Die frühere Schäferei bei Karnitz
Wolfgang Schimmel
Unter vielen Schwierigkeiten beim Materialtransport erbaute der aus Schlesien stammende Neusiedler Paul Glatzel um 1946 in den Bergen südlich von Karnitz ein Wohnhaus mit Stall und Scheune. Ihm stand kein Trinkwasser und kein Strom zur Verfügung. Wasser mußte in Behältern von Karnitz geholt werden. 1958 trat er das Wohnhaus an die LPG ab, die dann hier mit der Schafhaltung unter Leitung von Willi Pistol begann. Für etwa 500 Schafe wurde ein großer Stall mit Futterhaus errichtet. Willi Pistol wohnte mit seiner Frau und den drei Kindern in dem Wohnhaus, welches er weiter ausbaute.
Etwa 1959 gab es Stromanschluß. Ein Brunnen wurde gebohrt. In 65 m Tiefe stieß man auf Wasser, welches aber kaum zu gebrauchen war. Es mußte deshalb oft auch Wasser von einem etwas entfernt fließenden Bach geholt werden. Erst 1975 wurde eine Wasserleitung zur Schäferei gelegt. Das Leben war nicht immer leicht. Tochter Heilweg mußte ab 1963 zu Fuß den Weg nach Schlakendorf zur Schule gehen. Im Winter und bei schlechtem Wetter war es schwierig, den zerfurchten und stellenweise nassen Feldweg, den es heute nicht mehr gibt, zu passieren. Bis zur Bushaltestelle in Karnitz war die Entfernung auch nicht geringer.
1963 wurde auf der westlichen Seite ein Stall für etwa 1000 Schafe errichtet. Damals hatte man große Pläne zum weiteren Ausbau wie in einem Zeitungsartikel vom 29.3.1963 zu lesen ist:
„Die Mitglieder der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft haben sich vorgenommen, ihre Schäferei zu erweitern. Aus diesem Grund wurde in der abseits des Dorfes gelegenen Schäferei mit dem Bau eines weiteren Wohnhauses begonnen. Künftig wird also der Schäfermeister Willi Pistol nicht mehr allein in seinen Bergen wohnen.“
Das zweite Wohnhaus ist allerdings nicht gebaut worden.
1981 zog die Familie Pistol nach Neukalen. Schäfer Willi Pistol fuhr täglich mit seinem „Trabant“ zur Schäferei und betreute die Schafe. Hier ist er am 29.1.1983 ganz überraschend verstorben. Die Schafhaltung wurde vom Schäfer Wolfgang Knappe und seiner Frau Doris Knappe, Mitglieder der LPG (T) Neukalen, weitergeführt. Ab etwa 1990 war das Anwesen unbenutzt und stand leer. Um 2000 konnte Reinhold Dettmann das Grundstück kaufen und richtete hier einen Bio - Rinderhaltungsbetrieb ein. Auf dem früher fast kahlen „Schäferberg“ schuf er mittlerweile ein grünendes und blühendes kleines Naturparadies.
Das Wohngebäude auf der ehemaligen Schäferei (um 1960).