Desinfektion 1894
"Statut der Stadt Neukalen für die obligatorische Desinfection in Fällen ansteckender Krankheiten.
§ 1.
In allen Fällen, in welchen bei ansteckenden Krankheiten nach Maßgabe der Medicinalordnung und der besonderen Sanitätsgesetze eine Desinfection inficirter Gegenstände angeordnet wird, kann vorgeschrieben werden, daß die Desinfection mittelst des städtischen Desinfectionsapparates zu geschehen habe.
Bei Cholera, Blattern, Scharlach und Diphtherie muß diese Art der Desinfection verfügt werden.
Der Transport der inficirten Gegenstände aus dem Ort in die städtische Desinfectionsanstalt hat unter der Aufsicht eines Desinfectors in keimdichten Behältern und nach Maßgabe der vom Kreisphysicus gegebenen Regeln zu erfolgen.
Die Desinfection selbst erfolgt nach den für die Benutzung des städtischen Desinfectionsapparates zu Neukalen geltenden Bestimmungen.
§ 2.
Auf diejenigen sanitätsbehördlich angeordneten Desinfectionen, deren Vollzug mit dem städtischen Desinfectionsapparat nicht vorgeschrieben worden ist, findet der § 15 Abs. 2 der Verordnung vom 21. Juli 1886 betreffend die Cholera, auch dann Anwendung, wenn es sich um eine andere ansteckende Krankheit, als um Cholera, handelt.
§ 3.
Zur Ausübung der im § 1. genannten Desinfectionen und der in Gemäßheit des § 2. nicht den Betheiligten überlassenen Desinfectionen werden vom Magistrat die nöthigen Desinfectoren, welche zuverlässig und zuvor im Desinfectionswesen gehörig unterrichtet sein müssen, bestellt und beeidigt.
In technischer Beziehung stehen die Desinfectoren auch unter der Aufsicht des Kreisphysicus.
§ 4.
Die in § 3. erwähnten Desinfectionen finden nach Maßgabe des für den hiesigen Desinfectionsapparat geltenden Tarifs auf Kosten der Inhaber der bezüglichen Räumlichkeiten statt. Für Unbemittelte geschehen die Desinfectionen unentgeltlich.
Die tarifmäßigen Gebühren können vom Magistrat im Wege der Administrativ - Execution beigetrieben werden.
§ 5.
Wer Gegenstände, deren Desinfection sanitätsbehördlich angeordnet ist, in der Absicht, sie der Desinfection zu entziehen, verheimlicht oder bei Seite schafft, oder wer dieselben ohne polizeiliche Erlaubniß vor der vorgeschriebenen Desinfection wieder in Gebrauch nimmt oder in den Verkehr bringt, wird, insofern nicht nach den bestehenden Gesetzen eine schwerere Strafe verwirkt ist, mit Geldstrafe bis zu einhundertundfünfzig Mark oder mit Haft bestraft. Die Strafe kann durch polizeiliche Strafverfügung festgesetzt werden.
§ 6.
Von auswärts dürfen inficirte Gegenstände in die städtische Desinfections - Anstalt nur in keimdichter Verpackung gebracht werden.
Eid.
Ich ..... gelobe und schwöre, daß ich das mir anvertraute Amt eines Desinfectors (eines Substituten des Desinfectors) nach der mir ärztlich gegebenen Anweisung nach bestem Wissen und Gewissen ausüben werde. So wahr mir Gott helfe!
Neukalen, 6. April 1894.
Der Magistrat.
F. Stegemann H. Reinhardt A. Kossow"