Die Gedenktafeln 1914 - 1918 in der Kirche
Wolfgang Schimmel
Auf Initiative des Marien - Frauen - Vereins wurden ab 1923 Geld und Naturalien zur Anfertigung von zwei Gedenktafeln für die Gefallenen des I. Weltkrieges gesammelt. Da in der Inflationszeit das Geld nichts wert war, nahm man auch Naturalien wie Roggen, Eier, Weizen u. a. entgegen.
Vom Bildhauer Felix Bierbach in Malchin wurden für die Tafeln Verzierungen angefertigt und geliefert: vier Friese Eichenlaub, vier Lorbeergehänge, die Inschrift "1914 - 1918" und zwei "Eiserne Kreuze". Dieses alles wurde am 28.7.1923 mit 2690000 Mark bezahlt.
Das Holz stiftete die Stadt. Der Tischler Gustav Fischer fertigte die Tafeln an. Er erhielt dafür am 7.8.1923 eine Million Mark Inflationsgeld.
Mit den Malerarbeiten war Malermeister Emil Rothenhäuser beauftragt. Er erhielt dafür am 8.8.1923 siebenhunderttausend Mark im Voraus, um Farben einkaufen zu können, da die Preise auf Grund der Inflation laufend stiegen. Er schrieb die hier abgebildete Rechnung an den Marien - Frauen - Verein.
Rechnung des Malermeisters Emil Rothenhäuser
vom 2.2.1924
Daraus ist zu ersehen, daß die Tafeln nach seinem künstlerischen Entwurf angefertigt wurden.
Diese - auf Grund der Inflationszeit etwas komplizierte - Rechnung dazu lautet:
Novbr. 18
Zwei Gedenktafel angefertigt für die aus dem Weltkriege der hiesigen Gemeinde von 1914 - 1918 gefallenen Krieger.
3 Skizzen gemacht in 3 verschiedenen Stielarten. Dann die Zeichnung der anzufertigenden Tafel in Naturgröße gezeichnet für den Tischler und Bildhauer.
Die beiden Tafel geölt lasiert geschrieben und 2 mal lackiert zus. 69 Mark 00 Pfennig
Die beiden Wandflächen in der Kirche Sprüche und emetierten Steine abgekratzt grundiert und 1 mal mit Leimfarbe gestrichen sowie verschiedenes an den Wandflächen ausgebessert.
14 Mark 00 Pfennig
4 Reisen nach Malchin gemacht zum Bildhauer und Versäumnisse 12 Mark - Pfennig
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Summa Mk. 95 00
August 8
Abschläglich erhalten Neunhunderttausend Mark, Dollar 4,20 4860000
- 60
August 24
Dreihunderttausend Mark, 4200000
- 30
Stimmen tut die Berechnung mit 90 Pf
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Summa Mk. 94 10
Auf der Abschlagszahlung noch gut rechnen,
Mk. 10 -
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84 10
21 Mai 1924
Abschläglich 60 Mk erhalten
E. Rothenhäuser
24,10 M Betrag erhalten
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E. Rothenhäuser
17.8.24
Am 19. Mai und am 15. August 1924 mußte Emil Rothenhäuser Mahnungen schreiben, da er immer noch nicht sein Geld vollständig erhalten hatte:
"Neukalen d. 19ten Mai 1924.
Hochgeehrter Herr Pastor!
Ich möchte mir die freundliche Anfrage erlauben ob Sie mir wohl nicht bald meine Rechnung bezahlen könnten für die beiden Tafel, denn ich muß notwendig Geld gebrauchen um Einkaufen zu können. Denn Ziel gibt es nur 14 Tage und bei Oel und Lacke nur 3 Tage.
Ich möchte daher bitten mir doch so bald wie nur irgend möglich ist mir doch den Betrag auszahlen zu wollen.
Hochachtungsvoll E. Rothenhäuser"
"Neukalen, den 15ten August 1924
Rechnung für den Marien - Frauen - Verein hieselbst.
Hochgeehrter Herr Pastor!
Ich möchte bitten, mir den Restbetrag meiner Rechnung von den Kirchentafeln doch sobald wie nur irgend möglich ist mir zugehen zu lassen. Weil ich notwendig Geld gebrauche zum Einkaufen von Waren.
Hochachtungsvoll E. Rothenhäuser"
Die ständige Geldentwertung in der Inflationszeit war ein großes Problem. Malermeister Emil Rothenhäuser bekam aber schließlich sein Geld.
Die nach seinem Entwurf angefertigten Gedenktafeln wurden in der Mitte der Kirche an der Nord- und Südwand angebracht. Am 26. Sonntag nach Trinitatis 1923, dem Totengedenktag, erfolgte ihre Weihe mit einer Predigt zum Bibeltext: Jesaja 26,19.
Bei der Renovierung des Kircheninnern 1964 wurden die Tafeln abgenommen und auf den Kirchenboden gebracht. Heute hängen die Tafel an der Westseite des Kirchenschiffes.