Die 700-Jahrfeier 1981
Mit der Vorbereitung zur 700-Jahrfeier Neukalens wurde bereits 1978 begonnen. Am 16.10.1978 fand die erste Besprechung mit interessierten Bürgern statt, auf welcher Gedanken und Meinungen dazu ausgetauscht wurden.
Folgende Arbeitsgruppen wurden gebildet:
1. Ausgestaltung, Plätze, Straßen, Räume
Leiter: Edgar Möller
2. Festumzug
Leiter: Emil Krüger
3. Souvenirs
Leiterin: Gertrud Koch
4. Handel und Versorgung
Leiterin: Helene Hilbricht
5. Veranstaltungen
Leiterin: Rosel Schmidt
6. Chronik, Ausstellung
Leiter: Wolfgang Schimmel
Mitarbeiter: Ruth Schmidt, Eleonore Gleichmann, Margarete Strempel, Rudi Merten und Hermann Iben
7. Film, Presse, Rundfunk
Leiter: Peter Rathfisch
8. Einladungen, Unterkünfte, polizeiliche Anmeldungen usw.
Leiterin: Heidi Heinzel
9. Finanzen
Leiter: Günter Harloff
10. Sport
Leiter: Bodo Hecht
Im Laufe der nächsten Jahre gab es mehrere Zusammenkünfte. Vieles mußte rechtzeitig in Angriff genommen werden, wie die Festschrift, Souvenirbestellungen, Ansichtskarten und die Planung der Veranstaltungen. Die Aufgaben waren sehr umfangreich. In jeder Gruppe arbeiteten deshalb noch weitere Personen mit.
An Souvenirs waren geplant:
Biergläser mit dem Neukalener Wappen
Thermometer mit Wappen
Untersetzer mit Motiven aus Neukalen
Keramikanhänger
Keramikartikel (Vasen und kleine Wandteller)
Ansichtskarten (eine große und mehrere kleine)
historische Postkartenserie
Drechslerarbeiten
In der "Freien Erde" erschienen auf der Kreisseite vom 1.11.1980 bis zum 19.5.1981 insgesamt 14 Beiträge zur Neukalener Geschichte sowie ein Aufruf an die Bevölkerung, vorhandene alte Gegenstände für eine Ausstellung abzugeben.
Das Rathaus sollte neu verputzt werden. Am 6.4.1981 begannen dazu die Arbeiten. Gerüste wurden aufgestellt und der alte Putz abgehauen. In der ersten Woche wurde wenig geschafft. Viele Neukalener sahen kopfschüttelnd im Vorübergehen, wie sich die Arbeiter häufig und lange zu einer Pause hinsetzten und dem Verkehr auf der Straße zusahen. Später dann gingen die Arbeiten zügiger voran. Allerdings wurden bis zur 700-Jahrfeier nur die Süd- und Ostseite geschafft. Nach dem Fest gingen die Arbeiten an den anderen Seiten weiter. Leider ist es ein Zeichen der damaligen Zeit, daß aus Sparsamkeit und Interessenlosigkeit fast alle Zier- und Schmuckelemente im früheren Putz mit abgehauen wurden. Farblich wurde es dann zu einem "Roten Rathaus".
Zur Gestaltung der Festschrift wurden Bürger Neukalens angesprochen. Schon im Dezember 1979 lag das Manuskript in der Abt. Kultur beim Rat des Kreises Malchin zur Genehmigung vor. Der Druck wurde in der Druckerei "Erich Weinert" in Malchin vorgenommen, und Anfang April 1981 lag die Festschrift in 3000 Exemplaren vor. Die Kosten betrugen über 11.000,- Mark. Als Verkaufspreis je Heft wurden vom Rat des Kreises 7,- Mark festgelegt. Der Verkauf begann offiziell ab Mitte Mai 1981. Verwunderlich war es, daß schon vor dem Erscheinen in Gielow, Dargun und Neukalen einige Hefte unter der Hand auftauchten.
Über 1000 Festzeitschriften waren bis zum 22. Mai 1981 verkauft, und es erschien an diesem Tag in der "Freien Erde" ein Artikel mit der Überschrift "Festschrift zur 700-Jahr-Feier zu haben", als plötzlich vom Rat des Kreises (Vorsitzende Anneliese Splittgerber) ein Verkaufsstopp ausgresprochen wurde. Wir waren alle erstaunt. Tolle Gerüchte liefen in der Stadt umher, wie z. B., es solle sich gar nicht um die richtige Festschrift handeln. Am 25. Mai 1981 sprachen Vertreter des Rates der Stadt beim Rat des Kreises vor. Der Verkauf konnte weitergehen. Als Gründe für das Mißfallen wurden genannt:
1. Der Bürgermeister hat nicht die Einleitung geschrieben. Das stimmte. Aus Zeitgründen hatte der Bürgermeister diese Aufgabe an das Ratsmitglied Rosel Schmidt übertragen.
2. Der Beitrag über die LPG kommt erst nach der Kirche, obwohl die LPG doch wichtiger wäre.
3. Es steht zu viel von früher drin, und der X. Parteitag der SED fehlt!
Nach vielen Aufregungen im Rathaus, wobei Günter Harloff den Hauptanteil der Arbeit auf seinem Schreibtisch hatte, lief dann endlich die Festwoche an.
1. Juni 1981
Um 18.00 Uhr war die Eröffnung der Ausstellung "Zur Geschichte Neukalens" im Landambulatorium im Beisein eingeladener Gäste, wie einige Autoren der Festschrift, Mitglieder des Rates der Stadt, Stadtverordnete und Frau Rößler von der Abteilung Kultur beim Rat des Kreises. Rudi Merten hielt eine sehr schöne und inhaltsreiche Ansprache über die Bedeutung der Geschichte Neukalens. Er wies dabei auf das Anliegen der Ausstellung und auf einige Ausstellungsstücke besonders hin.
Danach wurde auch die Ausstellung "Kultur und Lebensfreude" im Anglerheim eröffnet.
Gegen 20.00 Uhr begann auf dem Marktplatz eine Schauvorführung der Freiwilligen Feuerwehr Neukalen. Viele Schaulustige waren gekommen und umsäumten den Marktplatz, vor allem natürlich die Kinder.
1. Löschen eines Brandes im Rathaus mit Wasserküben auf einer Schleppe und zwei Pferden davor mit Ledereimer, so wie es vor etwa 200 Jahren und mehr üblich war.
2. Löschen eines brennenden Holzstapels auf dem Marktplatz mit der alten Spritze und in alten Uniformen.
3. Ein Autowrack wurde angezündet und zur besseren Wirkung mit Knallkörper versehen. Nachdem die Sirene ging, kamen zwei neuzeitliche Löschfahrzeuge der Feuerwehr Malchin. Das erste Fahrzeug, mit 2000 Liter Wasser im Tank und einer Spritzkanone, löschte den Brand. Das zweite Fahrzeug führte eine 30 Meter lange Leiter vor. Ein Kamerad kletterte bis zur Spitze und genoß den schönen Rundblick über das 700jährige Neukalen.
2. Juni 1981
Gegen 18.30 Uhr gab es auf dem Markt Reitpferde und Pferdekutschen von den Reitsportvereinen Dargun und Kützerhof zu sehen.
Über dreihundert Schaulustige kamen dann zum alten Sportplatz (heute Bungalowsiedlung bei den "Judentannen"), um den Reitvorführungen von 19.00 bis 20.00 Uhr zuzusehen.
3. Juni 1981
Um 17.00 Uhr begann das Fußballspiel Hansa Rostock gegen Traktor Neukalen. Ungefähr 2000 Zuschauer waren gekommen. Erwartungsgemäß verlor die Neukalener Elf mit 17 : 4 Toren. Trotzdem war diese Veranstaltung für alle Fußballfanatiker etwas Besonderes.
5. Juni 1981
Das Mitglied des Staatsrates der DDR, Friedrich Kindt, überreichte dem Bürgermeister Lau die Grußadresse des Generalsekretärs der SED, Genossen Erich Honeckers, zum 700-jährigen Bestehen Neukalens. Am Nachmittag besuchte er auch die Ausstellung "Zur Geschichte Neukalens" und sprach sich sehr lobend dazu aus. Auch die Festschrift hatte ihm sehr gefallen.
Am Abend fand in der Konsumgaststätte die große Festveranstaltung statt, auf der nur geladene Gäste anwesend waren. Viele verdiente Bürger Neukalens wurden ausgezeichnet.
6. Juni 1981
Am Nachmittag fand auf dem Festplatz im Gartsbruch ein Kaffeekonzert mit der Kapelle "Streibel" statt. Dazu gab es eine kleine Modenschau. An den zahlreichen Verkaufsständen konnte man sich stärken und den Durst löschen. Es gab auch viele Möglichkeiten zur Unterhaltung, wie Karussells, Schießbuden, Losbuden usw.
Auf dem Sportplatz führte die Hochseiltruppe "Geschwister Weisheit" artistische Attraktionen vor.
7. Juni 1981
Die Straßen und der Markt waren festlich geschmückt. Auf dem Markt wurden Souvenirs, Eßwaren und sogar Aal verkauft.
Der große Festumzug
Um 13.30 Uhr begann der große Festumzug "Neukalen gestern und heute". Es war der große Höhepunkt des Festes. Zahlreiche Zuschauer säumten die Straßen. So viele Menschen hatte Neukalen wohl noch nie gesehen.
Drei Herold eröffnen den Umzug:
[1] Die Belegschaft der PWF "Kummerower See" sollte eine Wendengruppe des 6. - 7. Jahrhunderts darstellen. In Verkennung ihrer Aufgabe gingen die Fischer in ihrer neuzeitlichen Arbeitskleidung und führten Angel- und Fischfanggeräte mit sich.
[2] Gründung der Stadt. An der Burg Kalen wurde um 1244 eine Stadt gegründet, welche am 5.6.1281 an die Stelle des slawischen Dorfes Bugelmast verlegt wurde. Der Bürgermeister mit Rat und vielen Bürgern zog in die neue Stadt. Sie führten das Siegel und das Stadtrecht mit.
[3] Die Stadt Neukalen im Mittelalter. Haupterwerb der Einwohner war die Landwirtschaft, nebenbei entwickelte sich das Handwerk. Die urkundlich nachweisbar ältesten Zünfte waren die der Fischer, Schneider und Schuster. Um 1590 / 1610 wurden auf dem Galgenberg durch die Inquisition mehrere Leute als Hexen verbrannt.
[4] Zur Zeit der Reformation traten die Neukalner zwischen 1534 / 1552 zum evangelischen Glauben über. Im 30jährigen Krieg 1618 / 1648 wurde die Stadt zerstört und die Bevölkerung bis auf 300/400 Personen ausgerottet.
[5] 1762 fand in unserer Stadt ein Gefecht zwischen Schweden und Preußen statt, bei dem das Blut der Gefallenen bis in die Wasserstraße geflossen sein soll; aus dem Grunde hieß diese Straße damals Blutstraße.
[6] Aus der Franzosenzeit. In den Jahren 1806 - 1812 hatte die Bevölkerung durch die französische Besatzung viel zu leiden. Immer wieder mußten Truppenverbände einquartiert und verpflegt werden.
[7] Bürgerliche Revolution in Neukalen. Durch seine Strenge und Härte war der Bürgermeister Görbitz unbeliebt geworden und wurde am 20. Juni 1845 von den aufgebrachten Bürger kurze Hand über die Stadtgrenze per Schubkarre verfrachtet.
[8] Neukalen wurde in früheren Zeiten von 2 Bürgermeistern, die sich jährlich in den Amtsgeschäften abwechselten, 4 Ratsherren und 10 Ausschußbürger sowie 2 Stadtsprecher verwaltet.
[9] Schützenzunft. Die Schützenzunft war im vorigen Jahrhundert eine wichtige Organisation des Bürgertums. Der Höhepunkt war das jährliche Schützenfest im Gartsbruch. (Da es zu DDR-Zeiten keine Schützenzunft mehr gab, marschierten hier Jäger der Jagdgesellschaft.)
[10] Bullenstoßen. Ein beliebtes Volksfest war bis zum 19. Jahrhundert das Bullenstoßen. Es wurde im Frühjahr beim Austrieb der Rinder in der Teichweide unter der begeisterten Teilnahme der Schuljugend durchgeführt.
Marinekapelle, im Vordergrund Günter Harloff, Hauptorganisator des Festes:
Schule, früher und heute:
Fußballer Traktor Lelkendorf:
Maurer:
Maler:
Schmied Brinkmann:
Tischler:
Dachdecker (Kiupel und Zingelmann):
Sattler Albrecht:
Schlachter:
Schenkwirtschaft Nien - Kalant 1281:
Steinmetz Behrendt:
Bäcker:
Bäckermeister Heinrich Schmidt auf seinem alten Brotwagen:
Pferdesport:
Feuerwehr:
Weibliche Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Neukalen;
von links nach rechts: Detloff, Schacht, Redel, Pagels, Koch, Dalüge.
Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft:
Bauernwagen mit Sämann:
Kutsche mit Gutsherr:
Erntewagen der Bauern: