Wetteraussichten:
 
 
 
 
Schriftgröße:
 
normale Schrift einschalten große Schrift einschalten sehr große Schrift einschalten
 
Peenestadt Neukalen Vernetzt
zurück   Teilen auf Facebook   Als Favorit hinzufügen   Link zur Seite versenden
 

Neukalener Schulgeschichte(n) Teil 3

 

Wolfgang Schimmel

 

 

Streitigkeiten im Lehrerkollegium bei

einem Schulausflug nach Malchin 1897

 

"An den verehrlichen Schulvorstand zu Neukalen.

Einem verehrlichen Schulvorstande erlauben sich die ergebenst Unterzeichneten, das Folgende vorzutragen:

Am Mittwoch den 2. Juni wurden sämtliche Lehrer zu einer Konferenz berufen. In derselben besprach Herr Rektor Oldach einzelne Vorgänge, die am Dienstag den 25. Mai gelegentlich eines Ausfluges der Schule nach Malchin zwecks Besichtigung einer Menagerie geschehen waren, und beschuldigte uns, daß wir uns beim Verlassen der Menagerie nach seiner Meinung nicht genug um die Schüler gekümmert hätten, sondern ohne Urlaub von ihm in die Stadt gegangen wären, und daß wir bei seinem Abmarsche nicht rechtzeitig zur Stelle waren. Dem Lehrer Zierow hielt er besonders vor, daß derselbe dadurch, daß er nach Ankunft hier in einem hiesigen Lokale ihn fragte, wie es komme, daß er ohne uns Lehrer aus Malchin abmarschiert wäre, seine Stellung dem Rektor gegenüber verkannt habe. Als der Lehrer Zierow um das Wort bat, um die entstellten Thatsachen zu berichtigen, wie er ausdrücklich bemerkte, erklärte Herr Rektor Oldach unter Hinweis auf § 63 der Schulordnung, daß er in dieser Angelegenheit das Wort nicht erteile. Er verwies uns vielmehr an den verehrlichen Schulvorstand für den Fall, daß wir uns durch sein Vorgehen beschwert fühlten.

Zur Orientierung über die betreffenden Vorgänge am 25. Mai erlauben wir uns, folgende Thatsachen zu berichten: Am Montag den 24. Mai wurde privatim über den Besuch der Menagerie gesprochen, und man entschied sich dahin, den Ausflug am Mittwoch nachmittag zu unternehmen, und es sollte den Lehrern und Schülern freigestellt werden, sich an dem Ausfluge zu beteiligen. Zwischen 10 und 11 Uhr vormittags am Tage darauf erließ der Herr Rektor dann die Bestimmung, daß der Ausflug am selben Tage und der Abmarsch um 12 1/2 Uhr erfolgen solle. Es hatten sich auch einige Ackerbürger bereit erklärt, Wagen zum Transport der Kinder nach Malchin stellen zu wollen. - Der Lehrer Kliefoth verließ schon vor Ende der Vorstellung die Menagerie und ging vor derselben auf und ab. Dabei bemerkte er, wie eine ganze Reihe unserer Schüler mit Malchinern in die Stadt gingen. Nach Besichtigung der Menagerie gab der Lehrer Kliefoth dem Herrn Rektor auf Befragen zur Antwort, daß es sehr schwierig sein werde, die Kinder jetzt zu sammeln, zumal schon manche Schüler in die Stadt gegangen seien und die Neugierde der Kinder, die übrigen Buden zu besehen, bekanntlich groß sei. Als Herr Rektor Oldach den Lehrer Kliefoth fragte, ob es wohl zweckmäßig sei, noch in die aufgestellte Schaubude zu gehen, riet dieser davon ab. Der Lehrer Zierow machte den Herrn Rektor darauf aufmerksam, daß es notwendig sei, daß die Kinder sofort gesammelt und daß sofort abmarschiert werde. Das gab der Herr Rektor auch zu, und der Lehrer Zierow versuchte es nun, so gut es ging, die Kinder zu sammeln. Als er aber nach Herrn Rektor Oldach fragte, wurde ihm der Bescheid, derselbe sei in die Schaubude gegangen. Daß Herr Rektor Oldach sich zu dem Zwecke in die Bude begeben hatte, die darin befindlichen Schüler zu holen, konnten wir nicht annehmen, da er ja seine eigenen Kinder in die Bude mitgenommen hatte. Da der Herr Rektor sich also so wenig um uns kümmerte, daß er uns nicht einmal mitteilte, daß er in die Bude ginge, da er sich auch nicht um die Kinder kümmerte, hatten wir auch keine Ursache, uns mit dem Sammeln der Kinder abzumühen, zumal viele in die Bude gingen, weil der Herr Rektor auch dort war. Wir gingen deshalb in die Stadt, wo wir übrigens schon eine Reihe von unsern Schülern unterwegs trafen, denen wir denn auch den Auftrag erteilten, in das von uns vor dem Besuche der Menagerie aufgesuchte Lokal, die "Bahnhofshalle", zu gehen. Herr Rektor Oldach hatte auf Befragen den Lehrern Struck und Zierow gesagt: "Wir müssen wohl um 6 Uhr wieder abmarschieren". Die Lehrer Kliefoth, Mahncke und Grebbin haben es durch die übrigen erfahren. Offiziell beschlossen war über den Abmarsch überhaupt nichts. Als der Lehrer Zierow 10 Minuten nach 6 Uhr beim Abgangsorte ankam, war Herr Rektor Oldach mit den Schülern schon fort. Herr Rektor Oldach behauptet freilich, er sei zwischen 6 1/4 und 6 1/2 Uhr von der "Bahnhofshalle" abmarschiert und beruft sich dabei auf das Zeugnis des Lehrers Westphal. Letzterer bekundet nun aber, daß sie 6 Uhr 10 Minuten über den Bahndamm gegangen seien. Und der Kantor Struck, der mit dem Lehrer Zierow zusammen aus der Stadt kam, vor dem Thore jedoch auf einen Wagen stieg, um eine Strecke voraus zu fahren, hat die Schüler kurz hinter dem Bahndamm wieder eingeholt. Wenn nun Herr Rektor Oldach meinte, es würden an der Zeitdifferenz wohl die Uhren schuld sein, so ist das wohl möglich; jedoch ist wohl anzunehmen, daß nicht unsere Uhren, sondern die des Herrn Rektor falsch zeigte, da, als wir vom Marktplatze zu Malchin fortgingen, die Turmuhr 6 schlug. Kurz nach dem Lehrer Zierow trafen auch wir übrigen in der "Bahnhofshalle" ein, auch einige leere Wagen, deren Besitzer über die Rücksichtslosigkeit des Herrn Rektors höchst ungehalten waren. Auch uns Lehrer berührte das Benehmen des Herrn Rektors äußerst peinlich. Wir beeilten uns nicht, nachzufolgen, weil wir annehmen mußten, es seien noch Nachzügler unserer Schüler zurück, die wir mitnehmen wollten; denn es war den Schülern über die Zeit des Abmarsches nichts gesagt worden, wenigstens nicht während der Zeit, daß wir dabei waren; und nachher waren schon viele Schüler in die Stadt gegangen. Nach einem etwa viertelstündigem Warten fuhren wir dem Zuge nach und verließen die Wagen, als wir die Schüler erreicht hatten.

Bei der Rückkehr im Lagemannschen Lokale angelangt, traf der Herr Rektor dort kurz nach uns ein. Der Lehrer Zierow fragte ihn, wie es komme, daß er ohne uns aus Malchin gegangen sei. Er antwortete, es wäre ja bestimmt gewesen, daß um 6 Uhr abmarschiert werden sollte. Erst als ihm erklärt wurde, der Lehrer Mahncke habe von der Zeit des Abmarsches nichts gewußt, verließ Herr Rektor Oldach das Lokal unter der Erklärung, Ort und Zeit seien nicht passend für eine solche "Interpellation".

Soweit die Thatsachen. Es sei uns nun gestattet, noch einige Bemerkungen anzuknüpfen. Was zunächst die Konferenz betrifft, so ist doch eine solche zu gegenseitiger Beratung da. § 65, der Schulordnung sagt: "Sie (die Lehrer­konferenzen) sollen den Lehrern Gelegenheit geben, in freundschaftlichen Besprechungen über alles, was zum Gedeihen der Schule erforderlich ist, ihre Ansichten und Erfahrungen auszutauschen". Es ist freilich schon vorgekommen, daß Herr Rektor Oldach uns auf Konferenzen vollendete Thatsachen mitteilte und uns nicht mit in den Rat nahm. Aber daß wir zu einer Konferenz berufen wurden, um beschuldigt zu werden, daß uns das Wort einfach abgeschnitten wird, wenn wir entstellte Thatsachen klarlegen wollen, darin erblicken wir eine Überschreitung der Befugnisse des Rektors und eine absichtliche Herabwürdigung und Mißachtung der Lehrer und zugleich auch eine Überschreitung des § 65, der Schulordnung. Wir können Herrn Rektor Oldach überhaupt nicht das Recht zugestehen, den Lehrern in solcher Weise Vorhaltungen zu machen. Dazu ist höchstens eine vorgesetzte Behörde befugt.

Nach § 43 der Schulordnung aber ist der verehrliche Schulvorstand die nächste vorgesetzte Behörde der Lehrer. Wenn Herr Rektor Oldach sich in irgend einer Weise verletzt fühlte, hätte er dem verehrlichen Schulvorstand die Sache vortragen müssen. Wenn der Herr Rektor bei Entziehung des Wortes auf § 63 der Schulordnung verwies, so ist der Absatz 3 - und der soll doch jedenfalls gemeint sein - hier gar nicht anwendbar; denn es handelte sich nicht um eine Durchführung von Anordnungen des Rektors in Schulsachen. Der Herr Rektor hatte also nicht das Recht, uns das Wort zu entziehen, zumal es sich darum handelte, entstellte Thatsachen zu berichtigen. Weshalb über diese "Konferenz" ein Protokoll nicht aufgenommen wurde, wie es doch sonst üblich ist, und wie es auch die Schulordnung § 65 verlangt, ist uns nicht ersichtlich.

Was die Reise nach Malchin anlangt, so ist es allenthalben Sitte, daß in einer Konferenz genau bestimmt wird, wie eine solche Reise zur Ausführung gelangen soll. Das war hier aber nicht geschehen. Die Kinder waren nicht instruiert, und so waren Unordnungen und Unzuträglichkeiten unvermeidlich. Es wäre doch jedenfalls Sache des Rektors gewesen, den Reiseplan vor Beginn der Tour zu besprechen. Keinesfalls aber waren wir Lehrer verpflichtet, uns erst Auskunft bei Herrn Rektor Oldach zu holen. Es dürfte auch unmöglich sein, bei solchen Reisen die Zeit pünktlich innezuhalten. Der Abmarsch verzögerte sich denn auch um etwa 1/2 Stunde. Und da viele unserer Schüler Verwandte in Malchin haben, so waren auch hier Verspätungen wahrscheinlich. Strenge Pünktlichkeit darf nur auf Turnerfahrten oder bei Ausflügen größerer Kinder gefordert werden. Es wäre deshalb wohl in der Ordnung gewesen, wenn Herr Rektor Oldach statt um 6 Uhr um 6 1/4 Uhr von Malchin abmarschiert wäre und das Eintreffen der Lehrer abgewartet hätte.

Wenn Herr Rektor Oldach meint, wir seien im Amte gewesen, hätten also immer bei den Kindern bleiben müssen, so ist das nur zum kleinsten Teil richtig. Es ist ja selbstverständlich, daß, wenn ein solcher Ausflug gemacht wird, jeder Lehrer, der denselben mitmacht, auf die Schüler achtet, gleichviel, ob sie seiner Klasse angehören oder nicht. Aber es war doch keineswegs unsere Pflicht, die Reise mitzumachen. Wenn einer oder der andere nicht mitgegangen wäre, so wäre er doch auch nicht im Amte gewesen. Nun aber sollen wir im Amte gewesen sein? Wenn Herr Rektor Oldach nicht in die Schaubude gegangen wäre und uns nicht einfach draußen hätte stehen lassen in der Voraussetzung, wir müßten so lange warten, bis es ihm beliebte, wiederzukommen, dann wäre es uns nie eingefallen, ohne die Schüler zur Stadt zurück zu gehen. Merkwürdig ist auch die Ansicht des Herrn Rektor, daß wir ihn um Urlaub hätten bitten müssen. Anfänglich hatten wir ja überhaupt nicht die Absicht fortzugehen. Nachher aber war es uns unmöglich, Urlaub zu erbitten, wenn wir auch die Absicht gehabt hätten, da ja Herr Rektor Oldach nicht da war.

Was endlich die Affaire im Lagemannschen Lokale betrifft, so ist die Ansicht des Herrn Rektor Oldach, der Lehrer Zierow habe seine Stellung dem Herrn Rektor gegenüber verkannt, doch etwas eigentümlich. Steht vielleicht ein Lehrer so tief unter dem Rektor, daß er es nicht wagen darf, denselben in irgend einer Sache um Auskunft zu ersuchen? Nach § 64 der Schulordnung gewiß nicht. Und der Lehrer Zierow hat doch erst um Erlaubnis gebeten, den Herrn Rektor fragen zu dürfen. Ob es der gehörige Ort zu der Frage war, darüber ließe sich vielleicht streiten. Jedoch waren wir Lehrer durch Herrn Rektor Oldach in einem Lokal - "Bahnhofshalle" in Malchin - vor dem Publikum bloßgestellt worden dadurch, daß er uns bei seinem Abmarsche vollständig ignorierte; es ist also nicht ersichtlich, warum diese Sache, die in einem öffentlichen Lokale begonnen hatte, auch nicht in einem solchen zur Sprache gebracht werden dürfte, zumal es durchaus nicht in der Absicht des Lehrers Zierow lag, den Herrn Rektor compromittieren zu wollen.

Aus allem diesen geht hervor, daß Herr Rektor Oldach überhaupt keinen Grund hatte, uns über unser Verhalten Vorhaltungen zu machen; deshalb müssen wir dieselben entschieden zurückweisen. Daß er es trotzdem und in einer für uns Lehrer äußerst beleidigenden Art und Weise thut, zwingt uns, den verehrlichen Schulvorstand ganz ergebenst zu bitten,

der verehrliche Schulvorstand wolle uns gütigst in Schutz nehmen gegen derartige beleidigende Übergriffe des Herrn Rektor Oldach und wolle Sorge tragen, daß die Konferenzen das werden, was sie nach § 65 der Schulordnung sein sollen.

In der Hoffnung, der verehrliche Schulvorstand werde diese unsere ganz ergebenste Bitte gütigst erfüllen, verharren wir mit vorzüglicher Hochachtung als des verehrlichen Schulvorstands gehorsamste

Zierow     A Kliefoth     K. Struck     HMahncke     Grebbin

Neukalen, den 14. Juni 1897"      

 

Rektor Oldach sah die Geschichte so: 

"An den verehrlichen Schulvorstand, hier.

Auf die an den verehrl. Schulvorstand unter dem 14. Juni eingegangene Beschwerde des Lehrers Zierow u. a. g. habe ich zu erklären resp. zu berichtigen, wie folgt:

Was zunächst die einfachen Thatsachen anlangt, so sind dieselben meines Erinnerns in der von dem Lehrer Zierow geschriebenen Beschwerde nicht immer richtig dargestellt. Besonders ist der Vorfall, durch welchen ich mich von dem Lehrer Zierow herausgefordert und beleidigt fühlte, vollkommen unklar gehalten. Die ganze Angelegenheit verlief vielmehr folgendermaßen.

Auf Anregung und Wunsch einiger Lehrer, Kantor Struck, Grebbin u. a., wurde am Montag, dem 24. Mai, beschlossen, am darauffolgenden Mittwoch die Menagerie in Malchin zu besuchen. Als wir am Dienstag um 10 Uhr wieder über den Ausflug mit einander gesprochen hatten, fiel mir ein, daß der Ausflug mit der ganzen Schule am Nachmittage vor dem Himmelfahrtsfeste nicht passend sein dürfte. Nachdem ich dieserhalb mit Herrn Pastor Voss Rücksprache genommen und mir die Genehmigung der Herren vom Schulvorstande durch den Schulboten eingeholt hatte, theilte ich den Lehrern noch vor 11 Uhr mit, daß wir aus Rücksicht auf das Himmelfahrtsfest schon an demselben Tage den Ausflug unternehmen würden. Wir marschierten dann vom Schulhofe hinaus auf die Chaussee, und hier wurden die requirierten Wagen mit den kleineren Kindern besetzt, während die größeren zu Fuß gingen. Unterwegs kam die ganze Schar natürlicherweise auseinander, einige Fuhrwerksbesitzer fuhren schneller, andere langsamer; die Fußgänger konnten überall nicht folgen. Ich bat deshalb den Lehrer Westphal, welcher die Tour mit seinem Fahrrad machte, er möge sich nach vorne begeben und die Wagen vor Malchin anhalten. Die Kinder sollten vor Malchin absteigen und auf der Chaussee so lange verweilen, bis die letzten heran wären. - Weitere Anordnungen waren zunächst nicht zu treffen; die Lehrer waren ja bei den Kindern; daß dieselben sich entfernen würden, der Gedanke ist mir garnicht gekommen.

In Malchin traf ich, als ich mit den letzten Kindern dort einrückte, das Gros in der sog. "Eisenbahnhalle", und wir marschierten nach längerem Aufenthalte dortselbst dann geschlossen nach der Menagerie. - Uebrigens hatte ich während des Aufenthaltes in der "Eisenbahnhalle" den Kindern verbeten, ohne Erlaubniß in die Stadt zu gehen, und daß dies geschehen, haben auch die Lehrer vernommen. Trotzdem hatte ich hier schon viel zu hüten und fand hierbei nur durch Herrn Westphal Unterstützung, während die Herren Kliefoth, Mahnke u. Zierow bei ihrem Glase Bier saßen u. sich um nichts kümmerten. Herr Struck hatte sich auch von hier aus schon in die Stadt begeben. - Wir mußten in der Eisenbahnhalle so lange Zeit verweilen, weil wir in der Menagerie noch nicht vorgelassen werden konnten.

Zu Ende der Vorstellung fragte mich der Kantor, wann wir wohl abmarschierten, er möchte gerne noch einmal wieder zur "Stadt Hamburg". Ich antwortete ihm, spätestens doch um 6 Uhr. Als dann auch der Lehrer Zierow kurz darauf in der Menageriebude ebenfalls fragte, antwortete ich das Gleiche. Welche Worte ich genau bei dieser Antwort gebraucht habe, ist mir bis heute entfallen, jedenfalls aber habe ich mich so ausgedrückt, daß der Fragesteller über die Zeit des Abmarsches nicht im Unklaren sein konnte. Uebrigens bedurfte es meinerseits gar keiner solchen Bestimmung der Abmarschzeit den Lehrern gegenüber - die Fuhrwerke hatte ich zu um 6 Uhr bestellt - denn ich nahm selbstverständlich an, daß wir alle zusammenblieben, nach Besichtigung der Menagerie geschlossen wieder nach der Eisenbahnhalle zurückmarschierten und von da dann unseren Rückweg antraten.

Als ich aus der Menagerie heraustrat, standen vor derselben die Lehrer Kliefoth u. Mahnke; andere Lehrer habe ich zu dieser Zeit nicht mehr gesehen. Die Kinder hatten sich über den ganzen Platz zerstreut. Ich bat nun die beiden Herren, sie möchten mir helfen, die Kinder zusammenzubringen, wir müßten dann allmählich abmarschieren. Aber beide rührten sich nicht von der Stelle, lächelten, und Kliefoth antwortete mir, das gelinge mir doch nicht, und viele seien noch in eine der Menagerie gegenüberliegende u. zur Menagerie gehörige Schaubude gegangen. Ich ging nun auch in diese Bude hinein, um die Kinder zu holen, habe das auch den beiden Lehrern gesagt, nahm allerdings meine eigenen Kinder, die mich baten, mit hinein. Hier traf ich auch den Lehrer Westphal; und weil in dieser Bude für die Kinder noch manches Interessante zu sehen war und wir auch noch Zeit hatten, so habe ich in der Bude noch ein wenig verweilt. Als die Kinder alles gesehen hatten, habe ich sie alle mit herausgenommen, habe mit Hülfe des Lehrer Westphal, andere Lehrer traf ich nicht mehr, die noch auf dem Platze vorhandenen Kinder zusammengebracht und bin mit ihnen fortgegangen nach dem zuerst genannten Locale hin.

Ich traf selbst erst in diesem Locale 1 oder 2 Minuten vor 6 Uhr ein, da ich unterwegs noch einige Fuhrwerksbesitzer wegen Abfahrt u. Plätze näher instruierte, und fand allerdings zu meiner großen Verwunderung außer Herrn Westphal keinen Lehrer, während die Kinder alle gegen 300 an der Zahl versammelt waren bis auf 2. Herr Westphal gegenüber habe ich hierüber meine Verwunderung ausgesprochen, aber auch gleich hinzugefügt, daß wir natürlich noch warteten, da auch die Wagen noch nicht zur Stelle waren. Nun habe ich in genanntem Locale eine ganze Zeit gesessen, auch noch etwas verzehrt und glaube da nun allerdings nicht zu irren, wenn ich annehme, daß das länger als 10 Minuten gedauert hat. Ich hätte auch noch länger gewartet auf die Herren Lehrer, wenn nicht unterdes die ersten Wagen angekommen wären. Herr Westphal und ich konnten nun allein die Kinder nicht mehr halten, alle strebten hinauf auf die Wagen, und wir mußten froh sein, daß wir die Kinder nur erst aus der Stadt herausbrachten und nun einigermaßen ordnungsmäßig auf die nach und nach anfahrenden Wagen vertheilen konnten. Daß bei etwaigen Unglücksfällen die Verantwortung vom Publikum dem Rector auferlegt wird, das liegt klar auf der Hand, und so wurde ich gewissermaßen durch die Verhältnisse zum Abmarsche gedrängt. Es trafen nun kurz nach einander 11 Wagen ein und nur 1 großer 2spänner u. 2 Einspänner fehlten. Dem Besitzer des großen Wagens habe ich auf Befragen noch 20 Minuten vor 6 Uhr gesagt, daß wir um 6 Uhr abrücken müßten, worauf er mir antwortete, dann könne er noch erst mit seinen Stuten zur Deckstation ziehen. Auf den Fuhrmann konnte ich doch unmöglich noch warten. Daß also Fuhrwerksbesitzer über die Rücksichtslosigkeit des Rectors sehr ungehalten gewesen, wie es auf Seite 3 heißt, ist wohl nicht ganz sachgemäß, höchstens könnte mit den "Besitzern" der eine oben von mir Erwähnte, Ackerbürger Ernst Seemann gemeint sein. - Auch der Kantor Struck, welcher uns auf dem Malchiner Damme wieder einholte, sprach sich mir gegenüber vollständig in meinem Sinne dahin aus, daß man auf die Lehrer u. die beiden letzten Wagen nicht mehr warten dürfe, es würde zu spät u. vor allen Dingen zu kalt werden. Ich hatte nämlich dem Kantor gegenüber geäußert, ob man nicht doch noch an der Stelle, wo der Steig von der Chaussee durchs Holz hin sich abzweigt, warten wolle. -

Der Rückmarsch verlief dann ohne weiteren Unfall; die letzten Wagen mit den Lehrern holten uns noch vor Gülitz wieder ein u. nahmen fast sämmtliche Kinder auf. Ich versuchte nun zunächst mich den Lehrern anzuschließen, dieselben verhielten sich aber sehr zurückhaltend gegen mich, so daß ich merkte, daß sie mir etwas übel genommen hatten. Ich ging deshalb mit den größeren Knaben aus meiner Klasse vorweg. Vorne in der Stadt bemerkte ich, daß die Lehrer hinter mir verschwunden waren; ich verabschiedete mich von den Kindern und ging nun zurück in das Lagemannsche Local, wo ich die Lehrer vermuthete, in der Absicht, noch 1 Glas Bier mit ihnen zu trinken, um ihnen zu zeigen, daß ich ihnen ihre Renitenz und Rücksichtslosigkeit nicht weiter verargt habe, vielmehr mich immer wieder bemühe, mich in jeder Beziehung, so lange es irgend angeht, auf einen guten Fuß mit ihnen zu stellen. Ich begrüßte sie demgemäß auch ganz freundlich und fing, nichts böses ahnend, ein Gespräch an. Aber die Sache schien verabredet, denn ehe ich noch bedient war, stellte mich der Lehrer Zierow in Gegenwart der Lehrer Kliefoth, Struck u. Mahnke, sowie des Kaufmannes Fischer, des Wirtes u. mehrerer Einwohner der Stadt in herausforderndem und ungeziemendem Tone unter Drehen des Schnurrbartes mit folgenden Worten zur Rede: Herr Rector, wie kommen Sie dazu, früher abzumarschieren, als wir da waren!

Das war nicht "gesprächsweise" geäußert, sondern es war das das erste Wort, welches der Lehrer Zierow in meiner Anwesenheit äußerte, und aus den Mienen der übrigen Herren, besonders des Lehrers Mahnke schien es mir ersichtlich, daß das vorbereitet war. -

Ich antwortete zunächst ganz ruhig, es wäre Zeit gewesen, und übrigens hätte ich ihm ja auch gesagt, daß um 6 Uhr abmarschiert würde. Zierow entgegnete: Aber Herrn Mahnke haben Sie nichts gesagt!" (Herr Mahnke saß neben H. Zierow mir gegenüber) - Als der Lehrer Zierow nun auf meine Erwiderung, es scheine das ja auf eine Interpellation hinauszulaufen u. es sei hier wohl nicht der Ort zu dergleichen Dingen, noch nicht schwieg, bat ich den Wirt, mir nichts zu verabfolgen, und verließ mit dem Bedauern, unter solchen Umständen nicht länger bleiben zu können, das Local. - Das ist der Verlauf der Angelegenheit den Thatsachen entsprechend.

Die Angaben, welche in der Beschwerde über mich auf S. 2 gemacht worden sind, sind zum größten Theile unrichtig. Daß Lehrer Zierow mich aufmerksam gemacht habe, die Kinder müßten sofort gesammelt werden, ist mir nicht bekannt; auch erinnere ich mich, den Lehrer Zierow nach der Besichtigung der Menagerie noch auf dem Platze vor derselben gesehen zu haben. - Wie ich mich noch besonders um die Lehrer bekümmern sollte, welche meines Erachtens bei den Kindern zu bleiben hätten, wüßte ich nicht, und wenn es ferner S. 2 der Beschwerde heißt: "Da der Rector sich auch nicht um die Kinder kümmerte u. s. w. so muß ich diese Worte leider als eine ganz unerhörte Anschuldigung u. Unwahrheit hinstellen. - Und wenn wirklich der Rector sich garnicht um die Kinder gekümmert hätte, folgt daraus dann schon, daß nun auch die Lehrer keine Ursache hätten, sich "mit dem Sammeln der Kinder abzumühen"? Dürfen die Herren denn ohne Weiteres in die Stadt gehen? Ich meine doch, sie hätten dann um so mehr Ursache gehabt, sich um die Kinder zu kümmern, wenn ihr Pflichteifer wirklich ein so großer war, wie sie ihn hinzustellen sich bemühen, um eben das, was der Rector nach ihrer Meinung in Pflichtvernachlässigung versäumte, wieder gut zu machen.

Aus der ganzen Darstellung auf S. 2 d. Besch. scheint mir nun aber andrerseits noch hervorzugehen, daß die Herren Kliefoth, Mahnke u. Zierow nicht in Zweifel darüber gewesen sind, daß wir uns wieder vor der Menagerie sammeln und uns geschlossen nach dem zuerst erwähnten Locale begeben müßten; ich hielt das auch, wie schon erwähnt, für ganz selbstverständlich. Die Lehrer durften dann aber garnicht erlauben, daß sich Kinder einzeln vom Platze nach der Stadt hin entfernten, während ich noch mit dem Gros der Kinder in der Menagerie war. Ich glaube nicht zu übertreiben, wenn ich ausspreche, daß die Herren sich gar wenig um die Kinder bemüht, ja, daß sie sich in dieser Hinsicht ganz passiv verhalten haben. Es stimmt das auch mit meinen sonstigen Er­fahrungen bei solchen Gelegenheiten voll u. ganz überein.

S. 3 d. B. heißt es: "Offiziell beschlossen war über den Abmarsch überhaupt nichts!" Das ging auch garnicht, denn man wußte nicht, wann wir in die Menagerie hineinkämen, da auch die Darguner Schule am selben Tage in Malchin zu gleichem Zwecke war, und man wußte ferner nicht, wie lange die Besichtigung dauern würde. Ich wiederhole noch einmal, daß jenes auch nicht nöthig war, wenn wir zusammenblieben und die Lehrer sich nicht entfernten; es waren dann auch keine "Unordnungen und Unzuträglichkeiten" (S. 5 d. B.) zu erwarten.

S. 5 d. B. heißt es selbst "es dürfte unmöglich sein, bei solchen Reisen die Zeit innezuhalten!"; ebenso unmöglich dürfte es sein, bei solchen Reisen den Plan vorher genau zu bestimmen, wo man außer über den Ausmarsch über das Einzelne noch völlig im Dunkeln ist. Es kommt dabei eben alles auf das Zusammenbleiben an. Ob nur auf Turnerfahrten oder bei Ausflügen größerer Kinder strenge Pünktlichkeit gefordert werden darf (etc. S. 5 d. B. unten), darüber ließe sich streiten; jedenfalls steht den Beschwerdeführern allein darüber kein Urtheil zu. Wenn ich dem Lehrer Zierow aber gesagt hätte, daß wir um 6 Uhr abmarschieren, so war es für diesen Herrn auch für diesen Ausflug in der Ordnung, daß er streng pünktlich um 6 Uhr am Platze war, ebenso wie es für mich in der Ordnung war, auch dort zu sein. Daß ich factisch auf die Lehrer wartete, habe ich oben nachgewiesen; ich bin nicht um 6 Uhr abmarschiert, wie es S. 5 unten heißt. Zur Ordnung gehörte das aber wohl nicht mehr. Die Auslassungen S. 6 d. B. aber sind mir nicht verständlich, besonders der Passus: "Es war nicht die Pflicht, die Reise mitzumachen; wenn einer nicht mitgegangen wäre, so wäre er doch auch nicht im Amte gewesen. Nun aber sollen wir im Amte gewesen sein?"

Ueber die Amtspflichten haben allerdings manche der Herren eigene Ansichten; sie meinen z. B. auch, in den Pausen während der Schulzeit wären sie nicht im Amte.

Ich habe darüber andere Ansichten u. erachte, daß ja der Lehrer, sowie er sich an einem Ausflug mit Schulkindern betheiligt, im Amte sich befindet, um so mehr, wenn zu solchem Ausfluge die Schule ausgesetzt ist. Nach den Ausführungen S. 6 oben scheint es fast, als ob ich allein amtliche Pflichten gehabt hätte, und die Herren sich dem Ausfluge nur als Spaziergänger mit angeschlossen hätten, in deren Belieben es lag, sich um die Kinder zu beküm­mern oder nicht, wie denn auch der Lehrer Kliefoth gleich zu Anfang mit dem Kaufm. Fischer vorauf gegangen ist und schon vor den ersten Wagen in Malchin eingetroffen ist. Und wenn die Sache nicht so ernst wäre, möchte ich sagen, das beinahe Komische bei der ganzen Sache ist dieses, daß ich zu dem ganzen Ausflug von vorneherein wenig Lust hatte, daß derselbe vielmehr von den Lehrern selbst angeregt worden ist. Nun aber kommt die Sache fast so zu stehen, als ob die Herren nur durch ihr Mitgehen gewissermaßen mir Freundlichkeit erwiesen. Und jetzt erklärt sich mir auch, daß der Kantor, welcher der Haupturheber des Planes war, gleich beim Ausmarsch zu mir sagte: Beide Touren gehen, kann ich aber nicht, das sage ich Ihnen gleich! - Mir scheint vielmehr, daß es die Pflicht der Herren war mitzugehen, denn sie hatten die Reise angeregt und aus allen Klassen bis zur 5ten Kl. hin waren Kinder betheiligt. Und da nun doch einmal hier um die Rechtsfrage gerechtet wird, so halte ich allerdings auch heute noch daran fest, daß die Lehrer, wenn sie sich in die Stadt "Hotel Stadt Hamburg" entfernen wollten, mich davon in Kenntniß setzen und ersuchen mußten, daß ich die Beaufsichtigung der Kinder allein übernehme, wie das auch der Kantor Struck gethan hatte.

Auf die Sophistereien des Schlußsatzes S. 6 "Anfänglich hatten wir garnicht die Absicht u. s. w., habe ich wohl nicht weiter nöthig einzugehen, ebenso auch nicht auf den letzten Absatz S. 6 unten. Nur das möchte ich hieraus noch hervorheben, daß ich nicht erinnere, daß der Lehrer Zierow erst um die Erlaubniß gebeten, den Rector fragen zu dürfen. Jedenfalls beziehe ich mich hierbei betreffend Form u. Art der Interpellation seitens des Lehrers Zierow auf das von mir S. 4 dargelegte.

Zum Schluß ist in der Beschwerde gesagt: Aus allem diesen geht hervor, daß H. Rect. O. ... hatte, uns über unser Verhalten ...; deshalb müssen wir u. s. w. - und das Ganze ist von 5 Lehrern unterschrieben. Dazu bemerke ich, daß ich nicht verstehe, wie die Lehrer Kliefoth, Struck u Grebbin zu der Unterschrift kommen, da ich in der betr. Konferenz zu diesen Herren kein Wort gesagt habe. In jener Thatsache scheint mir mehr zu liegen, als es zunächst den Anschein hat, zumal der Lehrer Zierow das Ganze geschrieben und als erster unterschrieben hat und dann die Unterschriften von 2 Lehrern nicht vorhanden sind, da sie auch doch in der Conferenz zugegen waren. Ich muß nunmehr, um das klar zu legen, auf die erwähnte Conferenz selber eingehen. Am 25. Mai hatte der Ausflug stattgefunden. Erst am 2. Juni lud ich die Herren zu der Konferenz. Ich hatte ursprünglich nicht die Ansicht, der ganzen Sache weiter Erwähnung zu thun, glaubte vielmehr, daß der Lehrer Zierow, wenn er erst ordentlich über sein Benehmen nachgedacht hätte, sich entschuldigen würde, oder doch durch sein weiteres Gebahren mir zeigen würde, daß ihm die Sache leid sei. Da aber beides nicht geschah, ja, da letzteres gerade das Gegentheil von dem, was ich erwartet hatte, bekundete, so lud ich alle Herren am 2. Juni, damit alle Herren orientiert würden.

Ueber den Verlauf der Konferenz kann ich im Gegentheil zu dem auf S. 1 der Beschwerde ausgesagten um so genauer und wahrheitsgetreuer berichten, da ich mir dasjenige, was ich in der betr. Angelegenheit sagen wollte, vorher kurz notiert hatte, um mich dadurch zu zwingen, ruhig u. sachgemäß zu bleiben. Dasselbe steht dem verehrl. Schulvorstand zur Einsicht zur Verfügung u. lautet wie folgt:

"Es liegt zunächst vor eine Angelegenheit, die am Schlusse des Ausflugs nach Malchin in voriger Woche sich ereignete u. zu der ich noch immer eine Antwort schuldig bin. Ich würde die ganze Sache mit Stillschweigen übergangen haben, denn daß ich die Gesellschaft der Herren wegen Herrn Zierow nun schon zum 2ten Male verlassen mußte, liegt vielleicht auf persönlichem Gebiete u. gehört nicht hierher; aber dieses Mal streift die Angelegenheit auch das amtliche Gebiet, und ich muß deshalb schon die verlangte Antwort ertheilen. - Die meisten der Herren waren damals zugegen, zur Orientierung derjenigen, welche nicht zugegen waren (Funck, Westphal, Grebbin) kurz dieses. - Ich marschierte mit den Kindern von Malchin zwischen 6 1/4 - 6 1/2 Uhr ohne die Herren Lehrer ab; Herrn Zierow hatte ich selbst gesagt, daß um 6 Uhr fortgegangen würde. Und nun stellte mich Herr Zierow abends im Lagemannschen Gasthause öffentlich in ihm nicht zukommender Weise am unrechten Orte u. zu unrechter Zeit zur Rede: Herr Rector, wie kommen Sie dazu, früher abzumarschieren als wir da waren.

Darauf antwortete ich Ihnen (zu H. Zierow gewandt) heute am rechten Orte, daß Sie noch immer Ihre Stellung mir gegenüber zu verkennen scheinen. Sie haben mich überhaupt nicht zur Rede zu stellen und ich weise das ernstlich zurück. Sie haben nach § 63 der Schulordnung meinen Anordnungen Folge zu leisten oder sich beim Schulvorstand zu beschwerden.

Nun berief sich an dem Abend Herr Zierow ja auf Herrn Mahnke, daß ich dem nichts von der Abmarschzeit gesagt hätte. ich meine, wenn Herr Mahnke sich dadurch beschwert fühlte, hätten Sie, Herr Mahnke, mir das doch wohl selber sagen können. Daß wir bald gehen wollten, wußten Sie doch entschieden, denn ich hatte Sie u. Herrn Kliefoth doch gebeten mir beim Zusammenbringen der Kinder zu helfen. Antwort des Herrn Mahnke: "Ja, gewußt habe ich es, daß wir um 6 Uhr gehen wollten, aber Sie habens mir nicht gesagt!" Da antwortete ich: Nun, das genügt. Und übrigens hätten Sie auch wohl mal fragen können; außerdem waren wir auch im Amt und Sie durften sich doch wohl nicht einfach entfernen, ohne von mir Urlaub einzuholen, (hier fiel von meiner Seite das ominöse Wort "Urlaub") wie Herr Kantor das auch gethan hatte." -

Hierauf lächelte Herr Mahnke recht spöttisch und Herr Zierow wollte sprechen. Da sagte ich: In dieser Angelegenheit kann ich Ihnen das Wort nicht mehr gestatten, ich hatte Ihnen meine Antwort gegeben, ich möchte aber sonst nicht weiter in Wortwechsel gerathen; wenn Sie sich beschwert fühlen, wenden Sie sich an den Schulvorstand. Herr Zierow sagte darauf, er wolle auch nur berichtigen daß ich schon um 6 Uhr 10 Min. abmarschiert sei, worauf ich erwiderte, daß unsere Uhren dann wohl nicht stimmten, es sei das auch sonst ganz gleich, Herr Westphal sei ja auch beim Abmarsch zugegen gewesen.

Das war der Verlauf der Konferenz, soweit sie diese Angelegenheit berührte; es wurde dann noch über Ferien und Turnen gesprochen. - Ein Protokoll ließ ich nicht aufnehmen, weil die Besprechung über die Ferien resultatlos verlief, ich wegen des Turnens am anderen Tage mit den Turnlehrern noch besonders Rücksprache nahm, die erste Angelegenheit aber für eine Protokollaufnahme aus Rücksicht auf Herrn Zierow nicht angezeigt hielt; hätte ich aber gewußt, daß die Herren das erwartet, so hätte dem meinerseits gewiß nichts entgegengestanden. - ich habe den Herren auch nicht das Wort entzogen für die Konferenz, wie es nach der Beschwerde S. 5 oben anzunehmen ist, ich habe vielmehr nur dem Lehrer Zierow die von ihm herausgeforderte Antwort ertheilt. Darüber war keine Debatte weiter nöthig. Und dazu habe ich doch wohl das Recht, nämlich zu antworten, wenn ich in solcher Weise herausgefordert werde! Wenn ich dazu aber die Konferenz als Ort wählte, so kann mir das wohl nicht verargt werden, denn so oft ich dem betr. Herrn etwas zu sagen hatte und das ihm allein gegenüber that, habe ich mich Unannehmlichkeiten ausgesetzt. - Ich habe auch nicht bei der sogen. Entzie­hung des Wortes (etc. S. 1 u. S. 6 d. B. oben) auf § 63 der Sch. O. verwiesen, sondern, wie oben von mir ausgeführt ist, Herrn Zierow im allgemeinen gesagt, er habe nicht das Recht mich zur Rede zu stellen, sondern nach § 63 d. Sch. O. meinen Anordnungen Folge zu leisten oder sich zu beschweren.

Ob ich nach § 64 d. Sch. O. befugt bin, den Herren Lehrern sonst in der Konferenz Vorhaltungen zu machen - zu obiger Antwort an Lehrer Zierow hielt ich mich für vollkommen befugt - das verstelle ich zum Ermessen des verehrlichen Schulvorstandes. Ich wüßte aber nicht, wie ich es anders machen sollte, wenn Ungehörigkeiten, Schulordnungsübertretungen u. dgl. vorkommen, als darüber in der Konferenz Vorhaltungen zu machen, dieselben zu rügen u. zu erinnern, daß das unterbleibe. -

Und wenn ich Mittheilungen zu machen habe über etwaige Erlasse des Schulvorstandes oder drgl. wo anders soll ich das thun, als in der Konferenz? Daß es, wie es auf S. 4 d. B. heißt, daher schon vorgekommen ist, daß ich in der Konferenz vollendete Thatsachen mittheilte, ist durchaus wahr u. richtig. In Rat nehmen konnte ich die Herren dann freilich nicht mehr, das war mir unmöglich.

Der Seite 4 d. B. angeführte § 65 der Sch. O. ist mir durchaus bekannt, und daß ich danach im Wesentlichen verfahren, beweisen die Konferenzprotokolle. Was ich aber im Allgemeinen von solchem Austausch der Ansichten und Erfahrungen zu halten habe, beweist der Umstand, daß mir z. B. einmal bei Besprechung über Einführung eines von mir vorgeschlagenen Rechenbuches von dem betr. Rechenlehrer, der sich gegen die Einführung sträubte, geant­wortet wurde: "Ich gebe zu, die Kinder lernen danach mehr, aber der Lehrer hats schwerer." -

 

Ich glaube, nunmehr die Beschwerde nach allen Seiten hin erschöpft zu haben. ich will nur die beiden Punkte hier am Schluß noch einmal hervorheben.

erstens: ich habe mich in der am 2. Juni abgehaltenen Konferenz lediglich nur an Herrn Zierow u. noch ganz kurz an Herrn Mahnke gewandt, weil H. Zierow sich auf den berufen hatte, aber Vorhaltungen irgendwie beleidigender Art den 5 Unterschriebenen gegenüber keineswegs mir erlaubt.

zweitens: Die Konferenzen sind immer gewesen, was sie nach der Schulordnung sein sollten.

Alles weitere dem verehrlichen Schulvorstand anheimgebend, zeichne ganz ergebenst                                               Rector Oldach

Neukalen, den 19. Juni 1897."

 

 

Der Schulvorstand besprach die Angelegenheit am 21. Juni 1897 ausgiebig und schrieb dazu:

 

"1. Scrib. an die Lehrer der hiesigen Stadtschule Herrn Zierow Kliefoth Struck Mahnke Gebbin.

Z. H. des Herrn Zierow.

Auf Ihre unter dem 14 Juni d. J. an den Schulvorstand gerichteten Vortrag wird Ihnen nach vernommenen Bericht des Rectors Oldach das Nachstehende eröffnet.

Aus dem Vortrage hat der Schulvorstand mit Bedauern gesehen, daß unter der Mehrzahl der Lehrer an hiesiger Stadtschule und dem Rector derselben ein Verhältnis besteht, wie es weder im Interesse der gesamten Lehrer selbst noch vor allem im Interesse der Schüler, der Aufrechterhaltung von Autorität u. Disciplin sein soll. Der Schulvorstand ist der Ansicht, daß die einzelnen Vorgänge gelegentlich des Ausfluges nach Malchin nur die äußere Veranlassung zu der überreichten Vorstellung gewesen sind, daß der eigentliche Grund aber in dem mangelnden richtigen Verhältnis zwischen dem Rector u. den Lehrern zu finden ist. Er erachtet es daher für seine Pflicht, ernstlich und nachdrücklich der Erwartung Ausdruck zu geben, daß von beiden Seiten dahin gestrebt wird, kleine Mißhelligkeiten zu vergessen und ein auf gegenseitiger Achtung begründetes kollegialisches Verhältnis herzustellen. Dabei soll zugleich darauf hingewiesen werden, wie es übrigens ja selbstverständlich ist (Schulordnung § 63), daß der Rector infolge seiner Stellung als Rector der gesamten inneren Angelegenheiten der Schüler den Lehrern zugleich vorgeordnet und verbunden ist, darauf zu halten, daß die Lehrer ihre Pflichten erfüllen. Eine richtige Würdigung dieser Doppelstellung des Rectors als Vorgesetzten u. Kollegen von beiden Seiten wird nicht wenig dazu beitragen, die richtige Harmonie herzustellen.

Was den Inhalt des Vortrages selbst angeht, so hat der Schulvorstand im Interesse des anzustrebenden, im Vorstehenden angedeuteten Zwecks es für richtig gehalten, auf alle Einzelheiten des Näheren nicht einzugehen, zumal er die Überzeugung gewonnen hat, daß auf beiden Seiten Fehler gemacht sind. Von Seiten des Rectors wäre es richtiger gewesen, die Einzelheiten eines solchen Ausfluges in Gemeinschaft mit den übrigen Lehrern festzustellen u. zwar, soweit es vor dem Ausflug nicht möglich war, während desselben. Insbesondere hätte die gemeinsame Verabredung eines Sammelplatzes nach beendigter Besichtigung der Menagerie u. der Abmarschzeit sich empfohlen, wie es auch wohl richtiger gewesen wäre, den Abmarsch selbst, da die Lehrer noch nicht zugegen waren, etwas hinauszuziehen. Wenn die Kinder in dem Local sich nicht hätten länger halten lassen, so hätte auf der Chaussee unmittelbar vor der Stadt gewartet werden können.

Andererseits haben die Lehrer ihre Stellung u. ihre Pflichten bei einem derartigen Ausfluge falsch aufgefaßt, wie aus ihrem Verhalten u. der Darstellung in dem Vortrage hervorgeht. Es ist zwar richtig, daß die Beteiligung an dem Ausfluge in das Belieben des einzelnen Lehrers gestellt war. Wer sich aber beteiligte, der war unzweifelhaft im Amt u. hatte kraft seiner Stellung als Lehrer Pflichten zu erfüllen, die besonders darin bestanden, in jeder möglichen u. zweckentsprechenden Weise für die Kinder zu sorgen. Gerade bei einer so großen Anzahl von Kindern, wie sie sich diesmal beteiligte, kommen gar zu leicht Unfälle u. dergl. vor, so daß eine strenge Aufsicht seitens aller Lehrer unbedingt erforderlich ist. Ferner zeugt es von einer Verkennung der ihnen obliegenden Pflichten seitens der Lehrer, wenn sie Seite 2 unten ihres Vortrages sagen: "Da der Herr Rector sich also so wenig um uns kümmerte, daß er uns nicht einmal mitteilte, daß er in die Bude ginge, da er sich auch nicht um die Kinder kümmerte, hatten wir auch keine Ursache, uns mit dem Sammeln der Kinder abzumühen ... Wir gingen deshalb in die Stadt ..."

Gerade wenn die Lehrer meinten, der Rector thue seine Pflicht nicht, mußten sie um so mehr bemüht sein, ihre Pflichten getreulich zu erfüllen, mußten sie um so mehr sich um die Kinder kümmern, anstatt einfach die Schaar der Kinder sich selbst zu überlassen, in die Stadt zu gehen u. niemanden etwas hiervon zu sagen.

Jedoch hat der Schulvorstand davon abgesehen, genauere Feststellungen zu treffen und über die an diese ersten Vorgänge sich anknüpfenden weiteren Vorgänge ein Urteil zu fällen, weil er bestimmt erwartet, daß in Zukunft dergleichen Sachen nicht mehr passieren, und daß kleine Mißverständnisse und Verstimmungen im Wege kollegialischer Auseinandersetzung beseitigt werden.

Dem Rector Oldach ist ein gleichlautendes Schreiben zugegangen.

 

2. Scrib. an Herrn Rector Oldach hies.

Auf die Eingabe der Lehrer Zierow u. Gen. vom 14. Juni u. Ihre Erklärung vom 19. Juni wird Ihnen das Nachstehende eröffnet: u. s. w. wie vorstehend.

Der Schlußsatz lautet: Den Beschwerdeführern ist ein gleichlautendes Schreiben zugegangen.

3. In circulum bei den Herrn vom Schulvorstand.

N. 21.6.97             

Der Schulvorstand

Paul Lindemann (Bürgermeister)

Julius Voß (Pastor)

Ernst Broder (Kaufmann)

Carl Soll (Schuhmacher)"

 

 

 

 

            1897 ... 1904

 

1897/98 gingen 253 Knaben und 208 Mädchen in die Schule.

Zur damaligen Zeit gab es folgende Ferienzeiten: Osterferien 14 Tage, Pfingstferien 9 Tage, Sommerferien 4 Wochen, Herbstferien 14 Tage und Weihnachtsferien 14 Tage.

 

"1897: Neukalen, 18. Febr. Gestern hielt der hiesige Lehrerverein im Schulhause seine Winter - Versammlung ab. Herr Lehrer Zierow hielt einen interessanten Vortrag über den pädagogischen Einfluß auf die deutsche Hoch- und Volksschule. Herr Spindler - Schlakendorf sprach über den Wert der biblischen Geschichten des Alten Testaments in der Volksschule. Alle Leitsätze des sehr dankenswerten Vortrages wurden mit Einstimmigkeit unverändert angenommen. Der dritte Punkt der Tagesordnung wurde durch die Wahl des  Herrn Schmidt - Gorschendorf zum Abgeordneten in die Delegierten Versamm­lung des Landeslehrer - Vereins zu Güstrow (am 27. d. Monats) erledigt. Ein Schoppen Gerstensaft hielt die Vereinsmitglieder im Kählerschen Hotel noch ein paar Stunden unter lebhaftem Gedankenaustausch beisammen.. Die Frühjahrs - Conferenz findet am 5. Mai statt."

      

Nach einer Verordnung vom 3.6.1897 wurden die Diensteinkommen der Lehrer erhöht, und dafür fielen die Vergünstigungen durch freie Dienstwohnung, Acker, Wiesen, freie Weide oder ähnliches weg.

 

"An den verehrlichen Schulvorstand zu Neukalen.

Dem verehrlichen Schulvorstand möchte der Unterzeichnete eine ganz ergebene Bitte aussprechen:

Am 30. Novb. bekam ich beiliegenden Brief von dem Schuhmacher­meister Jörß, in welchem er sich darüber beschwert, daß seine Tochter Else von mir untergesetzt worden ist. Es wird mir von ihm vorgeworfen, daß ich Kinder, die mir Geschenke bringen und mit deren Eltern ich bekannt bin, bevorzugen solle. Ich soll also ungerecht in meinem Amt vorgehen und soll mich durch Geschenke bestechen lassen. Ich muß diese Anschuldigung als eine schwere amtliche Beleidigung bezeichnen und entschieden zurückweisen.

Das betreffende Mädchen ist nicht unverdient untergesetzt worden. Nicht bloß daß es diese eine Frage, auf welche hin die Versetzung erfolgte nicht gewußt hat, auch sonst habe ich vielfach die Erfahrung gemacht, daß es schwächer als die zunächst unter ihr sitzenden Kinder ist. Eine Prüfung der betreffenden Schüler würde nur meine gemachte Erfahrung bestätigen. Eine Versetzung der Else Jörß mußte demgemäß erfolgen. Von einer Bevorzugung der betreffenden 4 Mädchen kann in diesem und auch in keinem andern Fall die Rede sein; denn es ist dieses das erste Mal, daß die Mädchen Specht, Albrecht, Bruger und Kühl versetzt worden sind. Sie haben von Ostern an auf ihrem anfänglichen Platz gesessen. - Was die Annahme von Geschenken betrifft, so können die Geschenke nur in kleinen Blumen bestanden haben, die die Kleinen mir aufs Pult gelegt haben. Zuweilen hatten sie auch wohl einen Apfel gebracht. Solche Geschenke habe ich aber von diesen 4 Mädchen weniger bekommen. Meistens brachten andere Kinder solche Gaben. Daß ich aber durch solche Geschenke oder durch meine Bekanntschaft mit den Eltern mich sollte in irgend einer Weise beeinflussen lassen, ist mir nie in den Sinn gekommen, und muß ich solches entschieden in Abrede nehmen. Solche Kleinen bringen auch nicht kleine Geschenke mit der Absicht, daß sie durch dieselben wollen den Lehrer günstig für sich stimmen, sie haben eine Freude dran, wenn der Lehrer sich zu den kleinen Gaben freut.

Dem verehrlichen Schulvorstand möchte ich nun die Bitte aussprechen, mich gegen solche amtliche Beleidigungen und Beschuldigungen zu schützen, den Schuhmachermeister Jörß etwa auch zu veranlassen, seine Anschuldi­gungen zurückzunehmen.

Ich verbleibe des verehrlichen Schulvorstandes ganz ergebener                        Grebbin, Lehrer

       Neukalen, d. 2. Dezb. 1897."

 

Angefügt war folgender Brief des Schuhmachermeister Jörß:

                                                                                                                                         "Neukalen d. 30.11.1897

Mittheilung!

Herrn Lehrer Grebbin!

Theile Ihnen hierdurch mit, da meine Tochter Elsa mir gestern weinend klagte, daß sie wieder 4 unter gesetzt worden ist von Ihnen, dieselben heißen Albrecht, Kühl, Krüger, Specht. Elsa sagte zu mir das sie das gefragte gewußt hat, hätte sich aber nicht sogleich fassen können, und der Lehrer hätte gleich weiter gefragt.

Darauf hin muß ich annehmen, daß bei Ihnen in der Klasse Vorzug herscht, weil ich selbst in Erfahrung brachte durch andere Kinder, daß Sie sehr befreundet sind mit die Eltern der Kinder, die Sie dadurch bevorzugen, und auch von denselben Geschenke annehmen.

So viel ich meine Tochter im Schulfleiß kenne, ist sie von ihrem Alter im schreiben und lesen glaube ich, nicht die schlechste in Ihrer Klasse.

Jetzt möchte ich Ihnen hierdurch doch die Sache ans Herz legen nicht so fort zufahren in der Bevorzugung wiedrigenfalls ich doch einen anderen Weg einschlagen werde.

Zeichnet es Achtungsvoll

                                                                  J. Jörß

Sollte diese meine Mittheilung Ihnen gekränkt haben, so bitte ich um Antwort."

 

"Protokoll gehalten im Rathhause zu Neukalen am 2. December 1897

unter Leitung

von Herrn Bürgermeister Lindemann

vom Mitunterschriebenen.

Auf Ladung war erschienen der Herbergswirth Jörs von hier. Demselben wurde der Brief der zu (436) der Acten überreicht ist, vorgelegt. Er erkannte denselben als von ihm geschrieben an, erklärte, daß seiner Ansicht nach nichts beleidigendes in dem Briefe stünde, und daß er die darin enthaltenen Angaben als wahr aufrecht erhalte. Befragt, worauf er die Anschuldigungen, daß der Lehrer Grebbin einzelne Kinder bevorzuge und sich durch Geschenke zu solcher Bevorzugung bestechen lasse, stütze, erklärte er: seine Tochter Elsa und andere Schulmädchen hätten ihm dies gesagt. Was für Geschenke der Lehrer Grebbin erhalten habe, wisse er auch nicht mehr, doch solle die Tochter von Sattler Albrecht ihn zum Geburtstage Geschenke gemacht haben.

Auf ernsten Vorhalt, daß es völlig ungehörig sei, auf die Aussagen seiner Tochter und anderer Schulmädchen hin einem Lehrer die schwersten Vorwürfe zu machen, erklärte er: "Ich nehme hierdurch die gegen den Lehrer Grebbin in meinem Briefe vom 30.11. enthaltenen Beleidigungen allen Inhalts zurück u. bedauere, dieselben ausgesprochen zu haben."

Darauf erklärte der Komparent, er sei der Ansicht, daß thatsächlich eine verschiedene Behandlung der Kinder durch den Lehrer Grebbin stattfinde, daß auch der Lehrer Grebbin von einzelnen Kindern in der Schule Geschenke pp erhalten, die nicht blos in werthlosen Blumen und dergl. bestehen: er bitte dieserhalb um eine Ermittelung der Thatsachen.

V. g. entlassen, geschlossen.

                   PLindemann"

      

Dazu war vermerkt:

       1.) In Zirkel bei den Herren vom Schulvorst.

       2.) In Abschrift mit Ausnahme des letzten Absatzes an den Lehrer Grebbin

     3.) Herrn Rector Oldach wolle unter der Hand zu ermitteln suchen, ob die Jörs´schen Beschuldigungen durch Thatsachen gerechtfertigt werden können und hierüber binnen 14 Tg. berichten.

       Gesehen

Oldach     Broder     Carl Soll     JVoß

 

1. Den Herren vom Schulvorstand zur Kenntnisnahme und ev. Äußerung vorzulegen.

2. Ich halte den anliegenden Brief für eine grobe Ungebühr, möchte aber für ausreichend halten, daß der p. Joerss vorgeladen wird, auf das Ungehörige seines Benehmens hingewiesen wird und dann zu Protokoll seine Beschuldi­gungen zurücknimmt.

Ich bitte um Äußerung, ob ich bei meiner demnächstigen Anwesenheit in Neuk. die Vernehmung allein vornehmen oder ob sie vor versammeltem Schul­vorstand erfolgen soll.

Wegen des Annehmens auch unbedeutender Geschenke von Lehrern überhaupt dürfte sich vielleicht eine demnächstige Besprechung in einer Schul­vorstandssitzung empfehlen."

(Paul Lindemann, Bürgermeister)

 

Ich schließe mich dem sub 2 geäußerten an. Eine Prüfung der Kinder durch mich hat ergeben, daß die Elsa Jörß im Rechnen und in der Auffassung der bibl. Geschichten weit hinter den anderen 4 Kindern zurück ist, daß also von einer Zurücksetzung der Jörß nicht die Rede sein kann. Vielleicht empfiehlt es sich, wenn die Vernehmung vor ges. Schulvorstand geschieht. Betreffs der Geschenke theile ich die von Herrn Grebbin dargelegte Ansicht, doch möchte es sich empfehlen, wenn darüber einmal in der Schulvorstandssitzung gesprochen würde.

Neuk. den 6. Dez. 97         Oldach."

                  

"An den verehrlichen Schulvorstand, hierselbst.

In Sachen des Lehrers Grebbin gegen den Herbergswirth Jörß, hier, erlaube mir dem verehrlichen Schulvorstand auftragsmäßig hierdurch mitzu­teilen, daß zu meiner Kenntniß nichts gelangt ist, was die gegen den Lehrer Grebbin gemachten Anschuldigungen der unerlaubten Annahme von Geschen­ken und des Vorziehens einiger Kinder vor anderen rechtfertigen und den Lehrer belasten würde.

Neukalen, am 21. Dezember 1897.

Des verehrlichen Schulvorstandes ergebenster Rector Oldach."

 

Wie die Sache auf der Schulvorstandssitzung eine Woche später weiter­be­handelt wurde, war aus den Akten nicht ersichtlich.

 

Ab 1898 wurde die mecklenburgische Geschichte in den Lehrplan aufgenommen.

 

Von der Schule wurde jedes Jahr im Juni/Juli vor den sogenannten Hundstagsferien ein Kinderfest im Gartsbruch durchgeführt (belegt 1898 bis 1914). Aus jeder Klasse wurde eine Königin und ein König bei Spielen ermittelt. Zum Abschluß erhielten alle Kinder ein kleines Geschenk. Der Magistrat be­willigte jährlich dazu 30 Mark aus der Stadtkasse.

 

Aus der Stadtschulkasse wurden für den Zeitraum vom 11. bis 1.4.1898 folgende Gehälter gezahlt:

       Rektor Oldach                                   208,75 Mark

       Lehrer Mahncke                                 337,50 Mark

       Lehrer Westphal                                275,00 Mark

       Lehrer Grebbin                                   187,50 Mark

 

"1900: Neukalen, 5. November. Am 3. November fand im hiesigen Schul­hause eine Lehrerversammlung statt. Nach der Eröffnung derselben durch den ersten Vorsitzenden hielt Herr Lehrer Evermann - Neukalen eine Lection über ein Thema aus der Erdkunde mit Kindern der Stadtschule.

Außerdem wurden das Protocoll der letzten Versammlung und ein Jah­res­bericht vorgelesen. Darauf empfahl der Vorsitzende die Gedichte des frühe­ren Lehrers Wisbacher, von den Teilnehmern an der Konferenz wurden mehrere Exemplare bestellt. Zwei Lehrer suchten und fanden Aufnahme, und bei der Vorstandswahl ergab sich die Wiederwahl des bisherigen Vorstandes, doch wurde für den ersten Schriftführer, der eine Befreiung seines Amtes drin­gend erbat, Lehrer Ad. Schöttler - Neukalen neugewählt. Nach der Verteilung der zur Bearbeitung vorgeschlagenen Vereinsthemen erstattete Herr Evermann einen interessanten Bericht über die Landeslehrer - Versammlung in Schwaan. Die Versammlung war von 12 Mitgliedern besucht."

 

Zum Schulvorstand, welcher seit 1849 bestand, gehörten der Bürger­meister, der Pastor und zwei Vertreter der Bürgerrepräsentanten. Sie hatten Streitfragen zu klären, die Finanzen der Schule zu beaufsichtigen (Gehalts­zahlungen an die Lehrer, Anschaffung Lehrmittel, Ausgaben für Heizung, Turner­fahrten usw.) und wurden zu besonderen Festlichkeiten (Kinderfest, Gedenktage o. ä.) eingeladen.

Soweit aus den Akten ersichtlich gehörten - neben Bürgermeister, Rektor und Pastor - zum Schulvorstand:

ab 1849

Kaufmann Wagenknecht sen. 

Färbermeister Albrecht

Töpfermeister Matz

 

1851

Salchow

Bäcker Bruger

 

1854

Fischer

Töpfer Paul

 

1857

Burmeister

Schlosser Stöhr

 

1858 ... 1860

Stuhlmacher Benthin

Schlosser Stöhr

 

ab 1860

C. Vonthien

J. Sohn

 

1863

Stuhlmacher Benthin            

Kaufmann Hermes

 

1867

Bäckermeister Mahns           

Schlossermeister Lembcke

 

1868 ... 1871

H. Ziems                                           

Schlossermeister Lembcke

 

1878 ... 1883

F. Bremer                                          

Schlossermeister Lembcke

 

1886

Dr. R. Buschmann                            

Schlossermeister Lembcke

 

1893

Kaufmann August Lange                  

Kaufmann Ernst Broder

 

1897

Schuhmacher Carl Soll                     

Kaufmann Ernst Broder

 

ab 1898 bis 1900

Kaufmann Rudolf Mamerow                                                                                                                                                  Kaufmann C. Zingelmann

 

ab 1.1.1901

Kaufmann Rudolf Mamerow                                                                                                                                                  Kaufmann W. Bruger

 

bis 13.1.1903

Ackerbürger Schlappmann

 

ab 1.1.1903

Schmied Ad. Roepke

 

ab 13.1.1903

Maler Emil Rothenhäuser

 

1905

Schmied Ad. Roepke

Maler Emil Rothenhäuser

 

ab 11.1.1909

Ad. Roepke

 

1911

Ad. Roepke

 

1927

Kaufmann Johannes Fischer

 

1929 ... 1931

Steinfeld

 

ab 3.5.1933

Dr. med. Maaß

 

1934

Straßenwärter Karl Schmuhl

 

 

Die Unterschule, die auf Vorschlag des Rektor Beltz eingeführt war, wurde durch das Unterrichtsministerium in Schwerin ab Ostern 1903 wieder aufgehoben.

 

Rektor Dahnke erkrankte im Februar 1902 schwer und konnte seinen Beruf nicht mehr ausüben. Ab 24. April 1902 kam Ludwig Köhler als Vertretung nach Neukalen, verzog aber Weihnachten 1902 nach Dömitz. Rektor Dahnke war immer noch krank. Er bat am 23.2.1903 um Dienstentlassung, da seine Gesundheit noch nicht hergestellt war. Der Magistrat wollte ihm ab 1.1.1903 kein Gehalt mehr zahlen. Ab 1.4.1903 wurde Dahnke schließlich pensioniert und erhielt jährlich 485 Mark Pension.

Eine anderweitige Besetzung der Rektorstelle war nicht möglich. So mußte der Lehrer Kliefoth die Aufgaben eines Rektors ab Weihnachten 1902 bis zum 1.6.1903. wahrnehmen. Der Magistrat bemühte sich inzwischen in Schwerin um eine Neubesetzung der Rektorstelle. Von dort fragte man an:

 

"Der Magistrat wird aufgefordert, binnen 4 Wochen zu berichten:

1. Welche Bestimmungen für die Besetzung der Rektorstelle an der dortigen Volks- und Bürgerschule (Anstellungsbehörde - Qualifikation) gelten.

2. Wie hoch das Gesamteinkommen der Rektorstelle ist.

3. Ob, und welche Einnahmen der Rektorstelle aus andern, als städtischen Mitteln fließen. Dabei ist anzugeben, aus welcher Quelle diese einzeln aufzuführenden Einnahmen fließen und wie hoch dieselben, falls sie nicht in baarem Gelde gegeben werden, zu schätzen sind. Bemerkt wird, daß bei Angabe unter 2. etwaige zufällige Nebeneinnahmen z. B. aus dem Gewerbe­schulunterricht, außer Betracht zu lassen sind.

Schwerin, d. 18. April 1903          Abthlg. für Unterrichtsangelegenheiten"

 

Es folgt das Antwortschreiben des Magistrats:

 

"Betr.: Vergütung und Einkommen des Rektors:

 

I. Baares Gehalt von der Stadt

835 M - Pfg.

An Wohnungsgeld:

240 M - Pfg.

--------------------------------

Summa 1075 M   - Pfg.

 

II. Aus kirchlichen Mitteln:

a) in baar

875 M - Pfg.

an Pacht

50 M - Pfg.

b) Naturalien

15 Scheffel Roggen, a 4,24 M

63 M 60Pfg.

15 Scheffel Gerste, a 3,90 M

58 M 50Pfg.

--------------------------------

Summa 1047 M 10Pfg.

 

III. Aus der Amtskasse für Holz1):

60 M - Pfg. 

An Scheunenmiete:

56 M - Pfg.

Alte Entschädigung:

10 M 16Pfg.

Zinsen für abgetretenen Acker:

1 M 65Pfg.

Organistengehalt:

22 M 5Pfg.

Aus dem St. Georgs Stift:

15 M 75Pfg.

Aus der Schlakendorfer Kapelle:

10 M 50Pfg.

 

   1) 1926 schrieb Pastor Hohmann auf eine entspr. Anfrage: "Das Amt Dargun hat von alters her an den Rektor in Neukalen 2 Faden 3füßiges Buchenholz geliefert. Später ist dafür eine bare Entschädigung von 60 Mark getreten." Wann genau die Naturallieferung in einen Geldbetrag umgewandelt wurde, wußte er nicht.

 

Es folgt das kirchliche Einkommen der Küsterschulstelle zu Neukalen, vom gleichen Jahre:

I. Baar:

a) Aus der Kirchenökonomie:

172 M 26Pfg.

b) Aus dem Kirchenärar:

2 M 33Pfg.

c) Aus dem Armenkasten:

26 M 29Pfg.

d) Aus dem St. Georgs Stift:

37 M 39Pfg.

e) Aus der Schlakendorfer Kapelle:

8 M 98Pfg.

f) Abgelöste Schulgebühren:

40 M 94Pfg.

g) An Begräbnisgebührenentschädigung:

2 M 60Pfg.

h) Wurstgeld aus jedem Haushalt nach dem Durchschnitt der letzten Jahre:

26 M  -Pfg.

 

II. Dienstwohnung

 

III. Ländereien

Acker 801 Quadratruten - Wiese 160 Quadratruten - Garten 34 Quadratruten -     Torfstich 140 Quadratruten

 

IV. Naturalnutzungen:

a) 80 Eier

b) 4 Würste a 1M.

c) Wurstgeld aus Karnitz

d) Wurstgeld aus Salem 0,66 M.

e) 10 Pfund Butter aus Karnitz

f) 439,68 kg Roggen von Schlakendorf

(Sämtliche Bezüge aus Schlakendorf sind in Roggen umgerechnet, welcher nach Martinipreisen berechnet wird.)"

 

 

Pastor Voß schrieb zur Ordinierung des neuen Rektors:

"An den verehrlichen Schulvorstand, hier.

Ich habe die Absicht, darum einzukommen, daß die Rektoren an der hiesigen Schule ordiniert werden. Mit der Ordination freilich müßte der neue Rektor einige neue Pflichten übernehmen, nämlich außer den jetzigen: Nämlich noch 2 Pfingstpredigten, dazu Taufen - Trauungen - Beerdigungen, sowie Leitung des Kindergottesdienstes in den Fällen, wo ich entweder durch Krankheit oder Erholungsreisen behindert, oder durch zu viele Amtshandlungen überbürdet bin. Das ist ja freilich eine kleine Mehrbelastung des Rektors, aber diese wird mehr als aufgewogen durch den Umstand, daß ein solcher Rektor ja das 2te Examen absolviert haben muß, mithin nicht mehr durch Examenarbeiten in Anspruch genommen wird. Solches ist für die Schule ein großer Gewinn. Auch für die Stadt dürfte es vortheilhaft sein, da die Gefahr, daß ein Rektor im Examen Schiffbruch leidet und hier am Orte sitzen bleibt, dann ausgeschlossen ist. Der verehrliche Schulvorstand wolle mir die Erklärung abgeben, daß er mit der Ordination der Rektoren an der hiesigen Schule einverstanden ist. Eines löbl. Schulvorstandes ergebenster

                                                                                                                                         Jul. Voß, Pastor"

 

Aus dem "Neukalener Wochenblatt" vom 29.5.1903:

"Neukalen, 28. Mai. Das Rektorat an hiesiger Stadtschule ist dem cand. min. Walm zu Hagenow, zum Antritt per 1. Juni cr., von Sr. Königl. Hoh. dem Großherzog verliehen worden."

 

                                                                                           "Neukalen, den 26. Juni 1903

Mitteilungen des Rektorats

An den verehrlichen Schulvorstand!

1. Bei günstiger Witterung gedenken wir am Montag den 29. d. M. und Dienstag den 30. d. M. mit den Schülern der 1. u. 2. Knabenklasse, den Knaben der 3. und einigen Turnern der 4. Klasse unsere diesjährige Turnfahrt über Malchin und Neubrandenburg nach Penzlin - zurück über Waren zu machen. Der Preis stellt sich trotz der langen Eisenbahnfahrt nicht höher wie sonst bei unseren Turnfahrten üblich gewesen. Die Beteiligung ist eine größere als sonst da fast alle Turner der drei ersten Klassen mitkommen.

Rektor erbittet für sich und die mitkommenden Nichtturnlehrer: Mahnke und Anders den nötigen zweitägigen Urlaub.

2. Auf Vorschlag des Rektors gedenken die Schülerinnen unserer Stadt­schule und die kleineren an der Turnfahrt noch nicht teilnehmenden Knaben am ersten Tage der Turnfahrt also Montag, den 29. d. M. nachmittags unter Leitung der Lehrerinnen Frl. Hahn, Funk, Fehlhaber, sowie der Lehrer Kliefoth und Ever­mann einen Schulspaziergang nach der Friedrich - Franz Höhe zu machen. Rektor erbittet dazu entsprechende Schulfreiheit für Lehrer und Schüler mit dem Bemerken, daß trotz möglichster Zurechtstellung des Stundenplans zu combi­nier­ten und Vertretungsstunden eine Reihe Stunden ausfallen müssen wegen der Beteiligung der betr. Lehrer an der Turnfahrt.

Zu 1) u. 2) Rektor wird bei bis Sonnabend Mittag nicht widersprechendem Bescheid auch ohne Antwort sein Gesuch als genehmigt ansehen dürfen.

3. Rektor erlaubt sich, die geehrten Herren des Schulvorstandes mit ihren werten Familien zur ev. bez. Teilnahme an den geplanten Ausflügen ganz erge­benst einzuladen. Abmarsch vom Schulhofe Montag vormittags 6 bez. nach­mittags 1/2 2 Uhr.

Neukalen, den 26. Juni 1903.

                                                                              Ludolf Walm, Rektor"

 

Michaelis 1903 wurde der Rektorgarten an 6 Pächter auf 20 Jahre verpachtet.

 

1903 wurde die Schulbibliothek durch den Ankauf neuer Bücher erweitert und stand als Volksbibliothek allen zur Verfügung:

 

"Es wird bekanntgemacht, daß die Volks- und Schülerbibliothek der Benutzung sämtlicher Neukalener Einwohner freisteht. Das Lesegeld beträgt für jedes Buch für die Woche 3 Pfennig. Die Ausgabe der Bücher findet jeden Donnerstag Nachmittag 4 Uhr im Schulhause statt.

Neukalen, 29. Oktober 1903                               

                                                                  Der Magistrat

                                                                                  Barten"

 

1908 hatte die Volksbibliothek bereits 302 Bände. Als Bibliothekar fungierte Lehrer K. Evermann. Laufend wurde der Buchbestand ergänzt. 1920 enthielt die Volksbibliothek 460 und die Schülerbibliothek 180 Bücher.

 

1903/04 waren an der Stadtschule 7 Lehrer und 3 Lehrerinnen beschäftigt. 222 Knaben und 257 Mädchen gingen in die Schule.

      

Die Kirche verkaufte 1904 den Rektoracker.

 

"An Herrn Pastor Voss Neukalen

Superintendentur Malchin                        

Malchin, den 4. Februar 1904

                   Lieber Herr Bruder!

Die beabsichtigte Kirchen- und Schulinspektion werde ich, wie Sie vorgeschlagen, am Sonntag Estomihi (den 14ten d. Mts.) und folgendem Tage abhalten, und dazu am Sonntag Morgen etwa um 9 Uhr bei Ihnen eintreffen.

Ich bitte nun, die Inspektion am Sonntag vorher nach Vorschrift des §. 5 der Verordnung vom 21 Juli 1851 abzukündigen. Der Gottes­dienst verläuft in gewöhnlicher Weise, nur daß ich nach der Predigt vom Altar aus eine Ansprache an die Gemeinde halte.

Von Ihrer Predigt erbitte ich mir eine Abschrift, wie ich auch mir mitzu­teilen bitte; über welchen Text Sie zu predigen beabsichtigen.

Am Sonntag Nachmittag etwa um 5 Uhr bitte ich, den Rektor und die Lehrer zu einer Konferenz in Ihrem Hause zwecks Besprechung über die am Montage abzuhaltende Schulinspektion einzuladen.

Mit herzlichem Gruß bin ich

 Ihr ergebener Sostmann"

 

 

 

 

Bürgermeister Barten beschwerte sich 1904 über den Rektor Walm

 

"An das Großherzogliche Justizministerium Abteilung für Unterrichtsangelegenheiten in Schwerin

Neukalen, 4. Februar 1904

Indem ich in den Anlagen 1 bis 4 vier vom Rektor Walm hieselbst an mich gerichtete Briefe, in den Anlagen 5 und 6 zwei Aktenstücke aus den Akten des hiesigen Schulvorstandes anschließe, sehe ich mich zu meinem Bedauern genötigt, mich unter Vortragung des folgenden Sachverhalts beschwerdeführend an das Großherzogliche Ministerium für Unterrichtsangelegenheiten als die dem Rektor Walm vorgesetzte Dienstbehörde zu wenden.

Am Sonntag, den 20 December 1903, als die Veröffentlichung der Verlobung Sr Königlichen Hoheit des Großherzogs für den nächsten Tag bevorstand, erklärte mir der Rektor Walm beim Mittagessen, er hätte schon überlegt, ob er wohl für den nächsten Tag, falls die Verlobung veröffentlicht werden sollte, die Schule aussetzen müsse. Ich entgegnete ihm, daß sei nicht seine Sache, sondern die des Schulvorstandes, im übrigen sei in derartigen Fällen von jeher eine besondere Anordnung des Ministerii ergangen. Als er dennoch hinzufügte, eventuell würde er auf seine eigene Verantwortung sie ausfallen lassen, erklärte ich ihm, daß dies natürlich für ihn nicht ohne Folgen bleiben werde. Nachdem nun dann im Laufe des 21. Morgends in Neukalen die Verlobung bekannt geworden war, brachte der Rektor Walm beim Mittagessen das Gespräch auf das Ausfallen des Unterrichts zurück, und suchte insbesondere mich als Vorsitzenden des Schulvorstandes zu veranlassen, die erforderlichen Anordnungen zu treffen. Ich erklärte wiederum, ich würde eine Aussetzung des Unterrichts nicht anordnen, da keine dahingehende Anordnung vom Ministerium ergangen sei; wie er aber des Ereignisses in der Schule gedenken wolle, das könne ich wohl seinem Ermessen als Rektor überlassen, er selbst dürfe den Unterricht auf keinen Fall aussetzen. Auch von Herrn Pastor Voss wurde mir die Richtigkeit meiner Ansicht bestätigt. Am 21. Nachmittags gegen 3 Uhr nun wurde mir das in Anlage 1 enthaltene Schreiben nebst der beiliegenden Zeichnung in beiliegenden Briefumschlag überbracht. Die ganze äußere Anordnung (vgl. die Worte links unten auf dem Umschlag) ließen doch eine amtliche Eingabe erwarten. Um so mehr erstaunt war ich natürlich, als mir zuerst die Zeichnung in die Hände fiel. Sie sollte auf eine andere Angelegenheit hinweisen. Kurz vor dem Landtage nämlich war die Anschaffung eines Papierkorbes für das Lehrerzimmer im Schulhause beschlossen worden. In Folge des Landtages war dieser Umstand meinem Gedächtnis entfallen, und war daher die Anschaffung bis zum 21. Dezember noch nicht bewirkt. Bemerken will ich noch, daß vorher der Rektor Walm mich an der Anschaffung des Papierkorbes niemals erinnert hatte. Was das Schreiben selbst anbelangt, so fühle ich mich erheblich verletzt durch die Art und Weise, in der Rektor Walm es für gut befand, mich auf meine Pflichten aufmerksam zu machen.

Sofort, noch in der Erregung schrieb ich an ihn persönlich einen kurzen Brief, in welchem ich erklärte, ich bäte mir für die Zukunft ganz entschieden aus, daß seine Eingaben an mich als den Vorsitzenden des Schulvorstandes und demnach seinen Vorgesetzten in einem durchaus angemessenen Tone gehalten seien, vor allen Dingen solle er sich ungehöriger Witze in Veranlassung derartiger Schreiben in Zukunft enthalten. Dienstlich wies ich ihn an, am nächsten Vormittage dafür Sorge zu tragen, daß in den einzelnen Klassen der Verlobung in angemessener Weise gedacht würde. Hierzu wurde ich durch die in jenem Schreiben enthaltene unwahre Erklärung, ich hätte jegliche Feier verboten, veranlaßt. Nachdem dann am 21 Abends die Ausgabe des Regierungsblattes, in der Schulfreiheit angeordnet wurde, hier eingetroffen war, traf ich sofort entsprechende Anordnungen. Den Brief in Anlage 2 erheilt ich am 21 Abends, den in Anlage 3 am 22 Mittags. Da ich nun bei ruhiger Überlegung zu der Überzeugung kam, mein oben inhaltlich angegebenes Schreiben sei doch wohl etwas zu schroff abgefaßt gewesen, schrieb ich am 24 Dezember an Herr Rektor Walm, im Interesse einer friedlichen Erledigung der Angelegenheit wolle auch ich mich äußern; ich hätte die Überzeugung gewonnen, daß die von mir in meinem Schreiben gewählte Form zu schroff gewesen sei; aus dem Grunde wolle ich auch keinen Anstand nehmen, ihm mein Bedauern darüber auszusprechen, daß ich jene Form gewählt habe; sachlich sei meine Ansicht dagegen dieselbe wie früher, zunächst sei die Beifügung der Zeichnung höchst unangebracht gewesen. Unser bisheriger persönlicher Verkehr hätte ihm auf keinen Fall das Recht gegeben, einen derartigen Scherz mit einer durchaus amtlichen Angelegenheit zu verbinden. Sodann hätte sein Schreiben durch die Art der Abfassung (Unterstreichungen, Ausrufungszeichen sowie die ganze Tonart desselben) gegen die herkömmlichen Formen verstoßen. Endlich nähme ich ganz entschieden in Abrede, meine Pflichten verletzt zu haben.

Am Mittwoch, den 6. Januar Abends kehrte der Rektor Walm aus den Ferien nach Neukalen zurück. Ich hatte im Hotel eben zu Abend gegessen, als er in desselben Zimmer hineinkam. Als er mich sah, begrüßte er mich sehr offiziell durch eine Verbeugung und eine Anrede. Ich erwiderte die Verbeugung, und setzte das Gespräch fort. Da der Rektor Walm aber nicht die geringste Miene machte, mir zur Begrüßung die Hand zu reichen, hatte ich selbstverständlich gar keine Veranlassung, mich zu erheben. Einige Tage hierauf erhielt ich nun das Schreiben in Anlage 4, das sich auf diesen Vorgang bezieht. Da nun der Rektor Walm durch Weglassen der herkömmlichen Höflichkeitsanrede und des üblichen Schlusses (ergebenst u.s.w.) sowie durch seine Erklärung, er werde mich bei einem Begegnent oder Zusammentreffen nicht mehr grüßen, jeglichen Verkehr mit mir abbricht, sehe ich mich außer Stande, einstweilen mit ihm außerdienstlich oder dienstlich in irgend welche persönliche Berührung zu treten. Aus diesem Grunde sehe ich, da nach der hiesigen Schulordnung der Rektor Mitglied des Schulvorstandes ist, von gemeinschaftlichen Sitzungen des Schulvorstandes ab.

Da nun ein derartiger Zustand auf die Dauer unhaltbar ist, die Bevölkerung mit Recht Anstoß daran nimmt, vor allem aber das Wohlergehen der Schule darunter leidet, habe ich mich an Herrn Schulrat Ebding persönlich mit der Bitte gewandt, durch Anwendung seiner Autorität gegenüber dem Rektor Walm eine Beseitigung dieses Zustandes zu bewirken, so daß wenigstens nach außen hin kein Anstoß erregt werde. Hieraufhin teilte Herr Schulrat Ebding mir in einem Schreiben vom 1. Februar d. J. mit, daß er versucht habe, den Rektor Walm zu veranlassen die erforderlichen Schritte zur Beseitigung der zwischen ihm und mir bestehenden Differenz zu tun, und daß er glaube, erwarten zu können, der Rektor werde dies in angemessener Weise tun. Da bis heute aber der Rektor derartige Schritte nicht getan hat, wende ich mich gehorsamst an das Großherzogliche Ministerium Abteilung für Unterrichtsangelegenheiten mit der Bitte, mir die mir gebührende Genugtuung zu verschaffen.

 

Verletzt fühle ich mich sowohl als Bürgermeister wie auch als Vorsitzender des Schulvorstandes. Der Rektor wird trotz seiner Ernennung durch Sr. Königlichen Hoheit den Großherzog als Rektor der Stadtschule, der sein Einkommen zum größten Teile aus der Stadtkasse bezieht, städtischer Beamter, sodaß demnach der Magistrat, dessen Dirigent ich als Bürgermeister bin, ihm vorgesetzt ist. Aus diesem Grunde muß ich verlangen, daß der Rektor mir gegenüber ein diesem Verhältnis angemessenes Verhalten beobachtet, insbesondere nicht durch estantatives Unterlassen des Grußes eine Nichtachtung mir gegenüber zur Schau trägt. Wenn auch sodann der Rektor nach der hiesigen Schulordnung Mitglied des Schulvorstandes ist, so ist ihm als ersten Lehrer und Rektor aber der Schulvorstand vorgesetzt. Als Bürgermeister steht mir schulordnungsmäßig dauernd der Vorsitz im Schulvorstand zu. Als solcher entscheide ich in einigen Fällen selbständig, auch werden viele Eingaben, insbesondere auch seitens des Rektors, an den Vorsitzenden des Schulvorstandes gerichtet, demnach dürfte ich auch als Vorsitzender des Schulvorstandes für meine Person Vorgesetzter des Rektors der Stadtschule sein. In meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Schulvorstandes bin ich nun vom Rektor Walm und zwar in seiner Eigenschaft bedinglich als Rektor der Stadtschule durch die Form des Schreibens in Anlage 1 und vor allen Dingen durch die völlig unangebrachte nicht entschuldbare Art, in der der Rektor Walm mich durch jene Zeichnung auf ein Versehen aufmerksam macht, beleidigt. Gleichfalls ist die Art, in der der Rektor Walm mein Votum auf Anlage 5, das von den übrigen Herrn des Schulvorstandes gebilligt ist, kritisiert und lächerlich macht, völlig unangebracht. Auch diesetwegen beschwere ich mich.

Mir eine ausreichende Genugtuung zu verschaffen, darum bitte ich gehorsamst noch insbesondere deshalb, weil ich nach Möglichkeit eine Beseitigung der Differenz erstrebt habe, diese Beseitigung aber nur an der ablehnenden Haltung des Rektors Walm gescheitert ist.

Es möchte mir gestattet sein, noch insbesondere anzuführen, daß die übrigen Herrn des Schulvorstandes völlig meine Ansicht teilen, sowie daß der Rektor Walm sich bei dem größten Teil der hiesigen Bevölkerung durch seine Unverträglichkeit  mißliebig gemacht hat.

Des Großherzoglichen Ministerii gehorsamster

Barten

Bürgermeister"

 

 

Neukalen, 11. Februar 1904

In Ergänzung meiner Eingabe vom 4 d. Mts. berichte ich gehorsamst, daß der Rektor Walm hieselbst mich gestern um Entschuldigung wegen seines mir gegenüber gezeigten Verhaltens gebeten hat, und daß sich dadurch meine Eingabe, soweit ich das Großherzogliche Ministerium gebeten habe, mir Genugtuung zu verschaffen, erledigt. Die Veranlassung zu dem meiner genannten Eingabe als Anlage 4 angeschlossenen Schreiben ist in beiderseitigen Mißverständnissen zu suchen. Des Großherzoglichen Ministerii gehorsamster

Barten

Bürgermeister

 

 

 

 

1904 ... 1906

 

Die Turnfahrt am 30.8.1904 führte nach Ivenack zu den 1000jährigen Eichen.

 

Bis 1904 fanden die öffentlichen Schulfeiern zu besonderen Anlässen im Schulsaal statt. Da die Gewerbeschule den Schulsaal benutzte, wurden ab 1905 Gedenkfeiern u. ä. (Schillerfeier am 9.5.1905) in den Klassenräumen durchge­führt.

1905 ging die Turnerfahrt nach Stargard.

 

Annonce Schulgeld 1905

Um 1905 erhielt ein Lehrer der 6. Klasse 70,83 Mark als monatliches Gehalt und freie Wohnung im Schulhaus.

 

Ratsdiener Glasow mußte dreimal ausrufen:

"Es wird hiermit zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß nach Anordnung des Schulvorstandes die Schulkinder sich von 6 Uhr Abends ab zu Hause zu halten haben; und daß sie nach diesem Zeitpunkt nur in Begleitung ihrer Eltern oder aus sonstigen begründeten Veranlassungen die Straße betreten dürfen. Die Eltern werden nachdrücklichst auf die Beobachtung dieser Vorschrift hinge­wiesen.

Neukalen, 30. Oktober 1905.       

Der Magistrat.

Barten."

 

"An den Vorsitzenden des Schulvorstandes

Herrn Bürgermeister Barten hier.

Neukalen, 27. April 1906.

Nach § 82 d. Sch. - O. haben die Eltern sich die Zeugnisse, welche den Kindern von der Schule erteilt werden, vorzeigen zu lassen und zu unter­schreiben. Der Arbeiter W. Möller, hier, hat beim Unterschreiben des Zeugnis­ses seines Sohnes, Schülers der Ia - Klasse, die sämtlichen, dem genannten Schüler erteilten Zensuren im Zeugnisse ausgestrichen, ebenso die Unter­schriften des zensierenden Klassenlehrers, des Rektors, ausgestrichen und dann dem Sohne das Zeugnis zurückgegeben, um es dem Rektor vorzulegen. Vergehen gegen § 79 der Sch. O.

Da es sich hier um eine höhnische Beleidigung des Lehrers und Schul­leiters und zwar - was erschwerend ins Gewicht fällt, - in Ausübung seiner Amtlichen Pflicht handelt, ersuche ich meine vorgesetzte Behörde, in deren Auftrage ich die Zeugnisse zu erteilen und mir unterschrieben wieder vorlegen lassen muß, eine strenge - um Ähnlichem in Zukunft vorzubeugen - Bestrafung des p. p. Möller, auf dem Klagewege, zu veranlassen.

Das erwähnte Zeugnis erfolgt in Anlage, ebenso ein anderes Zeugnis, ebenfalls von Möller unterschrieben, aus dem sich zeigt, daß Möller nicht etwa in Trunkenheit ec., sondern in bewußt beleidigender Absicht gehandelt hat.

Ludolf Walm  Rektor"

 

Am 5.7.1906 machten die Schülerinnen der oberen Klassen einen Aus­flug nach Ivenack.

 

"An den verehrl. Magistrat hier            

Neukalen, den 12. Oktober 1906.

1. Einen verehrl. Magistrat bitte ich, uns als unbedingt nötiges Erfordernis für unsere Schule eine Uhr zu bewilligen.

Wir haben keine Uhr am Schulhause, nach welcher Kinder und Lehrer sich richten könnten. Dies Fehlen einer offen sichtbaren Schuluhr mag oft genug empfunden werden, ist aber zu ertragen, da ja die Lehrer durch Klingeln bez. Anfang des Unterrichts den Kindern die Zeit angeben, wenn nur die Lehrer im Schulhause eine genau gehende normgebende Uhr hätten. Aber auch diese fehlt. Unsere Norm ist die Kirchenuhr und soll es auch bleiben. Aber von deren Zifferblatt ist die Zeit nicht genau abzulesen, ihr Stundenschlag ist meistens auf dem Schulhofe (Wind, Lärm der Kinder) nicht zu hören. Man weiß, wie es mit dem genauen Einstellen der Taschenuhren steht, auch kann vom Lehrer nicht verlangt werden, daß er eine genau gehende Taschenuhr besitze und bei sich führe - falls es einmal zum Streit kommen sollte. Solche Differenzen sind aber unvermeidlich und der genaue Anfang der Lehrstunden mitsamt dem guten Verhältnis zwischen Rektor und Lehrern leiden, wenn keine für alle Lehrer normgebende Uhr im Schulhause vorhanden ist. Wie soll überhaupt der Streit geschlichtet werden, wenn etwa der Rektor sagt: "Meine Uhr geht genau nach der Kirchenuhr" und der Lehrer in gutem Glauben dasselbe behauptet, während tatsächlich beide Uhren differieren? Oder wie, wenn die Kirchenuhr gestellt wird, und ein Teil der Lehrer nach alter Zeit anfängt, weil er von der Änderung nichts weiß, ein anderer aber, der gerade die Uhr schlagen hörte, nach neuer Zeit anfängt? Soll denn jeder Lehrer anfangen, wenn es ihm beliebt? oder soll der aufsichtführende Lehrer klingeln nach seiner Privatuhr, die vielleicht ganz falsch geht, denn wer will ihn zwingen, sich eine neue Taschenuhr zu kaufen? Dann jedenfalls müßte der Rektor sehr bitten, ihn von der Verantwortung des präzisen Schulanfangs und jeglicher Aufsicht in dieser Beziehung als Schulleiter zu entbinden.

Recht genau gehende gute Uhren (Regulatoren!) mit 14tägigem Gang und Schlagewerk sind schon für ca. 16 M. zu kaufen und könnte eine solche im Conferenzzimmer oder auf dem Flur am Eingange aufgehängt werden. Der Rektor od. der wöchentlich Aufsichtführende Lehrer od. der Schuldiener könnte das Aufziehen und Stellen nach der Kirchenuhr übernehmen. Diese Schuluhr müßte dann unter des Stellenden Verantwortung für die Schule normgebend sein.

Ergebenst

Walm, Rektor.

 

2. Einem verehrlichen Magistrat teile ich ergebenst mit, daß im Konferenzzimmer des Schulhauses die Tapeten teilweise lose herabhängen und dem Zimmer ein unwürdiges Aussehen geben und knüpfe daran die höfliche Bitte um Abstellung dieses Zustandes.

Ergebenst

Walm, Rektor.

 

An Magistrat und Bürgerausschuß hier

Neukalen, den  - Okt. 1906.

Der Magistrat hat einen Antrag des Rektors vom 12. d. M., betreffend Anschaffung einer Schuluhr, am 17. d. M. unter Angabe seiner Gründe abgewiesen.

Die Annahme, welche, entgegen den Ausführungen des Rektors, den Magistrat zur Ablehnung des Antrags bewogen, dürfte durch die Angaben in anliegender Anlage als irrig hingestellt sein.

Rektor erlaubt sich deshalb, den genannten Antrag an den Magistrat vom 12. d. M. nunmehr Magistrat und Bürgerausschuß zur erneuten geneigten Erwägung zu empfehlen.

Ergebenst

Walm. Rektor."

 

"An die Herren Lehrer an der Bürgerschule Neukalen.

Ich hatte beim löbl. Magistrate eine Uhr für unser Schulhaus erbeten und für die Notwendigkeit derselben neben anderem auch darauf hingewiesen, daß die Zeit der für uns maßgebenden Kirchenuhr vom Zifferblatt nicht abgelesen und ihr Stundenschlag auf dem Schulhofe vom inspizierenden Lehrer wegen des Lärms der Kinder, zumal bei ungünstiger Windrichtung, nicht gehört werden könne. Dem Magistrate scheint - bei Überprüfung der anderen von mir ange­führten Momente - in seiner Antwort an mich ein Bedürfnis für die Anschaffung einer Uhr nicht zu bestehen

"im Beihalte der Tatsache, daß das Schlagen der Kirchturmuhr auf dem Schulplatze und im Schulhause gehört werden kann, und daß demnach der jeweilig inspizierende Lehrer ohne Schwierigkeiten (der Plural scheint die stete Leichtigkeit einer etwaig nur gelegentlichen Möglichkeit gegenüber noch be­sonders betonen zu sollen. W) in der Lage sein wird, seine Taschenuhr richtig einzustellen -" d. h. der Magistrat stellt meiner Begründung die entgegen­gesetzte Ansicht als Tatsache gegenüber, d. i. ich werde Lügen gestraft.

Tatsächlich habe ich als inspizierender Lehrer, da meine Taschenuhr unzuverlässig ist und ich sie jeden Morgen neu einstellen mußte, öfter sogar beim Eingange zum Schulhofe längere Zeit auf das Schlagen der Turmuhr zu warten gelauscht, häufig indessen, ohne meine Uhr stellen zu können, da ich trotz aller Mühe das schlagen nicht hörte - und doch bin ich nicht gerade schwerhörig: löbl. Magistrat will ja freilich die Uhr noch im Schulhause - auch in den Pausen? - hören können.

Ich ersuche die Herren Lehrer hierunter um gef. Angabe ihrer diesb. Erfahrungen, welche sie als inspizierende Lehrer zu machen Gelegenheit hatten. Ich gedenke, diesen Bogen als Anlage einer Antwort an löbl. Magistrat beizulegen.

Neukalen, d. 22. Okt. 1906

Walm. Rektor.

 

Nach meinen Erfahrungen kann man das Schlagen der Turmuhr nur bei völliger Windstille und ganz ruhigem Wetter hören, zumeist auch dann nur, wenn man besonders darauf achtet.

A Kliefoth.

Habe dieselbe Erfahrung gemacht. K.Struck.

Desgl. HMahncke.

Desgl. H. Westphal.

Desgl. K. Evermann

Desgl. u. bemerke noch, daß ich in den Pausen selbst bei angestreng­testem Aufmerken die Turmuhr fast niemals konnte schlagen hören. B. Sähloff."

 

Es wurde darauf eine Schuluhr angeschafft.

 

 

 

 

Beschwerde des Rektor Walm 1906

 

Rektor Walm schrieb am 22.11.1906 an den Schulvorstand:

"Herr Pastor Voß hat vor einiger Zeit (nicht lange nachdem er eine Inspi­zierung sämtlicher Klassen der Schule vorgenommen haben soll - mir wenigstens hat er davon nichts weiter mitgeteilt) mir im Conferenzzimmer des Schulgebäudes vor versammeltem Lehrerkollegium den Vorwurf gemacht u zwar direkt in Bezug auf meine Tätigkeit als Rektor, ich "nähme mir allerlei heraus" und ich "ließe Kinder leiden".

Dieser Vorwurf vor versammeltem Lehrerkollegium im Conferenzzimmer erhoben, ist geeignet, das Vertrauen der Lehrer in meine Amtsführung u meine darauf gegründete mir als Rektor zukommende Achtung seitens der Kollegen im Amte zu erschüttern.

Ich muß deshalb den verehrlichen Schulvorstand um eine Untersuchung der Angelegenheit bitten,

1, ob ich meine Amtsbefugnisse unbefugter Weise überschritten habe ("mir allerlei herausgenommen habe") und

2, ob ich meine mir zukommenden Amtsobliegenheiten gegen die Kinder nicht nach Kräften zu erfüllen bestrebt war (ob ich Kinder durch meine Amtsführung "leiden ließ").

Eventuell bitte ich, Herrn Pastor Voß zur Zurücknahme seiner Vorwürfe zu veranlassen.

Gehorsamst

Rektor Walm"

 

Pastor Voß nahm dazu wie folgt Stellung:

"Auf das Schreiben des Herrn Rektors Walm v. 22. Nov. d. J. erlaube ich mir, Nachstehendes zu erwidern:

Ich habe nichts zurückzunehmen. Die mir schuld gegebenen Äußerungen bezogen sich auf einzelne ganz bestimmte Fälle und konnten gar nicht anders verstanden werden. Daß Herr Rektor Walm sie trotzdem verallgemeinert hat, ist nicht meine Schuld. Der Sachverhalt ist folgender.

Als ich Michaelis v. J. die Schule inspizierte, bemerkte ich in der 6. Kl. ein Mädchen Albine Maier, die schon im 2. Jahr dort saß u allem Anschein nach nächsten Ostern noch nicht versetzt werden konnte.

Ich besprach diesen Fall in der Conferenzstube mit dem betreffenden Lehrer u Herr Rektor Walm u bat letzteren dies Kind im Auge zu behalten, u wenn es sich herausstellen würde, daß es nicht versetzt werden könne, dem Schulvorstand noch vor Weihnachten Anzeige zu machen.

Darauf drehte sich Herr Rektor Walm kurz um auf seinem Stuhl u fragte: "Steht das auch in der Schulordnung?" Ich antwortete: "Nein. Aber um des Kindes willen bitte ich Sie, das zu tun. Oder wenn Sie glauben, es nicht nötig zu haben, wandte ich mich an den betreffenden Lehrer, nun sind Sie wohl so gut, es mir zu melden.

Dies war voraufgegangen.

Herr Rektor hat indessen später dem Schulvorstand Bericht erstattet. Das Schreiben war aber liegen geblieben da auch Dr. Neuthoff erst sein Gut­achten abgegeben hatte u mir ganz wieder aus dem Gedächtnis verschwunden.

Als ich nun in diesem Herbste die Albine Meier wieder in der 6. Klasse finde - schon ein 3. Jahr - u wieder höre, daß sie so noch nicht versetzt werden könne, sondern noch ein 4. Jahr in der 6. Klasse sitzen müßte, wenn nichts geschähe, sage ich zu dem betreff. Lehrer, Herrn Sähloff, ob er nicht Herrn Rektor Walm bitten möchte, daß er dem Schulvorstande darüber berichte.

Dieser meldete mir nun als ich das nächste Mal aus der Konfirman­denstunde kam, Herr Rektor habe gesagt, er habe das gemeldet u. könne das nicht noch einmal tun. Ich gehe darauf in das Conferenzzimmer u sage zu Herrn Rektor: so u so hat mir Herr Sähloff  eben gesagt. Ist das so? Herr Rektor antw. er habe das gemeldet u könne nun in der Sache nichts tun, denn das würde so aussehen, als wolle er dem Schulvorstand eine Rüge erteilen, u als wolle er nicht. Ich entgegnete ihm, eine bescheidene Erinnerung sei keine Rüge, u erinnern könnten wir sogar Oberkirchenrat wie Ministerium, u das würde uns nicht übel genommen; also würde er auch wohl den Schulvorstand erinnern können. Herr Rektor entgegnete, er wisse, wie empfindlich der Herr Bürger­meister sei, u da würde er sich wohl hüten etc. Hier fragte ich, ob denn dies Kind darunter leiden solle. Er antw., das gehe ihn gar nichts an. Er habe seine Pflicht getan. Nun sei das Sache des Schulvorstandes. Den Schulvorstand erinnern das hieße ihm eine Rüge erteilen, u das tue  er nicht. Ich entgegnete: Dem Schulvorstand eine Rüge erteilen, das hat niemand von ihnen verlangt. Dazu sind Sie auch gar nicht der Mann. Und wenn sie sich das herausnehmen würden, so würden sie schon eine entsprechende Antwort erhalten.

Nun, lassen sie das, ich werde es selbst besorgen. Übrigens, als ich sie damals bat, dem Schulvorstand Bericht zu erstatten, da meinten Sie doch, es sich herausnehmen zu können, mir zu antworten: "Steht das auch in der Schul­ordnung?"

Damit empfahl ich mich. Die betreffenden Ausdrücke sind also in Bezug auf ganz bestimmte Fälle gefallen. Und da waren sie m. E. am Platz. In der Allgemeinheit, wie der Rektor behauptet, sind sie nicht gebraucht worden, wie das Lehrerkollegium so weit es zugegen war, gewiß bestätigen kann.

Was nun die Inspektion anbetrifft, über die der Rektor indirekt Beschwer­de führt u von der er nur vernommen haben will, daß sie stattgefunden "haben soll", so verhielt es sich damit folgendermaßen. Ich gehe gewöhnlich vorher in das Conferenzzimmer u frage, wann die einzelnen Lehrer in ihrer Klasse sind - auch der Rektor - u treffe danach meine Disposition. Und jedermann weiß dann - auch der Rektor kann es wissen - wozu ich da bin. Denn ich erkläre dann, daß ich zunächst die Klasse vornehmen werde u dann die.

Diesmal war das etwas anders. Denn die Lehrer waren draußen, als ich kam. Ich gesellte mich zu ihnen. Als Herr Rektor später kam, ging er an uns vorüber. Da gleich darauf geläutet wurde, ging ich mit Herrn Sähloff in seine Klasse, dann zu Herrn Heiden. Um 10 Uhr ging ich dann in die Conferenzstube, wo auch Herr Rektor anwesend war, u besprach nun mit den einzelnen Lehrern, auch mit Herrn Rektor, wann ich sie in ihrer Klasse treffen würde. Danach habe ich meine Disposition getroffen u alle Klassen, auch die des Herrn Rektor inspiciert.

Nach diesem Sachverhalt bitte ich den Eingang von Herrn Rektors Schreiben zu beurteilen."

 

 

"Neukalen, 8. Dec. 1906

Hochgeehrter Herr Pastor!

Bei meiner Anmeldung zum Heil. Abendmahl habe ich Ihnen gesagt, daß ich mir nicht bewußt sei, feindselig gegen Sie mich gezeigt zu haben. Ich bitte Sie, Ihnen das ehrlich wiederholen zu dürfen. Insbesondere hat meine erst nach langer Überlegung geschehene letzte Eingabe an den Schulvorstand nur bezweckt, mich vor der Anschuldigung, ich überschreite die Befugnisse meines Amtes dadurch, daß ich mir allerlei herausnehme, sicherzustellen und insbe­sondere dem vorzubeugen, daß etwa die Lehrer daraus gelegentlich gegen mich Kapital schlagen könnten. Wie letzteres ausdrücklich als Grund der von mir beantragten Untersuchung gegen mich in der Eingabe angegeben ist, so lag mir insbesondere fern, Sie, hochverehrter Herr Pastor, kränken zu wollen. Diese unbeabsichtigte Begleiterscheinung der Eingabe tut mir leid, und ich bitte Sie um Entschuldigung, wenn ich hierdurch, wie ich hörte, Ihnen wehe getan habe. Um eine solche unbeabsichtigte Auffassung meiner Eingabe nicht weiter im Schulvorstand aufkommen zu lassen, bin ich bereit, sie zurückzunehmen, zumal auch sonst wohl Mißverständnisse mitgespielt haben, - würde Ihnen dann aber dankbar sein, wenn Sie durch eine kurze Bemerkung oder Notiz mich vor den von mir gefürchteten Folgerungen sichern wollten.

Gehorsamst - ergeben

Ludolf Walm, Rektor“

 

Pastor Voß schrieb am 8. Dezember 1906:

"Hochgeehrt. Herr Rektor!

Für meine Person ist es mir gleichgiltig, ob die von Ihnen beantragte Untersuchung stattfindet oder nicht. Ich habe jedoch meine Bemerkungen zu Ihrer Eingabe bereits eingereicht u muß nun in jedem Fall darauf bestehen, daß wenigstens d. Herr Bürgermeister, der Ihre Anschuldigungen gelesen, auch meine Entgegnung lese.

Daß Sie gar nicht wissen, mir wehe getan zu haben, tut mir leid. Wenn ich auch von allem andern gern absehe, so lautet doch der Schluß Ihres Briefes an d. Schulvorstand: "Eventuell bitte ich, Herrn Pastor Voß zur Zurücknahme seiner Vorwürfe zu veranlassen." Wenn Ihnen beim Niederschreiben dieser Worte das Verletzende derselben einfiel u Sie einiges durchstrichen, warum sandten Sie den Brief so ab, der doch für den ganzen Schulvorstand bestimmt war?

Doch da Sie versichern, daß Ihnen eine Beleidigung ferne gelegen hat u Sie um Entschuldigung bitten, so will ich diese Angelegenheit hiemit als abgetan ansehen."

 

 

 

1906

 

1906 gingen in Neukalen 216 Knaben und 228 Mädchen zur Schule, davon aus Warsow: 6 Knaben und 6 Mädchen, aus Salem: 5 Knaben und 7 Mädchen.

1906 führte die Turnerfahrt nach Teterow zu den Heidbergen und nach Burg Schlitz.

 

Das Schulhaus auf einer Ansichtskarte von 1910 oder früher

 

Das Schulhaus auf einer Ansichtskarte von 1910 oder früher.

 

 

 

 

Rektor Zülch bekam 1910 eine Rüge

vom Bürgermeister Barten

 

"An ein Grossherzogl. Ministerium zu Schwerin i M.

Am 24 Februar a. c. hat mir Herr Bürgermeister Barten dahier im Konferenzzimmer des hiesigen Stadtschulhauses im Gegenwart des Lehrercollegiums in Schulsachen eine Rüge erteilt. Daraufhin mich zwecks eines Verhörs aufs Rathaus geladen. Dieser Ladung bin ich, um Weiterungen zu entgehen, als einer vom Stadtoberhaupt ausgehenden gefolgt.

Zur Sache erkläre ich: Ich fühle mich gedrückt

1. Dass Herr Bürgermeister Barten mir als solcher eine Rüge erteilt hat. Dies ist Sache des Schulvorstandes.

2. Dass mir vor dem Verhör die Erklärungen der Schulvorstandsmitglieder zu dieser Sache nicht vorgelegt worden sind.

3. Dass Herr Bürgermeister Barten mir gegenüber als Verhörer fungiert hat, was ihm nicht zustand. Mithin wird auch das Verhör hinfällig.

Aus diesen Gründen sehe ich mich veranlasst, bei einem Grossherzogl. Ministerium Beschwerde gegen das Vorgehen des Herrn Bürgermeister Barten einzulegen.

Ergebenst Karl Zülch, Rektor

Neukalen i M. 10 März 1910"

 

Bürgermeister Barten schrieb dazu:

 

"Bericht betreffend Beschwerde Rector Zülch

Neukalen, den 22ten März 1910

Der Eingabe des Rectors Zülch liegt folgender Sachverhalt zu Grunde.

Der unterzeichnete Magistratsdirigent hatte schon mehrfach bemerkt, wenn er von seiner Wohnung kommend über den Schulhof ging, daß in der großen Pause, während welcher 300 - 400 Kinder auf dem Schulhofe zu spielen pflegen, kein Lehrer auf dem Schulhofe zu erblicken war. Aus dieser Veranlassung hatte er zweimal bei gelegentlichem Zusammentreffen mit dem Rector Zülch diesem gesagt, nach seiner Meinung sei es unbedingt erforderlich, daß, wenn 300 bis 400 Kinder auf dem Schulhofe spielten, derjenige Lehrer, der in der betreffenden Woche die Inspection auszuüben habe, auf dem Schulhofe sich aufhalte, einmal um durch seine Anwesenheit Ausschreitungen zu verhüten, zum andern, damit, wenn irgend etwas pasieren sollte, jemand vorhanden sei der sichere Auskunft geben könne; er, Zülch, möge doch dafür sorgen, daß der inspiezirende Lehrer in der Pause draußen sei. Das erste Mal erwiederte der Rector Zülch, er selbst habe die Inspection gehabt, er sei aber während der Pause zum Bahnhof gegangen, um einen Brief einzustecken, das zweite Mal meinte er, er habe seiner Meinung nach den betreffenden Lehrer selbst auf dem Schulhofe gesehen. Als nun der Magistratsdirigent am Donnerstag den 24. Februar in der großen Pause wieder keinen Lehrer auf dem Schulhofe traf, ging er in das Konferenzzimmer, richtete an die anwesenden Lehrer die Frage, wer von den Herren die Inspection habe, und richtete, als der Rector Zülch, der schreibend am Tische saß, antwortete, er habe die Inspection, er sei schon draußen gewesen, an ihn die Aufforderung, hinauszugehen und zu inspieziren. Als Zülch dann entgegnete, das hätte der Magistratsdirigent ihm auch in etwas anderer Form sagen können, erwiederte dieser, über die Form, in der er etwas zu sagen beliebe, entscheide er allein. Auf eine aus dieser Veranlassung an den Schulvorstand gerichtete Beschwerde des Rectors Zülch hin hat eine schriftliche Erörterung unter den Mitgliedern des Schulvorstandes stattgefunden. Aus Veranlassung dieser Beschwerde war es natürlich erforderlich, den Sachverhalt durch eine Verhandlung mit dem Rector Zülch festzustellen. Deshalb ist er zum 1. März auf das Rathaus geladen und hat sich hier zu Protokoll geäußert. Bei dieser Gelegenheit wurde dem Rector Zülch zugleich bedeutet, daß zur Entscheidung einer Beschwerde über den Vorsitzenden des Schulvorstandes natürlich nicht der Schulvorstand zuständig sei.

Im Einzelnen bemerke ich noch das Nachfolgende:

1. Eine Rüge habe ich dem Rector Zülch nicht erteilt und halte ich mich auch keineswegs für befugt, Rügen zu erteilen. Ich habe den Rector nur aufgefordert, zu inspieziren.

Wenn dies vielleicht in etwas schroffer Form geschehen ist, so hat dies darin seinen Grund, daß ich über ein solches Maß von Gleichgültigkeit ziemlich starr war. Daß ich als Vorsitzender des Schulvorstandes befugt bin, wenn ich derartige Pflichtwidrigkeiten des Rectors oder der Lehrer begegne, durch einfache Aufforderungen für beschleunigte Abhülfe zu sorgen, dürfte einer Erörterung nicht bedürfen. Denn unmöglich konnte ich doch erst die Mitglieder des Schulvorstandes zusammenrufen, um mit ihnen den Rector aufzufordern zu inspieziren.

Wenn ich bisher davon abgesehen habe, diese Fälle, ferner, daß der Rector Zülch sehr häufig, einmal sogar eine halbe Stunde zu spät zur Schule gekommen ist, sowie daß er am Sonnabend zwischen Bettag und Sonntag verreist war, ohne überhaupt den Schulvorstand Anzeige zu erstatten, offiziell zur Kenntniß des Schulvorstandes vor seiner Anstellungsbehörde zu bringen, sondern ihn nur bei gelegentlichen Zusammentreffen gewarnt habe, sich doch vorzusehen, so hat dies seinen Grund in persönlicher Rücksichtnahme für den Rector Zülch. Wenn der Rector Zülch diese meine gute Absicht verkannt hat, so bedaure ich allerdings jetzt nachträglich diese Rücksichtnahme geübt zu haben.

2. Die Äußerungen des Schulvorstandes dem Rector Zülch vorzulegen, dazu lag nicht die geringste Veranlassung vor. Durch wen er von diesen Äußerungen Kenntniß erlangt hat, ist mir unbekannt.

3. Wie schon oben hervorgehoben, war es, nachdem der Rector Zülch seine Pflichtwidrigkeiten zur Kenntniß des Schulvorstandes gebracht hatte, erforderlich, den Sachverhalt durch eine Verhandlung mit ihm festzustellen.

Die Befugniß, ihn zu diesem Zweck auf das Rathaus zu laden, dürfte nicht zu bestreiten sein. Die Äußerungen des Rectors Zülch dürften hiernach in allen Punkten unbeachtlich sein

Barten

Bürgermeister"

 

Bürgermeister Barten bekam vom Unterrichts - Ministerium in Schwerin folgende Antwort:

 

"Schwerin 4 April 1910

Das u. Min. kann es nicht billigen, daß Sie, wie Sie hieher berichten, dem Rektor Zülch daselbst in Gegenwart der diesem unterstellten Lehrer Vorhaltungen gemacht haben u. verweist Sie im übrigen auf die Bestimmungen des § 7 B II Ziffer 1 der V. O. vom 28 April 1908, betr. die Verwaltung u. Beaufsichtigung des Volksschulwesens in den Städten u. ritterschaftlichen Flecken."

 

Rektor Zülch bekam vom Unterrichts - Ministerium in Schwerin folgende Antwort:

 

"Schwerin 4 April 1910

Das u. Min. erwidert auf Ihre Beschwerde vom 10 d. M. gegen den dortigen Bürgermeister Barten hierdurch das Nachstehende:

1. Das u. Min. kann es nicht billigen, daß der Bürgermeister Barten Ihnen in Gegenwart der Ihnen unterstellten Lehrer Vorhaltungen wegen Pflichtversäumnis gemacht hat, wie ihm solches unterm heutigen Datum mitgeteilt ist.

2. Nachdem Sie eine Beschwerde über das Verfahren des Bürgermeisters Barten an den dortigen Schulvorstand gerichtet hatten, war dieser als Dirigent des Schulvorstandes befugt, Sie zu einer Vernehmung amtlich zu laden, hingegen nicht befugt, Ihnen die Erklärungen des Schulvorstandsmitglieder in der betreffenden Angelegenheit mitzuteilen.

3. Im übrigen muß das u. Min. es aufs entschiedenste mißbilligen, daß Sie in Ihrer Eigenschaft als Rektor den Ihnen unterstellten Lehrern ein solches Beispiel der Pflichtverletzung geben, wie im vorliegenden Falle geschehen ist, da es Ihnen bekannt sein muß, daß der die Aufsicht führende Lehrer zur Vermeidung von Disciplinlosigkeit u. Unglücksfällen, während der ganzen Dauer der Pausen auf dem Schulhofe die Aufsicht zu üben hat. Es ist bei dieser Gelegenheit zur Kenntnis des u. Min. gekommen, daß Sie an dem Sonnabend, der auf dem letzten Bettag folgte, verreist gewesen sind, ohne dem dortigen Schulvorstande auch nur eine Anzeige zu machen. Das u. Min. nimmt Veranlassung, Ihnen solches Verfahren hiemit ernstlich zu verweisen."

 

 

Schüler Helmuth Pagels, etwa 1911

 

 

Schüler Helmuth Pagels, etwa 1911

 

 

 

 

Beschwerde über Rektor Zülch 1911

 

"Sr. Hochehrwürden dem Herrn Pastor Hohmann     hier

Lieber Herr Pastor, ich kann nicht umhin Ihnen Nachstehendes vorzutra­gen u. zu unterbreiten.

In der letzten Vorberathung des Bürgerausschusses wurde ich wiederum beauftragt, Beschwerde wegen unser Schulwesen zu führen. Als Schulvor­standsmitglied lehnte ich dies ab, weil mein Name nicht zum zweiten Mal als Ankläger darunter stehen sollte. So wurde denn beschlossen, es dem Magistrat zu unterbreiten. Es wurde nämlich gesagt: Ein Lehrer hätte sich geäußert, daß von den ganzen Jungs in unserer Schule nicht Einer so weit sei um Lehrer zu werden. Dies erregte große Misstimmung beim Bürgerausschuß u. er meinte dies nicht verantworten zu können, der Schulvorstand und der Magistrat erst recht nicht.

In der am andern Tage stattgefundenen Rath u. Bürgersitzung, trug ich es dem Magistratsdirigenten vor. Dieser meinte jedoch, es sei lediglich Sache des Schulvorstandes u. nicht Magistratssache, ich sollte die Sache als Antrag formieren u beim Schulvorstand einreichen. Dies verweigerte ich mit derselben Begründung, die ich schon Oben angeführt habe. Der Magistratsdirigent er­wiederte, es sei Ihm Alles bekannt, auch der Herr Pastor u. der Herr Superinten­dent wüßten wie es um unsere Schule stünde. Darauf entstand eine allgemeine Debatte. Da sagten denn einige Bürgerausschußmitglieder, es wäre doch wirklich nicht möglich, wenn dem Schulvorstand Alles dies bekannt sei, könnte er doch unmöglich dazu schweigen, es müßten Mittel u Wege geschaffen werden, um hier Abhülfe zu leisten. Nochmals sagte der Magistratsdirigent, ich sollte es einreichen od. ans hohe Ministerium Beschwerde einreichen, dies lehnten wir jedoch mit Begründung ab. Darauf sagte ich dem Magistratsdirigenten, wenn dies Alles dem Dirigenten des Schulvorstandes bekannt sei, meiner Meinung nach, es auch von demselben ausgehen müße u ich möchte Ihm noch persön­lich darum bitten, schließlich meinte er dann, er könne es ja auf die Tages­ordnung der nächsten Schulvorstandssitzung setzen.

Nun Herr Pastor möchte ich Sie bitten, sollte dieser Fall auf der Tages­ordnung fehlen, denselben zur Sprache zu bringen.

Eine mildere Abhülfe ist meiner Meinung nach sehr leicht zu schaffen. Der Schulvorstand giebt dem Rektor die II Mädchenklasse u Herrn Kliefoth die Rektorklasse mit dem Bemerken, das Herr Kliefoth möglichst daß nachhole, was bisher versäumt worden ist.

Indem ich den Herrn Pastor bitte, sich die Sache zu überlegen, evtl. mit Herrn Kliefoth Rücksprache zu nehmen. (Doch nicht meinen Namen nennen) zeichne

Mit vorzüglicher Hochachtung

ergebenst Ad. Röpke

Neukalen                                                                                          

d. 14. April 1911"

 

Superintendent Leo in Malchin schrieb dazu am 18. April 1911 an Pastor Hohmann:

"Mit Ihnen bin ich der Ansicht, daß die Rektorklasse keinen Lehrer, der dem Rektor unterstellt ist, gegeben werden kann. Solange der Rektor dort im Amt ist, muß er auch die Rektorklasse behalten wegen seiner Stellung zum Collegium, zu den Kindern, zu der Bevölkerung und zu den Behörden.

Ferner ist es richtig, daß Sie versuchen festzustellen, ob und in welchen Punkten der Unterricht des Rektors zu wünschen übrig läßt. Finden sich solche Punkte, dann ist er auf die Mängel aufmerksam zu machen und zur Abstellung aufzufordern.

Endlich ist der Lehrer, von dem die fragliche Äußerung ausgegangen ist, zu ermitteln und, falls er sich zu derselben bekennt, aufzufordern, dieselbe zu begründen."

 

Pastor Hohmann schrieb am 19. April 1911 an den Rektor Zülch:

 

"Sehr geehrter Herr Rektor!

In d. heutigen Sitzung des Sch. V. ist d. Lehrplan so genehmigt, wie er eingereicht war mit Ausnahme der Turnstunden, mit welchen es beim Alten bleiben soll.

Sodann teile ich Ihnen privatim mit, daß in dieser Sitzung H. Röpke u. H. Bürgermeister wieder gegen Sie Beschwerde führten. Es geschah dies auf Grund einer B. A. Sitzung und einer Raths- u. B. A. Sitzung in der vorigen Woche. Am Montag wird Ihnen der Vorsitz. des Schul V. von dem Beschluß d. Sch. V. Mitteilung machen nämlich:

1. Sie werden aufgefordert, um den Unter­richt in einer anderen Klasse zu bitten u

2. sich um ein anderes Rektorat zu bewerben.

Es ist mir schmerzlich, Ihnen dies zu schreiben, aber ich dachte, Sie erführen es besser durch mich. Der Schulvorstand wollte Ihnen ohne weiteres eine andere Klasse überweisen. Mit Mühe habe ich durchgesetzt, daß Sie darum ersuchen dürfen. Aber wenn Sie sich weigern, so wird Ihnen trotz meines Widerspruchs eine andere Klasse gegeben. Der Bürgermeister u. H. Köpke halten dafür, daß der Schulvorstand dazu berechtigt ist. Mein Rat wäre der: Sie bitten das Ministerium - etwa wegen Examensarbeiten - zu gestatten, daß Sie eine leichtere Klasse etwa III a. übernehmen dürfen u. teilen dem Schulvorst. diese Erlaubnis mit. Sodann bitten Sie die Schulräte in Schwerin, Ihnen eine andere Rektorstelle zu geben. Sie können das ja auf der Durchreise durch Schwerin machen. Es steht zu fürchten daß der Magistrat sich an das Minist. wendet.

Ich gedenke morgen mit dem H. Sup. Rücksprache zu nehmen.   M. b. Gr.     Ihr W. H. P."

 

Superintendent Leo in Malchin schrieb am 24. April 1911 an Pastor Hohmann:

 

"Auf Ihre telephonische Anfrage am 19 April wird Ihnen erwidert, dass nach §.7 B Ziffer 7 der Verordnung vom 28. April 1908 den Schulvorständen die Bestimmung über die Verwendung der Lehrkräfte in Bezug auf die Klassen und die Lehrgegenstände, in denen sie Unterricht erteilen sollen, zusteht. Ihr Schul­vorstand würde also formell im Recht sein, wenn er dem Rektor Zülch eine andre als die I. Klasse zur Verwaltung überweist.

Falls Zülch gegen ein solches Verfahren des Schulvorstandes Beschwer­de beim Unterrichtsministerium erhebt, würde dieses zu prüfen haben, ob die Gründe, die zu dieser Massnahme führten, stichhaltig sind. Wenn es sich dabei herausstellen sollte, dass Zülch gänzlich unfähig ist, einer Klasse vorzustehen, so ist seine Versetzung in eine andre Stadt als Rektor ausgeschlossen.

Es scheint mir daher sehr fraglich, ob es im Interesse der Schule zu Neukalen liegt, den Rektor in der beabsichtigten Weise zu degradieren. Ein solches Vorgehen kann und wird vermutlich zur Folge haben, dass die Schule Zülch als Rektor überhaupt nicht wieder los wird.

In Zülchs Interesse wird es liegen, sein Examen sobald wie möglich zu bestehen, damit er als Hülfsprediger verwandt werden kann. In Ihrer Stelle würde ich dem Rektor raten, mit Berufung auf sein nahe bevorstehendes Examen den Schulvorstand um Frist zu bitten, bis er sein Examen bestanden habe. Bei der Beratung im Schulvorstand würde ich obige Gründe geltend machen und für Genehmigung der Bitte Zülchs stimmen.

Herzlichst    Leo"

 

Pastor Hohmann notierte am 25. April 1911:

 

"Der Superintendent war dagegen, daß dem Rektor eine andere Klasse übertragen würde, jedoch stimmte er für den Fall zu, daß der Rektor selbst dies beantragte. Dagegen billigte es der Superintendent, daß der Rektor sich beim Schulrat um ein anderes Rektorat bewerbe u. stimmte meinem Vorschlage zu, daß der Rektor aus diesem Grunde auf der Rückreise v. Leipzig in Schwerin vorspräche u. beauftragte mich, in diesem Sinn an den Rektor zu schreiben."

 

Auf Grund der Beschwerde des Bürgerausschusses gegen den Unterricht und die Disciplin des Rektors wurde vom Schulvorstand dem Rektor der Unterricht in der Rektorklasse Ostern 1911 genommen und ihm der Unterricht in der dritten Knabenklasse übertragen.

 

Häufig wurden Schulinspektionen durchgeführt. Bei der Schulinspektion am 5.5.1911 ging es um den pünktlichen Beginn des Unterrichts, und auch hier fiel Rektor Zülch unrühmlich auf: "Der Rektor hatte von 8 - 10 Uhr unentschuldigt gefehlt und sagte aus, daß er auch sonst unpünktlich zum Unterricht gekommen sei."

 

Am 21. September 1911 bestätigte der Herzog Friedrich Franz eine neue, 72 Paragraphen umfassende, Schulordnung für Neukalen.

 

Be­reits am 26.3.1912 heißt es wieder: "Es wurde durch Inspektion festgestellt, daß der Rektor unpünktlich zum Unterricht kam. Im Verlauf des Sommers wurde durch wiederholte Inspektionen festgestellt, daß der Rektor seltener unpünktlich zum Unterricht kam."

 

Pastor Hohmann vermerkte 1912:

 

"Die Schule leidet auch jetzt noch unter der Untüchtigkeit des Rektors. Auch in der Klasse III vermag er nicht mit Erfolg zu unterrichten. Außerdem leidet die Schule unter dem häufigen Wechsel der Lehrer und Lehrerinnen, der in Gehaltsfragen seinen Grund hat. Am 13 Sonntag n. Trinit. dem 1 September und am 3 September war der Herr Superintendent zur Inspektion des Rektors im Gottesdienst und Unterricht hier anwesend."    

 

Bei einer Revision durch den Oberschulrat Ebeling am 16. und 17. Januar 1913 wurde festgestellt, daß die unterrichtlichen Leistungen des Rektor Zülch sehr mangelhaft waren.

 

"Verhandelt im Rathause zu Neukalen am 30. Januar 1913 unter Leitung        

des Herrn Bürgermeisters Barten,

in Gegenwart

des Herrn Senators, Kommissionsrats, Kossow,

des Herrn Senators Brinkmann,

 sowie des Bürgerausschusses

vom Unterschriebenen.

In der heutigen Sitzung wurde über folgende Gegenstände beraten und beschlossen:

Zu Punkt 3 der Tagesordnung wurde dem Bürgerausschuss von dem Erlass des Grossherzoglichen Justizministeriums vom 21. Januar 1913 betref­fend Rektor Zülch und die Erhöhung der Lehrergehälter Kenntnis gegeben und seitens des Magistrats der Antrag gestellt, nunmehr die von dem Magistrat vor­ge­schlagene Gehaltsskala zu bewilligen. Der Bürgerausschuss erklärte hierauf, dass er diese Gehaltsskala für die jetzt im Amt befindlichen Lehrkräfte erst von dem Zeitpunkte an bewilligen wolle, zu dem der Rektor Zülch aus seinem Amte scheide. Um nun dies im Interesse der Schule möglichst zu beschleunigen, beantragte er, dass der Rektor Zülch für die Zeit von Ostern bis Michaelis 1913 nicht beschäftigt werde, aber sein Gehalt weiter beziehen solle, und dafür schon zu Ostern ein im Mittelschullehrer - Examen bestandener seminaristisch gebil­deter Lehrer als Rektor angestellt werde. Gegen die vom Magistrat vorgeschla­gene Gehaltsskala als solche habe er nichts einzuwenden, beantragte aber, dass die Gehaltserhöhung von den Bedingungen abhängig gemacht werde, dass der gewerbliche Nebenerwerb den Lehrern untersagt und die Schulgeld­freiheit für die Lehrerkinder wegfalle, auch die Vertretung für erkrankte oder beurlaubte Lehrkräfte bis zu 3 Monaten seitens der übrigen unentgeltlich er­folge.

Für den zu Ostern neu anzustellenden Lehrer soll die vom Magistrat vorgeschlagene Gehaltsskala schon von Ostern d. Js. ab in Kraft treten.

Die vom Bürgerausschuss vorgeschlagene Regelung der Anstellung eines Mittelschullehrers knüpfte der Bürgerausschuss weiter an die Bedingung, dass die Klassen 3 (a) und 3 (b) wieder, wie früher, zusammengelegt werden und dadurch eine Lehrkraft erspart werde. Ebenso soll dies Bedingung für die später eintretende Gehaltserhöhung sein.

Der Magistrat erklärte hierauf das Nachstehende:

Er sei gleichfalls mit der Anstellung eines Mittelschullehrers als Rektor durchaus einverstanden, natürlich unter der selbstverständlichen Bedingung, dass die Einkünfte des Rektors aus kirchlichen Mitteln auch in Zukunft dem Rektor im wesentlichen verbleiben sollten, und hielt es gleichfalls für wün­schens­wert, dass die Anstellung eines solchen Mittelschullehrers möglichst schon zu Ostern d. Js. erfolge. Er wolle auch alles tun, was in seinen Kräften stehe, um dies Ziel zu erreichen. Er sei auch damit einverstanden, wenn die Gehaltserhöhung von den oben vom Bürgerausschuss gestellten Bedingungen betr. Vertretung, gewerbl. Nebenbetrieb und Wegfall der Schulgeldfreiheit der Lehrerkinder abhängig gemacht werde, aber er halte es nicht für gerechtfertigt, die übrigen Lehrer durch den Rektor Zülch leiden zu lassen. Magistrat müsse daher an seinen früheren Anträgen, bezüglich deren er den Rekursweg beschrit­ten habe, festhalten.

Der Bürgerausschuss erklärte sodann noch, dass der Lehrer Timmer­mann, damit dieser nicht gegenüber dem Neuanzustellenden benachteiligt werde, auch von Ostern d. Js. an 1200 Mark Gehalt haben solle.

Vorgelesen, genehmigt.

 Barten        Kruse"

 

Superintendent Leo in Malchin schrieb am 27. Februar 1913 unter anderem an den Oberkirchenrat in Schwerin:

 

"Im übrigen habe ich zu dem Plan der Besetzung der Rektorstelle mit einem Mittelschullehrer zu bemerken:

1. Die Unfähigkeit des Rektors Zülch auch im Schuldienst ist nicht zu bestreiten. Ich habe dieselbe bereits bei meiner Inspektion am 3. September vor. Js. festgestellt. Mein Bericht hierüber an den Oberkirchenrat vom 7. September 1912 ist die Veranlassung dazu geworden, dass dem Rektor Zülch die Zulassung zum zweiten theologischen Examen verweigert ist.

2. Wenn aber das Grossherzogliche Ministerium, Abteilung für Unterrichts-Angelegenheiten in der Verfügung vom 11. dieses Monats von der Auffassung ausgeht, dass der Rückgang in den Leistungen der Schule in Neukalen allein auf die Unfähigkeit des derzeitigen Rektors zurückzuführen ist, so dürfte dabei der in den letzten Jahren häufige Wechsel der Lehrkräfte der dortigen Schule übersehen sein, durch welchen die gedeihliche und ruhige Schularbeit gestört wurde.

Zu Ostern d. Js. verlassen wieder zwei Lehrer die Neukalen´er Schule, nämlich der Lehrer Hauth, der nach Schwerin geht, und - ein grosser Verlust für die Schule - der tüchtigste und leistungsfähigste von allen, der Lehrer Evermann, der nach Küsserow geht. Veranlasst ist dieser Wechsel nach Bericht des Pastors Hohmann durch die ungünstigen Besoldungsverhältnisse der Neukalen´er Lehrer.

3. Die Verhältnisse dieser Schule können sich meines Erachtens erst wieder bessern, wenn die Abwanderung der jungen und tüchtigsten älteren Lehrer aus Neukalen nach anderen Schulen durch gründliche Aufbesserung der Lehrergehälter unterbunden wird. Geschieht dies nicht, so nützt der Schule die Berufung eines erfahrenen Mittelschullehrers meines Erachtens nichts. Im Interesse der Neukalen´er Schule läge es daher zweifellos, wenn das Grossherzogliche Ministerium die Entsendung eines Mittelschullehrers als Rektors an die Bedingung der vorher vorzunehmenden Aufbesserung der dortigen Lehrergehälter knüpfte.

4. Freilich ist mir nicht bekannt, ob die Finanzen der Stadt Neukalen zur Aufbringung des Gehalts eines erfahrenen (also sicherlich schon in höheren Dienstalter stehenden) Mittelschullehrers bei gleichzeitiger gründlicher Aufbesserung sämtlicher Lehrergehälter imstande sind. Kann aber nur eine dieser beiden Massnahmen zurzeit getroffen werden, so ist die letztere die bei weitem richtigere und dringendere. Sollte aber, was durchaus nicht ausgeschlossen ist, die Aufbringung des Gehalts für einen in höherem Dienstalter stehenden Mittelschullehrer die Gehaltsaufbesserung für die übrigen Lehrer zurzeit unmöglich machen, so würde die Berufung eines Mittelschullehrers als Rektor nach Neukalen der Schule vielmehr schaden, als nützen. Es wäre in diesem Falle besser, die Rektorstelle würde von dem tüchtigen ältesten Lehrer so lange verwaltet, bis wieder ein Theologe von pädagogischer Tüchtigkeit - der allerdings für Neukalen besonders ausgesucht werden müsste - zur Verfügung steht.

5. Es erübrigt, auf die Frage des Ministeriums einzugehen, ob ein Teil der kirchlichen Einnahmen der Rektorstelle auch für einen Mittelschullehrer zur Verfügung gestellt werden könnte. Wie es scheint, will der Magistrat in Neukalen die Stelle für alle Zukunft mit einem Mittelschullehrer besetzen. In diesem Falle liegt meines Erachtens kein Grund vor, demselben kirchliche Einkünfte zuzuweisen. Vielmehr muss sich die Kirche genötigt sehen, bei Zeiten Kapitalien anzusammeln, aus denen später die Mittel für eine weitere Ausdehnung des Konfirmandenunterrichts, zu der die Kirche sich beim gänzlichen Ausscheiden der Theologen aus dem praktischen Schuldienst in nicht allzu ferner Zeit genötigt sehen wird, entnommen werden können.

6. Will aber die Stadt Neukalen trotz gleichzeitiger Aufbesserung sämtlicher Lehrerstellen sofort das Gehalt eines seminaristischen Rektors aufbringen und soll die Berufung des letzteren nur für den vorliegenden Fall gemeint sein, so dürfte es in der Billigkeit liegen, dass die Kirche einen Teil der kirchlichen Einkünfte für den jetzigen Besetzungsfall, für den augenblicklich Theologen bei dem herrschenden Mangel gar nicht in Frage kommen, zur Verfügung stellt. Um die Höhe dieses Beitrags aus kirchlichen Mitteln festzustellen, kommen folgende Erwägungen in Betracht.

a. Wenn der Rektor in Neukalen kein Theologe mehr ist, so hat der Pastor daselbst keine Möglichkeit, sich Vertretung aus der Stadt selbst zu beschaffen. Aus der Umgegend lassen sich Pastoren nur in ganz vereinzelten Fällen heranziehen, seitdem der Pastor von Gorschendorf bereits den Abendgottesdienst in Neukalen übernommen hat. Auch ist nicht zu übersehen, dass bei jeder Vertretung eines benachbarten Landpastors die Gottesdienste in der eignen Gemeinde des letzteren - Schorrentin und Alt-Kalen haben je 2 Kirchen - ausfallen müssen, da in Neukalen nach dem Gemeindegottesdienst auch noch Kindergottesdienst gehalten werden muss. Man muss damit rechnen, dass Pastor Hohmann sich Vertretung sehr weit her, etwa von Schwerin wird besorgen müssen. In meiner ganzen Diözese ist keine Vertretung durch einen jungen Theologen zu beschaffen. Bei Leichenbegleitungen aber muss er seinen Vertretern mindestens die Fuhrkosten ersetzen. Wenn aber der Pastor gar auf Urlaub geht, oder - womit doch ebenfalls gerechnet werden muss - erkrankt, so müssen erhebliche kirchliche Mittel aufgewandt werden, um den Betrieb des Pfarramtes in Neukalen aufrecht zu erhalten. Ich schlage deshalb vor, zu dem Gehalt des seminaristischen Rektors im vorliegenden Besetzungsfall höchstens bis zu 600 M zur Verfügung zu stellen, dabei aber zu betonen, dass zu einer etwaigen Pension für denselben kirchliche Mittel nicht bewilligt werden könnten.

b. Den Rest des Rektorgehalts rate ich in einen als Anhang zur Neukalen´er Kirchenrechnung zu berechnenden Fonds abzuführen, aus welchem die an Pastor Hohmann für weggefallene Pflichtpredigten zu zahlende Entschädigung zu bestreiten ist. Die Ueberschüsse sind zu kapitalisieren, damit für Krankheitsfälle und für etwaige Erweiterung des Konfirmandenunterrichts Mittel gesammelt werden.

gez. Leo"

 

Nach einer Aussprache erklärte sich Rektor Zülch bereit, am 1. April zum 1. Oktober 1913 zu kündigen. Er machte im Laufe des Sommers 1913 sein Amtsexamen in Dresden und kam nicht wieder nach Neukalen.

 

 

 

Lehrergehälter 1913

 

Das Großherzoglich Mecklenburgische Ministerium des Innern, Abteilung für Unterrichts-Angelegenheiten teilte am 11. März 1913 dem Magistrat mit:

 

"In der Streitsache zwischen dem Magistrat und dem Bürgerausschusse zu Neukalen betreffend die Regelung der Gehalte der an der dortigen Stadt­schule angestellten Lehrer wird auf den Rekursantrag des Magistrats die Ent­schei­dung dahin abgegeben:

1. Den Lehrern an der dortigen Stadtschule ist mit Wirkung vom 1. Januar 1913 ab das nachstehende Jahresgehalt zu gewähren:

Anfangsgehalt 1200 M

nach 4 Dienstjahren 1500 M

nach 8 Dienstjahren 1700 M

nach 12 Dienstjahren  1900 M      

nach 16 Dienstjahren 2000 M

nach 20 Dienstjahren 2100 M

nach 24 Dienstjahren 2200 M

nach 28 Dienstjahren 2400 M

2. Die bisherige Befreiung der Lehrer von der Zahlung des Schulgeldes für ihre die Schule besuchenden Kinder kommt in Wegfall.

3. Die Lehrer sind verpflichtet zur unentgeltlichen Vertretung erkrankter oder beurlaubter Lehrer bis zu drei Monaten; soweit dadurch die Stundenzahl der einzelnen Lehrer erhöht wird, erstreckt sich diese Verpflichtung nur bis zum Höchstmaß von 4 Wochen und darf durch solche Vertretung die wöchentliche Stundenzahl des einzelnen Lehrers nicht über 32 Stunden hinaus erhöht werden.

4. Gewerblicher Nebenerwerb ist den Lehrern untersagt.

5. Das Inkrafttreten der Gehaltsordnung aus Ziffer 1 ist für die im Amte befindlichen Lehrer davon abhängig, daß sie binnen 4 Wochen nach Empfang einer vom Magistrat an sie zu richtenden bezüglichen Aufforderung sich den unter 2 bis 4 getroffenen Festsetzungen unterwerfen.

Der Bürgerausschuss hat zum Protokoll über die Magistrats- und Bürger­ausschußsitzung vom 30. Januar d. Js. erklärt, daß er gegen die vom Magistrat vorgeschlagene Gehaltsskala als solche nichts einzuwenden habe, wenn die Gehaltserhöhung davon abhängig gemacht werde, daß den Lehrern der gewerb­liche Nebenerwerb untersagt werde, die Schulgeldfreiheit für die Lehrerkinder wegfalle und Vertretung für erkrankte oder beurlaubte Lehrkräfte bis zu 3 Monaten seitens der übrigen unentgeltlich zu erfolgen habe. Diesen vom Magistrat angenommenen Bedingungen entspricht die Entscheidung im übrigen, nur mußte die Verpflichtung zur unentgeltlichen Vertretung nach noch­ma­liger Anhörung des Magistrats und in Uebereinstimmung mit dessen weiteren Erklärung so beschränkt werden, wie dies unter Ziffer 3 geschehen ist. Wenn der Bürgerausschuß nach dem Protokoll vom 30. Januar d. Js. die neue Gehaltsordnung für die zur Zeit im Amte befindlichen Lehrer erst vom 1. Oktober d. Js. an hat bewilligen wollen, so konnte dies als gerechtfertigt nicht angesehen werden. Auch von der Zusammenlegung zweier Klassen war die Ordnung der Angelegenheit nicht abhängig zu machen.

Wegen Anwendung der neuen Regelung auf die zur Zeit im Amte befind­lichen Lehrer erschien die beschränkende Festsetzung unter 5 erforderlich.

Der Magistrat wird aufgefordert, dem Bürgerausschusse Abschrift dieses Erlasses mitzuteilen."

 

Auf Grund finanzieller Umstände rückte der Magstrat von seinem Vorhaben wieder ab, als Rektor einen Mittelschullehrer einsetzen zu lassen. Wie bisher, sollte die Rektorstelle durch einen Theologen besetzt werden, was aber mangels geeigneter Bewerber einstweilen nicht möglich war. Die Rektoratsgeschäfte führte ab 1.4.1913 der dienstälteste Lehrer August Kliefoth.

Um diese Zeit wurden die verschiedenen Einnahmen des Rektors aus der Stadtkasse, aus der Amtskasse und aus kirchlichen Mitteln zusammengefaßt und ein entsprechender Betrag festgelegt, welcher aus der Stadtkasse zu zahlen war.

 

 

 

Pastor Hohmann berichtet (1913 ... 1915)

 

"In der Schule sind mancherlei Veränderungen eingetreten, Ostern 1913 trat Herr Rektor Zülch und Herr Lehrer Evermann aus dem Lehrerkollegium aus. Der erste machte im Laufe des Sommers sein Amtsexamen in Dresden. Er beabsichtigt in den Dienst der sächsischen Landeskirche zu treten. Herr Evermann übernahm die Schule in Küsserow. An die Stelle des letzteren trat Herr Oppermann, bisher in Ribnitz. Zu Michaelis schieden Herr Timmermann, Fräulein Rüst und Fräulein Lange aus dem Lehrerkollegium aus, an ihre Stelle traten Herr Schmidt, Herr Kutschenreuter, Fräulein Vesper und Fräulein Schroe­der. Am 16. und 17.1.1914 fand eine Schulrevision durch Herrn Oberschulrat Ebeling statt. An derselben nahm auch der Schulvorstand teil."

 

(1914) "Auf die Schule übte der Krieg geringeren Einfluß. Nur Lehrer Schmidt blieb dauernd eingezogen, ein anderer Lehrer kam nach 4 Wochen wieder in das Schulamt zurück. Lehrer Schmidt wurde durch Frl. Kayath und später Frl. Wegner vertreten. Aber doch läßt die Schule manches zu wünschen übrig. Leh­rer Oppermann erhielt wegen seines amtlichen und außeramtlichen Verhaltens wiederholt eine Rüge vom Schulvorstand. Auch das außerordentliche Verhalten von Fräulein Vesper und Lehrer Kutschenreuter wurde in einem Fall beanstan­det. Klasse 3a und 3b wurden kombinirt, wodurch eine zu große Klasse entstand und die Erteilung des Handarbeitsunterrichts - denn 3b ist eine Mädchenklasse - erschwert wurde. Der neue Katechismus bürgert sich gut ein. Im Lehrerkollegium besteht keine rechte Einigkeit."

 

(1915) "Aus dem Lehrerkollegium schieden Ostern Frl. Schröder und Frl. Weg­ner, Michaelis Herr Oppermann aus. Dafür trat Ostern Frl. Buss und Michaelis Frl Hopp ein. Die Uneinigkeit im Lehrerkollegium dauert an. Die Schulinspek­tionen sind in einem besonderen Heft verzeichnet."

 

 

 

Unstimmigkeiten zwischen Bürgermeister Barten und Pastor Hohmann 1916

 

Bürgermeister Barten schrieb am 7. März 1916 an den Pastor Hohmann:

 

"Sehr geehrter Herr Pastor!

Bei unserer gestrigen durch mich veranlaßten Besprechung brachten Sie das Gespräch unvermittelt auf andere vom Gegenstand der Besprechung weit abliegende Angelegenheiten. Sie erhoben hierbei gegen mich den Vorwurf, ich persönlich suche in allen Sachen Ihren Einfluß auszuschalten und Sie "kalt zu stellen". Soweit hierin der Vorwurf liegt, daß ich die Ihnen nach der Schul­ordnung oder sonstigen gesetzlichen Bestimmungen zustehenden Befugnisse einzuschränken versucht haben solle, verwahre ich mich ganz entschieden gegen diese Unterstellung. In keinen der von Ihnen gestern angeführten Fälle wie auch in keinem weiteren wird Ihnen der Nachweis gelingen, daß ich Sie "kalt gestellt habe". In allen Fällen habe ich mich streng an die geltenden Bestim­mungen gehalten und nur deshalb Einspruch dagegen erhoben, daß sie z. B. als Mitglied des Schulvorstandes selbständig Zeugnisse für Lehrkräfte ausstel­len oder die Klassen inspizieren, ohne die vorgeschriebene Mitteilung an den Schulvorstand zu erstatten. Ihnen über die Ihnen gesetzlich zustehenden Rechte hinaus noch weitere Befugnisse wie z. B. bei Beschlußfassung über die nur aus städtischen Mitteln gewährten Kriegsunterstützungen oder in der Ver­wal­tung der Jugendtruppe einzuräumen, habe ich nicht für zweckmäßig be­funden. Es lag hierzu für mich auch umsoweniger Veranlassung vor, als auch Sie mich z. B. bei Gründung des evangelischen Arbeitervereins, bei der Leitung des  Jünglingsvereins und bei der Besprechung über die von Ihnen in Aussicht genommenen Gründung einer Privatschule nicht hinzugezogen haben, wobei ich aber bemerken will, dass ich weit davon entfernt gewesen bin, dies als eine Zurücksetzung anzusehen. Zur Widerlegung Ihres obigen Vorwurfes möchte ich nicht unterlassen, noch darauf hinzuweisen, daß ich in den unter Ihrer Leitung stehenden Angelegenheiten wie z. B. im Friedhofsvorstand und bei der Verteilung der Unterstützungen aus dem v. Behr´schen Legat stets mit Ihren Vorschlägen einverstanden gewesen bin. Ich muß Sie daher auf das Be­stimmteste ersuchen, für die Folge mit Ihren Äußerungen über mein Tun vor­sich­tiger zu sein.

Da sich Ihre Vorwürfe gegen meine amtliche Tätigkeit richten, und nach­dem Sie gestern Herrn Senator Brinckmann gegenüber Ihre Vorwürfe über mich wiederholt haben, habe ich diesen Brief aktenmäßig gemacht.

In vorzüglicher Hochachtung

ergebenst

Bartens, Bürgermeister"

 

Pastor Hohmann antwortete darauf:

 

"Zu meinem lebhaften Bedauern haben Sie Veranlassung genommen zu unserer Besprechung vom 6.3. sich schriftlich zu äußern. Dadurch wird die Angelegenheit nach meiner Ansicht wieder verschärft. Ich wollte darum anfangs und in Rücksicht auf unsere amtliche Stellung und die gegenwärtige ernste Kriegszeit Ihr Schreiben mündlich beantworten und damit erledigen. Schließlich hat mich aber doch der Umstand, daß Sie Ihren Brief aktenmäßig gemacht haben, zu einer schriftlichen Antwort veranlaßt. Und ich darf wohl darum bitten, daß Sie nun auch dies mein Schreiben zu den Akten nehmen.

In Ihrem Schreiben finde ich meine Befürchtung leider bestätigt, daß unsere Ansichten in den zur Frage stehenden Dingen weit von einander abwei­chen. Schon in Bezug auf  Ihre Bemerkung im Anfang Ihres Briefes "brachte ich das Gespräch" bin ich anderer Meinung. Der Gegenstand unseres Gespräches war der jetzige Zustand der Schule und die jetzige Angelegenheit der Lehre­rinnen Frl. Vesper, Buss und Hoppe. In dieser jetzt vorliegenden Angelegenheit der Schule habe ich Ihr Verhalten beanstandet und im sachgemäßen Anschluß hieran auch Ihr Verhalten in der Angelegenheit der Lehrerin Frl. Vesper vom Jahre 1914 und der Erteilung eines Zeugnisses durch mich an die Lehrerin Frl. Lange und der durch mich ausgeübten Schulinspektionen. Ebensowenig wie diese waren auch die anderen von mir erwähnten Punkte der Jugendbewegung und der Kriegsbeihülfe unvermittelt oder weit abliegend, denn sie betreffen die Gegenwart.

Ich habe nur gesagt, daß Sie mir in meinem Amt nicht das mir zuste­hende Recht eingestehen, daß Sie meinen Einfluß ausgeschaltet und mir für meine Arbeit nicht das erforderliche Entgegenkommen gewährt haben und habe es durch Hinweis auf einzelne Beispiel bewiesen. Das halte ich auch aufrecht und ich möchte Sie wiederum bitten, hierin Wandel zu schaffen. Aber ich habe weder behauptet, daß Sie das suchen, noch daß es in allen Sachen geschieht.

 

In der vorliegenden Sache der 3 Lehrerinnen bin ich der Ansicht, daß mein Vorwurf gegen die Lehrerinnen nur für Sie als Vorsitzenden des Schul­vorstandes berechnet war und daß die Sache, wenn sie weiter verfolgt werden sollte, dem Schulvorstand hätte unterbreitet werden müssen. Es schädigt dem Ansehen des Pastors über seine Äußerungen Erhebungen anzustellen.

Zeugnisverteilung. Ich habe nicht das Recht beansprucht, Zeugnisse zu verteilen und bin der Meinung, daß dies durch den Schulvorstand geschehen müßte.

Aber es war hier die Sitte, daß es durch den Pastor geschieht. Es steht Ihnen nicht zu, diese Sitte und Herkommen ohne Mitteilung an den Pastor oder Schulvorstand aufzuheben. Ihre Maßnahme, das Zeugnis abzufordern, dem Lehrerkollegium von der neuen Sitte Kenntnis zu geben, stellt das Verhalten des Pastors als eine Übertretung hin und schädigt sein Ansehen. Ihr Verhalten in der Angelegenheit Vesper - Kutschenreuter ist eigenmächtig und sofort von mir beanstandet. Auch hier ist der Pastor ausgeschaltet. In den Inspektionen habe ich den vorgeschriebenen Bericht mündlich wie es Sitte war erteilt. Die Forderung eines schriftlichen Berichtes ist nur gegen mich gerichtet.

In der Angelegenheit der 3 Lehrerinnen ist die von Frl. Buss die unwichtigste. Die Angelegenheit Frl. Hopp und Vesper ist einfach umgangen, obgleich diese die Hauptsache war.

Vom Jugendverein hat eine öffentliche Versammlung stattgefunden. In der Führung der Jugendbewegung habe ich keine Unterstützung, sondern nur Abweisung in Beziehung auf Gasthausbesuch, Unzucht, Spiel gefunden - Jugendtruppe von mir gegründet, da der J. V. durch dieselbe lahm gelegt ist, hätte mein Einfluß auf die Jugend gewahrt werden müssen.

Kriegshülfe. Im Ortsausschuß ist mein Wunsch der Ausdehnung auf die Landgemeinde und der Antrag Kossow - Glasow auf Organisation der Frauenwelt abgelehnt. Die Auflösung des Ortsausschusses ist ohne mein Wissen geschehen und dadurch, daß der Kriegsausschuß aus den Mitteln der Kriegssteuer Beträge für die Kriegszwecke bewilligt, die sonst durch freie Sammlung aufgebracht waren, ist eine freie Sammlung erfolglos gemacht und die freiwillige Liebestätigkeit lahm gelegt. Es ist hier auch nur eine Sammlung für das Rote Kreuz gewesen. Das sittliche Moment der freiwilligen Liebestätigkeit ist dadurch abgedrängt, da die Liebestätigkeit zu einem Zweig der städtischen Verwaltung gemacht wurde und die Mitwirkung des Pastors am Liebeswerk ist ausgeschaltet.

Die Behrsche Stiftung: Fr. Stellen. Arbeiterverein. Senator Brinckmann habe ich nur gefragt, ob er wirklich Ihrem Ausspruch über die Kirche in Sachen Rektorats zustimmte. Nur in diesem Punkt habe ich Ihren Namen erwähnt sonst nicht. Herrn Senator Brinckmann habe ich dann dargelegt, was die Kirche mit ihrem Gelde für die Stadt und Landgemeinde tut und ihm ein Bild entworfen von der Verwendung der Mittel der Ökonomie.

Dann habe ich mit Herrn Senator Brinckmann darüber gesprochen, daß ich und Herr Salchow, obgleich wir die Gründung der Jugendtruppe ermöglicht haben, doch keinerlei Mitteilung über diese erhalten was doch richtig gewesen wäre, zumal unsere Vereine durch die Jugendtruppe lahm gelegt sind. Einen Vorwurf gegen Sie habe ich hierbei nicht erhoben, nicht einmal Ihren Namen genannt. Ein Vorwurf trifft die Leitung der Jugendtruppe, von der ich gar nicht weiß, wer sie ist.

Von der Hauptsache, Ihrem Verhalten gegen mich in Schulsachen habe ich gar nicht gesprochen. So ist der Vorwurf, daß ich die Ihnen gemachten Vorwürfe gegenüber Herrn Senator Brinckmann wiederholt habe unberechtigt."

 

 

 

Pastor Hohmann berichtet (1916 ... 1917)

 

(1916) "In das Lehrerkollegium trat Mitte Mai an Stelle des zum Heeresdienst eingerufenen Lehrers Kutschenreuter Fräulein Deutler ein, eine Lehrerin mit Superintendenturprüfung. Johannis trat Fräulein Buss, Michaelis Frl. Vesper und Frl. Hopp aus. An ihre Stelle traten Fräulein Radöhl und Fräulein Bruger. Die oberen Klassen sind nun auch kombiniert. Mit dem Austritt der genannten drei Lehrerinnen wurde die Uneinigkeit im Lehrerkollegium beseitigt. Der Krieg übt auf die Leistungen der Schule einen ungünstigen Einfluß. Das Lehrerkollegium arbeitet treu, aber es werden viele Kinder vom Schulunterricht und zwar häufig befreit. Da ist es auch treuer Arbeit der Lehrer nicht möglich, mit den Kindern dasselbe Ziel zu erreichen wie bisher.

 

(1917) "Unter den Diakonissen ist keine Veränderung, in der Schule nur die eine, daß Fräulein Deutler Neukalen Weihnachten 1917 verließ, für sie trat Anfang Januar 1918 Frl. Fehlhaber ein. Da vor Ostern 1916 und 1917 der Schulvorstand keine Schulinspektionen abgehalten hatte, besuchte der Pastor allein alle Klassen. Die lange Dauer des Krieges und die Abwesenheit der Väter übt einen ungünstigen Einfluß auf die Schuljugend und auf die aus der Schule entlassene Jugend aus. Wegen Gewalttätigkeiten und Diebstahl sind Kinder und Jugendliche mehrfach bestraft."

 

 

Das Lehrerkollegium um 1918

 

Das Lehrerkollegium um 1918

(oben von links: Karl Struck, Adolf Brandt?, Else Bruger, Ida Fehlhaber, Marie Radöhl, Hermann Westphal, August Kliefoth; die Namen der unten sitzenden Frauen sind unbekannt).

 

 

 

 

1918 ... 1929

 

Ab Ostern 1918 wurde eine Privatmädchenschule eingerichtet (bestätigt am 8.4.1918, Eröffnung am 9.4.1918). Im Schulhaus wurde dafür ein Zimmer zur Verfü­gung gestellt. Als Lehrerin war Fräulein Frieda Schliemann tätig. Die Privat­mädchenschule mit Frl. Schliemann bestand bis Ostern 1927.

Die Privatmädchenschule hatte 1919:

1 Klasse mit 3 Abteilungen

1 vollbeschäftigte Lehrerin

1 Lehrer und 2 Lehrerinnen (nicht vollbeschäftigt - sie unterrichteten sonst an anderen Schulen)

Zahl der Schülerinnen: 13 (alle evangelisch; 10 aus Neukalen, 3 aus anderen Orten)

Durchschnittsalter: 10 - 14 Jahre.

      

Ab 1918 gab es keine Trennung zwischen Volks– und Bürgerschule mehr. Es bestand jetzt nur noch die sogenannte Volksschule an der Stadtschule Neukalen.

Verhältnisse an der Bürgerschule 1919:

6 Klassen (dav. die 1. und 2. in zwei Klassen)

1 Mittelschullehrerin

3 seminaristisch gebildete Lehrer

2 seminaristisch gebildete Lehrerinnen

1 Lehrerin (Abschlußprüfung noch nicht bestanden)

 Schulleiter: A. Kliefoth

 

Klasse 1 a       Herr Kliefoth

                        31 männl. 12 - 14 Jahre

Klasse 1 b       Frl. Radöhl

                        26 weibl. 12 - 14 Jahre

Klasse 2 a       Herr Struck                

                        32 männl. 11 - 12 Jahre

Klasse 2 b       Frl. Bruger

                        16 weibl. 11 - 12 Jahre

Klasse 3          Herr Westphal

                        26 männl. 22 weibl. 9 - 11 Jahre

Klasse 4          Frl. Weber

                        26 männl. 29 weibl. 8  -  9 Jahre

Klasse 5          Frl. Fehlhaber

                        22 männl. 18 weibl. 7  -  8 Jahre

Klasse 6          Lehrer Brandt

                        25 männl. 8 weibl. 6  -  7 Jahre

 

 

"An den verehrlichen Schulvorstand hier.

Ich sehe mich genötigt, den Glasermeister Koch hieselbst wegen eigen­mächtigen Eingreifens in den Schulbetrieb zur Anzeige zu bringen. In der vori­gen Woche redete mich derselbe vor dem Schulhause Uhr 11 beim Fortgehen an - Kollege Struck kam zufällig dazu - daß er es nicht dulden würde, wenn seine Kinder in der Religionsstunde wegen Nichtlernens bestraft würden. Seine Kinder brauchten Religion nicht zu lernen, er gäbe nichts darauf. Wenn sie als Zensur eine 5 bekämen, so wäre es ihm höchst gleichgültig.

Am 3. Dez. wiederholte ich an einem Lehrstück in der Lesestunde Gram­ma­tik, infolgedessen Gerhard Koch u. einige andere Knaben wegen Unacht­samkeit herausgestellt wurden. Im weiteren Verlauf des Unterrichts zeigte sich, daß Koch wieder nicht aufgepaßt u. nicht sagen konnte, was ich soeben vorgesagt u. festgestellt hatte. Als ich ihn zu mir rief u. nach dem Stocke griff, lief er nach Hause, worüber die ganze Klasse stauenend in Gelächter ausbrach. Nach einer Viertelstunde etwa brachte der Vater seinen Sohn wieder u. wollte wissen, weshalb sein Sohn bestraft werden solle. Nach längerem Hin- u. Herreden ging er, als es klingelte fort, nochmals betonend, daß er nicht wolle, wenn seine Kinder in der Schule gezüchtigt würden. Das wolle er als Vater selber besorgen; ich könne ihm durch einen Zettel Mitteilung machen.

Vor etwa 3 Wochen ist Gerhard Koch Kl III, als kurz vor der großen Pause bekannt gegeben, daß alle Kinder ruhig u. leise die Treppe hinunter­gehen sollten, polternd u. laufend hinuntergestürmt, so daß Frl. Weber darüber sehr erregt war. Als Aufsichtführender stand ich gerade unten an der Treppe, nahm ihn sogleich ins Konferenzzimmer u. bestrafte ihn mit dem Stocke. Mittags kam der Vater zu mir u. erkundigte sich nach dem Vorfall. Im Laufe der Unter­redung bestritt er, daß die Schule nicht das Recht habe, zu züchtigen, wenig­stens jetzt nicht mehr.

Frl. Fehlhaber beschwerte sich vor einigen Tagen über Gerhard Koch Kl III, daß derselbe ihr gegenüber den Gehorsam verweigert u. nicht gekommen sei, als sie ihn aufgefordert in der Stunde zu ihr zu kommen.

Das ganze Kollegium hat mehr oder weniger Scherereien mit den Kindern, wie auch den Eltern gehabt.

Daß die Disziplin der ganzen Schule, zumal in jetziger Zeit, darunter leidet, ist klar, und deshalb bitte ich ergebenst um Schutz und Beistand.

Hochachtungsvoll ergebenst

A Kliefoth

Neukalen, d. 4. Dez. 1919."

 

Der Fall wurde in der Schulvorstandssitzung am 12.12.1919 besprochen.

 

 

 

1921 ... 1927

 

Bis 1921 gab es  an der Volksschule Neukalen 6 Klassen, ab 1921 dann 8 Klassen.

 

"An den verehrlichen Schulvorstand hier.

Das hiesige Lehrerkollegium sieht sich durch die Maifeier am verflos­senen Sonntag veranlaßt, eine Sache zur Sprache zu bringen, die unsere Schule arg schädigt. Viele Kinder, aus allen Klassen, haben in Begleitung ihrer Eltern die Tanzsäle besucht u. sind teilweise bis 2, 4, 5, 6 Uhr dort geblieben u. rühmen sich dessen in der Schule. Viele Kinder waren am Montage so müde u. abgespannt, daß nichts mit ihnen anzufangen war, andere ließen sich krank melden u. kamen überhaupt nicht zur Schule, um auszuschlafen. Im Hinblick auf unsere Jugend, zumal in jetziger Zeit, bittet das Lehrerkollegium:

Verehrlicher Schulvorstand wolle bewirken, daß durch die Polizei eine scharfe Kontrolle der Tanzsäle betreffs der Schüler an Sonntagen  u. Festlich­keiten ausgeübt werden.

Ergebenst

A Kliefoth

Neukalen, den 3. Mai 1921"

 

Vom Bürgermeister Lorenz wurde darunter vermerkt:

"1. Die schulpflichtigen Kinder sind von den Tanzböden fernzuhalten.     

2. Den Dienern z. Kenntnis und scharfen Kontrolle.

3. Montag berichten                     

NK. 7.5.21     Lorenz"

 

Weitere Vermerke dazu:

"Durch die am Sonntag den 3. Mai 1921 vorgenommene Kontrolle der Tanzsäle, haben wir feststellen können, daß auf den Tanzböden keine schul­pflichtigen Kinder waren.

       N. 9.5.21     W. Ohde     CKasch

 

       Nach Pfingsten nochmals berichten.

       NK. 9.5.21     Lorenz

 

Bei der Revision der Tanzböden am Sonntag den 22 u 29 d. Mts. haben wir feststellen können, daß keine schulpflichtigen Kinder anwesend waren.

       N. 29.5.21     WOhde     Carl Kasch

 

Die Diener haben weiterhin darauf zu achten, daß Tanzböden von schulpflichtigen Kindern nicht besucht werden.

       N. 1/6.21      Lorenz"

 

       (Mit "Diener" sind die Ratsdiener gemeint)

 

 

Nach dem Volksschulverwaltungsgesetz vom 7.7.1921 mußte ein neuer Schulvorstand gebildet werden. In den neuen Schulvorstand wurden gewählt:

Stadtverordneter Krüger (als sein Stellvertreter: Stadtverordneter Rost)

Lehrer Kliefoth, A. (als Stellvertreter Lehrer Struck)

 Lehrer Grönwold (als Stellvertreterin Frl. Bruger)

Am Sonntag, dem 13.11.1921 von 9 - 1 Uhr fand im Ratszimmer des Rathauses die Wahl der acht Elternvertreter statt. Als Wahlvorschlag waren aufgestellt:

Wahlvorschlag I

1. Heinrich Nielebuck, Arbeiter

2. Ernst Puls, Arbeiter

3. Marie Eickelberg, Ehefrau

4. Wilhelm Hufenbach, Arbeiter

5. Heinrich Lübs, Schneider

6. Albert Remer, Maurer

7. Theodor Klentzer, Gasmeister

8. Ernst Stöcker, Arbeiter

Wahlvorschlag II

1. Heinrich Lüders jun., Schlachtermeister

2. Hermann Schacht, Tischlermeister

3. Caroline Rachow, Ehefrau

4. Otto Richter, Seilermeister

5. Ernst Kohfeldt, Ackerbürger

6. Max Schröder, Gärtnereibesitzer

7. Erna Kosegarten, Ehefrau

8. Hermann Specht, Bäckermeister

Gewählt wurden als Elternvertreter: Kohfeldt, Remer, Rachow, Eickel­berg; als Stellvertreter: Richter, Stöcker, Schacht, Lüders.

 

"An den verehrlichen Schulvorstand hier.

Herrn Bürgermeister Lorenz, Herrn Zingelmann, Herrn Kofeldt, Herrn Remer, Frau Rachow, Frau Eickelberg.

Dem verehrlichen Schulvorstande mache ich hiermit die Anzeige, daß die Klassen VI, II, VII heute morgen wegen Kälte nach Hause geschickt worden sind. Das Kollegium kann es nicht verantworten, daß die Kinder in den kalten Klassen unterrichtet werden. In Kl. VII waren gestern 5o R, Kl. II 6o, gestern Uhr 11 9o, Kl. VI 6o. Den Schuldiener trifft keine Schuld, da er mehr geheizt wie sonst, aber der scharfe Ostwind steht auf die Fenster. Ich bitte die Mitglieder, sich davon zu überzeugen.

A Kliefoth."

 

 

"50jähriges Lehrerjubiläum

1923: Neukalen, 29. Sept. Gestern feierte Herr Lehrer Kliefoth in voller Rüstigkeit sein 50jähriges Lehrerjubiläum. 30 Jahre hat Herr Kliefoth ununter­brochen in Neukalen gewirkt und sich in dieser Zeit die volle Achtung und Zuneigung der Einwohnerschaft gesichert. Im Laufe des Tages wurden dem Jubilar zahlreiche Ehrungen zuteil. Eine Menge der schönsten Blumenspenden zeugten u. a. von der Liebe und Verehrung, die sich Herr K. erfreut. Gleichzeitig mit der Jubelfeier tritt Genannter in den wohlverdienten Ruhestand. Zu diesem Zwecke war Herr Schulrat Tiedemann - Teterow hier anwesend und überbrach­te gleichzeitig die Glückwünsche der Landesregierung. Abends brachte der Gesangverein "Liederkranz" seinem langjährigen hochverehrten Dirigenten ein Ständchen. Wir schließen uns den Gratulanten an und wünschen Herrn Kliefoth einen langen friedlichen Lebensabend. - Wie wir erfahren, ist Herr Kantor Struck ebenfalls fast 50 Jahre im Dienst und zwar ausschließlich in Neukalen, wird aber sein Jubiläum nach drei Jahren nicht feiern können, weil Herr St. sich nach dem wohlverdienten Ruhestand sehnt und wahrscheinlich die gesetzliche Pensionie­rung vorzeitig in Kraft tritt."

 

 

1922 wurde der Werkunterricht in der Stadtschule Neukalen eingeführt.

 

Ab Ostern 1924 wurden die Warsower Schulkinder in Neukalen eingeschult.

 

Bis 1913 gab es an der Schule theologische Rektoren. Danach erfolgte die Schulverwaltung durch den Küster August Kliefoth bis 1924. Es erfolgte nun die Einstellung eines hauptamtlichen Rektors. Am 21. Mai 1924 zog Richard Pagels, der das Lehrerseminar in Neukloster von 1903 bis 1905 besucht hatte, von Teterow nach Neukalen. Er wohnte anfangs in der Bahnhofstraße, bis die Stadt 1930 das Wohnhaus Fritz-Reuter-Straße 3 für ihn erbaute.

 

Am 14.12.1924 fand eine Wahl der Elternvertreter statt. Es wurden gewählt:

Maurer Heinrich Koch, Hotelbesitzer Paul Behrend, Arbeiter Ernst Stöcker, Schmiedemeister August Jöhrs; als Stellvertreter: Maurer Albert Remer, Schneidermeister Hermann Rosenstiel, Händler Heinrich Nielebuck, Schneidermeister Heinrich Russow.

 

Auf der Stadtverordnetenversammlung am 6.1.1925 wurde Dr. med. Hinneberg zum Mitglied des Schulvorstandes gewählt.

 

Ausflug von vier Schulklassen nach Rügen, 1925

Ausflug von vier Schulklassen nach Rügen 1925.

Im Hintergrund Rektor Pagels (mit Hut), rechts daneben Lehrer Westphal, Fräulein Bruger (mit schwarzem Hut), in der Mitte halb liegend Lehrer Robert Schmidt.

 

 

 

 

Rektor Pagels schrieb am 16. Juni 1926 an die Stadtverwaltung:

"Die hiesige Stadtschule beabsichtigt, im Laufe der kommenden Woche eine Wanderfahrt zu unternehmen. Die Schulaufsicht hat den drei oberen Klassen eine zweitägige, den unteren eine eintägige Reise gestattet. Es erscheint der Lehrerschaft besonders wichtig, daß tunlichst alle Schüler an der Fahrt teilnehmen. Leider aber ergibt eine Feststellung, daß eine Reihe von Kindern wegen Mittellosigkeit zurückstehen muß, wenn nicht eine Beihilfe für sie beschafft wird. Eine Bitte des Unterzeichneten beim Wohlfahrtsamt Malchin um Gewährung von Unterstützungsgeldern blieb erfolglos, und wir müssen jetzt der Stadtverwaltung unser Anliegen vortragen. Es sind die diesjährigen Reise­strecken (Plau - Malchow - Karow) wesentlich kürzer als im Vorjahre, und wir werden bei Berücksichtigung aller Umstände mit wenig mehr als der Hälfte der vorjährigen Summe, mit etwa 120 M, auskommen, die wir bei Bewilligung nach den von den Elternvertretern des Schulvorstandes aufgestellten Grundsätzen verteilen würden.

Da es sich bei Wanderfahrten stets um eine unterrichtliche und erzieh­liche Beeinflussung unserer Kinder in besonderer Weise handelt, so bitte ich die Stadtverwaltung namens des Lehrerkollegiums ganz ergebenst, den obengenannten Betrag bereitstellen zu wollen."                                          

 

Bürgermeister Lorenz vermerkte darunter:

"Eilt! In Umlauf bei den Herren Mitgliedern der Stadtverordneten­ver­sammlung ergebenst mit dem Antrag auf Bewilligung der erbetenen 120 RM für die Turnerfahrt.

Neukalen, 19. Juni 1926.

Der Rat.

Dr. Lorenz"

 

Am 14.12.1927 erfolgte die Wahl der Elternvertreter. Es wurden gewählt:                                         

Paul Groth sen., Zimmerer

August Jörss, Schmied

Marie Eickelberg, Ehefrau

Gustav Krüger, Landwirt

als Stellvertreter:

Otto Ulrich, Maurer

Rud. Kröplin, Arbeiter

Albert Bachmann, Schlosser

Ernst Stöcker, Arbeiter

 

 

 

Bestrafung des Kaufmanns Rudolf Penzlin wegen Beleidigung des Rektor Pagels 1929

 

Bürgermeister Zigeler schrieb am 1. März 1929 an den Schulrat Stade in Güstrow:

 

"Am Sonntag, den 17. Februar d. Js. fand in hiesiger Stadt das Winter­vergnügen des Männer- Turn- und Sportvereins statt, an welchem auch schul­pflichtige Kinder teilnahmen. Der Vereinsleitung war mitgeteilt, daß den Schulkindern Erlaubnis bis abends 10 Uhr erteilt war. Am 18. Februar wurde dem Rat mitgeteilt, daß entgegen dieser Verfügung Kinder bis 1 Uhr nachts auf dem Vergnügen gewesen seien. Die angestellten Ermittelungen ergaben, daß 3 schulpflichtige Knaben bis 12 30  auf dem Vergnügen gewesen waren. Auf Grund dieser Feststellung wurde der Vorstand des Männer - Turnvereins zur Äußerung aufgefordert. Der Vorsitzende des Vereins, der Kaufmann Rudolf Penzlin, gab daraufhin den in dem angeschlossenen Aktenstück enthaltenen Bericht ab. Da in diesem Bericht gegen den hiesigen Schulleiter, Herrn Rektor Pagels, grobe Beleidigungen und unwahre Unterstellungen enthalten sind, haben wir Herrn Rektor Pagels von dem Bericht in Kenntnis gesetzt und bitten wir gleichzeitig, gegen den Kaufmann Rudolf Penzlin bei der Staatsanwaltschaft in Güstrow Strafantrag wegen Beleidigung gemäß § 185, 186 St.G.B. zu stellen.

Die Stadtschulbehörde.

Ziegler

 

1. Auf dem Vergnügen des Männerturnvereins am gestrigen Tage sollen Kinder bis gegen 1 Uhr nachts gewesen sein.

2. Polizeiwachtmeister Ohde zum Bericht.

       Neukalen, den 18.2.1929.      Der Rat.  Ziegler

Nach den angestellten Ermittelungen waren in der fraglichen Nacht folgende Schüler auf dem Vergnügen:

       1) der Schüler Rudolf Schulz in Begleitung seiner Eltern,

       2) der Schüler Horst Wagner in Begleitung seiner Mutter,

       3) der Schüler Rudolf Völker ohne Begleitung.

Die zu 1 und 2 erklärten auf Befragen, daß sie sich nur noch den Tanz für einen Augenblick mitangesehen haben, sind aber um 1230 Uhr nach Hause gegangen.

       Zu 3: Der Schüler Völker hat sich ohne Wissen seiner Eltern auf dem Saal länger aufgehalten.

       N. 25.2.29.                                         Ohde, Pol. Wachtmeister."

 

Der Männer– Turn– und Sportverein sollte sich nun dazu äußern, und der Vorsitzende Rudolf Penzlin antwortete am 28. Februar 1929:

 

"An den Rat hier.

Die Schülermitglieder des Vereins haben an der Veranstaltung mitgewirkt! Der Vereinsleitung war bekannt, daß die Eltern der meisten Kinder anwesend waren oder sich bei andern Eltern unsere Schüler angeschlossen hatten und diese somit ihr Elternrecht wahrnahmen.

Im übrigen standen sie unter unserer Aufsicht und wissen, daß sie nach den Vorführungen nach Hause gehen sollen. Wenn die Eltern die Kinder bei sich behielten, waren sie unter dem Schutz der Eltern. Herrn Rektor Pagels steht somit die Einmischung in die Rechte und Macht der Eltern nicht zu. Daß der Rektor Pagels seit seiner Amtstätigkeit in Neukalen bei jeder Gelegenheit versucht, seiner Selbstherrlichkeit Geltung zu verschaffen, ist allgemein bekannt und hat er sich dadurch nicht die Liebe der Eltern und Kinder erwerben können. Der größte Prozentsatz der Einwohnerschaft wünschte lieber heute wie morgen seine Versetzung. Teterow spricht nicht gerade freundlich von ihm! Mit derartigen Machenschaften wird der Jugendpflege kein Dienst erwiesen und fördert man sie mit derartigen Wühlarbeiten gewiß nicht. Die Elternabende sind unseres Wissens auch von Kindern besucht. Herr Pagels hatte die Leitung, trotzdem waren auch dort die Kinder bis spät in die Nacht anwesend. Ob Herr Pagels gerade die geeignete Aufsichtsperson ist, möchte ich in Frage stellen.

Wir geben zu, daß es eine Unsitte ist, wenn Kinder noch während des Tanzes anwesend sind. Jedenfalls haben wir während des Balles keine Kinder mehr gesehen. Wir hätten diese sicherlich sofort nach Hause gehen lassen. Wenn nun wirklich ein oder der andere Junge sich noch einen Tanz angesehen hat, dürfte dies harmlose Vergnügen nicht so zu verurteilen sein, als wenn die Kinder an Tanzkursen und später an dem Kinderball, der ebenfalls bis morgen anhält, teilnehmen.

Daß die besagte Meldung nur eine Nörgelei ist und den Charakter dieses Herrn kennzeichnet, bestätigt die Absendung des Herrn Lehrer Westphal als Beobachter. Wir haben das Empfinden, daß Herr Pagels jede Gelegenheit ausnutzt, dem Verein irgend etwas anzubringen oder den Kindern die Tätigkeit im Verein zu verleiden versucht. Anscheinend verfügt Herr Pagels über zu viel Zeit, daß er sich für Sachen interessiert, welche nicht in seine Schulange­legenheit fallen. Wir möchten daher empfehlen, und bitten den Rat ergebenst unsern Standpunkt dem Herrn Rektor Pagels mitzuteilen, daß der Schulleiter seine freie Zeit der Schulsache widmet und die Erziehung, Aufsicht und Pflege der Kinder den Eltern überläßt.

Was für Völker entschuldigend ist, so ist dieser erst zu kurze Zeit in Neukalen um über die Gepflogenheiten bei Veranstaltungen noch nicht orientiert zu sein.

Sobald der Turnunterricht wieder beginnt, erhält auch dieser Schüler Instruktion hierüber. Wir werden uns, damit endlich diese Widerwärtigkeiten mit Rektor Pagels aufhören, an das Ministerium für Unterricht wenden.

Deutsche Turnerschaft.

Männer- Turn- und Sport - Verein

Neukalen. i. M.

Rudolf Penzlin."

 

"Mecklenburg - Schwerinsches

Ministerium für Unterricht.

An den Herrn Verwaltungsbeamten der Stadtschulbehörde Neukalen.

5. Juni 1929.

Der Verwaltungsbeamte wolle über den Ausgang des Prozesses Rektor Pagels gegen Kaufmann Penzlin wegen Beleidigung berichten.

Im Auftrage

Puls.

 

Der Kaufmann Rudolf Penzlin ist am 13. Juni d. Js. durch das Amtsgericht in Dargun wegen Beleidigung nach §§ 185, 193 St. G. B. zu 50 RM Geldstrafe aushülflich 2 Tagen Gefängnis verurteilt worden.

Neukalen, d. 14.6.29.

Ziegler"

 

 

 

 

1929 ... 1945

 

Vom 25.2. bis einschließlich 28.2.1929 war die Schule wegen Kohlenmangel geschlossen.

Durch das Küsterschulgesetz wurden alle organisch verbundenen Kirchen- und Schulämter mit dem 1.10.1929 getrennt. Das betraf in Neukalen den Lehrer und Küster Robert Schmidt, der im Küsterhaus am Markt wohnte. Seine Einkünfte mußten nun getrennt nachgewiesen werden, was keine leichte Aufgabe war.  Der Kirchenrat schrieb am 7. Februar 1931 u. a.: "Die Lösung dieser Aufgabe musste von vornherein auf die allergrössten Schwierigkeiten stossen, da man nach der Zweckbestimmung die Pfründen­einkünfte nur dann reinlich trennen könnte, wenn schon in alter Zeit zwei Ämter mit verschiedenen deutlich von einander geschiedenen Aufgaben neben einan­der bestanden hätten. Das ist aber, wie von uns schon wiederholt hervorge­hoben, nicht der Fall gewesen. Schule und Kirche sind vielmehr noch vor 100 Jahren so eng miteinander verwachsen gewesen, dass man unserer Ansicht nach aus den alten Akten ganz unmöglich eine Antwort auf eine Frage geben kann, vor die uns erst eine viel spätere, eigentlich erst unsere Zeit gestellt hat. Unserer Ansicht nach kann daher eine gerechte Teilung der Pfründe in Küster- und Schulpfründe nur dann zustande kommen, wenn man neben der Zweck­bestimmung die Quelle, aus der die einzelnen Einkünfte geschöpft sind, im Auge behält. Es wird gewiss häufig vorgekommen sein, dass eine Stadt mit wohlhabenden kirchlichen Stiftungen für ihre Schulzwecke mit Hilfe der Patro­natsbehörde oder des Oberbischofs auf rein kirchliche Mittel zurückgriff, sobald es sich um eine Stelle mit Kirchendienst oder für Theologen handelt. Wurde doch die Kirche andererseits vom Staat gestützt und auf andern Gebieten mit staatlichen, wie städtischen Mitteln erhalten, sodass, solange Staat und Kirche, wie Schule und Kirche auf das innigste verbunden waren, das geschilderte Verfahren in keiner Weise befremden konnte. Aber daraus darf natürlich nicht der Schluss gezogen werden, dass nach der grundsätzlichen Scheidung von Staat und Schule einer- und Kirche andererseits die unter früheren Verhält­nissen der Schule zugewandten kirchlichen Mittel für alle Zeiten dazu dienen müssen, dem Staate seine Schullasten zu erleichtern..."

 

Wahl der Elternvertreter am 3.12.1930:

Paul Groth, Zimmerer sen.

Frau Marie Eickelberg

Maurer Otto Ulrich

Arbeiter Ernst Stöcker

Frau Erna Thrams

Arbeiter Karl Schmidt

Arbeiter Ludwig Peters

Arbeiter Gustav Sass

 

 

Ausflug von vier Schulklassen nach Rügen, 1925

 

Schulausflug mit Lehrer Westphal um 1932 nach Dargun (2).

 

Schulausflug mit Lehrer Westphal um 1932 nach Dargun.

 

 

Am 21.9.1933 wählte die Stadtverordnetenversammlung als Elternver­treter in den Schulvorstand:               

Fritz Seemann

Wilhelm Krüger

Friedrich Burmeister

Fritz Burmeister

 

 

Neuer Schulvorstand ab 19.4.1934:

A. als Elternvertreter:

1. der Kaufmann Hartwig Fischer

2. der Fischer Rudolf Börst

3. der Landwirt Gustav Krüger jun.

4. der Schlosser Albert Köpke

B. als Stellvertreter:

1. der Kaufmann Ernst Jander

2. der Zimmerer August Burmeister

3. der Arbeiter Ernst Stöcker

4. Der Postschaffner Karl Wulsten

C. als Lehrervertreter:

der Lehrer Ernst Grönwolt

als Stellvertreter:

die Lehrerin Else Bruger

Vom Rat sind als Gemeindevertreter vorgeschlagen:

der Lehrer Robert Schmidt und als

sein Stellvertreter der Landwirt Karl Thürkow

 

 

Das Schulgebäude um 1935 auf einer Ansichtskarte.

 

Das Schulgebäude um 1935 auf einer Ansichtskarte.

 

 

 

Schüler Emil Krüger, 1935

 

Schüler Emil Krüger, 1935.

 

 

Schüler Wilhelm Voss, 1935.

 

Schüler Wilhelm Voss, 1935.

 

 

Schülerin Ilse Pagels, 1935.

 

Schülerin Ilse Pagels, 1935.

 

 

 

"Stadt-Schule Neukalen                           

Neukalen, den 20. Januar 1936

An die Polizeiverwaltung, hier

Verschiedene Mitglieder unseres Lehrerkollegiums teilen mir heute mit, daß in letzter Zeit schulpflichtige Kinder in größerem Umfange an den sich oft lange ausdehnenden abendlichen Veranstaltungen in den Sälen der Hotels teil­nahmen. Ich habe nun feststellen lassen, daß sich an der K. d. F. - Veran­staltung (Malmström) 15 Schulkinder, darunter 9 6-7jährige Kinder, beteiligten, 16 Schulkinder bei der Luftschutzveranstaltung anwesend waren und am letzten Lichtspielabend ebenfalls eine ganze Reihe von Kindern zugegen war. Die Kinder sind am kommenden Tage meistens durch Müdigkeit und Leistungsschwäche aufgefallen. Es sind Kinder, die bei solchen Gelegenheiten das volle Eintrittsgeld bezahlen und später oft bei der Aufbringung von kleinen Beiträgen zum Schulfilm im Auftrage der Eltern Erlaß fordern.

Es liegt im Interesse der Erziehung, daß in der geschilderten Angelegen­heit seitens der Polizeibehörde scharf durchgegriffen wird, damit die Gleich­gültigkeit und Fahrlässigkeit der Erziehungsberechtigten nicht einen größeren Umfang annimmt.

R. Pagels."

 

Die Polizeioberwachtmeister mußten auf Anweisung des Bürgermeisters nun nach jeder Veranstaltung berichten, ob Jugendliche teilgenommen hatten. Die Kontrollen ergaben keine diesbezüglichen Verstöße.

 

 

Schülerin Ilse Pagels, 1937.

 

Schülerin Ilse Pagels, 1937.

 

 

Die Volksschule in Neukalen hatte am 31. März 1940 sieben planmäßige Schulstellen. Im Schuljahr 1935/36 besuchten 252 Kinder die Stadtschule; 1939/40 waren es etwa 250 Kinder (in 7 Klassen).