Erich Krüger erzählt
(* 25.12.1908 + 6.1.2004)
Auf dem Klöhnabend am 15. Januar 1997 erzählte Herr Erich Krüger aus seinem Leben. Hier erfolgt nun eine (fast) wortgetreue Wiedergabe seines Berichtes, der von den zahlreichen Zuhörern mit lebhaften Interesse aufgenommen wurde.
Erich Krüger
"Verstahns all' plattdütsch? Süss fang ich gornich an.
Also, ick bün kein gebürtiger Kalsch', ick reken mi öwer as 'n Kalschen. 1. April 1913 hett mien Vadder de Stellmakerie öwernahmen up Drängen von sien öllsten Brauder - de wier Koopmann in Wismar - un von sien Vadder - wat mien Großvadder wäst is. De Stellmakerie wür' frie hier, ein Wolgast is dat wäst, de is dunn nah Pribbenow orrer in de Gegend treckt un von denn an bün ick in Kalen.
Geburn bün ick - wenn'k seggen sall - in Sachsen - Anhalt. Dor hett mien Vadder in Oranienbaum in 'ne Waggonfabrik arbeit't. Mien Brauder is dor ok noch geburn. Denn is mien Vadder ümmer unnerwägens wäst, is nah Bautzen gahn un hett dor ok in 'ne Waggonfabrik arbeit't. Un denn hett sien Vadder un sien Brauder em weghalt , un denn is hei nah Kalen kamen.
Mien Vadder wier ja de jüngst Brauder von de Geschwister: Albert Krüger, denn is dor 'ne Schwester wäst Frieda Krüger - Frieda Schlapmann, wo hüt Peter Schmidt wohnt, Heiner Schlapmann is mien Unkel wäst, de is all storben gliek nah den Krieg.
Ick heww de Stellmakerie ock wiedermakt. Ick süll nich, aewer ick heww mi dörchset't, ick heww't liehrt un mi is kein Dag leed, dat dat makt heww; bis jetzt nich un ward mi ok nich mihr leed.
Un denn heww'k liehrt, bün drei oder vier Johr in de Frömd west. Mien Vadder hett jo noch wandert, öwer ick nich. Denn würd' ick to Winter arbeitslos, denn müst ick wedder her. De letzte Stell, de wier in Schleswig - Holstein, ne ganz prima Stell, un dor süll'k wedder henkamen. Hei harr tatsächlich kein Arbeit mihr. De entleet mi acht Dag vor Wiehnachten. Ende Januar schrew he, ick süll wedderkamen. Dunn hett mien Vadder mi seggt: "Wenn du jetzt wedder gahn deist, denn brukst nich wedderkamen. Dorvon heww'k dat utschlagen un bün denn hier selbständig worden.
In de Schaultied ist't hier gaud wäst. Ick bün dreiuntwintig konfirmiert un einuntwintig möt Robert Schmidt herkamen sind. In mien Tied wier Köster Kliefoth de ierst un denn Kanter Struck. Solang wier'n söss Klassen un einuntwintig würden acht Klassen inricht't. Un dor wier de ierst Klass' dat wiern bloß Jungs; un dat wiern nich nauch Jungs un dunn sünd wi twei - ick un einer de hett Peter Wessel heiten, dat wier de Söhn von Wachtmeister Wessel, de is nah Spornitz versett't de Vadder. Wi beid' kemen dunn bi dei Klass' henn, de twei Johr öller wiern. Dat wiern bloß Jungs. Un denn kem dat tweite Johr, fiev Dirns harr'ns dunn: dat wier Meta Krull, Elli Kohfeld, Anneliese Gypp, Erna Langen vom Forsthoff - "Klingbütel" - un Trute Pahl. Un dat letzte Johr bün'ck miehr tu Huus wäst un bünn nich miehr hengahn, denn dat harr kein Zweck miehr. Drei Johr ümmer dasselbe.
Denn heww ick Gesellenprüfung makt un denn Meisterprüfung. Mi wull de ein rinleggen, wer weit wi dull. De frög mi bi de Meisterprüfung ne Frag'. Also, hei künn mi wierer nichts anhebben - Herr Gott wie is't noch west? - dunn heww ick em seggt: "De Frag' kann't Se nich beantwurt'n". Dor hett de Vörsitzende ut Güstrow von't Gericht meint: "Wird das heute noch gebraucht?" "Nein", seggt denn dei Meister ut Bützow, "das wird heute nicht mehr gebraucht." "Na, dann erübrigt sich das." Dor bünn ick denn so mit lang kamen. As'ck mien Vadder dat vertell'n ded, "dat harr'ck di ock seggen künn', dat heww'ck wüst." Dei hett dat noch makt, öwer ick heww't nich mihr liehrt.
Mien Vadder hett ok liehrt. Hei hett liehrt in de Amtstrat - ein Stellmaker Glewe hett dor wohnt - un dor hett hei liehrt. Dat möt för den Bäcker ein orrer twei Hüser nah'n Markt rup wäst sin. In ein von de Hüser is dat wäst.
Ick heww in den twintiger Johren de Inflation mitmakt, dat könn'n sick siehr wenige noch vörstell'n. Wenn't morgens Geld gäw, denn wier't nahmiddags nur noch de Hälft wiert. Dor wier bi uns in'ne Post un an'n Markt im Rathuus, wo de Sporkass wäst is, dor wir 'n Zettel in wie de Kurs wier, morgens un nahmiddags. Nahmiddags wier all wedder anners as dat morgens wäst wier. Dunn sünd wi ... in de Milliarden bün'ck noch mit rin kamen, bi de Billiarden, dunn wier Schluß. Dunn harr'ns all von boben ierst Billion, also de kamen ja nah de Milliarden, dor kamen de Billion - so hemm wie't liehrt. Aber dunn wier Schluß. Dann sünd sei wedder von vörn anfung'n.
De schellen oft hüt öwer de Jungen. Dor schell ick nich öwer - wie wier'n ok kein Engel. Korl Kasch un Wilhelm Ohde - verschiedene warn dei Namen woll noch weiten - de sünd nauch hinner uns her wäst, wenn wi von't Gortbrauk kamen deden von't Schützenfest un hemm sung'n up de Strat. Un hemm uns oft eis erwischt. Wenn wi denkten, wie wieren wech, denn kem Korl Kasch up de anner Sied. Wie hemm Angst hatt. Hüt de Jungen, wenn dor twei Polizisten kamen daun, de dörben nicks seggen - wie hebben noch Angst vör hatt. Dat wier Korl Kasch allein.
Dat Schönste wier, wenn dat Schützenfest wier. Dat wier't Best. Dat Niekaler Schützenfest - dor kann einer räden wat hei will - dat möten ock all mihrere erfohren hemm - dat wier in ganzen groten Kreis Malchin dat schönste Schützenfest. Dor kemen se von Hamburg un süss wo her hier nah Kalen. In de twintiger Johren sünd väl uttreckt nah Hamburg, weil hier kein Arbeit wier. Dunn hätt dat heiten: Hamburg is dei Vörstadt von Mecklenburg. Dat Schönste wier dat Schützenfest hier. Un dor kan'ck 'n Ding vertellen. Kottke wier Musiker, hei harr 'ne Kapell. Dor wier de Drahtknieper mit in von'n Forsthoff, wie heit hei nu? Drohtknieper hemm's seggt. De haut' de Pauk. Na jedenfalls, de harr'n spält bi't Schützenfest un dunn mit'n mal heit dat: "ne, wi möten eis anner Musik hemm". Dor hett denn noch 'ne Gnoiener Kapell, dat wier damals 'ne SA - Kapell, twei- orrer dreimal spält. "Nee, wi will'n anner Musik hemm!" Wodörch weit ick nich, jedenfalls kem dunn Bauerfeld, von Rostock de Militärkapell. Un dei makte dat extra billiger. De müst her. Kottke harr ja ock inreicht wedder, un de hett nich krägen. Jedenfalls bi'n Utmarsch, dor wier jo Kottke falsch, wer weit wi. Den Drohtknieper, den hett hei besopen makt, hei harr ja 'ne Kneip dor. Un as dei Toch rankamen ded, sitt dei up't Finsterbrett, Büx dal un höll den blanken Nors ut't Finster. Dat is Tatsache! Bauerfeld hett, ick mücht seggen, bet taun Schluß ümmer spält hier.
Wi wiern söss orrer söben Mann, dor hett Willer Gamm tauhürt, Gusch Rost, Willer Specht, Erich Schacht un weit nich wecker noch. De Ollen hemm uns denn inseept, dat wi nich miehr sotauseggen to Huus kamen sünd. De freuten sick, dat uns dat slicht güng. Dat möt vierundörtig wäst sind.
Dunn wier'n - dat könn'n sick väl nich miehr vörstell'n - sämtliche Gastwirte mit'n grot Zelt dor: Haase, Tübbicke, Behrend, Fritz Seemann, Wiechert. Nah' is't ja denn vörbi wäst.
Ausmarsch zum Gartsbruch 1932
(1. Reihe in der Mitte: Erich Krüger)
Wie harr'n früher vierteihn Bäckers hier, ock so väl Slachters, dat glöben de hüt nich. De hebb'n sick all ernährt.
Mien Fru stammt ja nich von hier, de is ut Sülten bi Stemhagen. Dei heww ick kennenliehrt as dat Kalsch Denkmal inweiht is. Sei wier in Lelkendorfer Wirtschaft un obends bi Fritz Seemann wier Danz un dor hemm wi uns kennenliehrt. Wi hemm schöne Feste fiert, dat kenn'n se hüt nich miehr, nützt nich. Von de anner Tied naher, dor will ick nicks von seggen.
Tiedwielig häw ick twei Lihrlings hatt un 'n Geselln. De letzte Gesell is afhaugt, de güng nah dröben. As'ck den morgens wecken will, dunn is dat Bett leddig. Dat möt drei- orrer vierunföftig wäst sin.
Wie hemm jo ock Käuh hatt. Mien Öllern hemm ein Kauh hat. As ick nu verheirat't wier, dor seggt mien Fru:wenn wi ein Kauh hemm un Faurer, dann könen wi ock twei nehmen, un tauletzt harr'n wi all drei. Dat hett mien Fru makt..."
Links das Haus des Stellmachers Erich Krüger
Ringstraße 1 (Foto um 1930)
Zum Stammbaum der Familie Krüger:
Der Ackersmann Johann Ernst Krüger (geb. Michaelis 1754 in Ritzerow) kam 1792 nach Neukalen und heiratete hier Anna Sophia, geb. Seelig (geb. 14.12.1793 in Neukalen). Sein Haus in der Rektorstraße Nr. 186 (jetzt Nr. 16) ist bis heute im Besitz seiner Nachfahren. Sie hatten vier Kinder: Dorothea, Johanna Marie (geb. 1810), Johann Carl (geb. 1811) und Johann Christian (geb. 16.12. 1812).
Johann Christian Krüger übernahm nach dem Tode seines Vaters 1838 die Ackerwirtschaft. Seine erste Frau war Maria, geb. Fehlhaber, welche früh verstarb. 1858 heiratete er Auguste, geb. Eggert. Christian Krüger hatte drei Söhne: Wilhelm (etwa 1847 geb.), Ernst (geb. 1860, er wurde Farmer in Amerika) und Karl (geb. 1869).
Mathilde Krüger, geb. Gamm,
die Großmutter von Erich Krüger
Der älteste Sohn Wilhelm aus erster Ehe heiratete Mathilde, geb. Gamm. Nachdem sein Vater am 8.9.1890 verstorben war, übernahm Wilhelm die Ackerwirtschaft. Ihre Kinder waren:
die Zwillinge Frieda Maria Hermine und Gustav Carl Ernst (geb. 1876). Albert (geb. 1879) und Wilhelm (geb. 10.10. 1883).
Albert heiratete Elsbeth, geb. Schröder. Er übernahm Haus und Hof in der Rektorstraße 16, welche dann weiter an seinen Sohn Ernst Krüger (geb. 1910) vererbt wurden.
Der am 10.10.1883 geborene Wilhelm Krüger erlernte den Beruf eines Stellmachers. Am 1.4.1913 erwarb sein Vater für ihn das Haus Ringstraße 1 von dem Stellmacher Heinrich Wolgast. Hier richtete Wilhelm Krüger eine Stellmacherei ein. Seine Ehefrau war Anna, geb. Thomas (geb. am 20.2.1889). Der Sohn Erich Krüger, geb. am 25.12.1908, übernahm die Stellmacherei.
Er berichtete uns aus seinem Leben.