seinem Hofe. Beim Revidiren des Hofes betrat er auch die Brunnendecke, ohne jedoch etwas zu gewahren. Kaum in´s Haus gelangt, wiederholte sich das Geräusch stärker, und sah man nun, daß der Brunnen eingestürzt war. Nach Aushebung der Rohre durch den Brunnenmacher Ihlenburg wird der Brunnen zugefahren werden.“
Hermann Böhmer
Lehrer
geb. 24.1.1823 in Schorrentin
gest. 8.12.1897 in Wismar
Vater: Pastor
Er begann ein Theologiestudium, besuchte dann aber das Seminar in Ludwigslust. 1848 war er Lehrer in Woosten, 1849 an der Volksschule Parchim, 1850 an der Bürgerschule Wismar; 1857 - 1888 Lehrer an der Großen Stadtschule Wismar.
Haus von Bäcker Brinkmann abgebrannt
Aus dem “Allgemeinen Mecklenburger Anzeiger” 1897:
“Neukalen, 27. December - Nach langer Pause wurden wir in der Weihnachtsnacht um 2 Uhr durch Feueralarm geweckt. Das Wohnhaus des Bäckermeisters R. Brinkmann, Malchiner Straße, ist gänzlich abgebrannt. In Folge der Windstille konnte die Feuerwehr den Brand auf seinen Herd beschränken und blieben die Stallgebäude verschont. Leider verbrannten 31 Tauben. Durch Gottes Fügung wurden wir vor einem schrecklichen Unglück bewahrt. Alles lag im Wohnhause im tiefsten Schlafe. Die beiden Mädchen erwachten, durch den furchtbaren Rauch zum Ersticken gequält, und fanden Alles in Asche. Außer den beiden Mädchen schliefen die Mutter des Herrn Brinkmann, Geselle, Lehrling und zwei Knechte eine Treppe hoch. Wären die Mädchen 5 Minuten später erwacht, so hätten 7 Personen ihren Tod in den Flammen gefunden, da Alles schon ein Flammemmeer war, sie retteten nur ihr nacktes Leben.”
Verunglückte Pferde 1898
Aus dem „Neukalener Wochenblatt“ vom 12.1.1898:
„Neukalen, 9. Januar. Vor mehreren Tagen rasten ein paar durchgehende Pferde mit einem Wagen hinter sich über den Markt und trafen eine Pumpe mit solcher Gewalt, daß beide Pferde zu Fall kamen und den Pumpenpfosten umrissen. Eines der Pferde wurde nicht unerheblich beschädigt. Die Pumpe ist noch heute unbrauchbar und mit einer Umfriedigung eingefaßt.“
Schweres Gewitter
Neukalen, 25. Juli 1898. Am Sonnabend Nachmittag zog ein schweres Gewitter über unsere Stadt. Ein Blitz schlug in unsern Torfmoor und streckte drei Personen, die zusammen auf dem Heimweg waren, bewußtlos zur Erde. Glücklicherweise kamen dieselben mit dem bloßen Schreck davon und erlitten keinerlei Beschädigung.
Unvorsichtigkeit
Neukalen, 27. Juli 1898. Unvorsichtigkeit. Trotz der vielen Warnungen mit dem Gebrauch von Schießwaffen ereignete sich gestern ein betrübender Unglücksfall. Zwei Brüder, welche hier in zwei verschiedenen Mühlen als Lehrlinge sind, spielten gestern Nachmittag mit einer geladenen Schrotflinte. Plötzlich krachte der Schuß und traf den älteren Bruder so in den Nacken, daß er besinnungslos ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Man hofft, ihn am Leben zu erhalten.
“Wir brauchen keinen Großherzog mehr”
So um 1900 wohnte in Neukalen der Musiker Karl Nebeck 1), der im jugendlichen Alter Stabstrompeter bei den Ziethenhusaren war. Bei einer lustigen Runde in einer Gaststätte wurde mit ihm eine Wette abgeschlossen. Er sollte in Malchin um das Rathaus herumreiten und dabei ganz laut rufen: "Wir brauchen keinen Großherzog mehr!" Im Malchiner Rathaus fand gerade der Landtag statt, und der Großherzog von Mecklenburg / Schwerin war auch anwesend. Nebeck hatte schon ein paar Gläser Bier getrunken. Er ging auf die Wette ein und ritt los.
Nachdem er um das Rathaus herumgeritten war, rief er laut: "Wir brauchen keinen Groß-herzog mehr!" Sofort wurde er vom dortigen Stadtpolizisten festgehalten und streng befragt, warum er das gerufen hätte. Darauf antwortete Nebeck: "Wir brauchen ja keinen Großherzog mehr, weil wir schon einen haben." Der Stadtpolizist ließ ihn ratlos laufen.
1) Karl Johann Friedrich Nebeck, geb. am 13.12.1858 in Teutendorfer Moor, gest. 18.8. 1942 in Neukalen, wohnhaft Straße der Freundschaft 12.
Leichenfund am 5.3.1906
Aus dem „Malchiner Generalanzeiger“ von 1906:
„Die schon sehr in Verwesung übergegangene Leiche eines seit der Zeit vor Weihnachten vermißten Arbeiters aus hiesiger Stadt wurde von einem Angler in der Peene gefunden. Es ist anzunehmen, daß der Verunglückte, der in der Umgegend Arbeit hatte suchen wollen, auf dem Heimwege sich durch einen Richtsteig den Weg abkürzen wollte und dabei in der Peene ertrank.“
Es handelte sich um den Ziegler Carl Ludwig Heinrich Meyer, geb. 28.9.1851 in Amtsbrink, der am 5.3.1906 gefunden wurde.
Fahrradunfall 1906
„Der Handlungsgehülfe P. wurde am 15.6.1906 zu einer Geldstrafe von 4 Mark verurteilt, weil er am 16.4.1906 zu Neukalen mit seinem Fahrrade auf der Straße gehende Personen überholt, ohne vorher ein Zeichen mit der Glocke gegeben zu haben und dadurch veranlaßt haben soll, daß die Gertrud L. hieselbst überfahren wurde.“
Petition 1916
Vor 100 Jahren unterschrieben beherzte und mutige Einwohner Neukalens diese Petition der SPD zur Beendigung des I. Weltkrieges:
„PETITION
an Se. Exzellenz den Herrn Reichskanzler Dr. v. Bethmann Hollweg Die Unterzeichneten fordern, daß dem Krieg, der seit mehr als zwei Jahren Europa verwüstet und allen beteiligten Ländern ungeheure Opfer an Gut und Blut auferlegt, so bald als möglich ein Ende bereitet wird.
Unter Ablehnung aller Eroberungspläne, die nicht nur den Krieg verlängern, sondern auch den Keim zu neuen Kriegen in sich tragen, fordern die Unterzeichneten von den Verbündeten Regierungen, daß sie sich zum Abschluß eines Friedens bereit erklären, der dem Reiche
1. seine politische Unabhängigkeit,
2. seine territoriale Unversehrtheit,
3. seine wirtschaftliche Entwicklungsfreiheit gewährleistet.“
Diese gedruckte Petition von 1916 unterschrieben in Neukalen:
1. Ludwig Sass Maurer Neukalen Ringstr. 43
2. Frau Bergeint Hamburg Bartholomäusstr.86 II
3. Frau Grete Ey Neukalen Ringstr. 58
4. Frau Körber z.Zt.Neukalen Ringstr. 58
5. Fritz Waterstradt Arbeiter Neukalen Ringstr. 59
6. R. Röhrdanz Arbeiter Neukalen Ringstr. 3
7. Frau Röhrdanz Neukalen Ringstr. 3
8. Frau Krüger Neukalen Malchinerstr. 4
9. Frau Lückstädt Neukalen Wallstr. 93
10. Frau Lange Neukalen Wallstr. 91
11. Frau Jens Neukalen Ringstr. 27
12. Frau Bentschneider Neukalen Ringstr. 31
13. F. Schultz Neukalen Salemerweg
14. Frau Roggenkamp Neukalen Salemerweg
15. Frau Ladwig Neukalen Ringstr. 47
16. A. Ladwig Neukalen Ringstr. 47
17. Erna Ulrich Maurer Neukalen Rektorstr.
18. Johann Sänger Dachdecker Neukalen Ringstr. 57
19. Ida Sänger Neukalen Ringstr. 57
20. Frau Emielie Sänger Neukalen Ringstr. 57
21. Margarete Kreplin Neukalen Krummestr. 4
22. Frau Federow geb.Wickbold Maurer Neukalen Krummestr. 4
23. Frau Sophie Meier Neukalen Klosterstr. 81
24. Frieda Meier Schneiderin Neukalen Klosterstr. 81
25. Frieda Kuchhöft Schneiderin Neukalen Rohrplage 101
26. Frau Halbedel Arbeiter Neukalen Klosterstr. 25
27. Fritz Lückstädt Arbeiter Neukalen Rohrplage 101
28. Ernst Sass Ackerbürger Neukalen Rohrplage 102
29. Minne Sass Neukalen Rohrplage 102
30. Fr. Louise Westphal Arbeiterfrau Neukalen Rohrplage 103
31. Louise Westphal Arbeiterfrau Neukalen Rohrplage 103
32. W. Westphal Arbeiter Neukalen Rohrplage 103
33. A. Westphal Arbeiter Neukalen Rohrplage 103
34. M. Pankow Arbeiter Neukalen Rohrplage 11
35. Karl Kottke Schuhmacherm. Neukalen Klosterstr. 118
36. Frau Kottke Neukalen Klosterstr. 118
37. August Kerklies Arbeiter Neukalen Klosterstr. 119
38. Frau Kerklies Neukalen Klosterstr. 119
39. Frau W. Bruhns Arbeiterin Neukalen Klosterstr. 25
40. Carl Riebe Ackerbürger Neukalen Klosterstraße
Der Marien-Frauen-Verein
Am 30. April 1918 wurde in Neukalen ein Marien-Frauen-Verein gegründet. Er hatte 58 Mitglieder, davon 45 aus Neukalen und 13 aus der Umgebung. Den Vorstand bildeten:
Frau Pastor Hohmann, Vorsitzende
Herr Pastor Hohmann, Schriftführer
Betriebsleiter Klentzer, Kassenführer
Frau Domänenpächterin Schlüter in Schlakendorf
Senator Brinkmann
Stabsarzt Dr. Hinneberg
Erbpächter Gülther in Salem
Der Marien-Frauen-Verein in Neukalen war ein Zweigverein des "Mecklenburgischen Roten Kreuzes, Vereinigter Landes- und Marien-Frauen-Verein". Die Mitglieder des 1910 in Neukalen gegründeten Frauen - Nähvereins traten geschlossen in den Marien-Frauen-Verein ein.
Der neue Verein hatte sich zum Ziel gestellt, ein Teil der Aufgaben des Roten Kreuzes wahrzunehmen, wobei die Linderung der Not nach dem I. Weltkrieg im Vordergrund stand. So gab es viele Sammlungen von Geld- und Sachspenden, unter anderem auch für rückkehrende Auslandsdeutsche und Kriegsgefangene. Der Verein organisierte eine Krankenpflege, eine Mütterberatung, die Unterstützung der Kriegswitwen sowie den Landaufenthalt für Stadt-kinder in Neukalen (1918 waren es 21 Kinder).
1924 gehörten dem Marien-Frauen-Verein Neukalen 102 Mitglieder an. Im Vorstand waren:
Frau Pastor Hohmann, Vorsitzende
Frau Baurat Köpke, Schriftführerin
Frau Kaufmann Penzlin, Schatzmeisterin
Frau Dr. Hinneberg
Frau Bürgermeister Dr. Lorenz
Frau Postmeister Flemming
Nach 1924 habe ich keine Nachrichten mehr über diesen Verein gefunden.
Jetzt geht´s nach Lindenau
Ein gewisser Hermes kam oftmals zum Jahrmarkt mit einem großen Orgelkasten auf einem vierrädrigen Wagen mit Pferden davor nach Neukalen. 1922 war er wieder einmal in der Stadt. Er durfte seinen Wagen mit der Orgel darauf in der Toreinfahrt bei August Seemann am Markt unterstellen. Dahinter stand die Feuerspritze, welche manchmal auch hier untergestellt war. Nachts gingen plötzlich die Sturmglocken. Einige Feuerwehrleute saßen zu dieser Zeit noch in der Gaststätte des August Seemann in geselliger Runde. Man stürmte heraus. Es war stockfinster. Im Dunkeln spannte man die Pferde an - aus Versehen aber am Wagen mit dem Orgelkasten. Als die Feuerwehrleute nun vom Markt in die abschüssige Mühlenstraße (heute Wilhelm-Pieck-Straße) einbogen und bremsen wollten, drehte einer an der Kurbel. Da ertönte vom Wagen her das Lied: “Jetzt geht´s nach Lindenau!” Die Anwohner, die aus den Fenstern sahen und sich fragten, wohin wohl die Feuerwehr fährt, sagten sich: “Aha, es geht nach Lindenau”. Die Gaststätte in Warsow nannte man im Volksmund damals "Lindenau".
Eine verhängnisvolle Wette um 1925
Um 1925 soll in Neukalen folgende Geschichte passiert sein, die mir ein Einwohner erzählte, der selbst dabei war:
In einer Gaststätte saßen mehrere Männer zusammen und erzählten sich Gruselgeschichten. Einer in der Runde lachte die anderen aus und behauptete, daß er keine Angst hätte. Schließlich wurde eine Wette abgeschlossen. Ihm wurde ein guter Geldbetrag versprochen, wenn er um Mitternacht auf den Friedhof zu einem ganz bestimmten Grabkreuz gehen würde. Hinter diesem Kreuz soll schon mal eine weiße Gestalt erschienen sein. Mutig marschierte der Unerschrockene kurz vor 24 Uhr los, eine ganze Horde der übrigen Gesellschaft hinterher. Am Friedhofseingang beim Haus von Steinmetz Berendt bleiben diese aber stehen, um von dort zuzusehen. Der die ausgesetzte Geldsumme unbedingt bekommen möchte, griff sich einen dicken Ast und schritt - nun doch etwas ängstlich geworden - weiter und gelangte schließlich an das bewußte Kreuz. Plötzlich kam tatsächlich hinter dem Grabstein eine weiße Gestalt hervor, die schreckliche Laute ausstieß. Sie erhielt aber unerwarteter Weise einige Schläge auf den Kopf und brach tot zusammen. Es war einer aus der Biertischrunde, der sich einen Spaß erlauben wollte und schon vorher zum Friedhof gelaufen war. Er mußte teuer bezahlen ...
Enthexter Pferdestall:
Richard Hilgendorf berichtete, daß dem Bauern Krüger mehrmals Pferde gestorben sind. Der Schmied Heuer hat dann den Pferdestall enthext. Als Ursache stellte er fest, daß ein Geldstück in der Wand des Pferdestalles eingemauert war...
“Verfügen´s sich”
Hermann Ladwig war als Lehrling beim Brunnenbauer Karl Lange beschäftigt. Einmal saß Karl Lange in der Grube und erteilte seinem Lehrling folgende Anweisung: „Wenn ich mit dem Hammer einmal gegen das Rohr klopfe, läßt Du das Rohr langsam hinunter. Wenn ich dagegen mehrmals klopfe, läßt du los und das Rohr hinunterfallen.“ Nachdem er nun in der Grube alles soweit vorbereitet hatte, klopfte er einmal gegen das Rohr, aber Hermann Ladwig paßte nicht auf, träumte wohl und rührte sich nicht. In seinem Arbeitseifer hämmerte Karl Lange mehrmals. Da wird Hermann Ladwig wach, läßt das Rohr hinuntersausen und alles war kaputt. Wütend kam Karl Lange aus der Grube gekrochen, aber Hermann Ladwig war flinker und rannte weg. Voller ohnmächtiger Wut tanzte Karl Lange um die Grube und faßte sich an den Kopf. Als eine Frau vorbeikam, fragte sie, was denn los sei. Da schrie Karl Lange sie an: „Verfügen´s sich! Verfügen´s sich!“
Die städtischen Gebäude und ihre Werte 1931
Krankenhaus 25 000 RM
Bleiche 4 000 RM
Neubauten (2) 45 000 RM
Rathaus 60 000 RM
Schulhaus 50 000 RM
Turnhalle 30 000 RM
Spritzenhaus 8 000 RM
Torgebäude 6 000 RM
" 3 000 RM
Amtsgerichtsflügel 16 000 RM
Wohnhaus bei der Molkerei 10 000 RM
Badeanstalt 15 000 RM
Gaswerk 100 000 RM
Elektrizitätswerk (Ortsnetz) 70 000 RM
Gustav Kohfeldt
Bibliothekar
geb. 25.2.1867 in Neukalen
gest. 11.1.1934 in Rostock
Vater: Landwirt Ernst Johann Friedrich Kohfeldt
Mutter: Auguste Luise Joachime, geb. Matz
Er legte 1887 in Malchin sein Abitur ab; studierte 1887 - 1890 in Berlin, Jena und München; 1890 - 1891 Hauslehrer; 1891 in Rostock immmatrikuliert; promovierte 1892 zum Dr. phil.; Volontär an der Universitätsbibliothek Rostock; einige Monate Hauslehrer, 1893 - 1894 Lehrer für alte Sprachen, Geschichte und deutsche Literatur am College Internationale in Genf; seit dem 1.4.1894 Bibliothekar an der Universitätsbibliothek Rostock; 1910 Oberbibliothekar; 1917 Titularprofessor; 1926 1. Bibliotheksrat; Vertreter des Direktors; war ständiger Mitarbeiter an Jastrows „Jahresberichten für neuere deutsche Literaturgeschichte“; lieferte ab 1902 den Literaturbericht über Mecklenburg in den Jahresberichten der Geschichtswissenschaft; ist mit mehreren Aufsätzen in Fachzeitschriften vertreten, wie im Zentralblatt für das Bibliothekswesen, dem Eekboom; für das Sammelwerk „Das akademische Deutschland“ schrieb er eine „Kurze Geschichte der Universität Rostock“; veröffentlichte und kommentierte das „Rostocker Studentenstammbuch 1736/37“; 1908 erschien seine Sammlung „Plattdeutscher Mecklenburgischer Hochzeitsgedichte aus dem 17. und 18. Jahrhundert“; beschrieb die „Rostocker Professoren und Studenten im 18. Jh.“ und berichtete „Aus der 200jährigen Geschichte der Rostocker Zeitung“.
Aus dem Buch: „Wer war wer in Mecklenburg-Vorpommern?“, ein Personenlexikon von Grete Grewolls, Edition Temmen, 1995
Das “zweite Gesicht”
Der Landwirt Heinrich Krüger, genannt „Botterheiner“, soll das sogenannte „zweite Gesicht“ besessen haben. Er ging nie zu einer Beerdigung, da er dann angeblich die nächsten Sterbenden im Geiste vor sich sah. Deshalb hatte er immer Angst, sich einmal selber zu sehen.
Einmal ertrank im Neukalener Hafen ein Junge [es handelte sich wohl um Fritz Martin Otto Hünerjäger, geb. 1.3.1927, gest. 6.9.1943], der mit dem Boot gekentert war und nicht schwimmen konnte. Auf Grund der Strömung suchte man lange an den vermuteten Stellen. Viele Zuschauer standen am Ufer, so auch Heinrich Krüger, der die Suche verfolgte, aber nichts sagte. Mit einem Mal zeigte er dicht bei der „Wasch“ (kleine Bohlenplattform zum Wäschwaschen), unmittelbar neben der Hafenbrücke, in´s Wasser und sagte: „Hier sucht!“ Dort fand man dann auch die Leiche.
Ein anderes Mal war ein Junge auf dem Kummerower See eingebrochen und unter das Eis geraten. Nachdem man lange suchte und ihn nicht fand, wies Heinrich Krüger auf eine Stelle, die keiner vermutet hatte. Dort fand man tatsächlich die Leiche.
Karl Angebauer
Schriftsteller
geb. 23.2.1882 in Warsow
gest. 30.8.1952 in Berlin
Erzähler; Verfasser von Jugendbüchern
Er war der Sohn des Lehrers Karl Angebauer in Warsow.
Ik bün blot utrutscht
Lotte Schimmel
Ik bün nu all 90 Johr, oewer ein lütt Schmunzelgeschicht föllt mi ümmer wedder in. Vör ungefiehr 50 Johr süll uns Hus farbig verputzt warden. Ein Murer makte dat so bäten näbenbi! Hei müßt up ´ne Ledder tämlich hochstiegen, un dunn segg ik tau em: „Je, Bier kan´k sei woll nich gäben, ierst naher, süss fallen sei noch runner.“ Dunn antwurt hei mi: „Mien leiw Fru, ahn Bier stieg ik dor gornich ierst rup!“
Na, hei kreg jo sien Bier, un ik güng mienen Gang. Bäten spärer hür ik, as hei in´n Kieshümpel föllt! Ik kiek un dunn seggt hei: „Nee, nee, ik bün blot utrutscht!“