Die Geschichte des Forsthofes Franzensberg
Wolfgang Schimmel
Ursprünglich wohnte der Amtsförster für die umliegenden herzoglichen Waldungen in Neukalen in der Gegend des Forsthofes. Am Anfang des 19. Jahrhunderts war dieses Forsthaus schon sehr baufällig und sollte neu errichtet werden. Um jeglichen Streit zwischen der Stadt und dem herzoglichen Amt für die Zukunft zu vermeiden, entschloß man sich, das neue Forstgehöft außerhalb des Stadtgebietes in der herzoglichen Waldung anzulegen. So geschah es auch.
Johannis 1821 zog der Förster Friedrich Georg Pflugradt (geb. 19.10.1792, gest. 6.5.1862) in das frisch erbaute Forstgehöft. Es erhielt zu Ehren des regierenden Herzogs Friedrich Franz I. von Mecklenburg (1785 - 1837) den Namen Franzensberg. Die landesherrliche Verleihung dieser Benennung erfolgte unter dem 29.9.1821.
Zum Forstgehöft gehörten eine Scheune, Stallgebäude und ein großer Garten. Es entwickelte sich ein reger Wirtschaftsbetrieb. Der größte Teil der Lebensmittel wurde selbst hergestellt. Im Winter war man oft von der Außenwelt vollkommen abgeschnitten. Um 1850 lebten hier neun Personen: die Familie des Försters Pflugradt, der Jäger Schulz, die Wirtschafterin Wiebcke, ein Knecht, ein Junge und zwei Dienstmädchen.
Siegel des Försters Pflugradt 1831
Nach dem Tod von Förster Pflugradt 1862 übernahm der Förster Theodor Simon Heinrich Drechsler (geb. 5.12.1820 in Bützow, gest. 18.6.1900 in Neukalen) diese Stelle bis 1884. Vorher war er Stationsjäger in Warsow. Ihm folgte ab 1884 Revierförster Wilhelm Schickendanstz bis 1904 und ab 1905 Revierförster Karl Louis Max Kühm, der vorher Stationsjäger in Brudersdorf war, bis 1912.
Annonce 1897
Annonce Dezember 1906
Bei der Aufsiedelung der Domäne Gülitz 1913 wurde der vorherige Gülitzer Pachthof als Forstwohnsitz eingerichtet, in welchen der Stationsjäger Eduard Dau einzog (1916 zum Unterförster befördert). Er war bis 1945 für die Landesforst Franzensberg zuständig.
Das bisherige Forstgehöft Franzensberg wurde als Bauernstelle verpachtet. 1920 waren es zwei abgedankte kaiserliche Offiziere, die den früheren Forsthof zur landwirtschaftlichen Nutzung pachteten und ihr Glück versuchten: Major a.D. Wolfgang Herbig und sein Schwiegersohn Leutnant Walter Joachim Hermann Heinrich Prael. Auf Grund der schwierigen und ungünstigen Bodenverhältnisse gaben sie ihr Vorhaben aber bald wieder auf. Bekannt ist, daß hier um 1923 der Wirtschafter Hans Sponholz wohnte. Vor 1927 bis 1930 hatte Karl Heinrich Wilhelm Martin Max Hacker (geb. 30.6.1885 in Parum, gest. 19.2.1938 in Neukalen) die Domäne gepachtet. Von 1930 bis 1932 lebten hier der Major a. D. Franz Schulz und Robert Guthke, die den landwirtschaftlichen Betrieb verkommen ließen.
1933 pachtete Walter August Otto Voss (geb. 11.12.1905 in Ludwigsdorf, gest. im Mai 1989) das Bauerngehöft. Er brauchte im ersten Jahr keine Pacht zu bezahlen, da der Acker sehr heruntergewirtschaftet und voller Unkraut war. Zusammen mit seiner Frau Emma Luise Voss, geb. Tübben brachte er Acker- und Viehwirtschaft wieder auf einen guten Stand. Sie hatten vier Kinder:
Anna Elisabeth Voss, geb. 10.2.1935;
Fritz Walter Ernst Heinrich Voss, geb. 2.6.1936;
Ilse Gertrud Luise Voss, geb. 26.8.1937;
Inge Emma Voss, geb. 16.5.1943.
Es war nicht immer einfach mit vier Kindern so abgelegen zu wohnen. Zum Einkaufen mußte man nach Neukalen fahren. Auf dem Dachboden des Hauses hatte Bauer Voss einen großen Wasserbehälter einbauen lassen, der mittelst einer Dieselmotorpumpe aus dem Brunnen gefüllt werden konnte. So gab es im Haus fließendes Wasser.
Die älteren Kinder fuhren mit dem Bus nach Malchin zur Schule. Zum Kriegsende 1945 fuhr der Bus nicht mehr, weil er anderweitig gebraucht wurde. Da gingen sie zur Schule nach Schlakendorf. 1945 fiel eine Brandbombe durch das Scheunendach, die aber zum Glück erlosch.
Im Dezember 1945 zog die Familie Voss nach Mühlheim, wo Emma Luise Voss herstammte. Sie übernahmen dort eine Bauernstelle.
Die Bauernstelle Voss wurde durch die Bodenreform vom 5.9.1945 in zwei Flurstücke geteilt. Die nordwestliche Seite wurde der Familie Olschewski und die südwestliche der Familie Kracht übereignet. Der Landwirt Karl Kracht zog mit seiner Frau Gisela Kracht, geb. Dähne im April 1949 nach Schlakendorf. Sie verließen 1952 die DDR. Die Familie Olschewski zog 1952 in den Westen. Von 1949 bis 1957 wirtschaftete der Ackersmann Richard Kunst in Franzensberg. Danach stand das Anwesen leer und verlassen da.
Ab 1958 erfolgte der Umbau zu einer Pionierstation, die zahlreichen Schulklassen eine Zeit der Erholung, Entdeckungen in der Natur und Gewinnung neuer Eindrücke brachte.
Nach 1990 betrieb der Trägerverein „Waldschulheim Franzensberg e. V.“ unter der Leitung von Reinhold Dettmann das Anwesen mit Übernachtungen und Veranstaltungen weiter.
Es folgen hier die Namen einiger früherer Bewohner des Forsthofes Franzensberg:
Förster Friedrich Georg Pflugradt
1821 ... 1862
Förster Theodor Simon Heinrich Drechsler
1862 ... 1884
Revierförster Wilhelm Schickendanstz
1884 ... 1904
Revierförster Karl Louis Max Kühm
1905 ... 1912
Jäger Schulz
1848 ... 1852
Jägerlehrling Grünow
1850 ... 1854
Revierjäger Carl Koch
1856 ...1872
Wirtschafterin Wiebcke
1848 ...1851
Wirtschafterin Kurzmann
1850
Wirtschafterin Boss
1852 (noch Lehrling) ... 1853
Fräulein Sponholz
1853
Wirtschafterin-Lehrling Falius
1854
Wirtschafterin-Lehrling Karna
1855
Wirtschafterin-Lehrling Thürkow
1856
Wirtschafterin-Lehrling Hetzeler
1857
Wirtschafterin-Lehrling Lau
1858
Wirtschafterin-Lehrling Stahl
1859
Wirtschafterin-Lehrling Sponholz
1861
Erzieherin Breuel
1863
Erzieherin Raven
1864
Lehrling Karsten
1863 ... 1865
Lehrling Wienkel
1866
Lehrling Jenss
1863 ... 1866
Wirtschafterin Lühmann
1863
Wirtschafterin Eggers
1864
Wirtschafterin Böttcher
1865
Wirtschafterin Otto
1867
Wirtschafterin Bergholz
1869
Wirtschafterin Eisenblätter
1870
Jägerbursche Mass
1871 ...1872
Erzieherin Vick
1869 ... 1872
Fräulein M. Becker, Eleven aus Nordamerika
1871 ...1872
Fräulein E. Kordes, Eleven aus Nordamerika
1871 ... 1872
zeitweilig Kaufmannsfrau Witwe Becker aus Nordamerika
1872
zeitweilig Klammroth aus Braunschweig
1871 ...1872
zeitweilig Frau Sieling mit 4 Kindern aus Nordamerika
1871
zeitweilig Frau Kampe aus Nordamerika
1871