Badeanstalten im alten Neukalen
Wolfgang Schimmel
Erste Badeanstalt 1866 eröffnet
Ursprünglich wurde an verschiedenen Stellen in der Peene gebadet, besonders wohl in der Nähe der heutigen Eisenbahnbrücke, da hier der Untergrund am besten geeignet war. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstand in Neukalen nach dem Beispiel anderer Städte der allgemeine Wunsch, eine ordentliche Badeanstalt einzurichten, in der "in züchtiger Weise" gebadet werden konnte.
So hören wir erstmals 1866 etwas von einer konkreten Vorstellung. Beim Neukalener Magistrat ging folgendes Schreiben ein, unterzeichnet vom Doktor Buschmann, Kaufmann Behrendt und Gastwirt Hermes:
"An den löblichen Magistrat hieselbst
Schon seit langen Jahren ist der lebhafte Wunsch von den hiesigen Einwohnern wiederholt ausgesprochen, auch hier in Neukalen eine Bade - Anstalt zu besitzen, ein Wunsch, der in gesundheitlicher Beziehung gewiß gerechtfertigt ist.
Von verschiedenen Seiten dazu aufgefordert, die Sache in die Hand zu nehmen, ersuchen wir ein verehrlichen Magistrat einen hierzu nöthigen Platz uns überweisen zu wollen. Wir haben zu diesem Zwecke verschiedentlich Untersuchung erstellen lassen und haben uns für einen, an der Bleiche, diesseits der sogenannten Badestelle vor dem Grandberg gelegenen Platz bestimmt, welcher mit der Maschiene leicht ausgestochen, einen festen guten Grund und somit eine angenehme gewünschte Badestelle zu bieten verspricht.
Um bei dieser vorgerückten Jahreszeit noch für die diesjährige Badesaison zum Ziele zu kommen, bitten wir den verehrlichen Magistrat uns zu der Herrichtung der Anstalt behülflich zu sein, und vornehmlich die vorbedachte Stelle baldigst zu diesen Zwecke überweisen zu wollen.
Neukalen Gehorsamst
den 10ten Juny 1866 Dr. med. Buschmann
Au Berendt Aug W Hermes"
Bürgermeister Mau vermerkte dazu:
"Die Einrichtung einer Badeanstalt allhier dürfte gewiß wünschenswerth sein. Wie solche ausgeführt werden soll, weiß ich nicht, da mir über diese Angelegenheit weiter nichts bekannt geworden.
Brevi manu an das Felddepartement zur Besichtigung unter Zuziehung der drei Antragsteller u zum demnächstigen Bericht.
Neukalen, den 11ten Junius 1866
Bürgermeister und Rath
L Mau W Reinhardt"
Das Felddepartement unter Leitung des Ratsherrn Stüdemann erhielt den Auftrag, die Sache zu prüfen und einen Platz ausfindig zu machen:
"Ich hatte zu gestern Abend 7 Uhr die Viertelsleute, so wie die Antragsteller einladen lassen, um die bezeichnete Stelle zu besichtigen.
Die Viertelsleute erschienen zur angesetzten Zeit in meiner Wohnung. Ich habe diese mit den Antrag bekannt gemacht und gingen alsdann nach der Badestelle, wo aber keiner von den Antragstellern erschienen ist.
Neukalen d. 14. Juni 1866. H Stüdemann
Einstweilen ad acta.
Neukalen 15 Junius 1866
L M. W R. H St."
Obwohl die Antragsteller nicht erschienen waren, kam die Sache doch in der nächsten Rats- und Bürgersitzung zur Sprache:
"In der heutigen R.uB. Sitzung ist beschlossen, den Platz hinter der Kranken Coppel zur Badeanstalt u zu den Costen der Aushebung des Bodens 16 Rthlr. aus der Stadtkasse herzugeben, in der Voraussetzung, daß die Ausführung des Projectes gesichert.
Neukalen 3 Julius 1866 L Mau
Das erforderliche Terrain zur Anlegung der von Ihnen projectirten Badeanstalt wird hinter der Krankenkoppel an der Peene auf der Weide hergegeben, sowie eine Beihülfe von 16 Rthlr. aus der Stadtkasse zur Aushebung des Bodens geleistet werden in der Voraussetzung, daß die Ausführung des Projectes gesichert ist.
Neukalen 3 Julius 1866 BM u R
L M W R H St
Herrn Dr. Buschmann,
Kaufmann Behrendt u Gastwirth Hermes hieselbst"
Dieser Beschluß wurde den Antragstellern mitgeteilt und daraufhin umgehend die Badeanstalt eingerichtet. Unmittelbar westlich der heutigen Eisenbahnbrücke verbreiterte man den Peenelauf beiderseitig und schüttete Kies hinein. Im "Öffentlichen Anzeiger" erschien damals eine Mitteilung über den neuen Badeplatz, welcher in den folgenden Jahren viel benutzt wurde:
"Neukalen, 6. August 1866. Nach verschiedenen Mühen ist es endlich gelungen, hier eine Badeanstalt herzurichten und zwar auf Actien. Dieselbe ist vor etwa 8 Tagen eröffnet und hat sich der regsten Teilnahme zu erfreuen, vorzugsweise von Seiten unserer Damenwelt. Die Herren Actionaire mit ihren Familien baden für dies Jahr frei, die übrigen hiesigen Einwohner können nach belieben Badekarten entweder dutzendweise oder auch einzeln sich lösen."
Pastor Petersen schrieb am 2. September 1871 an den Magistrat:
"An den löblichen Magistrat hieselbst
Seit Jahren ist in der Nähe meines auf dem Gilkenwerder gelegenen Dienstgartens der Platz gewesen, wo vorzugsweise die Jugend unserer Stadt im Freien in der Peene badete. Im Laufe dieses Sommers habe ich jedoch die Bemerkung gemacht, daß immer mehr auch erwachsene Personen sich denselben Platz zum Baden ausersehen und benutzen. Es liegt mir nun durchaus fern, denen, die dort zu baden wünschen, dies untersagt zu sehen, zumal die Stelle, wo es geschieht, vielleicht die einzig geeignete und zugleich in der Nähe der Stadt befindliche sein möchte. Aber im Interesse der öffentlichen Sittlichkeit - denn nicht bloß mein Garten ist in der Nähe des Badeplatzes, sondern es führen ja auch ein sehr stark frequentirter Fußsteig und Feldweg dicht daran vorüber - glaube ich, es nicht unterlassen zu dürfen, den löblichen Magistrat auf den eingetretenen Uebelstand aufmerksam zu machen und mir den unmaßgeblichen Vorschlag zu erlauben, ob nicht die beregte Badestelle auf beiden Seiten der Peene in irgend einer Art den Blicken der Vorübergehenden oder in der Nähe Weilenden entzogen werden könnte. Eine Vorkehrung zur Erreichung dieses Zweckes würde gewiß auch von dem erwachsenen badenden Publicum als höchst dankenswerth anerkannt werden.
In der Hoffnung, daß der löbliche Magistrat dieser Sache eine geneigte Berücksichtigung schenken werde, verharre ich in vollkommener Hochachtung als desselben ergebenster
Petersen, Pastor"
Man besprach die Angelegenheit im Rat. Auf der Rückseite des Schreibens vermerkte Bürgermeister Mau:
"Pro me wäre zum nächsten Jahre die Badestelle zu bepflanzen und einstweilen mit einer Befriedigung zu versehen.
Neukalen 5 Septbr 1871 L M”
Die Ratsleute Reinhardt und Stüdemann bemerkten dazu:
“Eine Befriedigung wird sehr theuer und wäre pro me für diese vorgerückte Zeit zu spät. Ich möchte proponiren das Baden von jetzt an, an dieser Stelle zu verbieten und dann in R. u B. A. Sitzung weiter über eine Badestelle zu sprechen.
W Reinhardt
Ich bin der Ansicht, daß diese Angelegenheit in der nächsten Raths und Bürgersitzung erst besprochen werden muß, da eine Befriedigung um die Badestelle eine theure Geschichte wird und schwer ausführbar ist.
H Stüdemann
Es ist die fragliche Stelle die einzige zum Baden qualificirte und wird bei der jetzigen Jahreszeit wohl nicht mehr gebadet, wenigstens habe ich seit längerer Zeit keine Badende gesehen.
Zu weiterer Besprechung in der R. u B. Sitzung
Neukalen eodem L M. W R H St"
Im Frühjahr 1872 erfolgte eine ordnungsgemäße Einfriedigung der Badestelle, entsprechend dem Wunsch des Pastors.
Geplante Badeanstalt des Kaufmann Wagenknecht
1878 wollte der Kaufmann Wagenknecht eine weitere Badeanstalt östlich des Hafens einrichten:
"An den löblichen Magistrat hieselbst.
Der Endesunterschriebene beabsichtigt in den Garten der Ehefrau des Schlossermeisters J. Zarpentin No 73b eine Badeanstalt zu errichten. Um nun das richtige frische Wasser zu gewinnen, vernothwendigt sich, das das Ufer des Canahls in einer Länge von circa 4 meter weggestochen wird, und bitte ich den Löblichen Magistrat, mir gütigst zu erlauben, das ich die Badeanstalt in obengenannten Garten anlegen, und auch das Canahlufer circa 4 meter weggraben darf.
Ich erlaube mir noch zu bemerken, das die Anstalt ringsum verkleidet, und so gebauet wird, das dieselbe der Schiffahrt nicht hinderlich wird.
Indem ich noch wegen der vorgerückten Jahreszeit um recht baldige Erledigung dieser Angelegenheit bitte, verbleibe
Hochachtungsvoll ergebenst
A. F. Wagenknecht"
Auf der Rückseite dieses Antrages ist vom Magistrat vermerkt:
"Brevi manu an das Baudepartement zur Besichtigung an Ort und Stelle und zum demnächstigen Bericht.
Neukalen den 2t Mai 1878 Der Magistrat
L Mau H Stüdemann
Das Bau Departement hat heute in Gegenwart des Kaufmann Wagenknecht das Terrain an dem Canal besehen, wo die Badeanstalt errichtet werden soll.
Der Canal macht an dieser Stelle eine Krümmung u soll die Anstalt gerade an dieser zu liegen kommen.
Wagenknecht will nun die Badeanstalt dicht am Canal und zwar so anlegen, daß der Wasserstrom immer Zutritt zu der Badeanstalt hat.
Es müßte zu diesem Zwecke die Canalborte auf eine Breite von 4 Meter weggenommen werden. Da die Badeanstalt vollständig mit Bretter verkleidet werden soll, so erscheint uns für den Canal durch diese Anlage gerade kein Schade zu entstehen, auch der Schiffahrt in keiner Weise ein Hinderniß zu erwachsen, weshalb nach unserer Ansicht diese Anlage unter den nachstehenden Bedingungen zu gestatten wäre.
1. muß Wagenknecht die Anlage so ausführen wie oben gesagt worden
2. muß derselbe die Badeanstalt rundherum so hoch mit Brettern verkleiden daß von den Badenden nichts zu sehen ist
3. darf von der auszuhebenden Erde an der Canalborte nichts in den Canal hineingeworfen werden
4. müssen die Ecken der stehenbleibenden Canalborte an beiden Seiten der Badeanstalt verkleidet werden, daß der Strom nichts davon ab und nach den Canal hinein spülen kann
5. wenn die Badeanstalt später wieder ein geht, muß Wagenknecht auf seine Kosten die jetzige Canalborte wieder machen lassen.
Neukalen den 3 May 1878
Das Bau Departement
W Reinhardt R Buschmann Dr C Wasserstradt
J. F. Heincke
Resp. (Antwort) dem Kaufmann Wagenknecht,
daß ihm die Anlage der Badeanstalt im Zarpentinschen Garten No 73b unter der Bedingung gestattet sein solle daß
1. er so baue und da baue, wo von ihm angegeben
2. die Badeanstalt von ihm rund herum so hoch mit Brettern verkleidet werde, daß von den Badenden nichts zu sehen ist,
3. von der abzustechenden Canalborte nichts in den Canal hinein fallen, sondern weg geschafft werden muß
4. die beiden Ecken der stehenbleibenden Canalborte neben der Badeanstalt so verkleidet werden, daß nichts davon ab und in den Canal hinein spülen kann
5. wenn die Badeanstalt später wieder eingehen sollte die Canalborte im jetzigen Zustande wieder auf seine Kosten hergestellt wird
Neukalen den Der Magistrat
3 Mai 1878 W R. H St."
"An den verehrlichen Magistrat und repräsentierende Bürgerschaft hieselbst
Da die bis zum letzten Sommer an der Badeanstalt unterhalb des Peenestegs befindliche Einfriedigung jetzt ganz verschwunden ist, und sich das Baden der Schulknaben in der Nähe der namentlich des Morgens, Mittags und Abends, also gerade während der Badezeiten, besonders durch Frauen und Mädchen so belebten Passage mit der Pflege des Anstands und der Sittlichkeit, die der Schule obliegt, nicht vereinen läßt, so hält sich der unterzeichnete Schulvorstand für verpflichtet, bei Einem verehrlichen Magistrate und repräsentierende Bürgerschaft hiermit die Wiederherstellung einer geeigneten Einfriedigung der Badestelle ergebenst zu beantragen, indem er dabei zugleich auch der Erwägung Raum geben möchte, daß es bei dem Mangel an andern Badeplätzen in allgemeinem städtischen Interesse liegt, die eine vorhandene Badestelle so herzurichten, daß auch Erwachsene ohne Verletzung des Anstands dieselbe benutzen können.
Hochachtungsvoll und ergebenst
Neukalen, den 27. Juni 1887
der Schulvorstand
LMau DrRBuschmann Lembcke J Beltz"
"Extract aus dem Raths- und Bürger Protocoll d d Neukalen 5 Juli 1887
In der heutigen Sitzung wurde
- - -
3. auf den Antrag des Schulvorstandes wegen Errichtung einer Badeanstalt nach umständlicher Besprechung dieser Angelegenheit beschlossen, daß bei der Beschaffenheit des Flußbettes der Peene, was hauptsächlich aus Moorgrund besteht, zur Zeit die Einrichtung einer Badestelle auf Stadtkosten abgelehnt werde, wenngleich man die Nützlichkeit einer Badestelle für die menschliche Gesundheit anerkenne.
C.W.J. Timm
Stadtsecr."
Beschwerde des Gärtners Brümmer über das Nacktbaden
"An den löblichen Magistrat hieselbst
Möchte mir gehorsamst die Bitte erlauben, ob das Baden an der sogenannten Badestelle in der Weide, beim Gilkenwerder, wohl geändert werden könnte; da die Badestelle erstens in allernächster Nähe von meiner Wohnung liegt, und daselbst auch erwachsene Personen bei hellem Tage baden, wodurch ich in meinem Geschäfte geschädigt werde, denn es sind wiederholt welche zurück gegangen, die da nicht vorbei gehen mochten, denn es laufen erwachsene Burschen oft Stundenlang nackend in der Weide rum, was so nahe bei Wohnungen, doch wohl nicht stattfinden müßte,
verharre gehorsamst
Neukalen Ul. Brümmer
den 16ten Juni 1893"
"Es ist nicht zu läugnen daß die vom Gärtner Brümmer gerügten Mißstände bei der Badestelle bestehen und der Abhülfe bedürfen. Wir proponiren, daß eine Einfriedigung entweder von Schalborten oder von ausgeflochtenen Hakelwerk hergestellt werde und durch Ausruf bei strenger Strafe verboten wird, daß dann niemand außerhalb dieser Befriedigung nackend laufen darf.
Neukalen, den 20. Juni 1893
Das Weidedepartement
WReinhardt Fr. Ladendorf W. Seemann
W. Fischer
In der R u Bürgerausschußsitzung ist beschlossen, daß eine Befriedigung von Holz mit Schalbretterverkleidung gemacht werden soll und daß das Holz dazu im Winter bereitet werden soll.
Neukalen den 4 Juli 1893
WReinhardt"
Festlegung von Badezeiten
Immer wieder verschlammte der Untergrund der Badestelle. Jedes Jahr weilten im Sommer Ferienkinder aus Berlin in Neukalen, die natürlich auch baden wollten. So richtete man 1894 den Badeplatz an der Peene neu her. Erneut wurde der Fluß verbreitert und Kies hineingeschüttet. Auch Umkleidezellen wurden aufgestellt. Die Badezeiten für Jungen und Mädchen waren getrennt festgelegt.
Zeichnung zum Badeplatz 1894
Da die Badeanstalt bald nicht mehr den Anforderungen genügte, wurde sie im Frühjahr 1900 erneut ausgemoddert und nördlich und südlich mit einer Bretterwand versehen.
Aus den Akten zur Badeanstalt geht hervor, daß es immer wieder Ärger mit der Einhaltung der Badezeiten bei Knaben und Mädchen gab.
Pastor Voß beschwerte sich am 27. Juli 1900 beim Magistrat:
“Da wegen der Badezeit für Knaben und Mädchen hierselbst Unklarheit herrschte, auch allerlei Unzuträglichkeiten vorkamen, wandte ich mich heute persönlich an den Armendiener Glasow mit der Bitte um Auskunft.
Ich erhielt die Antwort, daß die Mädchen von 9 - 11 baden könnten, die Knaben vor- und nachher, und daß der Schlüssel bei Feldhüter Peters zu haben sei.
Als nun meine Nichten um 9 Uhr zum Baden gingen, wurden sie von den Berliner Damen abgewiesen mit der Bemerkung, daß die ganze Zeit von 9 - 11 Uhr ihnen zugewiesen sei.
Ich erlaube mir daher an löblichen Magistrat die ergebene Bitte, mir gefälligst mitzutheilen, wann die Knaben, und wann die Mädchen baden dürfen.
Ergebenst
JVoß P.”
Daraufhin mußte der Ausrufer F. Glasow am 30. Juli, 1. und 3. August 1900 öffentlich folgenden Text bekanntgeben und ausrufen:
”Es wird hierdurch bekannt gemacht, daß die städtische Badeanstalt
von 5 - 7 Uhr vormittags und 1 - 8 Nachmittags von Personen männlichen Geschlechts
von 7 Uhr Vormittags bis 1 Uhr Nachmittags von Personen weiblichen Geschlechts
benutzt werden kann.
Bis zum 1. August d. J. ist die Badeanstalt während der Zeit von 9 - 11 Uhr vormittags für die hier stationierte Feriencolonie reserviert.
Neukalen, 28. Juli 1900
Der Magistrat
P. Lindemann”
Ausschnitt aus einer Zeichnung zur geplanten Eisenbahnlinie von 1905 mit eingezeichneter Badeanstalt
Eröffnung einer neuen Badeanstalt am 15.6.1907
Mit dem Bau der Eisenbahnlinie war die alte Badeanstalt nur noch über Umwegen zu erreichen. Da aber jedes Jahr 40 bis 50 Ferienkinder aus Berlin sich in Neukalen erholten, beschloß der Magistrat den Bau einer neuen Badeeinrichtung. Anfangs faßte man eine Stelle ungefähr 200 m vom Hafenbollwerk entfernt im Kanal in's Auge. Das war aber auf Grund der vielen ein- und auslaufenden Kähne und Boote zu gefährlich. Schließlich verwirklichte man den Vorschlag des Zimmermeisters Fritz Keding (1. Kostenanschlag = 2182,80 Mark, 2. Kostenanschlag = 3380,88 Mark, 3. Kostenanschlag = 2744,31 Mark). Der alte Peeneverlauf machte damals noch von der heutigen Eisenbahnbrücke bis zur Straßenbrücke einen großen Bogen in Richtung zur Bleiche hin (heute Schulgelände). Hier, einige Meter nördlich der Bleiche auf der Stadtseite, entstand nun ab 1906 die neue Badeanstalt. Ein viereckig ausgeschachtetes Becken, Größe etwa 700 m2, wurde mit Brettern ausgelegt, und der Rand mit Bohlen befestigt. Das Becken erhielt einen Zu- und Abfluß zur Peene hin. Auch dieses Badebecken wurde gegenüber unerlaubte Zuschauer mit einer festen Bretterwand umgeben und die Tür verschließbar gestaltet.
Am 15.6.1907 erfolgte die Eröffnung der neuen Badeanstalt:
"Verhandelt im Rathhause zu Neukalen am 15. Juni 1907 unter Leitung des Herrn Bürgermeisters Barten
in Gegenwart:
des Herrn Senators Kossow und
des Bauamts.
Es wurde beschlossen
1. die Keding'sche Rechnung wird als richtig anerkannt u. soll mit 929,29 M zur Stadtkasse angewiesen werden.
2. Bei der stattgehabten Besichtigung der Badeanstalt durch das Bauamt haben sich Bemerkungen bezw. der Ausführung des Baues nicht gefunden. Da jedoch der Wasserstand schon vorne an der Kante einen Meter beträgt und dies nach übereinstimmender Ansicht zu tief ist sollen 50 cbm gesiebtes Kies hineingebracht werden. Die Badeanstalt soll bis auf Weiteres nur vormittags dem Verkehr übergeben werden.
3. Für die Benutzung sollen gezahlt werden
a) für Einzelperson während des Sommers 2 M
b) für Familien 5 M
c) für einmonatliche Benutzung 1 M
d) Einzelkarten 10 Pfg.
e) die Ferienkolonien sollen je 5 M zahlen
4. für die ständige Benutzung sollen 2 Schlüssel angeschafft werden u. soll der eine beim Feldhüter Peters, der andere beim Schuldiener Fischer aufbewahrt werden.
5. Die Badezeiten werden folgender Maßen festgesetzt.
1. von 6 - 9 für Herren
2. von 9 - 11 für Damen
3. von 11 - 12 Freibadezeit für Schüler
4. von 1 - 2 für Schülerinnen
5. von 2 - 5 für Damen
6. von 5 - 9 für Herren
Barten A. Kossow E. Zingelmann C. Krüger
C. Rothenhäuser"
1907 wurden 53,20 Mark für Badekarten eingenommen.
Annonce aus dem "Neukalener Wochenblatt" vom 13.6.1909
Ab 1910 hatte der frühere Schuldiener Ernst Fischer die Aufsicht in der Badeanstalt. Er bekam für den Sommer über 10 Mark für diesen Dienst.
Die alte Badeanstalt hinter der Eisenbahnbrücke wurde aber ebenfalls weiterhin benutzt.
Bitte der “Ferien - Kolonie” um Reinigung der Badeanstalt
"Berliner Verein für Ferien - Kolonien.
Eingetragener Verein.
Berlin N.W. 23, den 21. März 1911
Siegmundshof 18.
Hochgeehrter Herr Bürgermeister!
Unsere beiden Koloniewirte aus Neukalen haben sich auch in diesem Jahre gemeldet und um Kolonien gebeten. Wir haben ihnen gern dieselben zugesagt, da wir mit der Unterbringung und Verpflegung derselben zufrieden waren. Unsere stete Sorge aber in dem hübschen Neukalen ist die Badeanstalt. Die neue fällt für uns fort; die von unsern Kolonien benutzte alte Badeanstalt ist in ihrer Anlage brauchbar, aber leider stets so verschmutzt, daß sie dauernder Instandhaltung bedarf. Wir bitten dringend darum, daß sie in sauberen Zustand versetzt wird und daß die Thür mit einem Schloß versehen wird. So bedauerlich es für uns wäre, wenn die Badeanstalt nicht unsern Wünschen gemäß in diesem Sommer gehalten werden kann, dann müßten wir auf Neukalen als Kolonieort für die Zukunft verzichten.
Wir hoffen sehr, auf Ihre liebenswürdige tatkräftige Hilfe rechnen zu können, sehr geehrter Herr Bürgermeister, und danken wir Ihnen im Voraus bestens für Ihre Mühe.
Hochachtungsvoll
Rose Strassmann."
Auf der Ratssitzung am 27.3.1911 wurde beschlossen, die gewünschten Maßnahmen durchzuführen. Die Badeanstalt wurde gereinigt und mit Kies ausgefüllt. Der Brief wurde vom Bürgermeister so beantwortet:
"In Beantwortung Ihrer gef. Zuschrift vom 21. d. M. teile ich Ihnen sehr getrost mit, daß wir beschlossen haben, den von Ihnen bezüglich der Beschaffenheit der von der Kolonie zu benutzenden alten Badeanstalt ausgesprochenen Wünschen nachzukommen. Die Kolonie wird alles nach Wunsch vorfinden.
Stets gern zu Ihren Diensten bin ich mit vorzüglicher Hochachtung Ihr sehr ergebener
Barten
Bürgermeister"
Ein Vermerk vom 18.6.1911 auf dem Schriftstück besagt, daß die Badeanstalt gereinigt und mit Kies beschüttet wurde.
Im Sommer 1911 wurden in der neuen Badeanstalt 45,90 Mark für Badekarten eingenommen. Ab 1912 hatte hier der Schuhmacher Fritz Ladendorf die Aufsicht (1913 ebenfalls). Er bekam dafür 15 Mark im Jahr. 1912 wurden für Badekarten noch 43,50 Mark eingenommen. Dann aber gab es schon wieder Probleme. Die Fließgeschwindigkeit des Wassers war zu gering, so daß das Becken immer mehr verschmutzte.
Unter dem 6.6.1913 berichtet das Bauamt, bestehend aus A. Kossow, W. Laartz und H. Heese: "Die neue Badeanstalt ist mit wenig Geldopfer nicht wieder herzustellen, wir schlagen vor die Badeanstalt eingehen zu lassen."
Am 18.8.1917 gegen 12.00 Uhr ertrank durch einen Unglücksfall Karl Friedrich Albert Johann Gaeth (geb. 26.7.1908 in Neukalen) in der sogenannten neuen Badeanstalt.
Diese 1907 eingerichtete Badeanstalt nördlich der Bleiche konnte auf Dauer die Erwartungen nicht erfüllen. Immer wieder mußte sie von Schlamm und Schmutz gereinigt werden. Eine Selbstreinigung durch den Peenestrom erfolgte nicht, da sie abseits vom Fluß lag. Nachdem in der Kriegs- und Inflationszeit das Geld für irgendwelche Arbeiten fehlte, war das 1906 gebaute Badebecken bald total verschmutzt und verfallen. Spätestens um 1920 wurde es vollkommen aufgegeben.
Skandal - Mädchen und Jungen badeten unerlaubt zusammen!
"Neukalen, d. 10. Juni 1915
An den Wohllöblichen Magistrat zu Neukalen.
Dem Wohllöblichen Magistrat erlaube ich mir hiermit höflichst folgende Sache zu unterbreiten.
Heute Nachmittag gegen 2 Uhr ging ich, von verschiedenen Seiten auf unhaltbare Zustände in der Badeanstalt aufmerksam gemacht, zu der Badeanstalt. Es war wie mir gesagt worden, Knaben und Mädchen tobten miteinander im Wasser herum. Ich hielt es für meine Pflicht als Lehrer und auch im Interesse der allgemeinen Sittlichkeit, die Knaben aus dem Wasser und nach Hause zu schicken. Als ich darauf fortging, sah ich, daß mehrere Lehrlinge ebenfalls zum Baden gingen. Da ich über die Lehrlinge nicht zu gebieten habe, kümmerte ich mich um die Sache nicht weiter. Dies kann aber doch unmöglich so weiter gehen. Da es eine städtische Badeanstalt ist, teile ich dem Wohllöblichen Magistrate diese Sache mit, damit diesen Zuständen im Interesse der allgemeinen Sittlichkeit baldigst abgeholfen wird, zumal die Badeanstalt in nächster Nähe der Bahnstrecke liegt. Ergebenst
Adolf Oppermann, Lehrer"
Bürgermeister Barten schrieb darunter, daß der Lehrer Oppermann zu befragen sei, um welche Tageszeit er die von ihm mitgeteilten Beobachtungen gemacht hat und welche Knaben und Mädchen zusammen gebadet hätten. Lehrer Oppermann wurde vorgeladen:
"Neukalen, 14. Juni 1915
Es erschien
der Lehrer Oppermann von hier. Derselbe erklärte auf gegebene Veranlassung:
Die von mir mitgeteilten Beobachtungen habe ich am 10. Juni d. Js., nachmittags 2 Uhr gemacht.
Es badeten mit Mädchen zusammen:
1. Rentnersohn Ernst Zingelmann aus Kl. IIa
2. Ziegeleibesitzersohn Johs. Olms aus Kl. Ia
3. Landwirtssohn Ulrich Schnurstein aus Kl. Ia
4. Fritz Wright aus Kl. VI
Im ganzen waren es etwa 10 - 15 Knaben, die Namen der übrigen Knaben vermag ich nicht anzugeben.
Gegen 3 Uhr badeten mit Mädchen zusammen die Schlachterlehrlinge Richard Remer, Wilhelm Peters, Heinrich Tessmann und der Schlachtergeselle Hermann Meier."
Dem langjährigen Lehrer Kliefoth fiel es dann nicht schwer, die Namen aller Knaben herauszufinden. Es waren:
Johannes Olms Ia
Karl Harnack Ia
Hans Zingelmann III
Ernst Zingelmann II
Ernst Sass IV
Willy Splinter IV
Wilhelm Brandt II
Wilhelm Remer II
Otto Ahrens V
Fritz Schönrock Ia
Robert Kohfeldt Ia
Georg Schönfeldt III
Heinrich Lau II
Hans Lange Ia
Ulrich Schnurstein Ia
Fritz Krüger V
Karl Koch II
Werner Heller II
Die "bösen" Knaben erhielten eine Verwarnung.
Plan einer Badestelle am Kummerower See
Zimmermeister Keding versuchte 1921 eine Badestelle am See einzurichten und schrieb:
"Neukalen, den 24. Mai 1921
An die Stadtverordnetenversammlung hier.
Die Stadtverordnetenversammlung bitte ich, dem Bau einer städtischen Badeanstalt am Cummerower See an einer noch auszusuchenden Stelle näher treten zu wollen.
Ich bin bereit das zu dem Bau erforderliche Holz zum Selbstkostenpreis abzugeben, und den Bau unter meiner Aufsicht durch meine Leute ausführen zu lassen, wohingegen die Stadt die Arbeitslöhne zu zahlen hätte.
Benötigt werden ausser den erforderlichen Brettern etwa 15 bis 20 Rammpfähle, die von den abgeholzten Tannen in den Judentannen genommen werden können. Der Bau dürfte etwa 2 bis 3 Wochen in Anspruch nehmen, und etwa 3000 Mark Kosten an Arbeitslöhnen verursachen.
Einen genauen Kostenanschlag werde ich noch nachreichen.
Keding
Zimmermeister."
Dieser Antrag wurde aber abgelehnt.
Annonce im "Neukalener Tageblatt" vom 20.7.1923
Annonce im "Neukalener Tageblatt" vom 15.8.1926
Errichtung einer neuen Badanstalt in der Nähe des “Kuhdamms”
Inzwischen benutzten die Badenden wieder die alte Badestelle westlich der Eisenbahnbrücke. Man richtete den Platz im Mai 1925 erneut zum Baden her. Die kleine Laufbrücke in der Nähe wurde repariert, da der Zugang zur Badeanstalt nicht über den Eisenbahndamm, sondern über den Kuhdamm durch die Weide erfolgen sollte.
Ab 1926 trat eine neue Situation ein. Der Flußlauf der Peene sollte begradigt werden. Dabei dachte man auch an die Einrichtung einer neuen Badeanstalt. Sie sollte nach einem ersten Plan auf einer Insel zwischen dem alten und dem neuen Flußbett entsprechend der beigefügten Zeichnung ihren Standort finden.
"Neukalen, den 7. September 1926
An die Stadtverordnetenversammlung hier.
Infolge Begradigung der Peene vernotwendigt sich die Verlegung der Badeanstalt. Wir schlagen vor, dieselbe in dem neuen Flußbett auf der gegenüberliegenden Seite der Krankenkoppel anzulegen und einen Weg von der neuen Molkerei bis zur Badeanstalt zu schaffen.
Der Rat
Kohfeldt Köpke"
"6. April 1927
An den öffentlichen Arbeitsnachweis
des Amtes Malchin zu Malchin
Betrifft: Gesuch um Bewilligung von Mitteln aus der produktiven Erwerbslosenfürsorge.
Infolge Regulierung der Peene zwischen Neukalen und Teterow ist die südlich der Bahnstrecke Neukalen - Dargun gelegene Badeanstalt abgebaut und läßt sich auch an dieser Stelle mit geringeren Mitteln nicht wiederherrichten, zumal auch der Zugang zu derselben infolge der Bahnstrecke Schwierigkeiten verursachen würde.
Es ist nun in Aussicht genommen, eine neue Badeanstalt in der in der anliegenden Zeichnung hergestellten Art und an der auf der Zeichnung im Lageplan angegebenen Stelle herzurichten.
Diese Stelle liegt westlich der Stadt und ist von dem Wege, der vom Schulhof zur neuen Molkerei führt, zugänglich bezw. soll weiter von dem genannten Wege aus zugänglich gemacht werden, im übrigen bildet die Anlagestelle durch die Regulierung der Peene eine vollständige Insel, die sehr wohl für die Anlage in Frage kommt.
Für die Anlage selbst kommt zunächst die Aushebung eines Beckens für Nichtschwimmer und Schwimmer in Frage, das mit dem neuen Peenebett verbunden wird und sind hier für die Aushebung des Bodens (rd. 4700 cbm.) transportieren und einebnen desselben im alten Peenebett 1617 Arbeitstage erforderlich.
Sodann kommt die Heranschaffung und der Einbau von Kies für die Befestigung der Sohle des Badebeckens mit rd. 600 cbm. in Frage, welches einen Arbeitsaufwand von 180 Tagewerken in Anspruch nimmt und weiter die Aushebung und Befestigung der Anlagensteige und des Zugangweges mit rd. 110 Arbeitstagen, endlich die Heranschaffung der Rammpfähle, Anspitzen derselben, Hülfe beim Einrammen für das projektierte Badehaus mit rd. 120 Tagewerken, sodaß insgesamt rd. 2000 Tagewerke erzielt werden.
Weiter kommen die Kosten für die Herstellung des eigentlichen Badehauses mit 407,40 RM für Maurerarbeiten und 3239,60 RM für Holzarbeiten in Frage.
Unter Anschluß eines Kostenanschlages über die durch Erwerbslose auszuführenden Arbeiten bitten wir im Interesse der Wohlfahrtspflege und der Allgemeinheit um Gewährung der Beihilfe aus Mitteln der produktiven Erwerbslosenfürsorge.
Die Arbeiten sollen in der Zeit vom 15. April bis 15. Juni d. Js. zur Ausführung kommen.
Der Rat.
Ziegler Kühl Kohfeldt"
Erster Entwurf für eine Badeanstalt auf einer Insel zwischen dem alten und dem neuen Peenearm (1927)
Der ursprüngliche Plan kam nicht zur Ausführung. Als 1927 die Peene durch die Firma Dr. Fehlberg & Dipl. - Ing. Leymann begradigt wurde und von der Eisenbahnbrücke bis zur Straßenbrücke ein neues Flußbett erhielt, baggerte man gleichzeitig auf der nördlichen Seite am Ende des “Kuhdamms” eine Fläche für eine neue Badeanstalt aus:
"Vereinbarung.
Zwischen
der Stadt Neukalen, vertreten durch den Rat, einerseits, und der Firma Dr. Fehlberg & Dipl. Ingenieur Leymann in Rostock andererseits ist heute folgende
V e r e i n b a r u n g
getroffen.
§ 1.
Die Stadt Neukalen überträgt der Firma Dr. Fehlberg & Dipl. Ingenieur Leymann die Aushebung und Förderung, sowie Einplanierung des Bodens zur Anlegung einer Badeanstalt an der Westseite der Peene zwischen der Eisenbahnbrücke und der Chausseebrücke, sowie die Ausbaggerung bezw. Tieferlegung der Sohle der Peene gegenüber der Badeanstalt, also im eigentlichen Flußbett der Peene unter nachstehenden Bedingungen und Anordnungen:
1. Das eigentliche Becken (Schwimm- und Badebecken) ist auf eine Tiefe von 2 m., beginnend am Ufer der Peene und etwa 15 lfdm. gleichbleibend auszuführen. Hieran anschließend ist ein Bassin für Nichtschwimmer auf einer Breite von etwa 15 m. abflachend bis auf 1 m. herzurichten. Ferner ist ein 15 m. breites bis auf 0,0 auslaufendes Vorland mit Sand als Badestrand zu schaffen.
Für diese Baggerarbeiten bezw. Bodenbewegungen erhält Unternehmer eine Vergütung von 1,60 RM (Einer Reichsmark 60 Rpfg) für den cbm auszuhebenden und fördernden Boden einschließlich einplanieren bis auf eine Förderungstrecke von 200 lfdm. bis 230 lfdm.
2. Unternehmer ist verpflichtet, sämtliche zur Förderung des Bodens erforderlichen Geräte, ganz gleich, welcher Art, auf eigene Kosten vorzuhalten.
§ 2.
Unternehmer ist verpflichtet, die Arbeiten nur von Erwerbslosen, die ihm vom hiesigen Arbeitsnachweis zur Verfügung gestellt werden, ausführen zu lassen und den vorgeschriebenen Tariflohn zu zahlen. Unternehmer steht jedoch das Recht zu, einen geeigneten Vorarbeiter oder Aufseher zu stellen, der nicht aus der Zahl der Erwerbslosen genommen zu werden braucht. Auch ist Unternehmer berechtigt, die Mannschaften für den Bagger aus seinen Stammannschaften zu nehmen.
§ 3.
Die Aufmessung des auszuhebenden Bodens, sowie die Peilung im Flußbett der Peene geschieht seitens der Stadt unter Hinzuziehung eines Vertreters der unternehmenden Firma. Der Unternehmer hat nach beendeter Ausführung der Baggerarbeiten die Vermessung und Berechnung der ausgehobenen Erdmassen unweigerlich anzuerkennen.
§ 4.
Werden bei den Baggerarbeiten bezw. Aushebung des Bodens Sand oder Kies gewonnen, ist die betr. Masse bei Seite zu setzen, und erhält Unternehmer für die Werbung und Wiedereinbringung der Baustoffe eine Entschädigung von 1,40 RM Zuschlag für den cbm. Die Masse ist aufmessungsfähig zu setzen.
§ 5.
Der Unternehmer ist verpflichtet, den getroffenen und noch zu treffenden Anordnungen seitens der Stadt unweigerlich Folge zu geben und hat er sowohl, wie seine Leute diesen Anordnungen Folge zu leisten.
Eine Erhöhung des bedungenen Preises findet nicht statt, wenn nicht ausdrücklich über den Betrag der Erhöhung ein Uebereinkommen geschlossen wird. Insbesondere werden ohne eine besondere Vereinbarung Mehrarbeiten auch dann nicht bezahlt, wenn die Stadt sie abnimmt.
§ 6.
Unternehmer erhält für geleistete Arbeiten Abschlagszahlungen in Höhe von 75 % der wirklich geleisteten Arbeiten, und erkennt die Aufmessungen, die seitens der Stadt geschehen, als ausdrücklich richtig an.
§ 7.
Unternehmer ist verpflichtet, die Arbeiten bis zum 31. August 1927 fertigzustellen, andernfalls er eine Vertragsstrafe von 25 RM. für jeden späteren Tag der Fertigstellung zu zahlen hat.
§ 8.
Die erforderlichen Stempelkosten dieses Vertrages hat Unternehmer zu tragen.
Neukalen, den 1. Juli 1927
Der Rat
Ziegler Dr. Fehlberg"
Vom Zimmermeister Keding und dem Bauunternehmer Hopp wurde im Mai / Juni 1928 ein Badewärterhäuschen und 6 Ankleidezellen errichtet. Die Bollwerks- und Zimmerarbeiten zur Badeanstalt wurden auch vom Zimmereibetrieb und Sägewerk R. Schulz ausgeführt.
Die Einweihung der neuen Badeanstalt erfolgte am 5.8.1928.
Zeichnung der neuen Badeanstalt 1928
Einweihung der neuen Badeanstalt am 5.8.1928
Die Badeanstalt in der Nähe des "Kuhdamms" um 1937
Blick von der Badeanstalt auf die Stadt um 1935
Das Häuschen des Badewärters
"Die Einweihung der hiesigen neugeschaffenen Badeanstalt findet am Sonntag, den 5. August 1928, vormittags 9 Uhr, statt. Von diesem Zeitpunkt ab wird die Benutzung der Badeanstalt zu dem nachfolgenden Tarif freigegeben:
a) Dauerkarten:
Einzelkarte für Erwachsene ... 5,- - RM.
Einzelkarte für Kinder ... 3,- - RM.
Karte für Ehepaar ... 7,50 RM.
Karte für Familie ... 10,- - RM.
b) Monatskarten:
Monatskarte für Erwachsene ... 3,- - RM.
Monatskarte für Kinder ... 1,50 RM.
c) Einzelbäder:
Erwachsene mit Zelle ... -,20 RM.
Erwachsene ohne Zelle ... -,10 RM.
Schüler mit Zelle ... -,10 RM.
Schüler ohne Zelle ... -,05 RM.
Erwerbslose mit Zelle ... -,10 RM.
Erwerbslose ohne Zelle ... -,05 RM.
Zuschauer als Begleiter kleiner Kinder frei.
Im übrigen ... -,10 RM.
Die Badezeiten sind vorläufig folgende:
1. Wochentage:
6 - 9 Uhr für Herren.
9 - 11 Uhr für Damen.
11 - 1 Uhr für Herren.
2 - 4 Uhr für Damen.
4 - 9 Uhr für Familien.
2. Sonntags:
7 - 9 Uhr für Herren.
11 - 1 Uhr für Damen.
3 - 6 Uhr für Familien.
Von Sonntag ab ist das Freibaden in der Peene und im Kanal verboten.
Neukalen, den 2. August 1928
Der Rat.
Ziegler"
Badetarif vom 17.6.1929
Annonce aus dem "Neukalener Tageblatt" vom 11.7.1930
Die städtische Badeanstalt wurde jährlich verpachtet. Die Einnahmen laut Badetarif gehörten dem Pächter. Erster Pächter und Badewärter war 1928 Erich Heiden. Er erhielt monatlich 110 RM. 1929 wurde er nicht als Badewärter eingesetzt, da gegen ihn ein Strafverfahren wegen Urkundenfälschung lief. Deshalb war Otto Sänger Badewärter, ebenfalls für 110 RM. monatlich.
1930 wurde der Badetarif vom Magistrat verändert:
"Badetarif für die städtische Badeanstalt in Neukalen.
--------------------------------------------------------------------------
a. Dauerkarten
Einzelkarte für Erwachsene ... 4,00 RM.
Einzelkarte für Kinder ... 2,00 RM.
Karte für Ehepaar ... 5,00 RM.
b. Monatskarten
für Erwachsene ... 1,50 RM.
für Kinder ... 0,75 RM.
c. Einzelbäder
Erwachsene mit Zelle ... 0,20 RM.
Erwachsene ohne Zelle ... 0,10 RM.
Schüler mit Zelle ... 0,10 RM.
Schüler ohne Zelle ... 0,05 RM.
bedürftige Kinder, wo mindestens
3 Kinder vorhanden sind, welche
baden, zusammen ... 0,10 RM.
Zuschauer als Begleiter
kleiner Kinder ... frei
im übrigen ... 0,10 RM."
1930 bis 1932 war der Arbeiter Erich Heiden wieder Pächter der Badeanstalt. Er zahlte eine jährliche Pacht von 100 RM und hatte dafür die Einnahmen laut Badetarif. So lautete sein Pachtvertrag:
"Zwischen der Stadt Neukalen, vertreten durch den Rat einerseits und dem Arbeiter Erich Heiden in Neukalen andererseits wird der nachfolgende Pachtvertrag geschlossen.
§ 1.
Die Stadt Neukalen verpachtet die städtische Badeanstalt für die Zeit vom 1. Juni d. Js. bis zur Beendigung der Badesaison an den Arbeiter Erich Heiden gegen einen Pachtpreis von 100,- RM.
§ 2.
Der Pachtpreis ist in 4 gleichen Beträgen erstmalig am 1. Juli d. Js., sodann am 1. August, 1. September und 1. Oktober d. Js. zu entrichten.
§ 3.
Der Pächter hat für die ordnungsgemäße Benutzung der Badeanstalt Sorge zu tragen. Für Beschädigungen, welche nicht durch den gewöhnlichen Gebrauch entstanden sind, hat Pächter Schadensersatz zu leisten.
§ 4.
Dem Pächter ist es verboten, alkoholische Getränke auszuschenken. Gestattet ist ihm der Ausschank von alkoholfreien Getränken und der Verkauf von Zigarren, Zigaretten und Früchten pp.
§ 5.
Befindet Pächter mit einer Pachtzinsrate sich länger als 2 Wochen im Verzug, so ist die Stadt berechtigt, den Pachtvertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist sofort zu kündigen. Ein sofortiger Kündigungsgrund ist ferner gegeben, wenn Pächter gegen die Bestimmung des § 4 Satz 1 des Vertrages verstößt.
§ 6.
Die Stadt behält sich vor, den Badebetrieb und die Tätigkeit des Pächters jederzeit zu überwachen.
§ 7.
Die Verstempelung des Vertrages übernimmt die Stadt.
Neukalen, den 30. Mai 1931.
Als Verpächterin:
Der Rat der Stadt Der Pächter:
Ziegler Erich Heiden"
Im Winterhalbjahr 1932/33 und 1933/34 wohnte der arbeitslose Bäcker Otto Penzlin in dem Badeanstaltshäuschen. Er führte als Miete für diese Notunterkunft kostenlos Stadtarbeiten aus. Am 5.6.1934 mußte er die Wohnung räumen. Für den Sommer 1933 war der Arbeiter Otto Sänger als Badewärter angestellt.
Badeunfall 1933
"Unfall Bericht in der Badeanstalt während der Badesaisson 1933
Am 17. Juni 1933 wurden beim Baden 5 Kinder durch Schnittwunden verletzt.
Bei zwei Verletzte war die Anlegung eines Verbandes notwendig und eine ärztliche Behandlung ratsam. Beide Mädchen, die 11jährige Tochter des Schlossers Gatzke und die wohl 8jährige Tochter des Kaufmanns Jander erhielten stark blutende Wunden an den Fusssohlen.
Mit Hilfe eines badenden Schuljungen habe ich die Unfallstellen, die im Bereich für Nichtschwimmer sind, abgesucht. Es wurden auch an den Stellen, die von den Verletzten angezeigt waren, folgende Gegenstände gefunden: zerbrochene Flaschen und Gläser sowie scharfe Bleche u. a. Sachen. Gefundene gegenstände habe ich aufbewahrt.
Bemerkung: Da die gefundenen, gefährlichen Sachen von Hausgeräte, Spielzeuch u. a. Gebrauchsgegenstände herrühren, ist anzunehmen, dass die Kinder der in der Badeanstalt einst gewohnten und noch wohnenden Leute, diese Gefährlichen Sachen achtlos im Wasser geworfen haben.
Neukalen d. 19. Juni 1933
Otto Sänger
(Badewärter)"
Das Baden außerhalb der Badeanstalt war verboten
Personen, die außerhalb der Badeanstalt badeten, zeigte der Badewärter an, da sie seine Einnahmen schmälerten. Es gab Verwarnungen und Bestrafungen deshalb:
"An den Rat der Stadt Neukalen
Neukalen, den 12. Juni 1934
Heute nachmittag gegen 4 1/2 Uhr traf ich folgende junge Leute beim Baden im Hafenbecken an:
1. Fritz Becker
2. Herbert Wiechert
3. Wilhelm Hinneberg
4. Paul Possehl
Auf Befragen erklärten die jungen Leute, daß sie vom Bademeister Erich Heiden die Erlaubnis erhalten hätten.
Außerdem badeten noch mehrere schulpflichtige Jungens im Hafenbecken. Es dürfte angebracht sein, eine Verbotstafel in der Nähe der Feldbrücke anzubringen.
Kasch
Ratswachtmeister
Neukalen, den 9. Juli 1934
Es erscheint der Badewärter Erich Heiden von hier und trägt vor:
Am Sonnabend, dem 7. ds. Mts., abends gegen 9 1/4 Uhr, badeten ausserhalb der Badeanstalt in der Peene hinter der Eisenbahnbrücke folgende Personen:
1. Karl - Friedrich Gültzow
2. der Landhelfer bei Gültzow.
Ich machte die betr. Personen noch ausdrücklich darauf aufmerksam, dass das Baden dort verboten sei, doch gaben sie mir zur Antwort, dass sie in der Badeanstalt nicht baden könnten.
Ich bitte, Gültzow u. Gen. zu bestrafen.
V. g. u.
Erich Heiden"
Polizeiwachtmeister Ohde sollte nun die Personalien feststellen und den Vorfall untersuchen:
"Der Landhelfer Peter Schmitz, geb. 28.7.1914 in Köln a/R. zur Zeit bei dem Fischhändler Fritz Gültzow hier in Arbeit, zu der umstehenden Anzeige befragt sagt aus:
Ich fuhr am fraglichen Tage mit dem Sohn des Fischhändlers Gültzow Karl Friedrich in einem Kahn in der Peene, in der Höhe der Eisenbahnbrücke. Plötzlich kam mir der Gedanke zu baden, weil ich von der Arbeit so staubig war. Ich zog mich hierauf aus und wusch mich ab und bin dann wieder in den Kahn gestiegen. Wenn ich gewußt hätte, daß dies nicht gestattet sei, hätte ich es nicht getan. Da ich noch niemals bestraft bin und meinen Verdienst restlos an meine Eltern abschicke, bitte ich um Niederschlagung der Strafe.
Der Räucherlehrling Karl Friedrich Gültzow, geb. 13.8.1919 zur Sache befragt sagt aus:
Ich bestreite ganz entschieden in der Peene gebadet zu gaben. Ich habe nur in unserm Kahn gesessen, während der Landhelfer Schmitz sich gewaschen hat. Weitere Angaben habe ich nicht zu machen.
N. 23.7.1934 Ohde
Polizeiwachtmeister"
Neukalen, den 25. Juli 1934
Es erscheint der Badewärter Erich Heiden von hier und trägt vor:
Am Dienstag, dem 24. ds. Mts., nachmittags gegen 5 Uhr, badete der Sohn des Brotfahrers Erdmann Vagt zusammen mit dem Sohn des Arbeiters Albert Peters und dem Pflegesohn von Eduard Schubert in der Peene bei dem Garten von Vagt. Ich habe die betr. Knaben oft gewarnt, doch baden sie immer wieder in der Peene. Ich bitte dieselben zu bestrafen.
V. g. u.
Erich Heiden
Die von Heiden benannten Personen sind schriftlich zu verwarnen.
N. d. 25.7.34 d. Rt. Ziegler"
Bemühungen zur Einrichtung einer Badeanstalt am Kummerower See
Ab 1934 bemühte sich der Männer - Turn - und Sportverein um die Einrichtung einer Badeanstalt am Ufer des Kummerower Sees:
"Deutsche Turnerschaft
Männer-Turn-und Sportverein Neukalen i. M.
Neukalen, den 15. September 1934
An den Rat der Stadt Neukalen
Betrifft Schaffung einer Bade- und Schwimmanstalt am See.
Die Abwickelung der Reichsschwimmwoche hier in Neukalen vom 18. - 24. Juni 1934 hat ergeben, daß die Belange zur Abhaltung eines Schwimmfestes in der vorhandenen Badeanstalt bei weitem nicht ausreichen. Es mußte daher die Verlegung in den Hafen erfolgen. Wenn für die Zukunft etwas Zuverlässiges und auf Generationen hinaus geschaffen werden soll, möchten wir empfehlen nunmehr auch mit Tatkraft und Entschlossenheit eine Schwimmanstalt zu schaffen, welche den Zeitverhältnissen entspricht und wohin auch jeder Schwimmer und Wassersportler sich sehnt.
Die Wasserverhältnisse der jetzigen Badeanstalt sind unerträglich, mit Widerwillen wird sie nur noch benutzt man sieht hier nur Jugendliche, selten oder garnicht aber Erwachsene, von Familien schon garnicht zu sprechen. Bei einer Nachprüfung wird der Rat selbst zu dem Ergebnis kommen, daß weitere Geldaufwendungen für die jetzige Badeanstalt zwecklos sind.
Was sich andere Städte geschaffen haben, sollten doch wohl auch wir fertig bringen, warum wollen wir nicht auch den Fremdenverkehr so fördern, daß Fremde unsere Schwimmgelegenheiten hier am See aufsuchen. Bei gutem Willen läßt sich auch bei den schwierigsten Verhältnissen am See eine Badeanstalt schaffen und gleichzeitig läßt sich diese Gelegenheit für den übrigen Wassersport ausbauen. es ist in anderen Orten auch nicht so glatt abgegangen, um nur mal Dargun anzuführen, welche Sandmassen haben die Erbauer des Seebades woran auch der Turnverein beteiligt war, in den See geworfen, bevor der Strand so geschaffen wurde?!!! - Ich könnte noch mehr Orte anführen.
Es muß nur von einer Seite die Initiative ergriffen werden, die Förderung des Gedankens und die weiteren Ideen für diesen Plan müssen sich nach und nach entwickeln und daher empfehle ich auch einen Ausschuß zu berufen, der sich mit dem ganzen Plan befaßt. Jedenfalls möchte ich warnen vor weiteren Experimenten, welche nur Kosten verursachen und trotzdem nichts Ganzes sind.
Ich brauche nur zu erinnern, welche Summen verschlungen wurden von den Badeanstalten, welche bisher im Moorboden als Schwimmbecken geschaffen wurden, also sind derartige Gedanken von vorherein zu verwerfen, man würde wieder im Versuch stecken bleiben.
Man wird stets in der Mitte eines Flußbettes klaren Boden finden, während sich an den Seiten und am Ufer Dreck und Schlamm ablagern, wievielmehr geschieht es erst dann, wenn sich am Ufer ein Becken befindet und noch eine größere Vertiefung aufweist als das eigentliche Flußbett. Dies waren die natürlichen Ursachen, welche unsere Badeanstalten unbrauchbar machten. Die Stadtkasse war also ein Versuchskaninchen, anscheinend für gewisse Bauinteressenten, aber nicht im Interesse der Allgemeinheit. Von Fachleuten konnte gewiß keine Rede sein, bei der Schaffung der bisher gewesenen Badeanstalten. Es sollen bei der Entwicklung derartiger Ideen auch gewisse Ideale eine Rolle spielen. Der Sportgedanke und der Sportgeist können nur Grundlage sein, aber nicht der nüchterne Geschäftsgeist.
Von diesem Gesichtspunkt muß sich der zu gründende Ausschuß ausschließlich leiten lassen und Fachleute sollen die Fingerzeige geben, welche erforderlich sind, etwas Zuverlässiges zu schaffen.
Es liegt zweifellos im Sinne der Dienststellen welche die Anregung zu den Schwimmwochen gaben, solche Schwimmgelegenheiten in allen Orten zu schaffen, welche auch den Erfordernissen entsprechen.
Wir haben vorzuschlagen:
1.) Unserem Antrage im Sinne unserer Ausführung zu entsprechen
2.) Einen Ausschuß aus allen Sportkreisen der Stadt unter Hinzuziehung geeigneter Fachleute zu bilden.
3.) Zu einer Besprechung alle Beteiligten zu berufen.
4.) Alsdann einen Zeitpunkt zu bestimmen, daß wir geeignete Plätze am Ufer des Sees besichtigen, welche auch nach Lage den sportlichen und Wirtschaftlichen Ansprüchen genügen.
5.) Sofort mit den Arbeiten und Bodenbewegungen zu beginnen.
6.) Die Rohrflächen durch Zementmischungen abzudrosseln.
7.) Das Badehaus hier in Neukalen abzubrechen und am See in größerem Maßstabe zu errichten.
8.) Die Badeanstalt und den Sprungturm nach dem Muster einer modernen Schwimmanstalt zu bauen.
9.) Grünanlagen durch reichlichen Baumbestand zu schaffen.
10.) Fachleute zu hören!
Wir geben der Hoffnung Ausdruck, daß der Rat sich unserem Antrage im Interesse der Jugendpflege und dem Wunsche des Reichsministeriums nicht verschließen wird!
Ulrich Fischer Penzlin
Vertrauensmann des D.T. Vereinsführer
Reichssportführers"
Dieser Vorschlag wurde auf der Ratssitzung am 11.10.1934 beraten, einstweilen aber die Entscheidung verschoben. Er ist auch später nicht verwirklicht worden.
Die Badeanstalt an der Peene in den Jahren 1934 bis 1940
Im Sommer 1934 war die Badeanstalt an der Peene so stark verschlammt, daß nur noch wenige badeten. Der Magistrat bemühte sich im Frühjahr 1935 bei der Firma Carl Nicolai in Wismar, einen Saugbagger zu bekommen. Nicolai antwortete am 15.4.1935, daß er kein Interesse für die fraglichen Arbeiten hätte. Am 10.4.1935 besichtigte der Oberbaurat Dr. Havemann vom Landeskulturamt in Schwerin die Badeanstalt. Der Untergrund wurde dann im Rahmen der Notstandsarbeiten mit der Hand abgegraben und Kies hineingeschüttet.
Am 8.1.1936 schrieb Stadtrat Glöckner:
"Der Arbeiter Erich Heiden, bisheriger Badewärter, war im Besitz eines Schlüssels zur Badeanstalt und ging dort ein und aus. Der Schlüssel ist ihm abgenommen und befindet sich auf der Registratur.
Heiden hat im Haus der Badeanstalt noch ein Ruhebett und verschiedene Kahnutensilien abgestellt. Ich bitte Heiden aufzufordern diese Gegenstände sofort zu entfernen.
Wir tun sicher gut daran uns für die Zukunft nach einem anderen Badewärter umzusehen."
Während bis 1935 Erich Heiden als Badewärter angestellt war, vergab die Stadt den Posten ab 1936 bis 1939 an Karl Hering. Letztmalig war die Badeanstalt 1940 offiziell unter Aufsicht des Rentners August Hinzpeter geöffnet. Dann verschlammte und verfiel die Anlage vollkommen. In den Kriegsjahren und nach Ende des Krieges gab es weder Geld noch Material zu ihrer Erhaltung.
Nach 1945 wurde wieder bei der Eisenbahnbrücke in der Peene gebadet. Hier war das Wasser noch am saubersten und der Untergrund teilweise fest. Etwa ab 1970 nahm die Verschmutzung der Peene durch das direkte Einleiten von Abwässer derart zu, daß das Baden unmöglich wurde.
Pläne für eine neue Badeanstalt aber gab es genug. So sollte zum Beispiel ein Badeort in der Nähe des alten Sportplatzes (heute Bungalowsiedlung bei den “Judentannen”) zur Peene hin eingerichtet werden. Ein anderes Projekt sah einen Teich mit Quelle hinter dem Mühlenberg als geeignet an. Alle Konzepte scheiterten letztendlich am Geldmangel, aber auch am enormen Aufwand durch den moorigen Untergrund. Und so mußten sich die Kinder und Jugendlichen nach anderen Bademöglichkeiten umsehen. Sie fanden sie in der alten Lehmgrube im Wald, in der stillgelegten Tongrube südlich von Schlakendorf und auch in einem ausgebaggerten Wasserloch hinter dem Gartsbruch. Das waren und sind keine befriedigende Lösungen, doch irgendwie verständlich. Wer allerdings ein Boot hatte, fuhr auf den Kummerower See hinaus und badete dort.
Heute hat Neukalen wieder eine Badestelle an der Peene.
Die alte Badeanstalt um 1955
Die ehemalige Badeanstalt an der Peene um 1955
"Partie an der Peene", Ansichtskarte von 1956
Baden an der "Wasch"
Beim Baden in der Peene hinter der Eisenbahnbrücke (1963)
Badestelle an einem Teich in den Gartsbruchwiesen (1991)