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Neukalener Schulgeschichte(n) Teil 2

 

Wolfgang Schimmel

 

 

Neubau eines Schulhauses

 

An das hohe Großherzogliche Ministerium

für Unterrichts - Angelegenheiten

zu Schwerin

Nachdem wir mehrfache Bauskizzen über das projectirte neue Schulhaus entwerfen lassen, haben wir zur Ausführung des hieneben submissest angeschlossenen Bau - Risses uns entschlossen. Nach demselben wird das Schulhaus eine Fläche von 4587 Quadratfuß einnehmen und ausser einer Wärterwohnung 9 Schulklassen, von denen 4 Klassen von je 600 Quadratfuß, 2 Klassen von je 483 Quadratfuß und 3 von je 400 Quadratfuß, einen Saal und ein Conferenzzimmer enthalten. Nach der jetzigen Anzahl der schulpflichtigen Kinder hieselbst genügen zur Zeit 7 Klassen, mithin bleiben noch 2 Klassen für die Zukunft übrig, daher für längere Zeit hinreichende Räumlichkeit vorhanden ist. Sollte späterhin eine Vergrößerung des Schulhauses erforderlich werden, so läßt sich solche leicht durch Verlängerung des einen Flügels erreichen.

Nach dem submissest angeschlossenen Kostenanschlage beläuft sich die Bausumme auf 12.658 Rthlr. und hoffen wir, damit auszureichen.

Mauersteine haben wir bereits angekauft und wünschen wir je eher je lieber mit dem Bau beginnen zu können, um im nächsten Jahre das Gebäude wenigstens unter Dach zu bekommen.

Submissest bitten wir daher:

um hohe Genehmigung des Risses und um dessen so wie des Kostenanschlages Retradition.

Neukalen, den 11. December 1860.

                               Bürgermeister und Rath

                   L. Mau     Stüdemann.     H. Reinhardt."

 

 

Unterm 21.12.1860 wurde eine Vereinbarung zum Bau eines neuen Schul­hauses zwischen dem Magistrat der Stadt Neukalen und dem Super­intendenten Schmidt zu Malchin in Vertretung der Kirche und Kirchenökonomie abgeschlossen:

 

"Wenn die Stadt Neukalen zum Bau eines neuen Schulhauses um eine Beihülfe aus der Großherzoglichen Kirchen - Oekonomie zu Neukalen gebeten hat, und ihr eine solche Beihülfe unter Bedingungen gewährt werden soll, so ist darüber auf Grund des Rescripts des hohen Oberkirchenraths vom 21. Mai 1860 zwischen dem Magistrat zu Neukalen Namens der Stadt und dem Super­intendenten Schmidt zu Malchin in Vertretung der Kirche und Kirchen - Oekonomie die nachstehende Vereinbarung unter Vorbehalt einer Seits der stadtverfassungsmäßigen, anderer Seits der oberbischöflichen Genehmigung wohlbedächtig verabredet und geschlossen worden.

 

§. 1.

Aus der Kirchen - Oekonomie zu Neukalen soll der Stadt Neukalen zum Bau eines neuen Schulhauses als ein Gnadengeschenk die baare Summe von Fünftausend Thalern Courant als Beihülfe gewährt und gezahlt werden. Auch soll  von  der  Kirche  das  ihr  bisher  gehörige Etablissement des Rectorhauses mit den beiden Schulklassen; jedoch ohne die dem Rector der Stadtschule bisher zum Nießbrauch überwiesenen Aecker, Gärten und Wiesen der Stadt zum vollen Eigenthume abgetreten werden.

 

§. 2.

Die Stadt Neukalen nimmt diese Geschenke an und verpflichtet sich hiedurch auf´s bündigste:

1. das Prediger- und Küsterhaus mit den Hintergebäuden und die vor dem Malchiner Thore belegene Prediger - Scheune in dem bisherigen Umfange und Maaße nach wie vor auf ihre alleinige Kosten zu unterhalten resp. neu zu bauen, ohne daß die Kirche und Oekonomie jemals dazu beizutragen verpflichtet sein soll;

2. für den Fall, daß das Kirchen - Aerar und die Kirchen - Oekonomie dereinst zur eignen vollständigen Bestreitung der Kosten für kirchliche und geistliche Bauten und Reparaturen unvermögend sein sollten, zu solchen Kosten, so lange das Unvermögen des Kirchen - Aerars und der Kirchen - Oekonomie dauern mögte, nach Maaßgabe der Constitution vom 27. Decbr. 1824, betreffend geistliche Bauten, unweigerlich beitragen zu wollen.

 

§. 3.

Ferner verpflichtet sich die Stadt Neukalen hiedurch, das neue Schulhaus nur nach einen Plan zu erbauen, den das Großherzogliche Ministerium Abthei­lung für Unterrichts - Angelegenheiten zuvor genehmiget haben wird, und diese Genehmigung dem hohen Oberkirchenrathe nachzuweisen.

 

§. 4.

Das Rector - Haus nebst den Schulklassen übernimmt die Stadt auf ihre Kosten zu erhalten, sobald diese Vereinbarung die oberbischöfliche Bestätigung gefunden haben wird und ist von dem Zeitpuncte an die Kirche und Oekonomie von jeder Verpflichtung, der Stadt Schulklassen zu halten und dem Rector eine Amtswohnung oder statt derselben eine Wohnungsentschädigung zu gewähren, sowie auch das neue Schulhaus erhalten zu helfen, für alle Zeiten befreiet.

 

§. 5.

Mit dem Tage, da das zu erbauende neue Schulhaus in Gebrauch ge­nom­men wird, geht das jetzige Rector - Etablissement nebst den Schulklassen vollständig in das Eigenthum der Stadt über und kann sie mit demselben nach ihrem freiesten Ermessen schalten und walten, sobald sie mit dem gegen­wärtigen Rector Billenberg, dessen Rechte auf diese Amtswohnung reservirt sein sollen, ein Abkommen getroffen haben wird. Jedoch verpflichtet sich die Stadt hiedurch, dem Rector der Stadtschule allemal freie Dienstwohnung oder eine baare Wohnungsentschädigung zu gewähren, über deren angemessenen Betrag eventualiter die Entscheidung des hohen Großherzoglichen Ministerii Abtheilung für Unterrichts - Angelegenheiten einzuholen.

 

§. 6.

Die nach §. 1. zugesicherte Beihülfe von Fünf Tausend Thalern soll aus der Großherzoglichen Kirchen - Oekonomie in drei Terminen gezahlt werden und zwar

1. Tausend Thaler Termino Antoni 1861, wenn nicht nur die Genehmigung des Bauplans Seitens des hohen Großherzoglichen Ministerii Abtheilung für Unter­richts - Angelegenheiten vorliegt, sondern auch der Bau wirklich begonnen hat,

2. Zwei Tausend Thaler Termino Johannis 1861,

3. Zwei Tausend Thaler nach Vollendung des Baus und Einweihung des Schul­hauses, doch nicht vor Termino Johannis 1862.

 

§. 7.

Die vorstehende Vereinbarung, deren Stempel- und Ausfertigungs - Gebühren die Stadt Neukalen allein trägt und welche in drei Exemplaren ausge­fertiget, zu oberbischöflicher Bestätigung vorgelegt werden soll, ist von beiden Contrahenten ohne weitern Vorbehalt, aber unter Zusicherung rechtschaffener Erfüllung vollzogen und wie folgt unterschrieben worden.

Neukalen und Malchin 21 Decbr 1860

 

LMau     Stüdemann     Reinhardt

WSchmidt Superintendent

Repraesentirende Bürgerschaft

J. T. Wagenknecht     Salchow           Fischer

Köhler     Zingelmann     J Wollenzien

CBenthien     W Benduhn     Paul    

L. Wasserstradt     J. Matz      Aug. W. Hermes"

 

 

Am 24. Januar 1861 erfolgte die oberbischöfliche Bestätigung des Vertrages. Anfang März 1861 wurde mit dem Bau des neuen Schulhauses begon­nen. Für die Ausführung des Baues waren der Maurermeister Sontag und Zim­mer­meister Benduhn verantwortlich. Die Ziegel lieferte C. W. Wendhausen aus Gorschendorf. Zement kam aus einer Güstrower Fabrik. Von Güstrow wurden auch 6200 Stück extra angefertigte Pfeilersteine geliefert.

Als Standort war der ehemalige Friedhof am Ausgang der heutigen Lutherstraße ausgemacht. Zur Planierung der restlichen über 30 Jahre alten Gräber waren Anzeigen in der Rostocker Zeitung (Nr. 119, 120 und 121 / 1861), im Malchiner Amtsboten (Nr. 59, 60 und 61 / 1861) und in dem Mecklenburg Schwerinschen Anzeiger (Nr. 42, 43 und 44) erschienen, damit diejenigen, welche einer Planierung des Kirchhofes widersprechen zu können glaubten, sich melden.

 

Ursprünglich war ein Schieferdach vorgesehen. Auf einer Besprechung am 13. Mai 1861 meinte man, da ein Schieferdach sehr teuer war, ein gutes Ziegeldach reiche auch.

In einem Zeitungsartikel vom Montag, dem 29.7.1861 heißt es:

 

"Neukalen. In der Mitte d. M. fand hier eine Feier statt, welche durch ihre Bedeutung alle Einwohner unserer Stadt aufs freudigste erregte. Es war dies die Feier der Kranzerhebung auf dem so eben gerichteten neuen Schulhause, wobei von dem Maurerpolier Fischer eine Rede gehalten wurde.

Seit Jahrzehenden ist von allen Bürgern wegen der großen Zahl schul­pflichtiger Kinder und wegen der erhöheten Anforderungen, welche die jetzigen und noch mehr die künftigen Zeitverhältnisse an die Bildung machen müssen, gewünscht worden, daß das Schulwesen der Stadt neu organisiert, eine größe­re Zahl von Lehrern angestellt und sämmtliche Klassen in einem Gebäude vereinigt werden möchten. Schon 1849 wurden durch die Fürsorge des Herrn Bürgermeisters Mau 2 Lehrer zu den vorhandenen 3 Lehrern angestellt. Indeß hat man seither eingesehen, daß hiedurch nur zum Theile geholfen sei. Man theilte dann die Stadtschule in eine Bürger- und Volksschule, diese in Halb­tagsschulen. Es blieben auch nun noch alle Klassen überfüllt und mußte sogar in jedem Jahre eine namhafte Zahl von schulpflichtigen Kindern unbeschult bleiben. Eine gänzliche Umgestaltung des Schulwesens wurde immer nothwendiger. Nach Verhandlungen mit dem h. Ministerium und dem h. Oberkirchenrath ist es der klaren Einsicht unseres Magistrates dessen, was noth thut und seinem festen beharrlichen Willen unter der Beihülfe unserer tüchtigen Bürgerreprä­sentanten endlich gelungen, ausreichende Mittel zum Bau eines Schulhauses und zur Aufstellung einer hinreichenden Zahl von Lehrern zu erwirken. Es wird nun zunächst am Westende der Stadt auf einem freien Platze ein massives Haus erbauet, das innerhalb seiner Fundamente weite, hohe und helle Gewölbe enthält, aus einem zweistöckigen Mittelgebäude und aus zwei an der Vorder- und Hinterseite vorspringenden Flügeln von drei Stockwerken besteht, im Mittelgebäude 104 Fuß Länge und 37 1/2 Fuß Tiefe, in den beiden Flügeln 24 Fuß Tiefe hat und 9 Klassenzimmer, einen Schul-saal, ein Lehrerconferenz­zimmer, die Wohnung für den Schuldiener - sämmtlich 13 Fuß hoch - und im dritten Stocke der beiden Flügeln zwei geräumige Lehrerwohnungen einschließt. Innerhalb zweier Jahre wird der Bau vollendet und das Haus Michaelis 1862 bezogen werden. Nach dem Ausspruche Bauverständiger ist dieser Bau so dauerhaft, zweckmäßig, schön und prächtig, daß er selbst einer größeren Stadt des Landes zur Zierde gereichen würde. Die Kosten werden die Höhe von 16000 Rthlr. erreichen, die wenig in Betracht kommen können, da die Kommune reiche Einnahmen aus Wald, Weide und Wiesen hat, ihre Schulden bis auf wenige Tausende abgezahlt sind, eine tüchtige und umsichtige Verwaltung die Stadt von jeder Stadtauflage bis zu dieser Stunde freigehalten hat, die ein vielleicht fressender Krebsschaden am Vermögen der Kammer und der Bürger ist, als es Schulden jemals werden können."

 

Bürgermeister Mau hatte darunter geschrieben: "Wollte Gott, daß der Einsender des vorstehenden Artikels hinsichtlich seiner Angaben über den Schuldenstand der Stadtkämmerei Recht hätte ..." 

 

Weiter hielt Bürgermeister Mau schriftlich fest:

"Mein Onkel der Hofbaurath Demmler in Schwerin ist auf meine desfall­sige Bitte gestern hier eingetroffen und hat heute in Gegenwart des Herrn Zimmermeisters Benduhn sowie später der Herren Viertelsmann Kähler und Maurermeister Sontag sowie in Gegenwart meiner den Schulhausbau genau revidirt und die bisher ausgeführten Arbeiten für durchaus gut erklärt, auch mir noch versprochen, sein Erachten schriftlich mir zuzusenden. Wegen der in den Giebeln anzulegenden Stuben hat er in Gegenwart des Herrn ZM. Benduhn und des Maurerpoliers Fischer das Behufige angeordnet. Im Übrigen sprach er sich wiederholt dahin aus

1. daß das von ihm projektirte Treppenhaus hätte angelegt werden müs­sen, indem jetzt der schöne Corridor durch die darin befindliche Treppe verengt würde und meinte er,

daß das Treppenhaus noch jetzo anzulegen wäre, indem dann der Corri­dor frei würde und die Treppe gleich nach der dritten Etage bequem angelegt werden könne, was bei der jetzigen Einrichtung nicht gut auszuführen sei. Sollte dies Treppenhaus nicht errichtet, so proponirt er nur eine Treppe im Corridor anzulegen und statt der zweiten bei der Ausmeidung in der 2ten Etage die Treppe nach der 3ten Etage herzustellen.

2. daß die Dachrinnen nicht auf dem Dache, sondern am Gesimse angebracht, wenigstens 5 bis 6 Zoll breit angefertigt und beim Einlauf in das lange Rohr mit einem breiten Trichter versehen würden, damit die Rinnen bei Schnee, Thau und Frostwetter sich nicht verstopften, das Wasser übertreiben und dem Gebäude Nachtheil verursachte. Allemal proponire er, die Dachrohre auf dem Erdboden auf einer kleinen Mauer ruhen zu lassen.

3. daß vor dem Hause eine Rampe, oder eine allmälige Abdachung von Kiesauftrag eingerichtet werde.

4. daß der Abputz nicht mit dem theuren Portlandcement, sondern gutem Erdkalk geschehe,

5. daß die Zierrath in dem Mittelbau oben am Dach wegfallen möge, da solche Decoration nur Kosten verursache und in der Wirklichkeit nichts nutze.

6. bedauerte er sehr, daß das ganze Gebäude nicht kellerhohl gemacht worden.

                               Neukalen den 3ten August 1861                               Mau

 

Am 5ten Aug. habe ich mit Vorstehendem die Herren Tischler Stüdemann und ZM. Benduhn in der Committeesitzung bekannt gemacht, indem H. Tischler Jacob Fischer abwesend war. Wir haben den Bau gemeinschaftlich besehen und wenn wir gleich alle der Ansicht waren, daß die Einrichtung des Treppen­hauses wünschenswerth gewesen, so glaubten wir, daß jetzo die Veränderung wegen der damit verbundenen Kosten zu spät sei. Mit den übrigen Punkten 2, 4, 5, 6 waren wir einverstanden.               Mau"

 

Die Hohlsteine für die Dachstuben kamen aus der Malchiner Ziegelei von Köhn. Der Steinhauer Müller in Teterow besorgte das Behauen der Trittsteine. Die Beschalung der Zimmerdecken erfolgte durch den Tischlermeister Stühm. Die Zinkarbeiten am Dach wurden vom Kupferschmied J. F. Heincke und Klempner C. Kobow aus Neukalen ausgeführt. Das Dach deckte der Dach­deckermeister F. Prosche aus Malchin.

 

"Registratur Neukalen 5. Octbr. 1861

Der Bäcker Bruger trug vor

Er wolle der hiesigen Stadt hiedurch die in seinem Hause innehabenden Schulklassen zur Räumung zu Ostern k. J. aufkündigen, wenn ihm nicht, da dem Vernehmen nach das neue Schulhaus Michaelis 1862 fertig sei und auf das halbe Jahr von Ostern bis Michaelis 1862 eine Miethe von 54 Rthlr. gezahlt werde.                                                                  Timm Secr.

 

Mit dem Bäckermeister Bruger habe ich unter Vorbehalt der Genehmi­gung des Magistrats und des Bürgerausschusses die Vereinbarung dahin getroffen, daß derselbe die Miethe für die beiden Schulklassen von Ostern bis Michaelis 1862 die Summe von vierzig Rthlr. erhält.

Ich bin für die Bewilligung der 40 Rthlr. Miethe an Bäcker Bruger für das halbe Jahr von Ostern bis Michaelis 1862, denn andere Localitäten im Orte werden nicht zu haben sein und allemal sind die damit verbundenen Kosten bei Aufstellung der Bänke usw. nicht geringe, wie auch die Locale selbst eine bedeutende Miethe erfordern würden. Vor Michaelis 1862 dürfte das neue Schulhaus nicht bezogen werden.

Neukalen den 8 October 1861                              Mau"

 

Die anderen Mitglieder des Magistrats waren damit einverstanden.

 

"Heute, Sonntag, Morgen 8 Uhr zeigte der R. d. [Ratsdiener] Meyer an, daß der Maurergeselle Müller, der nahe beim neuen Schulhause wohne, ihm die Mitteilung gemacht, wie die Verkleidung einer Fensteröffnung in der Giebelseite des Schulhauses heute morgen fortgeschlagen gewesen und Bretter aus dem Schulhause entwendet worden. Die Spuren wären von ihm - Müller - bis zur Fritz Krügerschen Pumpe in der Töpferstraße verfolgt, dann aber nicht mehr zu erkennen gewesen, da der in der Nacht gefallene Schnee bereits auf der Straße weggefegt worden. Meyer hat H. Senator J. Stüdemann bereits Anzeige gemacht.

Ich habe Meyer instruirt, die hiesigen Tischler sondersamst hievon zu benachrichtigen, um falls ihnen Bretter zum Verkaufe angeboten, davon die Anzeige zu machen.

Meyer ist außerdem zur Vagitam instruirt.

Herr Senator Stüdemann wolle gefälligst mit ZM. Benduhn nachsehen, wieviel Bretter und von welcher Beschaffenheit entwendet worden.

Neukalen den 9ten Februar 1862                         Mau

 

Ich bin gestern Morgen zwischen 9 und 10 Uhr mit dem Zimmermeister Benduhn im Schulhause gewesen, und haben gefunden, daß freilich die Bretter vor das eine Fenster weg waren, dieselben aber inwendig lagen und nach unserer Ansicht vielleicht von selbst weggefallen waren. Die Fußbodenbretter sind noch alle da, und ist auch sonst nichts entwendet.

Neukalen den 10ten Februar 1862

 

Neukalen den 26sten April 1862

Die Schulhausbaukommittee ist heute zusammengetreten, um über einzelne Bauangelegenheiten Rücksprache zu nehmen und eventualiter darüber zu beschließen: Was

1. den Anstrich der Fensterluchten und Thüren anbetrifft, so haben die Maler Salbreuter und Bremer die angeschlossenen Kostenanschläge einge­reicht, wogegen nichts zu erinnern gefunden, daher selbigen die Arbeit übertragen worden.

2. Hinsichtlich der Oefen wurde beschlossen, daß solche schwarz glasurte gute Kachelöfen und zwar 2 1/2 Kacheln im Sockel, 8 Kacheln hoch ohne Fries, 5 Kacheln breit und 2 1/2 Kacheln tief sein sollen, jedoch behielt man hinsichtlich der Öfen in den Lehrerzimmern und dem Schulsaale weitere Bestimmung sich vor, indem in diesen Localitäten vielleicht eiserne Oefen sich besser empfehlen dürften.

Die Bereitung des Lehms würde der Töpfer für seine Kosten zu besorgen haben, wogegen das Material an Steine, Lehm, Kaff, Klammern und Thüren von Seiten der Baubehörde geliefert wird. Der Töpfermeister Paul forderte für die Lieferung eines Ofens unter den vorstehenden Bedingungen 18 Rthlr., wobei er für tüchtige, tadelfreie Arbeit sich verpflichtete und für jeden Nachtheil, der aus der fehlerhaften Setzung des Ofens erwachsen sollte, aufzukommen verhieß mit dem Bemerken, daß die Oefen zum 1. August dieses Jahres sämtlich gesetzt und abgeliefert werden müssen. Dem erschienenen Töpfermeister Matz wurden vorstehende Bedingungen ebenfalls verlesen. Beide erklärten sich damit einver­standen."

 

Zum Bau eines "Abortes mit Stallung auf dem Schulhofe" wurde im Mai 1862 ein Kostenanschlag von 840 Rthlr. angefertigt.

 

"Hochzuverehrender Herr Oberschulrath!

Der Assistent Lembke aus Lübz, welcher von Neujahr bis Palmarum d. J. an der hiesigen Stadtschule für den Küster Wiebcke fungirt hat, verbindet mit Liebe zu dem erwählten Berufe einen löblichen Eifer, sich für denselben weiter auszubilden, sowie eine ziemlich gute Begabung. Er hat seine Schulstunden hier pünktlich abgewartet. Eine eigentliche Katechese über Katechismusstücke habe ich nicht von ihm gehört, da in der 3ten Klasse, die er zu verwalten hatte, der Katechismus noch nicht erklärt wird. Bei seinem Unterrichte in der biblischen Geschichte aber war er sehr bemüht, die einzelnen Geschichten auch paränetisch zu behandeln, worin er sich eben nicht ganz ungeschickt bewies. Überhaupt hat mich sein Unterricht in den verschiedenen Lehrgegenständen zufrieden gestellt. Auch habe ich an ihm eine entschieden christliche Gesin­nung, ein bescheidenes, anspruchsloses, friedfertiges Wesen wahrgenommen, und glaube wohl sagen zu dürfen, daß er zu guten Hoffnungen berechtigt.

Seine Aufführung ist hier untadelig gewesen.

Ehrerbietigst                                                         Ew. Wohlgeboren

Neukalen,                                                                 gehorsamster

den 3ten Juni 1862                                                Breuel. [Pastor]"

 

 

In einem Versicherungsantrag gegen Feuer für das neue Schulhaus heißt es am 7.6.1862, den Standort des Gebäudes betreffend:

"Das westlich vor der Stadt auf dem alten Kirchhof belegene Schulhaus, welches östlich 80 Fuß von mit Ziegel gedeckten Ställen, nordwestlich 88 Fuß von einem mit Rohr gedeckten Eiskeller und nordöstlich von einem mit Ziegel gedeckten 110 Fuß davon entfernten Töpferofen begränzt wird ..."

(Der Eiskeller befand sich der Skizze nach direkt vor dem später um 1970 abgerissenen Bleicherhaus.)

 

"Der Herr Oberschulrath Schröder aus Schwerin ist gestern Nachmittag um 6 Uhr hier eingetroffen und hat mit H. Senator Stüdemann und mir das Schulhaus besehen, an Ort und Stelle über die einzurichtenden Bänke und Katheder sich ausgesprochen und die eingerichteten Lehrerwohnungen für grade genügend erklärt. Hinsichtlich des Stallgebäudes, wovon das Fundament theilweise gelegt, wünschte derselbe namentlich bei der Thür des Privets für die Mädchen eine Abänderung, um die Geschlechter noch mehr zu trennen, welche sich auch leicht herstellen läßt.

Hierauf begaben wir uns nach meiner Wohnung, wo wir bis nachts 12 Uhr fast ununterbrochen unter Zurhandnahme der Acten die Einrichtung der Klassen, Zahl der Schüler und der Lehrer besprachen und war das Resultat, daß 8 Lehrer durchaus erforderlich wären, indem 7 Lehrer nicht ausreichen wür­den. Ich bemerke, daß in Stavenhagen, welches etwa 200 Einwohner weniger hat, gleichfalls 8 Lehrer angestellt sind.

Herr Schulrath Schröder sprach sich dahin aus, daß von diesen 8 Lehrer­stellen 5 so dotirt werden müßten, um Familienstellen zu begründen, mithin die letzten drei Stellen für unverheiratete Lehrer übrig blieben. Hiernach wäre die 4te Lehrerstelle mit 300 Rthlr. bis 350 Rthlr., die 5te Lehrerstelle mit 250 Rthlr. bis 300 Rthlr. zu dotiren, jede der 6ten, 7ten und 8ten aber mit 140 Rthlr. bei freier Wohnung und Heitzung im Schulhause.

Über die Einrichtung der Klassen war derselbe mit uns einverstanden, daß die ersten beiden Klassen resp. für Knaben und Mädchen getrennte, die übrigen aber gemischte würden, ebenso daß 6 Klassen zur Bürgerschule und 2 Klassen zur Volksschule bleiben, und in der letzteren 180 Kinder placirt würden, um die Überfüllung der Klassen in der Bürgerschule abzuwenden.

Die Bestimmung des Schulgeldes ist dem Ermessen des Magistrats über­lassen, jedoch so daß das Schulgeld in den beiden Klassen der Volksschule gleich, aber etwas niedriger wie in der 6ten Klasse der Bürgerschule gestellt werde.

Da der Rector bisher aus der Schulkasse 233 Rthlr. 16 Schilling erhält, so machte Herr Oberschulrath Schröder die Andeutung, daß bei etwa eintre­tender Vacanz dieser Stelle die 33 Rthlr. 16 Schilling hievon abgenommen werden könnten, um dadurch die Schulkasse zu verbessern.

Was die Aufbringung der Kosten anbetrifft, so muß solche dem Magi­strate überlassen bleiben, ebenso auch die etwaige Beihülfe aus kirchlichen Mitteln, indem hierüber dem hohen Ministerium für Unterrichtsangelegenheiten keine Verfügung zusteht.

Was die Besetzung der Lehrerstellen anbetrifft, so war der Herr Ober­schulrath Schröder damit einverstanden, daß dem hiesigen Magistrat wie bei den übrigen Lehrerstellen drei zur Wahl bei jeder vakanten Stelle vom hohen Ministerium vorgeschlagen werden sollten.

Herr Senator Stüdemann und ich brachten die Rede auf die nothwendige Pensionirung des Küsters und Lehrers Wiebcke, worauf Herr Oberschulrath Schröder erklärte, daß er dahin sorgen wolle, daß der Stadt dieserhalb keine Kosten erwachsen würden.

Herr Oberschulrath Schröder erklärte, daß keiner der angestellten Lehrer ein Recht auf das Einrücken in eine höhere bisher dotirte Stelle bei deren Vakanz erlangen solle.

Neukalen, den 6ten Julius 1862

                               L Mau             H Stüdemann

 

Herr Oberschulrath Schröder erklärte noch auf unsre Vorstellung, daß der Rector ohne die Schule den Pastore bei Beerdigungen begleite, wodurch der Unterricht zum großen Nachtheil der Kinder leide, daß der Rector als Kantor folge und die Einrichtung getroffen werden sollte, solche Beerdigungen Mittags zwischen 1 und 2 Uhr vorzunehmen, ferner daß später die Begleitung der Leichen von Karnitz - Schlakendorf statt des hiesigen Küsters der Franzens­berger Schullehrer übernehmen solle.

                               L Mau             H St.               H R.

 

 

In der heutigen Conferenz wurde das Hohe Rescript vom 22sten v. M. besprochen und die Ansicht dahin ausgesprochen, daß

1, die Einrichtung der Schule auf acht Klassen zu bringen und zwar sechs Klassen zur Bürgerschule und zwei Klassen zur Volksschule, daß die erste Kl. nur für Knaben, die übrigen aber für beide Geschlechter einzurichten wären. Sollte nach Verlaufe einiger Jahre das Bedürfniß der Einrichtung mehrerer ge­trennter oberen Klassen sich zeigen, so dürfte alsdann die behufige Einrichtung beantragt werden.

2, die bisherige Halbtagsschule von Michaelis d. J. an gänzlich wegfällt, wogegen die beiden Klassen der Volksschule mit ganztägigem Unterrichte eintreten;

3, sprach man mit dem Herrn Lehrer Tegetmeyer über die bevorstehende Einrichtung der Klassen, und wünschte derselbe die getrennte erste Mädchen­klasse Michaelis d. J. zu übernehmen. Der anzustellende neue Lehrer mit 300 Rthlr. Gehalt würde demnächst die erste gemischte Klasse zu übernehmen haben.

Es wurde hierbei noch hervorgehoben, ob es sich nicht empfehle, dem einen der beiden anzustellenden verheiratheten Lehrer die erste Klasse der Volksschule u. deren Direction zu übertragen, oder dem demnächst definitiv anzustellenden Küster.

Neukalen den 3 September 1862

LMau         Breuel             HBillenberg                Benthien         AWHermes

 

An das hohe Gh Ministerium Abtheilung für Unterrichts - Angelegen­heiten zu Schwerin

Auf das hohe Rescript vom 22/27 v. M. betreffend die Veränderungen des hiesigen Schulwesens berichten wir nach Benehmung mit dem Schul­vorstande submissest:

Die Zahl der schulpflichtigen Kinder beträgt circa 560, für welche 8 Lehrer von Michaelis d. J. nach Vollendung des neuen Schulhauses erforderlich wer­den dürften, so daß, da jetzt 5 Lehrer hier sind, noch 3 neue anzustellen wären.

Was die Gehalte derselben anbetrifft, so würden die des Rectors Billen­berg, des zweiten Lehrers Tegetmeyer, des dritten Lehrers und Küsters Wieb­cke zur Zeit die früheren bleiben. Dagegen beabsichtigen wir nach zuvoriger Berathung mit dem Bürgerausschusse dem anzustellenden vierten Lehrer 300 Rthlr. Cour., dem anzustellenden fünften Lehrer 250 Rthlr. Cour. und den anzustellenden 6ten, 7ten u 8ten Lehrer jedem 140 Rthlr. bei freier Wohnung u Heitzung im Schulhause jährlich an Remuneration zu geben.

Was die Besetzung dieser Lehrerstellen betrifft, so bitten wir, es bei der desfallsigen Bestimmung des § 53 der Schulordnung dahin zu belassen, daß für jede Lehrer Stelle drei Bewerber zur Wahl vom hohen Gh Ministerium uns namhaft gemacht werden, auch gnädigst zu verfügen, daß keiner der ange­stellten Lehrer ein Recht auf das Einrücken in eine höhere, besser dotirte hiesige Lehrerstelle bei deren Vacanz erlangen solle.

Zugleich erlauben wir uns submissest anzuführen, daß die Pensionirung des Lehrers und Küsters Wiebcke zu Michaelis sich vernothwendigen dürfte und haben wir uns gegen den Superintendenten Schmidt zu Malchin bereit erklärt, die im städtischen Küsterhause befindliche Schulklasse für den anzustellenden unverheiratheten Substituten einrichten zu lassen. Von den beiden anderen hiesigen Lehrern erhielten Köster 200 Rthlr. und Schlunz 174 Rthlr. jährlich, welche Gehalte von Michaelis an bei Einrichtung der neuen Lehrerstellen cassiren würden.

Was nun die Einrichtung der Schule nach Vermehrung der Klassen und der Lehrer betrifft, so wünschen wir 8 Klassen herzustellen und zwar 6 Klassen für die Bürgerschule und 2 Klassen für die Volksschule, so daß die I und II Klasse in der Bürgerschule resp. für Knaben und Mädchen getrennte, die übrigen Klassen aber gemischte würden. Die I (Knaben) Klasse dürfte demnach dem Rector Billenberg und die II (Mädchen) Klasse dem Lehrer Tegetmeyer zu überweisen sein, wogegen den anzustellenden Lehrern die übrigen Klassen anzuweisen wären. Ob der Adjunktus des Küsters die I Klasse der Volksschule übernehmen soll, verstellen wir zum hohen weisen Ermessen.

Den Lehrplan werden wir demnächst zur hohen Genehmigung einreichen.

Neukalen den 3ten Septbr. 1862

                               BM u R

                   LM      HR      HSt."

 

Küster Wiebcke wurde zu Michaelis 1862 in den Ruhestand versetzt.

 

 

"An den Magistrat zu Neukalen.

Das unterzeichnete Ministerium hat den Bericht des Magistrats vom 3. d. M., betreffend die Erweiterung der dortigen Stadtschule, durch welche nunmehr die bisherigen schweren Uebelstände beseitigt werden, mit Befriedigung vernommen. Bei Besetzung der neugegründeten Lehrerstellen wird das unterzeichnete Ministerium auch ferner nach §. 53. der Schulordnung verfahren. Wenn übrigens die bisher von dem vierten Lehrer Köster und dem fünften Lehrer Schlüns innegehabten Gehaltsstellungen von resp. 200 Rthlr. und 174 Rthlr. von jetzt an ganz wegfallen sollen, so scheint dies zwar nicht anders geschehen zu können, als daß die Lehrer Köster und Schlüns in die höheren Gehalte von resp. 300 Rthlr. und 250 Rthlr. einrücken; doch wünscht das unterzeichnete Ministerium, auch die ausdrückliche Erklärung des Magistrats, event. nach Benehmung mit dem Schulvorstande, zu vernehmen. Zugleich wolle der Magistrat sich darüber äußern, nach welchen Sätzen bei der vergrößerten Zahl der Klassen das Schulgeld zu erheben ist. Daß der Küster Lehrer der ersten Klasse der Unterschule sei, ist nur unter Umständen von besonderem Nutzen. Daher bleibt im Allgemeinen die Vertheilung der Lehrkräfte auf die verschiedenen Klassen dem pflichtmäßigen Ermessen des Schulvorstandes überlassen. Da jedoch augenblicklich, so viel ersichtlich ist, auch kein Bedenken dagegen obwaltet, so wird das unterzeichnete Ministerium zum Adjuncten des in den Ruhestand zu versetzenden Küsters Wiebke einen für die gedachte Klasse geeignet erscheinenden Lehrer berufen. Einen von dem Magistrat vorgelegten Lehrplan wird das unterzeichnete Ministerium zwar einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen nicht unterlassen; doch scheint derselbe zweckmäßiger erst nachdem die neuen Klassen gebildet sind und einigen Bestand gewonnen haben, für das mit Ostern k. J. beginnende Schuljahr festgestellt werden, und wird er vielleicht inzwischen noch einfacher und sachgemäßer im Wege der Besprechung zu Stande gebracht werden können.

Schwerin am 6. September 1862.

       Großherzoglich Mecklenburgsches Ministerium,     Abtheilung für Unterrichts - Angelegenheiten."

 

Hochehrwürdiger Herr,

Hochgeehrter Herr Pastor!

Sie wissen, daß an der Stadtschule in Neukalen drei neue Lehrerstellen gegründet sind. Eine derselben wird 300 Rthlr. eintragen. Naturgemäß wird diese Stelle künftig im Range die vierte sein. Es giebt aber dann zwei Even­tualitäten, welche beide rechtlich gleich sehr möglich sind. Entweder man kann sagen: das Gehalt des bisherigen vierten Lehrers wird auf 300 Rthlr. gebracht; oder man kann sagen: es wird eine neue Stelle gegründet und an der vierten Stelle eingeschoben und in Folge dessen wird diejenige Stelle, welche bisher die vierte war, nunmehr die fünfte, der vierte Lehrer künftig der fünfte. Aehn­liches ist an anderen Schulen oft genug geschehen, noch vor wenigen Jahren in Stavenhagen. Der Magistrat in Neukalen hat sich, wenigstens seiner Intention nach, für die zweite Alternative entschieden. Er hat bei dem Ministerium einen Antrag gestellt, dessen Meinung dahin geht, daß ihm zu der mit 300 Rthlr. dotirten Stelle drei Lehrer zur Auswahl präsentirt werden mögen. Da dieser Antrag sich auf die Schulordnung gründet, so kann das Ministerium schwerlich umhin, ihm zu willfahren. Der Antrag läßt weiter als die Meinung des Magistrats erkennen, daß nicht der Lehrer Köster in die Gehaltsstellung von 300 Rthlr. einrücken solle. Daß dies wirklich die Meinung des Magistrats ist, ist mir auch anderweitig bekannt. Demnach kann es dem Ministerium nicht einfallen, Köster mit zu präsentiren; und selbst wenn es dies thun wollte, würde der Magistrat aber einen Anderen wählen. Unter diesen Umständen glaube ich annehmen zu können, daß Köster die Schulstelle in Gutow bei Güstrow annehmen wird, welche ich ihm anbot, noch ehe mir bekannt war, wie die Verhältnisse in Neuka­len geordnet werden würden, nachdem er mich vor einigen Monaten um Beför­derung gebeten hatte, und welche ich ihm in den letzten Tagen wiederholt in Aussicht gestellt habe. Dies Alles steht mir ziemlich fest. Es ist also nicht eigentlich dies, worin ich Sie um Ihren Rath und Ihre Mitwirkung bitten möchte. Es ist nur die Voraussetzung für das folgende.

Die vierte, mit 300 Rthlr. dotirte Lehrerstelle ist durch Präsentation von Seiten des Ministeriums und Wahl des Magistrats anderweitig zu besetzen. Zu denjenigen Lehrern, welche eine solche Stelle zu erhalten dringend wünschen, gehört Knoll in Franzensberg. Daß Knoll die Befähigung besitzt, in der zweiten Klasse einer landstädtischen Bürgerschule zu unterrichten, unterliegt keinem Zweifel. Daß er in Franzensberg übel daran ist, wissen Sie. Wäre mir der Zustand seiner Frau früher bekannt gewesen, so würde er vielleicht nicht gerade nach Franzensberg gesetzt sein. Aber aufs Land wäre er allerdings doch gekommen. Ich halte Knoll für eine leidenschaftlich erregte und erregbare Natur. Er würde in einem städtischen Lehrercollegium dem Rector, vollends einem solchen, welchen er übersähe, das Leben recht sauer machen können, und eher einen etwas anderen Geist pflegen, als den, der herrschen muß. Das ist meine Ansicht, und deshalb habe ich mich bisher beharrlich geweigert, ihn für städtische Stellen in Vorschlag zu bringen. Sie aber kennen ihn genauer, als ich. Auch ist ja nicht undenkbar, daß seine Lebenserfahrungen ihn zu seinem Vortheile verändert haben. Deshalb erlaube ich mir die Frage an Sie: halten Sie es für unbedenklich und können Sie wünschen oder empfehlen, daß Knoll vierter Lehrer an der Stadtschule in Neukalen werde?

Das Ministerium könnte es darauf ankommen lassen: es könnte Knoll neben zwei anderen Lehrern präsentiren und es darauf ankommen lassen, ob er gewählt würde. Allein da Knoll ganz in der Nähe ist, wäre es für ihn nicht gut, wenn viel über ihn geredet würde zu der Folge, daß man ihn nicht wählen wollte. Das Ministerium würde also meines Erachtens ein Unrecht an ihn thun, wenn es ihn präsentirte ohne die Wahrscheinlichkeit, daß er gewählt würde. Können nun Sie Selbst nicht dafür sein, so ist schon damit die Sache abgemacht. Für den Fall aber, daß Sie dafür wären, erlaube ich mir die weitere Bitte an Sie, Sich mit dem Bürgermeister Mau darüber benehmen zu wollen, ob derselbe geneigt sein würde, Knoll zu wählen, und von dem Ergebnisse mich in Kenntniß setzen zu wollen.

In größter Hochachtung bekenne ich mich als

Ew. Hochehrwürden

ganz ergebenster

Schröder

 

 

Schwerin, am 11. Sept. 1862

Heute ist durch den Herrn Superintendenten Schmidt das Schulhaus feierlich eingeweihet worden.

Um 10 Uhr versammelte sich der Magistrat und Bürgerausschuß mit Ausnahme der Viertelsl. Kähler und Joh. Zingelmann (Ackersmann) im Rath­hause, wo sich die Herren Superintendent Schmidt, Pastor Breuel, Rector Billenberg, die Lehrer Schlünz, Wiegert, Trenk, Thiel und Richter einfanden. Von hier begab man sich nach dem Schulhause, das gehörig mit Blumen und Kränzen geschmückt war.

Herr Superintendent Schmidt hielt zuerst eine herrliche Rede, wobei derselbe an die anwesenden Eltern dringende Worte richtete, ihre Kinder zum fleißigen Schulbesuch anzuhalten, damit solche Gottes Worte gehörig kennen lernten und dessen Gebote hielten, darauf Einführung der 4 Lehrer, worauf Herr Rector Billenberg gleichfalls eine gute Rede hielt, die besonders auf die häusliche Erziehung der Kinder und auf den fleißigen Schulbesuch umständlich sich verbreitete. Der Gesang Nr. 198 wurde im Anfange und zuletzt, nachdem Herr Pastor Breuel den Segen ertheilte, Nr. 534 gesungen.

Um 1 Uhr versammelten Herr Superintendent Schmidt, Herr Pastor Breu­el, Rector Billenberg, die Magistratspersonen, die Repräsentanten Salchow, Benduhn, Mahns, Herr Dr. Buschmann, Maurermstr. Sonntag sich zu einem fröhlichen Mahle und wurden Abend zu einer Bowle VM. Fischer, die 4 neuen Lehrer, Küster Wiebcke und Lehrer Schlunz dazu eingeladen, wo wir den Abend in Fröhlichkeit verbrachten. Lehrer Tegetmeyer war leider erkrankt und der Lehrer Hennings hier nicht eingetroffen.

Herr Superintendent Schmidt sprach seine größte Zufriedenheit mit dem neuen Schulhause aus und möge der allgütige Gott geben, daß die vom Herrn Sup. Schmidt ausgesprochenen Wünsche und Hoffnungen in Erfüllung gehen. Habe ich in diesen beiden Jahren beim Schulhausbau manche Unannehm­lichkeit auch gehabt, so sind solche doch alle beseitigt und durch das so schön ausgeführte Werk reichlich überwogen. Möge Gott das Schulhaus in seinen Schutz nehmen.

Neukalen 9 Octbr 1862                 L Mau"

 

 

Die vier zu Michaelis 1862 neu angestellten Lehrer waren:

Wiegert, vorher in Neustadt (4. Lehrer in Neukalen);

Trenk, vorher in Dobbertin (6. Lehrer in Neukalen);

Thiel, vorher in Frauenmark bei Parchim (7. Lehrer in Neukalen);

Richter, vorher in Serrahn (8. Lehrer in Neukalen).

 

In der "Zeitung für Parchim, Lübz, Goldberg und Crivitz, Nr. 123 vom Donnerstag, den 16. October 1862, erschien folgender Artikel:

 

"Neukalen, 9. October. Nach Vollendung des Baues unseres Schul­hauses, das nach Aufführung, Größe, zweckmäßiger innerer Einrichtung und ausgezeichnet reicher Ausstattung mit allem Nothwendigen kaum seines Gleichen in den kleinen und mittleren Städten Mecklenburgs haben mag, wurde heute dasselbe unter erfreulicher großer Theilnahme der Schulgemeinde von dem Hrn. Superintendenten Schmidt in Malchin eingeweiht. Es werden nun künftig 8 Lehrer an dieser Schule, 6 an der Bürgerschule und 2 an der Volksschule, wirken.

 

Nach der vorgelegten Berechnung des Herrn Senators Stüdemann als Berechner der Schulhauskasse sind zu letzterer eingezahlt:

A. aus der Kirchen - Oeconomie hieselbst    1861    3000 Rthlr.

                                               "                           1862    2000 Rthlr.

     B. aus der Stadtkasse                                     1861    4850 Rthlr.

                        "                                                  1862     3790 Rthlr.

                                                                                -----------------------

                                                                                       13640 Rthlr.

      davon sind an die Kämmerei - Kasse restituirt            500 Rthlr.

                                                                                -----------------------

      so daß im Ganzen verausgabt worden                     13140 Rthlr.

                                                                       L Mau"

 

 

Pastor Schliemann schrieb in einem Bericht über das Schulwesen in Neukalen:

"Die Veränderung, welche nunmehr, d. h. Michaelis 1862, mit dem Schulwesen vorgenommen wird, scheint wirklich allen bisher fühlbar gewor­denen Übelständen abhelfen zu sollen, wie sich das von keiner früheren Veränderung sagen ließ. Statt fünf erhält Neukalen fortan acht Lehrer, welche in acht Klassen unterrichten. Die Volksschule erhält zwei Ganztagsklassen, auf welche 151 Kinder verteilt werden. Die Bürgerschule erhält fünf aufsteigende Klassen, von denen die erste in eine besondere Knaben- und eine besondere Mädchenklasse aus einander geht, im Ganzen also 6 Klassen, auf welche 392 Kinder verteilt werden, wie folgt: Die erste Knabenklasse hat 42 Kinder, die erste Mädchenklasse dito 42, die zweite Klasse 66, die dritte 78, die vierte 94, die fünfte 70 Kinder. Daß die fünfte Klasse weniger Kinder hat als die vierte, erklärt sich daraus, daß die vierte Klasse bisher die unterste Klasse war, und die fünfte alle die Kinder umfaßt, welche wegen Mangels an Raum bisher keine Aufnahme fanden. Übrigens sollte die definitive Regelung der neuen Schulein­richtung erst zu Ostern 1863 eintreten.

Das am 9. Oktober 1862 eingeweihte neue Schulhaus enthält außer der für die 8 Klassen erforderlichen Räumlichkeit noch ein neuntes Lokal, welches augenblicklich für den Industrieunterricht bestimmt ist, sich aber erforderlichen Falls leicht für eine neunte Klasse einrichten ließe. Demselben Zwecke könnte auch der Schulsaal dienen, wie schon anderwärts geschieht, sobald einmal der sonst vorhandene Raum nicht mehr ausreichen wollte. Man wird also gewiß nicht sagen können, daß auf den Zuwachs der Bevölkerung kein Bedacht genommen sei. Wenn anfänglich mehrfach bedauert wurde, daß das stattliche Gebäude in der Stadt selbst, die doch der Verschönerung durch ansehnliche Häuser ganz besonders zu bedürfen scheint, wenig sichtbar ist, so nimmt man dies Bedauern gern zurück, wenn man wahrnimmt, wie das Schulhaus den von außen Kommenden, nach verschiedenen Richtungen hin, einen reizenden Anblick gewährt und dadurch gerade in seiner jetzigen Lage ganz besonders geeignet ist, der Draußenwelt Neukalens Lob zu verkündigen.

Das Rektorhaus und alte Schulhaus sind von der Kirche an die Stadt geschenkt. Das alte Schulhaus soll sofort zur Unterbringung von Leuten dienen, mit denen man fast nirgends hin weiß. Über das Rektorhaus wird man, so wie dereinst ein Wechsel im Rektorat eintritt, auch wohl anderweitig verfügen und den Rektor auf Miete setzen."

 

 

Der ehemalige Friedhof wurde mit Kastanienbäumen bepflanzt und der freie Platz als Turn- und Spielplatz eingerichtet.

Endlich hatte die Stadt Neukalen ein für damalige Verhältnisse sehr ansprechendes Schulgebäude, welches allen Anforderungen in räumlicher Hin­sicht genügte.

Carl Voß schrieb dazu: "Äußerlich ein stattliches Gebäude, jedoch die Innenseite war noch in vieler Beziehung sehr mangelhaft. Für eine kleine Stadt fällt es immer schwer, sich der Neuzeit anzupassen. Die Stadtväter halten fest am althergebrachten und ist auch auf diese Weise wohl manch praktischer Vorschlag von Seiten der Lehrerschaft von den alten Stadtvätern abgelehnt worden.

 

Zum löblichen Magistrate!

Nicht länger dürfen wir säumen, den von uns allen tief empfundenen, dankbaren Gefühlen gegen unsern hochverehrten Magistrat Worte zu leihen. Wie es redlichen, wahrheitsliebenden Männern wohl ansteht, zu reden, wie das Herz es eingiebt, so bekennen wir unserm Magistrate, daß wir uns über das schöne Beispiel freuen, welches derselbe von so bedachter und edler Fürsorge für das jüngere Geschlecht des Ortes manchen andern Obrigkeiten in der wesentlichen und gründlichen Verbesserung des Schulwesens in der Stadt durch die so bedeutend vermehrte Lehrkraft und die Erbauung des so schönen und zweckgemäßen Schulhauses gegeben hat. Wir haben nur zu bitten, daß seitens des löblichen Magistrates und der Bürgerrepräsentanten, welchen wir hochdenselben ersuchen, unsern gleich tief gefühlten Dank, unsere ganze Ergebenheit und Hochachtung in unserm Namen auszusprechen, dieses unser Anerkenntniß freundlichst aufgenommen werden möge.

Zugleich erlauben wir uns, indem wir fest vertrauen, daß ein verehrlicher Magistrat dem im Ganzen so ausgezeichneten Werke auch das Geringere doch hinzufügen wolle, die ergebenste Bitte, auf kleinere, für das Schulwesen über­aus nothwendige und auch wenig kostspielige Einzelheiten hochdenselben aufmerksam machen zu dürfen.

Wir bitten demnach um die geneigte Verfügung, daß

1, jeder Klasse ein Tafelschwamm zugetheilt,

2, die Dinte für alle Klassen, in welchen geschrieben wird, aus der Schulkasse, wie das überall gesetzmäßige Ordnung geworden ist, geliefert,

3, für die ärmeren Kinder der II. Klasse der Volksschule mindestens 24 Kanteln von einem Tischler gemacht,

4, Riegeln zum Aufhängen von Hüten, Mützen, Tüchern, Mänteln der Kinder in den Schulgängen in passender Nähe jeder Klasse befestigt,

5, eine Rechenmaschine, welche freilich einige Thaler kosten, aber für den Rechenunterricht unumgänglich nothwendig werden wird, angeschafft,

6, da die Fußkratzer außerhalb des Schulhauses durchaus unzulänglich sind, 4 - 6 Fußkratzer, jeder für 6 - 8 Kinder eingerichtet, in den Gängen innerhalb der Thüren des Hauses auf den Gängen hingestellt,

7, in jeder Klasse ein Haken für den Lehrer zum Aufhängen von Ueberzieher, Schals, Hut oder Mütze an der innern Seite jeder Klassenthür befestigt,

8, eine Kleidergarderobe für die Lehrer im Conferenzzimmer hingestellt, 2 Leuch­ter, die nöthigen Lichter für das Conferenzzimmer, sowie auch einige andere Geräthe, wie ein Schrank zur Aufbewahrung von Karten, Büchern, Lehrmitteln etc ebendahingestellt und

9, sämmtliche Fenster der Klassenzimmer, in denen keine Fensterflügel sind, mit Rouleaux versehen werden.

       Indem wir uns dem ferneren Wohlwollen Hochderoselben empfehlen, be­har­ren wir in treuer Ergebenheit und Hochachtung

       Eines löblichen Magistrats

                                           gehorsame Lehrer der Stadtschule

HBillenberg               Tegetmeyer     HWiegert

C Schlüns     W. Hennings      L. Trenck  

A. Thiel     Richter

Neukalen, den 18ten October 1862“

 

Unter dem Schreiben ist vermerkt:

 

„Ich habe gegen die obigen Punkte nichts einzuwenden M(au).

 

Ich habe gegen die Anschaffung der gewünschten Sachen nichts einzu­wenden, nur wegen des fünften Gesuches eine Rechenmaschiene betreffend, wünschte ich nähere Information, da ich deren Zweckmäßigkeit nicht einsehe.              Reinhardt

      

Ich stimme Herrn Senator Reinhardt bei             

H Stüdemann"

 

 

Im Rektorhaus blieb bis zu seinem Tode 1874 der Rektor Billenberg woh­nen. Dann erwarb es der Gastwirt Lagemann. Das daneben in der Schulstraße gelegene Schulhaus wurde nicht mehr benötigt und deshalb ab 1862 von der Stadt an arme Einwohner vermietet.

1902 wurde das ehemalige Schulhaus in der Schulstraße (heute Friedrich - Ludwig - Jahn -Straße) für 1350 Mark an den Gastwirt Rudolf Gantzel verkauft, welcher das alte Gebäude abriß und auf dem Platz einen Tanzsaal errichtete.

 

 

 

1863 - 1868

           

"Zum löblichen Magistrat hieselbst.

Seit mehreren Jahren leide ich an Rheumatismus, der im Laufe der Zeit immer stärker auftritt. Im Herbst vorigen Jahres mußte ich fast acht Tage lang das Bett hüten, und habe ich während des verflossenen Winters, mit Unter­brechung freilich, an heftigen Schmerzen leiden müssen. Das Uebel wird ohne den Gebrauch einer Radicalcur augenscheinlich schlimmer. Nach ärztlichem Gutachten muß ich, um meine Gesundheit wieder herzustellen, das Stahlbad in Goldberg gebrauchen. Die Hundstagsferien würde ich, um die Schule nicht zu versäumen, dazu anwenden. Doch der Kostenpunkt übersteigt meine Kräfte, und bin ich ohne Hülfe nicht im Stande, beregte Cur durchzumachen. - Deshalb habe ich beim hohen Ministerium um eine Subvention gebeten. Von demselben ist mir durch den Herrn Superintendenten Schmidt ein Rescript, daß ich mir anzulegen erlaube, zugefertigt worden, des Inhalts, wenn mir von Seiten der Stadt eine Beihülfe zum Gebrauche einer Cur gewährt wird, mir auf desfallsige Nachweisung eine gleiche Summe aus Großherzoglicher Renterei bewilligt werden soll. Nun erlaube ich mir die gehorsamste Bitte auszusprechen:

Ein löblicher Magistrat wolle mir geneigtest eine Subvention zum Gebrau­che einer Badecur gewähren.

Von einer zu gewährenden Beihülfe hierorts hängt also die mir vom hohen Ministerio verheißene Hülfe ab. - Die Höhe der Summe unterstelle ich ganz dem Ermessen der verehrlichen Behörde.

In der Hoffnung, keine Fehlbitte gethan zu haben, verharre ich

                                                                              Eines löblichen Magistrats

Neukalen, den 26sten Juny 1863                                     

Gehorsamer   H. Tegetmeyer"

 

Auf diesem Schreiben waren zum Vorgang folgende Eintragungen ver­merkt:

 

"Wenn dem Lehrer Tegetmeyer an der Stadtschule in Neukalen eine Bei­hülfe zum Gebrauche einer Cur gewährt wird, so soll ihm auf desfallsige Nach­weisung eine gleiche Summe aus der Großherzogl. Renterei bewilligt werden.

Schwerin, am 17 Juni 1863

 

Zur weiteren Beschlußnahme in der nächsten Raths und Bürgersitzung. Pro me wäre dem Lehrer Tegetmeyer, der als ein tüchtiger Mann bekannt ist, unter den obwaltenden Verhältnissen eine Beihülfe von 20 Rthlr. aus der Stadt­kasse zu bewilligen.

Neukalen den 29 Junius 1863                               LMau

 

Ich stimme ganz dafür unserm anerkannt besten Lehrer zur Erhaltung und Kräftigung seiner Gesundheit behülflich zu sein und erkläre mich mit der vom Herrn Bürgermeister vorgeschlagenen Summe einverstanden, da es Herrn Tegetmeier bei seinen Gehalte von 320 Rthlr. nicht möglich sein wird, die für ihn so nothwendige Badecur zu gebrauchen.

HReinhardt

 

Ich kann mich mit der vorgeschlagenen Summe von 20 Rthlr. aus hiesi­ger Stadtkasse nicht einverstanden erklären.

Neukalen d. 30ten Juni 1863.

HStüdemann

 

 

Dem Herrn Lehrer Tegetmeyer hieselbst erwiedern wir auf dessen Antrag vom 26sten v. M. unter Anschluß des an den Herr Superintendenten Schmidt zu Malchin ergangenen Rescriptes des hohen Großhl. Ministeriums für Unterrichts - Angelegenheiten de Schwerin 17ten Junius d. J. daß, da die Stadt­kasse wegen der vielen Bauten außerordentlich in diesem Jahre in Anspruch genommen wird, als Beihülfe zu einer Badecur die Summe von 14 Rthlr. aus der Stadtkasse nur hat bewilligt werden können.

Neukalen den 8 Julius 1863

                                                                  BM u R

                                                      LM.        HR.         HSt."

 

Lehrer Tegetmeyer bedankte sich für das Geld:

 

"Zum löblichen Magistrate hieselbst.

Durch die mir gewährte Beihülfe zu einer Badecur ist mir die Ausführung derselben ermöglicht und erlaube ich mir, Einem löblichen Magistrate meinen innigsten und frohesten Dank darzulegen. Ich hoffe das Beste für meine Ge­sund­heit und wird mein angelegentlichstes Bestreben darauf gerichtet sein, mit unermüdetem Eifer und rastloser Thätigkeit meine Pflichten zu erfüllen und da­durch der geneigten Gewogenheit immer würdiger zu werden und die ausge­zeich­netste Verehrung an den Tag zu legen, mit welcher ich beharre als

Eines löblichen Magistrates gehorsamer

                                                                              Tegetmeyer

Neukalen, d. 10ten July 1863"

 

 

Ein für die damalige Zeit typischer Brief soll hier für viele ähnliche stehen:

 

"Löblicher Magistrat.

Mein Mann der vor einiger Zeit gestorben ist. Hat mir in Schuld und Elend mit 5 Kinder sitzen lassen. Ich binn jetzt kaum im Stande meine 5 Kinder trocken Brod zu halten. Es ist mir vor einigen Jahren die Hälfte vom Schulgeld erlassen worden, und bis jetzt die andere Hälfte bezahlt, wo ich mich aber jetzt außer Stande sehe, die letztgenannte Hälfte zu zahlen, ich bitte den löblichen Magi­strat ganz ergebenst mir die andere Hälfte des Schulgeldes zu erlassen.

                   Ihre                                         Ergebenste gehorsamste,

                                                                                                                 Frau Kästnern.

Neukalen den 16 März 1864"

 

 

Bürgermeister Ludwig Mau schrieb 1866:

 

"Es sind hier 8 Schulklassen mit 8 Lehrern und einer Industrielehrerin (Handarbeitslehrerin). Das Schulgeld beträgt für jedes Schulkind jährlich in der ersten Knaben- und ersten Mädchenklasse 4 Rthlr. 24 Schilling, in der zweiten (gemischten) Klasse 3 Rthlr. 24 Schilling, in der dritten 3 Rthlr., in der vierten 2 Rthlr. 24 Schilling, in der fünften 2 Rthlr., in der ersten Klasse der Volksschule 2 Rthlr., in der zweiten Klasse 1 Rthlr. 24 Schilling.

Die Zahl der Schulkinder ist gewesen

in der ersten Knabenklasse                                        44

in der ersten Mädchenklasse                                      37

in der zweiten gemischten Klasse                              68

in der dritten gemischten Klasse                                91

in der vierten gemischten Klasse                               87

in der fünften gemischten Klasse                              90

in der ersten gemischten Klasse der Volksschule      52

in der zweiten gemischten Klasse der Volksschule   47

                                                                  -----------------------                                                                                                                                                                                516

 

Dem Magistrat zu Neukalen wird im Verfolge des Rescriptes 8. d. M., betr. die Einrichtung der dortigen Stadtschule, und auf Grund der vorgewesenen commissarischen Verhandlungen nunmehr das Folgende hiedurch eröffnet.

Das unterzeichnete Ministerium erkennt jetzt an, daß in den dermaligen Zahlenverhältnissen eine Veranlassung zu finden ist, einerseits die Volksschule auf eine Klasse zu reduciren, andererseits die zweite Klasse der Bürgerschule in zwei parallele Abtheilungen, eine für Knaben und eine für Mädchen, zu theilen, und werden daher beide Einrichtungen hiedurch bis auf Weiteres genehmiget. Jedoch ist nicht mit einiger Sicherheit, beziehungsweise nicht einmal als wahr­scheinlich anzunehmen, daß die augenblicklichen Verhältnisse und die aus denselben entnommenen Gründe von Dauer sein werden. Nachdem diejenigen Mißstände, welche bisher zur Folge hatten, daß eine größere Zahl von Kindern die erste Klasse der Bürgerschule nicht erreichte, schon seit einigen Jahren beseitigt sind, wird auch ihre Nachwirkung nicht mehr von langer Dauer sein. Demnach wird künftig eine größere Zahl von Kindern, als bisher, bis zur ersten Klasse der Bürgerschule gebracht werden; im Zusammenhange damit werden dann nur noch ausnahmsweise Kinder aus der zweiten Klasse der Bürgerschule zur Confirmation zuzulassen sein; und damit wird die Veranlassung zu einer Theilung der zweiten Klasse in zwei Abtheilungen, welche an sich weder für nothwendig noch für besonders heilsam zu achten ist, höchst wahrscheinlich in Wegfall kommen. Es wäre zwar an sich denkbar, daß auch ohne eine Vermeh­rung der Gesammtzahl der Schulkinder zeitweise in einer einzelnen Klasse eine Ueberfüllung eintreten könnte; nur daß es nicht gerade die zweite Klasse zu sein brauchte. Allein auch diese an sich denkbare Eventualität ist nicht die wahrscheinlichste und sie kann abgewendet werden, wenn bei der Versetzung in die Volksschule die richtigen Gesichtspunkte befolgt werden. Es ist nämlich nicht das Richtige, wenn in die Volksschule nur solche Kinder aufgenommen werden, von welchen kein Schulgeld bezahlt oder beigetrieben werden kann, und daneben noch höchstens einige solche Kinder, deren Eltern die Volksschule wegen des etwas niedrigeren Schulgeldes vorziehen. Daß überhaupt jene Kin­der alle der Volksschule zugewiesen werden, findet seine Rechtfertigung nur darin, daß die Commune unentgeltlich den Kindern der Armen zwar auch Unter­richt, aber nur den nothdürftigen Unterricht zu gewähren schuldig ist. Sonst möchten nicht bloß einzelne, begabte und fleißige Kinder, auch wenn sie arm sind, des mehr umfassenden Unterrichts in der Bürgerschule theilhaftig werden; sondern wenn zwischen den Kindern sonst kein Unterschied wäre, als der der vermögenden und der vermögenslosen, oder dieser eine Unterschied nicht noch andere nach sich zöge, so würde eine Scheidung der Stadtschule in eine Bür­gerschule und eine Volksschule gar nicht nöthig sein. Die Scheidung ist aber darin begründet, daß erfahrungsmäßig manche Kinder entweder nicht mit gehörigem Erfolge zu regelmäßigem Schulbesuche, namentlich nicht zu gleich­mäßigem Schulbesuche während des Sommers und Winters anzuhalten, oder auch aus noch anderen Gründen nicht zu regelmäßigen Fortschritten in den unteren Klassen der Bürgerschule, und in Folge dessen nicht bis zu denjenigen Klassen, in welchen sie zur Confirmation befähigt werden, zu bringen sind. Solche Kinder würden in der ungetheilten Stadtschule entweder vernachlässigt werden und dann im confirmationsfähigen Alter von der Confirmation zurückge­wiesen werden müssen, oder sie würden die regelmäßiger die Schule besu­chen­den und fleißigeren Kinder aufhalten, die Klassenziele würden im Ganzen nicht erreicht, der Standpunkt der einzelnen Klassen und in Folge davon der Standpunkt der ganzen Schule würde durch sie herabgedrückt werden. Für solche Kinder ist es eine Wohlthat, wenn sie in einer besonderen Abtheilung zwar nur einen auf das Nothdürftige beschränkten Unterricht empfangen, aber dafür auch an das Ziel dieses Unterrichts und zur Confirmation in dem confirma­tionsfähigen Alter gebracht werden; und wiederum können nach Ausscheidung dieser Kinder die anderen Kinder so weit gefördert werden, wie ihre Fähigkeiten und Mittel und die in einer kleinen Stadt möglichen Veranstaltungen es ge­statten. Recht vielfältig wird dieser Unterschied zwischen den Kindern mit dem zwischen armen und vermögenden zusammenfallen. Wenn aber auch solche Kinder, für welche Schulgeld bezahlt wird, in der Bürgerschule nicht regel­mäßige Fortschritte machen, daher entweder selbst vernachlässigt werden müssen oder die besseren Kinder zurückhalten, so müssen auch sie in die Volksschule versetzt werden. Und zwar muß das nöthigen Falls auch ohne oder gegen den Willen der Eltern geschehen. So wenig die Eltern durch die Erklä­rung ihrer Bereitwilligkeit, das für die oberen Klassen festgesetzte höhere Schulgeld zu bezahlen erreichen können oder zu dem Verlangen berechtigt sind, daß ihre Kinder gleich, oder noch ehe sie die erforderlichen Vorkenntnisse besitzen, in die oberen Klassen aufgenommen oder versetzt werden, eben so wenig dürfen sie verlangen, daß ihre Kinder in einer Klasse oder Abtheilung bleiben, in welcher sie sich selbst und anderen Kindern zum Nachttheile sitzen; und eben so wenig darf die Schule bloß deswegen, weil ein Kind vermögend genug ist, um Schulgeld zu bezahlen, sich der Aufgabe entschlagen, jedem Kinde den für dasselbe möglichst angemessenen Unterricht zu ertheilen. Das Urtheil darüber im Einzelnen steht selbstverständlich den Lehrern, in zweifel­haften oder bestrittenen Fällen dem Schulvorstande zu. Sofern jedoch ein objectives Kriterium dafür nöthig oder wünschenswerth gefunden werden muß, ist solches dahin zu bestimmen, daß ein Kind, welches in der fünften oder vierten oder dritten Klasse der Bürgerschule den einjährigen Lehrcursus der Klasse zweimal durchgemacht hat und doch noch nicht in die nächsthöhere Klasse versetzt werden kann, in die Volksschule versetzt werden muß. Daran, daß dies als Regel eingehalten werde, ist wesentlich gelegen und darum strenge festzuhalten. Wenn aber dies mit eben so viel Strenge als Umsicht geschieht, so muß die Erfahrung lehren, ob dann nicht die Volksschule mit der Zeit wieder stärker gefüllt sein wird, als sie es augenblicklich ist, und deshalb ihre Wiederausdehnung auf zwei Klassen zum Bedürfnisse wird. Aus diesen Gründen kann zwar für jetzt die Reduction der Volksschule auf eine Klasse und die Theilung der zweiten Klasse der Bürgerschule in zwei Abtheilungen als sachgemäß und den Umständen entsprechend anerkannt werden, doch muß in eventum die Wiederherstellung des vorigen Bestandes vorbehalten bleiben, und ist darüber demnächst nach Befinden weiter hierher zu berichten.

Schwerin, am 28. April 1867

Großherzoglich Mecklenburgsches Ministerium, Abtheilung für Unterrichts - Angelegenheiten.                                  

                                                                                                                                         Buchka."

 

„An den verehrlichen Schulvorstand hieselbst.

Die größeren Kinder der Unterschule werden von den Eltern sehr häufig zur Bereitung des Essens oder zum Nachtragen desselben benutzt und begeh­ren fast beständig in der letzten Stunde am Mittwoch und Sonnabend Dispen­sation vom Schulbesuche, so daß, namentlich im Sommer, sich die Klasse bis auf die Hälfte oder 1/3 entleert.

Ferner ist es dem verehrlichen Schulvorstande wohlbekannt, daß der Unter­richt an einer einklassigen Unterschule wegen der vielen Abtheilungen, des Mangels der Hülfe im elterlichen Hause, der größeren Zahl der schwach begabten und verwahrlosten Kinder bedeutend schwerer ist als der Unterricht in anderen Klassen namentlich erfordert derselbe ein fast unausgesetztes, lautes Sprechen, daß mir krankhafter Brustorgane wegen schwer wird.

Endlich erlaube ich mir zu bemerken, daß in Volksschulen anderer Städte, so weit ich Gelegenheit hatte, solche kennen zu lernen, oft nur während des Sommers täglich 3 Stunden unterrichtet wird; daß an anderen Orten die Lehrer an denselben mit Lehrern an andern Klassen wechseln und ihnen dadurch eine kleine Erleichterung und Annehmlichkeit gewährt wird, und daß einklassige Volksschulen oft mit jungen, kräftigen Lehrern besetzt sind, zu denen ich mich auch nicht mehr zählen kann.

Diese Gründe bewegen mich zu der gehorsamsten Bitte:

Der verehrliche Schulvorstand wolle veranlassen, daß in der Unterschule künftig die 4. Unterrichtsstunde am Mittwoch und Sonnabend wegfalle.

Sollte der Wegfall jener Stunde nicht geschehen können, so erlaube ich mir zu bitten, daß, wenn vielleicht durch Combination zweiter Klassen der Bür­ger­schule im Gesangunterricht in diesen Stunden ein anderer Lehrer frei würde, diesem die besagten Stunden in der Unterschule zu übertragen und mich davon zu dispensiren.

Neukalen, den 28. April 1867.                            

                                           ThNeumann"

 

 

Lehrer Wiegert schrieb 1867:

 

"Dem verehrlichen Schulvorstande hieselbst.

Am Montage, d. 6. d. M., suchte der Knabe Christoph Hoth, Sohn des Ackersmanns Hoth, die Erlaubniß nach, 2 Tage zum Heuwerben aus der Schule bleiben zu dürfen. Da ich denselben im Laufe des Sommers schon sehr häufig dispensirt hatte, und überdies nicht befugt bin, auf 2 Tage in derselben Woche zu dispensiren, so wies ich den Knaben mit seinem Gesuche an den Herrn Pastor Petersen. Der Knabe versäumte nun 4 Tage die Schule, ohne daß es mir bekannt war, ob derselbe Dispensation erhalten habe oder nicht. Heute morgen nun kam der Vater in meine Wohnung und erklärte mir, daß er sich jede Bestrafung seines Sohnes von meiner Seite verbitte; er hätte denselben noth­wendig gebrauchen müssen, und was sein Verhalten dem Rechte der Schule gegenüber nach sich ziehe, das wolle er auf sich nehmen. Ich erwiederte dem Hoth, daß seine Erklärung ganz überflüssig sei, da ich ihm ja noch nicht gesagt habe, wie ich mich in diesem Falle zu verhalten gedenke. Uebrigens habe er jedenfalls nicht das Recht, seinen Sohn eigenmächtig aus der Schule zu nehmen. Die Entgegnung des H. lautete: So oft ich meinen Sohn gebrauche, behalte ich ihn zu Hause, gleichviel, ob er Erlaubniß hat oder nicht; das Recht habe ich als Vater.

Diese Erklärung legt offenbar Zeugniß davon ab, daß das den Lehrern in der Schulordnung zugestandene Recht, nachgesuchte Dispensation nach Befin­den zu ertheilen oder zu verweigern, von dem pp Hoth vorsätzlich gemißachtet und als eine nichtsbedeutende Förmlichkeit angesehen und behandelt wird. Eine Verbreitung solcher Ansicht dürfte aber für das Gedeihen der Schule sehr üble Folgen haben, und es würde dann jedenfalls besser sein, wenn die Lehrer mit dem Dispensiren nichts zu thun hätten. So fühle ich mich dem Hoth gegen­über nicht in der Lage, von dem Dispensationsrecht weder affirmativ noch negativ eher wieder Gebrauch zu machen, bis demselben durch die Hand­habung des Gesetzes zum Bewußtsein gebracht worden ist, daß man Rechte nicht als leere Förmlichkeiten behandeln und ungestraft übertreten dürfe. Ich erlaube mir demnach die gehorsamste Bitte,

der verehrliche Schulvorstand wolle den Hoth wegen seines gesetz­widrigen Verhaltens zur Rechenschaft ziehen und mir notificiren, wie ich mich diesem eigenmächtig handelnden Mann gegenüber zu verhalten habe.

                                                                  Ganz gehorsamst

                                                                                                      H. Wiegert, Lehrer

Neukalen, d. 10. Sept. 1867"

 

 

Bürgermeister Mau schrieb dazu:

 

"Der Ackersmann Hoth erklärte auf Vorhalt der umstehenden Anzeige, daß er, wie Herr Wiegert seinen Sohn an Herrn Pastor Petersen verwiesen, bereits mit seinem Fuhrwerk, um Heu vom See zu holen, unterwegs gewesen. Späterhin habe er sich zu Herrn Wiegert begeben, um denselben in aller Ordnung zu bitten, seinen Sohn, den er in seinen häuslichen Geschäften nothwendig gebraucht, wegen Schulversäumniß nicht zu bestrafen. Kaum sei sein Gesuch angebracht worden, als Herr Wiegert ihm in einem ungeziemenden Tone erwiedert, daß er mit ihm nichts zu thun hätte und ihm gewissermaßen die Thüre gezeigt hätte. Über solche ihm widerfahrene grobe Behandlung, sei er aufgebracht geworden, und habe er Herrn Wiegert solche Antwort gegeben.

Jeder Vater wünsche doch eine Bestrafung seines Sohnes vermieden und habe er deshalb sich allein zu Herrn Wiegert begeben. Sein Sohn sei aber gleich wieder zur Schule gegangen. Hoth führt noch an, daß Herr Beutin ihm versprochen gehabt, Herrn Wiegert um Freigebung seines Sohnes zu ersuchen, was jener wohl vergessen habe.

 

 

Neukalen den 24 April 1868.

In der heutigen Conferenz des Schulvorstandes wurde

1. Herr Rector Billenberg um baldige Einreichung der Schulfondsrech­nungen pro Ostern 1866/67 und 1867/68 ersucht.

2. beschlossen, das neue Mecklenburgsche Volksbuch für die ersten beiden Knabenklassen und für die ersten beiden Mädchenklassen einzuführen, ebenso auch für die Volksschule, hinsichtlich der letzteren Klasse soll den Kindern der unbemittelten Eltern das Buch für den hälften Preis auf Kosten des Schulfonds überlassen werden und wird Herr Rector Billenberg mit Herrn Lehrer Neumann dieserhalben Rücksprache nehmen.

4. genehmigt, daß Herr Lehrer Neumann die Volksschule am Mittwoch und Sonnabend um 11 Uhr im Sommer schließt, dagegen 6 Lesestunden wö­chent­lich für diese Classe verbleiben würden.

                                                                  LMau

 

 

 

Superintendent Schmidt in Malchin macht sich Sorgen um den Lehrer Knoll

 

Es folgt ein Briefwechsel von 1867 über den an schweren Depressionen leidenden Küster Knoll in Franzensberg, welcher ab 1870 Küster in Neukalen wurde:

"Herrn Pastor Petersen Hochehrwürden zu Neukalen.

Mein theurer Herr Bruder

Ueber den unglücklichen Lehrer Knoll zu Franzensberg machte mir ge­stern ein Freund desselben, Lehrer Pundt aus Kleth, die betrübende Mittheilung, von welcher Ihr Brief handelt, den ich so eben empfing und nach des Lehrers Pundt vorläufiger Ankündigung heute früh aus Neumanns Händen entgegen­nehmen sollte. Sie werden darin Recht haben, daß die Muße der Ferien der besondere Anlaß ist, daß Knoll seinem Trübsinn sich mehr hingegeben hat, als vorher möglich war, da er für seine Schule thätig sein mußte. Ich bedaure, ich habe für K. sehr gefürchtet, meine Besorgniß auch dem Oberschulrath längst ausgesprochen; - indessen daß er auf Mordgedanken verfallen würde, habe ich kaum vermuthet. Freilich muß nun für den armen Menschen etwas geschehen, um Unglück zu verhüten und ihn wo möglich zu heilen. Das Nächste dürfte allerdings seine Entfernung von Franzensberg sein; - die von Ihnen vorgeschla­gene Überwachung ist schwierig und unausreichlich, - besser einer seiner Freunde brächte das Opfer, und nähme ihn einige Wochen auf bei sich. Lokal - Veränderung ist nach allem, was ich höre geboten. Aber den armen Knoll sofort schon in die Heilanstalt nach Sachsenberg zu bringen, geht doch so ohne Weiteres nicht; die sofortige Aufnahme ist mir auch zweifelhaft; die Verant­wortlichkeit deswegen, - wenn´s ohne ärztlichen Rath, ohne Vorbereitung, auch wegen der Mittel geschieht - ist groß. Ueberdies wird bedenklich, - wenn Knoll bei seinem vielleicht sonst noch ausreichend klarem Bewußtsein nicht freiwillig dazu entschlossen ist -- Dies muß ich Ihnen sofort zu bedenken geben.

Die Schule anlangend, so wird bei der geringen Schülerzahl so gar schlimm nicht sein, die Ferien einmal bis zum 24. Octbr. auszudehnen und mag den Eltern freigelassen werden, die Schule in Neukalen besuchen zu lassen von ihren Kindern - wenn der Schulvorstand in Neukalen damit einverstanden ist. Auf wenige Wochen einen Assistenten zu engagiren ist jedenfalls schwierig. Doch darüber werden wir schon wegkommen, nur daß für Knoll selbst heilsame Vorkehr getroffen werde. Ich gehe zum Kreisphysikus, der K. schon behandelt hat, um Maßnahmen zu ermitteln und gebe vielleicht heute Abend noch Notiz nach Franzensberg oder Ihnen selbst.

Einstweilen mit herzlichem Gruß

Ihr ergebener     

                                                                                          Schmidt

Malchin am 16. Aug. 1867"

 

 

"Herrn Pastor Petersen Hochehrwürden zu Neukalen

Mein theurer Herr Bruder.

Der Kreisphysikus Dr. Scheven war heute verreist und eben erst 7 Uhr habe ich ihn wegen Knolls sprechen können. Er ist freilich auch der Ansicht, daß Knoll am besten thue, je eher je lieber sich in die Heilanstalt des Sachsenbergs zu begeben, auf alle Fälle fort von Franzensberg. Doch ist er der Ansicht, daß eine vorherige Meldung bei dem Medicinalrath Dr. Löwenholdt wegen sofortiger Aufnahme erforderlich sei, und daß von dem Arzt (Dr. Buschmann) Atteste und Krankheits - Beschreibung mit zu geben sind; jedenfalls baldigst nachgeliefert werden müssen.

Ich ersuche Sie demnächst um weitere Nachricht, was mit Knoll gesche­hen, welche Maaßregeln ergriffen worden sind; um darnach an das h. Ministe­rium der Schule wegen zu berichten. Es wird das um so nothwendiger, - um wenn irgend thunlich die Kosten seiner Kur in Schwerin von Serenissimi Gnade ersetzt zu erhalten. - - Die Geschichte betrübt mich ungemein, wir wollen den armen Mann Gott befehlen.

                               Mit herzlichem Gruß

                                                                              Ihr ergebener Schmidt

Malchin, am 16. August 1867"

 

 

Im Nov. 1867 war Knoll noch nicht in die Heilanstalt eingewiesen, es wur­de aber weiterhin von Pastor Petersen und Superintendent Schmidt angestrebt.

 

 

"Herrn Pastor Petersen Hochehrwürden zu Neukalen

Mein theurer Herr Amtsbruder.

Auch Ihr Schreiben vom 14. Octbr. wegen des armen Knoll mußte ich leider unbeantwortet lassen, da ich schlechterdings nicht wußte, was ich hätte thun und rathen können. In der That überhäufte Geschäfte hinderten mich, selbst nach Franzensberg event. auch zu Ihnen zu kommen, wie ich gleich beabsichtige. Kaltwasser - Kur schien mir nur so weit rathsam, als Knoll damit eine Zeit lang von Franzensberg fort könne. Das aber ist nur ein ... ohne lange Wirkung. Am Sonntage war nun Knoll selbst bei mir mit seinem Onkel, dem Drechsler Uterg. Es wurde verabredet Knoll solle sich sofort beim Dr. Scheven melden und sich für 14 Tage in strenge Kur bei demselben geben. Helfe das nicht, so werde Scheven dann im Stande sein als Arzt selbständig zu rathen, was weiter geschehen müsse - und dem möchte Knoll sich dann unterwerfen. Sei eine längere Behandlung auf dem Sachsenberg erforderlich; so wolle ich auf Grund des ärztlichen Attestes, aber auch nur so kann es nutzen - die Mittel zur Kur zu erbitten und hoffte sie zu erhalten. Ich selbst wolle nächsten Tages mit Dr. Scheven weiter reden. Am Montag im Begriff, zu Scheven zu gehen, kommt Herr Knoll zu mir und erfahre ich, daß er wieder nach Franzensberg zurückge­gangen und sich zu nichts bequemen will. Es wird verabredet, sie solle heute mit ihrem Manne hereinkommen und Scheven consultiren und meinen Rath vom Sonntage befolgen. Auch das ist nicht geschehen; statt dessen kommt Ihr Brief. Ich bin damit um 9 Uhr zu Scheven gewesen ich traf ihn leider nicht daheim; ich war heute Nachmittag zu ihm gegangen, er war verreist. Es ist schlimm, daß man so viel vergeblich thut und thun muß. Indessen erschien mir Knoll am Sonn­tage zwar richtig; aber sein Auge verrieth die geistige Störung genugsam, und wird, wenn er den wiederholt von mir gegebenen Rath nicht befolgt; nichts anderes übrig bleiben, als ihn in der Zwangsjacke nach Schwerin zu bringen; und doch weiß ich nicht, wie ich ohne ein gültiges Attest Geldhülfe beantragen soll. - Eigentlich ist dies alles, soweit nun wirklich Noth und Gefahr eintritt Sache des Orts - Sanitäts Palceag; wo aber ist die für Franzensberg? - in Doberan! das ist weit! Ich glaube, Sie werden als Pastor und Schulinspector von Fran­zens­berg die Anzeige mit Bitte um schleunige Hilfe beim Amte Dargun machen müssen; wenn´s nicht gelingt Knoll zu bestimmen, daß er vorerst meinen Rath befolgt und sich auf 8 oder 14 Tage hierher bei Scheven in Kur giebt. Ver­suchen Sie mit Neumanns Hülfe, den Armen, dazu vorerst zu bestimmen, und event. hierher bringen zu lassen ohne Zwang wenn´s möglich ist.

Wolle Gott Hülfe senden, der armen Seele. Ich sehe der weiteren Ent­wick­lung entgegen um bestimmt zu erhoffen und zu erkennen wie meinerseits Hilfe möge vermittelt werden können.

                                                      Mit herzlichstem Gruß

       Malchin                                                             Ihr ergebener

den 22 Octbr. 1867                                                           Schmidt"

 

 

 

Zur sogenannten Industrieschule

(Handarbeitsunterricht)

 

Frauen ohne pädagogische Ausbildung führten den Handarbeitsunterricht durch, was man damals auch als Industrieschule bezeichnete. Auf der Sitzung des Schulvorstandes am 24. April 1868 wurde "hinsichtlich der Industrieschule der Wunsch ausgesprochen, daß sol­che besser wie bisher von den Schülerinnen besucht werde und würde es sich empfehlen, Materialien anzukaufen, solche den Kindern zur Anfertigung einzu­händigen und demnächst wieder zu verkaufen, wie sich solches bei anderen Industrieschulen mit dem günstigsten Erfolge gezeigt.

                                                                                                                                         LMau"

 

Über die Unterrichtsdurchführung der Industrielehrerin Lisette Meyer gab es Beschwerden:

 

"In der gestern Abend angesetzten Raths- und Bürgersitzung zur vorläufi­gen Durchsprechung der zu Ostern d. J. zu beabsichtigenden Schulverände­run­gen wurde von mehreren Bürgerrepräsentanten namens Tischler Chr. Fischer hervorgehoben, daß die s. g. Nähschule nur sehr mäßig, höchstens von 6 Kindern, zur Zeit besucht werde, daß die Lehrerin Meyer während der Stunden mit ihrer mitgebrachten Arbeit sich beschäftige, auf die Schülerinnen nicht weiter achte, so daß solche nichts lernten und daher nicht in die Schule geschickt würden.

Wie ich heute morgen erfahren, wird die Industrieschule nur mäßig be­sucht, der Unterricht am Mittwochen und Sonnabend Nachmittag von 1 - 4 Uhr ertheilt (wovon mir nichts bekannt geworden) statt früher von 11 bis 12 Uhr.

Die Lehrerin Meyer, welche ich heute morgen zu mir einladen ließ und mit dem Vorstehenden bekannt machte, erklärte, daß in den ersten zwei Jahren die Schule ziemlich regelmäßig besucht worden, nachhin aber nicht mehr so gut. Den Grund wisse sie sich nicht zu erklären, vielleicht lege derselbe darin, daß sie während der Ferien nicht mehr wie früher Privatunterricht ertheilte. Etwa 16 - 18 Mädchen besuchten jetzt die Schule. Über manche Mädchen hätte sie sich zu beklagen, da selbige ihr unnütze Antworten ertheilten, auch fortblieben, wenn sie solchen Zurechtweisungen über mäßige Arbeit ertheilte. Die Tochter des Tischlers Chr. Fischer sei in diesem laufenden Jahre etwa 3 Male da und mit einem Strickzeug beschäftigt gewesen. Daß solche ein Handtuch genähet, wisse sie nicht. Dieselbe habe zweimal vor Ablauf der Stunden die Schule ver­las­sen, angeblich weil sie ihre Wolle aufgearbeitet, was aber einmal nicht der Fall gewesen, da sie die Wolle in die Tasche gesteckt gehabt und auf ihr - der Meyer - desfallsiges Vorhalten ihr geantwortet, im Hause lernen zu müssen, da sie an einem Sontage solches nicht thäte. Wenige hätten gehöriges Nähzeug mitgebracht. Die Stunden habe sie deshalb an den beiden Nachmittagen gege­ben, weil die Kinder erklärt, nach Beendigung des Schulunterrichts an den Vormittagen 11 Uhr in der Zwischenzeit zum Nachmittage lernen zu müssen. Stets habe sie den Kindern die Arbeiten gezeigt und mithin bei solcher Anzahl mit ihren mitgebrachten Arbeiten sich wenig beschäftigen können. Am Fleißig­sten wurde die Schule besucht von den Mädchen des Schneiders Fischer, ZG. Geiseler, Schlösser Lange, Schusters Rothenhauser, Ackersmann Teßmann, Stuhlmachers Benthin, Brinkmann p.p. von denen jetzt 5 beim Nähen be­schäftigt wären.

Ich habe der Madame Meyer erklärt, daß unter solchen Umständen die Ausgabe des Lehrergehaltes sich nicht rechtfertige, sie aber die Mitnahme von Privatarbeiten unterlassen möge, im Übrigen aber weitere Bestimmung erfolgen solle.

Neukalen den 27 März 1867                     L Mau"

 

 

Rektor Giertz  setzte sich einige Jahre später für die Verbesserung des Nähunterrichtes ein:

 

"An den verehrlichen Magistrat hieselbst.

Es müßte bekannt genug sein, daß in allen Stadtschulen unseres Landes, selbst schon in sehr vielen Dorfschulen der Industrieunterricht für die weibliche schulpflichtige Jugend obligatorisch eingeführt ist. Und das zu großem Segen. Während nun für unsere Knaben hinsichtlich ihres späteren Berufs von Seiten der Schule hinlänglich gesorgt, ja noch nach der Confirmation Gelegen­heit zur sichereren Befestigung und Aneignung des in der Schule Gelernten geboten ist, hat es sich die Schule bisher zum Vorwurf machen müssen, daß sie die Schülerinnen mit der Confirmation für Leben und Beruf ungenügend vorbereitet entließ. Es fehlte ihnen eben das, was später so tief in alle Verhältnisse des Lebens eingreift: die Kenntniß weiblicher Handarbeiten. So Viele könnten sich später durch Nähen, Stricken oder Sticken ihren Unterhalt verdienen und würden dadurch der Armuth und Bettelei entgehen, wenn sie´s auf der Schule gelernt hätten. Selbst die dereinstige Stellung als Hausfrau und damit auch oft das Glück der Ehe leidet, wie Thatsachen beweisen, unter der Unkenntniß der Handarbeiten. Zwar ist nun unseren Schülerinnen zur Zeit Gelegenheit zur Erlernung derselben geboten, da indeß der Unterricht nur ein facultativer, auch ohne Controle ist, so wird er von verhältnißmäßig sehr we­nigen Schülerinnen besucht. Ein anderer, der bessere und vermögende Theil, flüchtet zu Privatunterricht, ein anderer kleiner und unbemittelter Theil erlernt das Nothdürftige bei den Eltern, ein großer Theil erlernts überhaupt nicht, weil zu Privatunterricht kein Geld und zum Selbstunterricht keine Zeit, auch oft keine Kenntniß da ist. Deshalb, im Interesse dieser Kinder und damit auch im Interesse unserer Stadt - den salus scholae salus civitatis - möchte ich die ergebenste Bitte thun:

Ein verehrlicher Magistrat möge noch, wenn möglich, zu Ostern d. J. für unsere schulpflichtige weibliche Jugend den obligatorischen Industrieunterricht in allen Fächern der Handarbeit durch zwei geprüfte Lehrerinnen unter einem besonderen Schulvorstand einführen.

Der Erfüllung meines Wunsches, diese so wichtige Sache ins Leben zu rufen und zu fördern, entgegensehend, bin ich

                                                                              eines verehrlichen Magistrat

       Neukalen,                                                                         ganz gehorsamster

am 1. April 1878                                                                          HGiertz, Rector"

 

Unter dem Schreiben war vom Magistrat vermerkt:

 

"Ich kann mich wenigstens zur Zeit gegen die Einführung des obliga­torischen Industrieunterrichts nur erklären und glaube ich auch nicht, daß der Bürgerausschuß dazu consentiren wird, indem allemal alsdann zur Besoldung der beiden Lehrerinnen eine allgemeine Schulsteuer sich vernothwendigen würde.

Neukalen 4 April 1878                                         LMau

 

Nach Aeußerung des Schuldiener Lübke besuchen jetzt einige 20 Kinder an den Mittwochen und Sonnabend Nachmittagen den Industrieunterricht. Soviel ich gesehen beschäftigt sich die Lehrerin mit Arbeiten für sich und glaube ich daher gern, daß das Resultat für die zu zahlenden 120 Mark wohl nur ein geringer ist.

                                                                                          HReinhardt"

 

"Wünschenswerth wäre es, wenn für die Industrieschule für Mädchen, etwas mehr, wie bisher, gethan werden könnte. Meiner Ansicht nach, ist für die Mädchen der Industrieunterricht nützlicher, als manche andere Wissenschaft, welche in vielen Fällen, in späteren Jahren nie gebraucht wird.

Neukalen d. 4 April 1878                                     HStüdemann"

 

 

Rektor Giertz schrieb:

 

"An den löblichen Magistrat hieselbst.

In Erwiederung des Rescripts vom 3. d. M., betr. nähere Mittheilung über die Einführung des obligatorischen Industrieunterrichts sowie über die dabei in Anwendung zu bringende Controle erlaube ich mir, folgende Paragraphen, wie sie auf eigener Erfahrung und den Schulordnungen für die Stadtschule in Brüel, Warin und Cröpelin basiren, zur gefälligen Begutachtung anzugeben.

       §. 1. Der Unterricht in weiblichen Handarbeiten wird ertheilt im Stricken, Nähen, Stopfen, Zeichnen, für die Befähigten auch im Zuschneiden. Alle feineren Arbeiten, namentlich das Sticken, sind ausgeschlossen.

       §. 2. Der Unterricht in weiblichen Handarbeiten erstreckt sich auf alle Mädchen der Bürger- und Unterschule, welche das zehnte Lebensjahr vollendet haben.

       §. 3. Nur die Mädchen können an dem Unterricht in weiblichen Handar­beiten vom Schulvorstande dispensirt werden, welche anderweitig nachweisbar genügenden Unterricht in diesen Arbeiten erhalten.

       §. 4. Der Unterricht wird ertheilt in zwei Abtheilungen, von denen die erste 6 Stunden, die zweite 4 Stunden wöchentlich erhält. Den Stundenplan und die Unterrichtszeit setzt der Schulvorstand fest.

       §. 5. Der Industrieunterricht ist der Aufsicht des Rectors unterstellt, doch kann auch jedes Schulvorstands - Mitglied jederzeit inspiciren. Die angefertigten Handarbeiten werden beim Osterexamen der Einsicht und Beurtheilung des anwesenden Publicums unterbreitet.

       §. 6. Die Lehrerin hat sich wie überhaupt, so auch insbesondere in Führung der Versäumnißlisten nach den Bestimmungen der Schulordnung und den Weisungen des Schulvorstandes zu richten.

       §. 7. Die Lehrerin wird auf den Vorschlag des Schulvorstandes vom Magistrate auf halbjährige Kündigung angenommen.

       Neukalen 31. August 1878.

                                                                              H Giertz.         Rector.

 

 

In der heutigen Schulvorstandssitzung wurde über die Einführung des obligatorischen Industrieunterrichts an hiesiger Schule gesprochen, dabei die Eingabe des Herrn Rector Giertzs v. 31. Aug. 1878 zu Grunde gelegt und die einzelnen Paragraphen der Reihe nach durchgenommen. Es fanden sich hierbei die nachstehenden Zusätze.

ad §. 3. wurde beschlossen, daß Dispensation vom Industrieunterricht vom Schulvorstande zu ertheilen sei.

ad §. 4. In Betreff des Stundenplans wurde bestimmt, daß die 1. Abth. (bestehend aus I b der Unterschule) den 6stündigen Unterricht am Montag und Mittwoch von 1 - 4 Uhr, in den kurzen Wintertagen vom 15. Novbr. bis Ende Januar von 1 - 3 1/2 Uhr, die 2. Abtheilung den 4stündigen Unterricht am Dienstag und Sonnabend von 2 - 4 Uhr, im Winter in obiger Zeit von 1 - 3 Uhr zu nehmen hat, die Sommer- und Herbstferien mit eingerechnet, jedoch bleibt der Unterricht für letztere Zeit ein facultativer für die Kinder, worauf die Lehrerin bei ihrer Anstellung besonders hinzuweisen ist. Um die Zeit zu gewinnen für die 1. Abth., soll die Einrichtung getroffen werden, daß der Lehrer der I b Mädchen­klasse 2stündigen Unterricht in der 1. Knabenclasse zu ertheilen, wogegen der Rector gedachte 2 Stunden zur Inspection zu verwenden hat. Die Lehrer der gemischten Klassen, deren Mädchen am Industrieunterricht theilnehmen, haben diese Stunden mit den zurückgebliebenen Kindern sich anderweitig nach dem Lectionplan zu beschäftigen.

ad §. 5. Zusatz. Dem inspicirenden Rector werden als sachkundige Leute die Frauen der Schulvorstandsmitglieder zur Seite gestellt.

ad §. 6. Dispensationen vom Unterricht ertheilt der Rector u. dieser zeigt solche rechtzeitig der Lehrerin an.

ad §. 7. Die Kündigung kann auch zu Ostern und Michaelis von Seiten des Magistrats und der Lehrerin stattfinden.

Neukalen d. 15. Oct. 1878.

HReinhardt     H. Klähn     F. Bremer

HGiertz           Lembcke"

 

 

Ab Ostern 1879 wurde der Industrieunterricht nach den Vorschlägen des Rektor Giertz obligatorisch eingeführt. Der bisherigen Industrielehrerin Meyer wurde gekündigt.

 

"Es sollen an hiesiger Stadtschule zu Ostern d. J. zwei Industrie­lehrerinnen angestellt werden, welche wöchentlich 4 u 6stündigen Unterricht in Stricken, Nähen, Stopfen, Sticken, Zeichnen und Zuschneiden zu ertheilen haben werden. Wer Lust hat solche Stelle zu übernehmen, hat sich bis zum 31. d. M. bei den Herrn Senator Reinhardt zu melden, welcher die näheren Bedin­gungen mittheilen, auch die Gehaltsforderungen der Bewerberinnen entgegen nehmen wird.

Neukalen den 15 Januar 1879

Der Magistrat

 

Neukalen 31 Januar 1879

In der heutigen Sitzung des Schulvorstandes wurde über die Einrichtung der Industrieschule umständlich gesprochen und hierauf zur Genehmigung empfohlen:

1. Der Industrieunterricht wird wöchentlich an den Nachmittagen des Mittwochen u Sonnabends in der 1sten Klassen von 1 bis 4 Uhr, in der zweiten Klasse von 1 bis 3 Uhr ertheilt, jedoch so daß für die erste Klasse eine Pause von einer Viertelstunde eintritt. Sollten Mädchen von schwächlicher Gesundheit diese Zeit nicht aushalten können, so wird denselben von der Lehrerin Erlaubniß zur früheren Entfernung vor dem Schlusse der Schule ertheilt werden.

2. Wenn gleich im Allgemeinen der Unterricht in feineren Handarbeiten namentlich im Sticken nicht stattfindet, so soll doch zur Weihnachtszeit für die Mädchen davon eine Ausnahme gemacht werden, um ihre Eltern mit einem von ihnen angefertigten Geschenke zu erfreuen und denselben zugleich dadurch den Fortschritt in den Handarbeiten zu bekunden.

Was 3. den Stundenplan anbetrifft, so glaubt man die Aufstellung dessel­ben einstweilen den Lehrerinnen überlassen zu können.

       LMau       H. Klähn     HGiertz     F. Bremer

Lembcke"

 

"An das hohe Ministerium Abthl. für Unterrichts Gegenstände.

Zu Ostern d. J. beabsichtigen wir nach vorgängiger Berathung mit dem Bürgerausschusse eine Industrieschule mit 2 Klassen und zwei Lehrerinnen bei der Stadtschule einzurichten und erlauben uns das hieneben angeschlossene Regulativ zur hohen Genehmigung vorzulegen.

Die Lehrerinnen werden gegen vierteljährliche Kündigung vom Magistrat angestellt und erfolgt deren Remuneration, die noch nicht festgestellt ist, aus der Schulkasse.

Neukalen den 6 Febr. 1879

 

 

Regulativ

für die Industrie - Schule in Neukalen

 

§ 1.

Der Unterricht in weiblichen Handarbeiten wird ertheilt in Stricken, Nähen, Flicken, Stopfen, Zeichnen, für die befähigten Mädchen auch im Zuschneiden und zur Weihnachtszeit in feineren Handarbeiten, welche außer dieser Zeit wegfallen.

§ 2.

Der Unterricht in weiblichen Handarbeiten erstreckt sich auf alle Mädchen der Bürger- und Unterschule, welche das zehnte Lebensjahr vollendet haben.

 

§ 3.

Nur diejenigen Mädchen können in dem Unterrichte von weiblichen Handarbeiten vom Schulvorstande dispensirt werden, welche anderweitig nachweisbar genügenden Unterricht in diesen Arbeiten erhalten.

Für die Mädchen aus Schlakendorf und Franzensberg ist der Besuch der Industrieschule nicht obligatorisch.

 

§ 4.

Der Unterricht in weiblichen Handarbeiten wird in zwei Klassen durch zwei Lehrerinnen ertheilt und zwar wöchentlich an den Nachmittagen des Mittwochen und Sonnabend für die erste Klasse von 1 bis 4 Uhr und für die zweite Klasse von 1 bis 3 Uhr, jedoch daß für jede Klasse eine Zwischenpause von einer Viertelstunde eintritt. Sollten Mädchen von schwächlicher Gesundheit diese ganze Unterrichtszeit nicht aushalten können, so kann denselben die be­treffende Lehrerin frühere Entfernung vor dem Schlusse der Unterrichtsstunden erlauben. Dieser Unterricht findet auch in den Sommer- und Herbstferien statt, jedoch sind die Mädchen zum Besuche des Unterrichts in diesen Ferien nicht dazu verpflichtet.

 

§ 5.

Den Stundenplan setzt der Schulvorstand unter Zuziehung der beiden Lehrerinnen fest.

Der Industrieunterricht ist der Aufsicht des Rectors wie auch jedes Mitgliedes des Schulvorstandes unterstellt.

Die angefertigten Handarbeiten werden beim Osterexamen der Einsicht und Beurtheilung des anwesenden Publikums unterbreitet.

 

§ 6.

Die Lehrerinnen haben sich überhaupt so auch insbesondere in Führung der Versäumnißlisten nach den Bestimmungen der Schulordnung und den Weisungen des Schulvorstandes zu richten.

Die Dispensation von einzelnen Unterrichtsstunden ertheilt der Rector, welcher die betreffende Lehrerin davon zeitig benachrichtigt. Im Übrigen finden die Bestimmungen der Schulordnung vom 14 Febr. 1851 wegen Schulversäum­nisse, der Pflichten der Eltern in Bezug auf die Schule, Schülerprüfung, Schul­zucht p. p. auch auf diese Industrieschule Anwendung.

Neukalen 4 Febr. 1879

       LM                              HR.                             HSt"

 

Auf der Ratssitzung am 8.3.1879 wurden zu Industrielehrerinnen gewählt:

a) für die erste Abt.: Frau Wittwe Meissner - Gehalt 150 Mark jährlich

b) für die zweite Abt.: Ehefrau des Zimmergesellen Heinrich Ladwig - Gehalt 120 Mark jährlich.

Der Industrieunterricht wurde teilweise sogar in ihren Privaträumen durchgeführt. Zu Ostern 1903 wurde den beiden Frauen gekündigt, da der Nähunterricht in den ordentlichen Lehrplan aufgenommen werden sollte. Es wurden ab Ostern 1903 neu angestellt:

            1. Handarbeitslehrerin Frl. Helene Funk

            2. Handarbeitslehrerin Ida Fehlhaber

 

 

 

Zum Turnunterricht

 

Ab Michaelis 1863 wurde als 5. Lehrer Johannes Reinke angestellt. Er war gleichzeitig als Turnlehrer tätig, wohl der erste in Neukalen.

 

"Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben in Bezeugung Aller­höchst Ihres Interesses an der Betreibung der Turnübungen in den öffentlichen Schulen den Turnern einiger landesherrlicher Schulen Fahnen in den Mecklen­burgischen und Turner - Farben, wie solche auf dem hier angeschlossenen Blatte abgebildet sind, verliehen, und haben befohlen, davon den Magistraten Mittheilung zu machen, in der Absicht, daß, wo etwa in der Folge für die Turner an den resp. Schulen Fahnen angeschafft würden, dieselben nach diesem Muster angefertiget werden möchten.

       Schwerin, am 27. October 1863

       Großherzogliches Mecklenburgisches Ministerium, Abtheilung für Unterrichts - Angelegenheiten."

 

Bürgermeister Mau schrieb darunter:

 

       "Den Herren Pastor Breuel, Rector Billenberg, Kaufmann Hermes und Stuhlmacher Benthin zur Kenntnißnahme vorzuzeigen."

 

Zeichnung der Turnerfahne 1863

 

Zeichnung der Turnerfahne 1863.

 

 

"In der heutigen Raths- und Bürgersitzung wurde beschlossen, dem Leh­rer Reinke für den im Sommerhalbjahre ertheilten Turnunterricht, wofür ihm bisher 20 Rthlr. vergütet worden, den Zuschuß von 9 Rthlr. 40 Schilling aus der Stadtkasse zu gewähren, indem durch den Beitrag der Kinder die 20 Rthlr. nicht aufgebracht worden. Dabei ist aber ausgesprochen, daß die Einrichtung beim Turnunterricht dahin zu treffen sei, damit solche Zuschüsse pro futuro vermie­den würden.

In Gegenwart des Herrn Senators Reinhardt habe ich heute Mittag den Lehrer Reinke, als derselbe aus der Schule kam, damit bekannt gemacht, daß die 9 Rthlr. 40 Schilling für dies Mal noch gezahlt werden sollten, im Übrigen aber zu Ostern k. J. der Turnunterricht eine andere Einrichtung erhalten, even­tuell ganz aufhören werde, da solche Zuschüsse nicht mehr geleistet werden könnten.

Der Turnunterricht durch den Lehrer Reinke scheint mir sehr lax betrie­ben zu werden, womit auch Herr Pastor Petersen, mit dem ich hierüber kürzlich sprach, übereinstimmte. Unsere beiderseitige Ansicht ging dahin, daß der Turnunterricht einem anderen Lehrer übertragen würde, indem die gänzliche Einstellung des Turnunterrichts nicht wünschenswerth sei. Zu Ostern kommen­den Jahres wird nun in dieser Angelegenheit das Weitere zu bestimmen sein.

Neukalen den 6ten November 1866 L. Mau"

 

"Zum löblichen Magistrate Wohlverordnete Herren!

Durch die Beiträge der Kinder zum Turnunterricht sind in dem verflosse­nem Jahre nur 10 Thl. 40 Schill. eingegangen, wodurch mir Fehlsumme von 9 Thl. 8 Schilling an meinem Gehalte als Turnlehrer entstanden ist. Dieser bedeutende Ausfall in der Einnahme muß wohl hauptsächlich dem im Frühjahr abgehaltenen Tanz - Cursus zugeschrieben werden, indem derselbe manches Kind von der Theilnahme an den Turnstunden abhielt. Da nun in früheren Jahren die geringere Fehlsumme aus der Schulkasse gezahlt worden ist, so bitte ich hiemit:

löblicher Magistrat wolle durch Assignation der beigegebenen Turnrech­nung auf die Schul- oder eine andere städtische Kasse mir auch die größere Fehlsumme von 9 Thl. 8 Schilling für das verflossene Jahr gütigst bewilligen.

Hochachtungsvoll verharrt des löblichen Magistrats

                                                                  gehorsamster

       Neukalen,                                                Johannes Reinke

den 26. Januar 1868                                                   Turnlehrer"

 

"In der R.u.B.sitzung de 4ten Febr. d. J. ist das Gesuch des Lehrers Reinke abgelehnt.                                               Mau"

 

Turnlehrer Reinke wiederholte seine Bitte:

 

"An den verehrlichen Schulvorstand zu Neukalen.

Da in dem verflossenen Jahre die Beiträge der Kinder für den Turn­unterricht nur eine Einnahme von 10 Thlrn. 40 Schilling ergeben haben, so ist dadurch eine Fehlsumme von 9 Thlrn. 8 Schilling an meinem Gehalte als Turnlehrer entstanden. Ich ersuche hiemit den verehrlichen Schulvorstand, der­sel­be wolle gütigst Fürsorge treffen, daß mir der Rest meines Gehaltes mit 9 Thl. 8 Sch. gezahlt werde.

In vollkommenster Hochachtung verharre ich des verehrlichen Schulvor­stan­des                                                                     gehorsamster              Johannes Reinke, Turnlehrer

Neukalen, den 2 März 1868."

 

"Neukalen den 24 April 1868.

In der heutigen Conferenz des Schulvorstandes wurde

3. Herr Rector Billenberg ersucht, ein Verzeichniß derjenigen Kinder, welche am Turnunterricht Theil nehmen wollen, einzureichen.

Man hielt die Fortsetzung des Turnunterrichts für durchaus angemessen und glaubte solchen für die 1 und 2 Knaben Klassen als obligat empfehlen zu dürfen, allemal aber statt des wöchentlichen 2stündigen Unterrichts einen 4stün­digen Unterricht eintreten zu lassen.

5. hinsichtlich des Vortrages des Lehrers Reincke vom 2ten März d. J. beschlossen, beim löblichen Magistrat sich für denselben zur Berichtigung der 9 Rthlr. 8 Schilling für den Turnunterricht zu verwenden.

                                                                  LMau"

 

Vom Schulvorstand wurde also die Fortsetzung des Turnunterrichts für durch­aus notwendig erachtet. Da aber nicht genügend Kinder am freiwilligen Turn­unter­richt - welcher extra bezahlt werden mußte - teilnahmen, sollte das Turnen für die 1. und 2. Klasse (Knaben) obligatorisch eingeführt werden:

 

"In der heutigen Sitzung des Schulvorstandes war der Lehrer Reinke erschienen.

Man sprach mit demselben über den in diesem bevorstehenden Sommer­halbjahre zu ertheilenden Turnunterricht und wurde festgesetzt

1. daß in den nächsten 14 Tagen wöchentlich am Dienstag und Freitag von 5 - 6 Uhr und späterhin von 5 bis 6 1/2 Uhr, und demnächst bis 7 Uhr ertheilt werde

2. daß die Versammlung der Schüler zur bestimmten Zeit vor dem Schul­hause geschehe und der bisherige Aufzug dorthin mit Pfeifen und der Fahne wegfalle

3. daß der Turnunterricht für die Schüler der beiden ersten Klassen obli­gat sei, jedoch den Schülern der anderen Klassen unbenommen bleiben solle, gegen Erlegung von 12 Schilling an die Schulkasse am Turnunterricht Theil zu nehmen

4. daß der Turnunterricht alljährlich vom Schulvorstande bestimmt werde und zugleich auch von selbigem über denjenigen Lehrer, der solchen Unterricht zu ertheilen, die Bestimmung erfolgen werde, so daß also aus dem Umstande, daß in einem Sommer solcher Unterricht von dem Lehrer ertheilt worden, letzterer überall keinen Anspruch auf seine Berücksichtigung für die spätere Zeit herleiten kann

5. daß ein Verzeichniß der am Turnunterricht Theil nehmenden Schüler aus der 3ten Klasse p. p. zu Johannis und Michaelis vom Turnlehrer eingereicht werde

6. daß die Vergütung für den halbjährigen Unterricht 20 Rthlr. beträgt, jedoch sub spe rati

7. daß die Turnerfahne im Schulhause aufbewahrt werde

8. daß der Unterricht am nächsten Freitag beginne

       LMau     Petersen     HBillenberg     Lembcke     HZiems"

 

"Extract aus dem Rath- und Bürger Protocoll dd Neukalen 5. Mai 1868

In der heutigen Sitzung wurde

5. beschlossen, zur Bezahlung des Turnunterrichts, wofür der Lehrer Reincke bisher 20 Rthlr. bekommen, das Schulgeld für die Schüler der 1. und 2. Knabenklasse für das Sommerhalbjahr und zwar von Ostern d. J. an quartaliter um 6 Schilling zu erhöhen, wobei es aber den Knaben der unteren Klassen unbenommen sein soll, an dem Unterricht gegen Bezahlung von 12 Schilling für das Sommerhalbjahr an der Schulkasse an den Turnunterricht theil zu nehmen.

6. beschlossen, den Lehrer Reincke für den Turnunterricht im vorigen Jahre 9 Rthlr. 8 Schilling aus der Schulkasse zu bewilligen.

                                                                                  In fidem                              C. W. J. Timm

                                                                                                                                                                 Secr. civit."

 

"An das hohe Großherzogl. Ministerium für Unterrichts - Angelegenheiten

Den Turnunterricht im Sommerhalbjahre hieselbst hat der Lehrer Reinke gegen eine Vergütung von 20 Rthlr. bisher ertheilt in der Weise, daß jeder der Schüler. welche am Turnunterricht theil nahmen, 16 Schilling dazu beitrugen. Da eine Verpflichtung für die Schüler zur Theilnahme nicht vorhanden war, so reichte die Aufkunft dieser Beiträge zur Bezahlung des Lehrers nicht hin, so daß aus der Schulkasse nach zuvoriger Berathung mit dem Bürgerausschuß alljährlich ein Zuschuß, im vorigen Jahre von 9 Rthlr. 8 Schilling gemacht werden mußte. Wir halten den Turnunterricht für durchaus nothwendig, sind aber der unvergreiflichen Ansicht, daß die damit verbundenen Costen von den Schülern zu tragen sind. Nach desfallsiger Berathung mit dem Bürgerausschusse haben wir beschlossen

den Turnunterricht für die ersten beiden Knabenklassen für obligat zu erklären, jedoch den Schülern der anderen Classen die Theilnahme zu gestat­ten und zur Aufbringung der Costen das Schulgeld pro Johannis und Michaelis Quartal jedesmal um 6 Schilling zu erhöhen, dagegen von den Schülern der unteren Classen, welche am Turnunterricht theilnehmen, gleichfalls für den selben Zeitraum quartaliter 6 Schilling wahrzunehmen.

Der Turnlehrer würde später seine Vergütung aus der Schulkasse er­halten.

Jetzt beträgt das Schulgeld quartaliter in der ersten Classe 1 Rthlr. 9 Schilling, in der zweiten Classe 45 Schilling, welches in den beiden Sommer­quartalen nur um 6 Schilling zu erhöhen wäre.

Submissest bitten wir um hohe Genehmigung. Zugleich erlauben wir uns die submisseste Bitte bei etwaiger Vakanz einer Lehrerstelle hieselbst einen im Turnen geübten Lehrer gnädigst berücksichtigen zu wollen.

Neukalen, den 9. Mai 1868                      

                                                      Bürgermeister und Rath"

 

Dieser Antrag wurde vom Ministerium genehmigt.

 

"An den hochlöblichen Magistrat hieselbst

Als wir auf dem Rückwege unserer Turnerreise am 17ten d. M. ungefähr um 9 Uhr am Abend Dargun passirten, sammelte sich schon im Dorfe Röcknitz, wie das gewöhnlich der Fall ist, eine Schaar der Darguner Jugend um unsere Turner. Diese Schaar vermehrte sich und begleitete uns unter fortwährenden Neckereien und Schimpfreden bis durch Dargun. Weil aber unsere Turner sich ruhig verhalten und in guter Ordnung ihren Marsch fortgesetzt hatten, war es bis dahin bei Neckereien und Schimpfreden geblieben, als wir aber zu Anfang der Allee unsere Wagen bestiegen hatten, fingen viele der Darguner Knaben und Lehrburschen an, uns unter wiederholten Schimpfreden mit Steinen zu werfen, dergestalt, daß 18 unserer Knaben von Steinen getroffen und mehrere darunter erheblich am Kopfe verwundet wurden. Es wäre gewiß noch ärger geworden, wenn einmal ich nicht vom Wagen gestiegen und die Darguner Knaben fortge­trieben und zum andern Herr Schlachtermeister Schröder, welcher die Hälfte unserer Knaben fuhr, einen der Darguner Knaben erfaßt und zu uns gebracht hätte. Auf unsere Drohung, ihn nach dem Amtsgebäude zu bringen, nannte uns dieser Knabe, welcher Carl Rogge heißen wollte, Albrecht Schröder und Fried­rich Lewerenz, welche Knaben es vor Allen gewesen sein sollten, die geworfen.

Ich erachte es für meine Schuldigkeit, dem hochlöblichen Magistrat hie­selbst von dem vorstehenden Falle gehorsamst Anzeige zu machen und ihn zu bitten, in dieser Angelegenheit nach Ermessen verfahren zu wollen.

Mit der größten Hochachtung verharre ich als hochlöblichen Magistrats ganz gehorsamster                                       Jonas

Neukalen d. 19 Juli 1869

 

Brevi manu an das verehrl. Großherzogl. Amt zu Dargun zur gefälligen Untersuchung und Bestrafung des angezeugten Unfugs und um demnächstige gefällige Mittheilung.

Neukalen den 19 Julius 1869                               BM u R

                                                                  LMau    Reinhardt      Stüdemann"

 

 

1878 nahmen 92 Kinder am Turnunterricht des Lehrers K. Struck teil. Jedes Kind zahlte für die z. T. freiwillige Teilnahme 75 Pfennig. Dieses sogenannte Turngeld mußte der Ratsdiener einfordern. Lehrer Struck bekam also 69 Mark von den Schülern und dazu 30 Mark aus der Schulkasse. Der Turnunterricht wurde nur im Sommer durchgeführt.

 

1879 bis 1883 führten die Lehrer H. Wahrlich und K. Struck den Turnunterricht für ein Gehalt von 120 Mark durch. Am Turnunterricht, welcher freiwillig war und nur im Sommerhalbjahr durchgeführt wurde, nahmen teil

1869: 53 Kinder                                

1870: 38 Kinder                              

1878: 92 Kinder                           

1879: 88 Kinder                     

1880: 69 Kinder                             

1881: 72 Kinder                  

1882: 76 Kinder

1883: 49 Kinder

1884: 77 Kinder

1885: 84 Kinder

1886: 72 Kinder

1887: 77 Kinder

1888: 60 Kinder

 

Zu den Turnern gehörte eine Spielkapelle mit Trommeln und Flöten, um das Aus- und Einmarschie­ren zum Turnerplatz im Gartsbruch mit Musik zu untermalen. 1881 wurden vier neue Flöten zu je 4 Mark angeschafft.

      

Nachdem der Lehrer Wahrlich 1883 Neukalen verließ, war der Lehrer Struck in den folgenden Jahren allein (mindestens bis 1888) für den Turnunter­richt zuständig. Um 1900 waren als Turnlehrer die Lehrer Westphal und Struck tätig.

 

Der Turnunterricht fand entweder im Gartsbruch auf dem sogenannten "Turnerplatz" oder auf dem Schulhof statt. Auf dem Schulhof standen drei Barren, eine große Leiter und ein Gerät für den Hochsprung. Das letztgenannte Turngerät bestand aus zwei senkrechten Stangen, zwischen welchen ein mit Sandsäcken beschwertes Seil gespannt war. Die Schüler hatten beim Turnen alle eine weiße Mütze auf. Oft wurden auch Marschübungen und kleinere Aus­flüge durchgeführt. Jedes Jahr wurde eine Turnerreise organisiert. Mein Groß­vater Hans Schoknecht, welcher die Schule von Ostern 1897 bis Ostern 1905 besuchte, erinnerte sich an Reisen nach Teterow, Penzlin, Kittendorf, Ivenack und Neubrandenburg (Belvedere). Da zu dieser Zeit die Bahnlinie nach Malchin bzw. Dargun noch nicht bestand, mußten die Schüler bis Malchin zu Fuß gehen. Bei der Rückkehr wurden sie dann von einigen Bauern mit Fuhrwerken vom Bahnhof wieder abgeholt. Diese Turnerreisen mußten selbst bezahlt werden.

 

 

 

Die Gewerbeschule

 

Die Gewerbeschule ging 1838 bis 1840 aus der sogenannten Sonntagsschule hervor. Sie hatte 1875 folgendes Statut:

 

"Statut

betreffend die Verpflichtung der Handwerks - Lehrlinge, soferne selbige das 18. Lebensjahr nicht überschritten haben, zum Besuche der Gewerbeschule.

§ 1.

Gesammte von Neukalen´schen Lehrherren beschäftigte Handwerks­lehr­linge, soferne selbige das 18. Lebensjahr nicht überschritten haben, sind, falls sie sich in der Stadt Neukalen aufhalten und nicht außerhalb derselben be­schäftigt werden, zum Besuche der Gewerbeschule sowohl an den Sonntagen als auch an den Abenden der Wochentage, aber auch die Lehrherrn zur Gewährung der für diesen Besuch erforderlichen Zeit verpflichtet.

Dispensationen von dieser Verpflichtung können durch den Magistrat ertheilt werden.

Behinderungen am Besuch der Schule sind in der Regel dem betref­fenden Lehrer vorher persönlich anzuzeigen und der Grund zu bescheinigen, doch auch nachträgliche begründete Entschuldigungen bei demselben vorzu­bringen.

 

§ 2.

Gegen die dieser Bestimmung zuwiderhandelnden Lehrlinge sowie Lehr­herrn steht es, falls ungerechtfertigten Versäumnissen durch Ermahnungen nicht vorgebeugt werden kann, dem Magistrat zu, nach vorgängiger Untersu­chung auf Geldbuße bis zu 20 Mark und im Falle des Unvermögens auf Haftstrafe bis zu 6 Tagen zu erkennen. Gegen eine solche Verfügung kann beim hohen Ministerium, Abtheilung für Unterrichts - Angelegenheiten, im Wege des Recurses Beschwerde geführt werden.

 

§ 3.

Die Lehrlinge haben in den Unterrichtsstunden den Anweisungen der Lehrer unbedingt Folge zu leisten und denselben die gebührende Achtung zu beweisen, widrigenfalls selbige nach vorgängiger Untersuchung durch den Magistrat Bestrafung zu gewärtigen haben.

Neukalen, den 6. December 1875.

Bürgermeister und Rath.

Mau.                       Reinhardt.                  Stüdemann."

 

 

1897/98 hatte die Gewerbeschule 3 Lehrer und 38 Schüler. Eine neuere Gewerbeschulordnung lag vom 20.7.1899 vor:

 

 

"Gewerbeschulordnung

für die Stadt Neukalen.

 

§. 1.

Die Gewerbeschule steht unter der Leitung des Schulvorstandes; die obere Aufsicht übt der Magistrat.

 

§. 2.

Der Schulvorstand wird gebildet aus

1. einem Deputirten des Magistrats als Vorsitzenden.

2. zwei Handwerksmeistern, die der Magistrat aus den vom Bürgerausschuß vorgeschlagenen 4 Meistern ernennt.

3. dem Dirigenten der Schule, welcher indeß nur eine beratende Stimme führt.

 

§. 3.

Der Schul - Vorstand hat die Interessen der Anstalt in jeder Weise wahr­zunehmen und für Innehaltung der Bestimmungen dieses Statuts Sorge zu tragen. Er hat nach seinem Ermessen Revisionen der Gewerbeschule vorzu­neh­men und über die Ergebnisse dem Magistrat zu berichten. Bei solchen Besuchen darf jedoch kein Mitglied des Schulvorstandes Veranlassung nehmen, sich in Gegenwart der Schüler über die Leistungen der Lehrer zu äußern.

Der Unterricht wird nach dem im J. 1895 genehmigten Lehrplan ertheilt. Etwaige Veränderungen des Lehrplanes seitens des Schulvorstandes bedürfen der Genehmigung des Magistrats, ebenso die Annahme der Lehrkräfte und die Feststellung der den Lehrern zu gewährenden Remunerationen. Zu den Aende­rungen des Lehrplanes ist die Genehmigung des Großh. Ministeriums, Abth. f. Unt. Angel. zu erwirken.

 

§. 4.

Die Bestimmung der Unterrichtszeit erfolgt durch den Magistrat. An den Sonntagen ist der Unterricht nicht über 3 Uhr nachmittags auszudehnen.

 

§. 5.

Verpflichtet zum Besuche der Gewerbeschule sind die gewerblichen Arbeiter der hiesigen Handwerker, Fabrikanten und Künstler soweit sie Lehrlinge sind, bis zum Schlusse des der Vollendung des 18. Lebensjahres voraufgehenden Halbjahrs. Ausgenommen sind diejenigen Maurer- und Zimmer­lehrlinge, welche ihren regelmäßigen Aufenthalt außerhalb der Arbeitszeit auf dem Lande haben.

Die Lehrherren sind verpflichtet, die Lehrlinge zum Besuch der Gewerbe­schule anzuhalten und den Schulbesuch zu überwachen.

 

§. 6.

Berechtigt zum Besuche der Gewerbeschule sind auch junge Leute, welche der Schulpflicht nicht unterworfen sind, falls ihre Arbeitgeber resp. ihre Väter und Vormünder ihre Einwilligung geben und der Schulvorstand den Besuch genehmigt.

Der Wiederaustritt innerhalb des Semesters kann nur mit Genehmigung des Schulvorstandes erfolgen.

Während sie der Schule angehören, sind sowohl sie, wie ihre Arbeitgeber resp. Väter und Vormünder den Bestimmungen dieses Statuts unterworfen.

 

§. 7.

Die Aufnahme der Gewerbeschule geschieht regelmäßig zu Anfang des Sommerhalbjahrs an einem durch den Gewerbeschulvorstand zu bestimmenden und öffentlich bekannt zu machenden Tage durch den Dirigenten der Schule.

Im Laufe des Schuljahrs gewerbeschulpflichtig werdende junge Leute sind zur Meldung binnen 14 Tagen nach Eintritt der Schulpflichtigkeit verbun­den.

Die Arbeits- und Lehrherren haben die von ihnen beschäftigten gewerbe­schulpflichtigen Personen zur rechtzeitigen Erfüllung der Meldepflicht anzuhal­ten.

Bei der Aufnahmemeldung hat der Eintretende seinen Geburtsschein oder sein Arbeitsbuch vorzulegen.

 

§. 8.

Die Gewerbeschüler sind zu regelmäßigem Besuche des Unterrichts verpflichtet.

Erlaubnis zur Schulversäumnis kann nur aus erheblichen Gründen erteilt werden; sie ist für die Unterrichtszeit eines einzelnen Tages bei dem be­treffenden Lehrer, für mehrere Schultage, bis zur Dauer von 1 Woche beim Schuldirigenten, für längere Zeit beim Schulvorstand nachzusuchen.

Versäumnisse ohne zuvor eingeholte Erlaubnis gelten nur dann als gerechtfertigt, wenn in der nächstfolgenden Unterrichtsstunde eine schriftliche Bescheinigung des Lehrherrn, daß sie unvermeidlich gewesen, beigebracht wird. Den Entschuldigungsschein übergiebt der Lehrer dem Dirigenten, nach­dem er die Entschuldigung in der Klassenliste gebucht und einen bezüglichen Vermerk auf dem Scheine gemacht hat.

 

§. 9.

Von der Verpflichtung zur Teilnahme am Zeichenunterricht sind diejeni­gen Schüler befreit, zu deren gewerblicher Ausbildung derselbe nicht erforder­lich ist: Schlachter, Bäcker, Barbiere, Cigarrenmacher, Musiker, Meier, Gerber, Färber. Ob diese Bestimmung auch noch auf Schüler anderer als der vorge­nannten Gewerbebetriebe Anwendung erleidet entscheidet im Zweifelsfalle der Schulvorstand vorbehältlich der Genehmigung des Ministeriums Abth. f. Unter­richts - Angelegenheiten.

 

§. 10.

Die vorgekommenen Schulversäumnisse, soweit sie nicht erlaubt bezw. nachträglich gerechtfertigt sind, sind von dem Schuldirigenten zu Ende jeden Monats dem Schulvorstande anzuzeigen und von diesem dem Magistrat zur Bestrafung mitzuteilen. Durch die Strafbestimmungen werden die nach beste­hendem Rechte dem Magistrate zustehenden sonstigen Befugnisse, die Schüler zum Schulbesuche anzuhalten, nicht berührt.

 

§. 11.

Die Gewerbeschüler müssen ordentlich und reinlich gekleidet zur Schule kommen und haben sich auf dem Wege nach und von der Schule, sowie in derselben eines ruhigen und anständigen Benehmens zu befleißigen. Zu den Lehrstunden müssen sie pünktlich erscheinen; während der Stunden sind sie zur Ruhe, zur Aufmerksamkeit, Fleiß, Ordnung und gesittetem Betragen gehalten. Den Anforderungen der Lehrer zur Befolgung dieser Bestimmungen haben sie unweigerlich Folge zu leisten.

 

§. 12.

Die unerlaubten oder unentschuldigten Versäumnisse des Unterrichts sowie die Übertretungen der Vorschrift im §. 11 werden an den Gewerbe­schülern vom Magistrat im Wege des Disciplinarverfahrens mit Strafe bis zu 5 M oder einem Tage Haft geahndet. Mit Geldstrafe bis zu 30 M oder Haft bis zu 1 Woche werden bestraft:

1. unter Wegfall des Disciplinarverfahrens des Absatzes 1 die Gewerbe­schüler, welche den Unterricht ohne Erlaubnis oder unentschuldigt länger als eine Woche oder aber zwar kürzere Zeit versäumen, im Laufe des letzten Jahres aber bereits dreimal wegen Versäumnis zu Strafen verurteilt worden sind.

2. Lehrherrn, Eltern, Vormünder oder Erzieher, welche den ihnen durch diese Schulordnung auferlegten Pflichten zuwiderhandeln.

Die im Absatz 2 genannten Strafen können durch polizeiliche Strafver­fügung festgesetzt werden.

Die erhobenen Strafgelder fließen in die Gewerbeschulcasse.

 

§. 13.

Die Schüler sind zur sorgsamen Behandlung der ihnen von der Schule überwiesenen Lehrmittel verpflichtet und haben jeden an denselben durch ihr Verschulden entstandenen Schaden zu ersetzen. Ueberwiesen werden den Gewerbeschülern alle Lehrmittel ausgenommen die Uebungshefte im geometri­schen Zeichnen und die Griffel.

 

§. 14.

Von jedem Schüler ist ein vom Magistrate mit Zustimmung des Bürgerausschusses und mit Genehmigung der Ministerien des Innern und Abteilung für Unterrichts - Angelegenheiten festzustellendes Schulgeld zu entrichten.

Dasselbe welches bis auf Weiteres auf 1 Mark für das Halbjahr fest­gestellt wird ist im Voraus zu zahlen. Rückstände werden vom Magistrate im Wege der administrativen Zwangsvollstreckung, welche sich gegen die Arbeit­geber resp. im Falle des §. 6. gegen die Väter und Vormünder richtet, beigetrieben. Das Schulgeld wird zur Gewerbeschulcasse vereinnahmt.

Wer im Laufe des Halbjahrs bis zum 1. Juli bzw. Januar in die Schule eintritt, zahlt das volle, wer nach diesem Zeitpunkt eintritt, das halbe Schulgeld.

 

§. 15.

Jeder Gewerbeschüler erhält ein Controllbuch, in welchem die Aufnahme des Schülers bescheinigt wird und in welches seitens des Dirigenten Eintragungen bei pflichtwidrigem Verhalten des Lehrlings gemacht werden. Diese Eintragungen sind von den Schülern den Lehrherrn bezw. den Vätern und Vormündern zur Unterschrift vorzulegen und von diesen zu unterschreiben.

Dem Kontrollbuch wird ein vom Magistrat zu bestimmender Auszug aus der Gewerbeschulordnung vorgedruckt.

Die Kontrollbücher werden von der Schule aufbewahrt. Geht ein Kontroll­buch durch Schuld des Schülers, des Lehrherrn, des Vaters oder Vormundes verloren oder wird es durch die Schuld derselben unbrauchbar so sind für das neu auszustellende Kontrollbuch 75 Pfg. zu entrichten.

 

§. 16.

Halbjährlich werden den Schülern Zeugnisse über Schulbesuch, Betra­gen, Fleiß und Kenntnisse erteilt, die von den Lehrherrn bezw. von den Vätern oder Vormündern unterschrieben, am ersten Schultage des neuen Halbjahrs wieder vorgezeigt werden müssen.

Die abgehenden Schüler erhalten Abgangszeugnisse, in denen ihnen der Besuch der Gewerbeschule bescheinigt wird.

 

§. 17.

Den Berechner der Gewerbeschulkasse bestellt der Magistrat.

Die das Schuljahr Ostern bis Ostern umfassende Rechnung wird vom Schulvorstande revidiert, vom Magistrate superrevidiert. Die stadtverfassungs­mäßigen Rechte des Bürgerausschusses bezüglich der Geldbewilligungen bleiben unberührt.

 

§. 18.

Beschwerden gegen die Lehrer der Anstalt sind bei dem Magistrats­deputirten im Schulvorstande anzubringen, bleibt die vermittelnde Thätigkeit dessen ohne Erfolg, so entscheidet der Schul - Vorstand über die Beschwerde. es kann auf Verweis, sofortige Entlassung oder Kündigung des Lehrers erkannt werden. Eine derartige Entscheidung bedarf jedoch der Genehmigung des Magistrats.

 

§. 19.

Beschwerden über Beschlüsse des Schulvorstandes werden vom Magi­strate, eventuell vom Großherzoglichen Ministerio, Abteilung für Unterrichtsan­gelegen­heiten, entschieden.

 

§. 20.

Diese Schulordnung tritt mit ihrer Publication in Kraft."

 

 

In den Jahren 1900 bis 1910 war der Lehrer Heinrich Mahnke Dirigent der Gewerbe­schule. Weitere Lehrer der Stadtschule gaben Unterricht. Im Schuljahr 1902/03 gingen 42 Schüler in die Gewerbeschule. Drei Lehrer gaben wöchentlich im Sommer 6 Stunden Unterricht in zwei Klassen (Mahnke, Westphal und Evermann). Ab 1911 war Lehrer Westphal Gewerbeschuldirigent.

 

 

 

 

1868 … 1878

 

Aus dem "Öffentlichen Anzeiger" von 1868:

 

"Neukalen, 20. Aug. Der Unterricht in den hiesigen Schulen hat heute begon­nen, ist aber der Hitze wegen auf die Stunden von 7 - 10 Morgens beschränkt.

Das hiesige Schulhaus, ein sehr schönes Gebäude, welches neben der Stadt auf einem schönen Platze belegen, Stadt und Umgegend zur Zierde gereicht und seinen Erbauern alle Ehre macht, mußte den oberen Teil seiner schönen Giebelverzierungen missen. Das Material erwies sich als undauerhaft und es entstand die Gefahr des Herabstürzen der kleinen Türmchen usw. Die jetzigen Verzierungen sind einfacher, leider vermißt man jetzt das früher so stark hervortretende Gepräge eines christlichen Schulhauses.

Auch die letzten Gewitter brachten hier keinen Regen, so sehnlich er gewünscht wird, da im Laufe des Sommers hier nur einzelne Tropfen gefallen sind."

 

 

"Verhandelt im Schulvorstande zu Neukalen, den 12ten April 1871.

In der heutigen Conferenz wurde über die Verleihung des Unterrichts in der 2ten Knaben- und Mädchenklasse von Ostern d. J. umständlich gesprochen und ging die Ansicht der sämmtlichen Mitglieder des Schulvorstandes dahin:

daß mit Berücksichtigung, daß die 2te Knabenklasse durch die lange Krankheit des früheren Lehrers Wiegert sehr gelitten, und daß der Lehrer Boitin notorisch vielfach im verflossenen Winter krank gewesen und der Unterricht in seiner, der 2ten Mädchenklasse habe aussetzen müssen, auch derselbe von höchst schwächlicher Körperconstitution ist - unter den obwaltenden Umständen im Interesse des Schulwesens der Unterricht in der 2ten Knabenklasse dem Lehrer Funck zu übertragen sei, wogegen der Lehrer Boitin den Unterricht in seiner 2ten Mädchenklasse fernerhin beibehält.

Der Herr Pastor Petersen wird die Güte haben, beide Lehrer von diesem Beschlusse des Schulvorstandes in Kenntniß zu setzen.

Was die Besetzung der 3ten gemischten Klasse betrifft, so wird dem Lehrer Diederichs solche und dem Lehrer Pommerenke der Unterricht in der 4ten gemischten Klasse zu übertragen sein.

Der Herr Pastor Petersen wird die dieserhalb erforderliche Anweisung gütigst übernehmen.

       LMau       Petersen         HZiems            Lembcke        

HBillenberg."

 

 

Am 4.7.1874 verstarb der Rektor Heinrich Joachim Billenberg. Er war seit 33 Jahren in Neukalen als Rektor und Organist tätig. Im "Öffentlichen Anzeiger", Nr. 56 vom 15.7.1874 erschien folgende Anzeige:

 

"Am Freitag 24. Juli d. J. sollen in dem hiesigen Rectorhause die Nach­laß­sachen des verstorbenen Rectors Billenberg namentlich Haus- und Küchen­gerätschaften als:

Sophas, Stühle, Tische, Schränke, Betten und Bettstellen, ferner 1 Kuh und eine Starke, reine Quantität klein gemachtes Buchen - Holz, so wie die Gartenfrüchte in den beiden Dienstgarten öffentlich meistbietend gegen baare Bezahlung verkauft werden. Kaufliebhaber wollen sich am gedachten Tage Vor­mittags 9 Uhr im Rectorhause hierselbst einfinden.

Neukalen, den 14. Juli 1874.                                            W. Timm,

                                                                                     Stadtsecretair."

 

 

"Statistische Nachrichten über die Stadtschule zu Neukalen.

Die Stadtschule zu Neukalen besteht aus 2 Abtheilungen, der Bürger­schule und einer augenblicklich nur aus einer Klasse bestehenden Volksschule.

Erstere theilt sich in 7 Klassen, von denen die 4 ersten Parallelklassen sind, indem in I a und II a nur Knaben, in I b und II b nur Mädchen unterrichtet werden. Was die Frequenz der einzelnen Klassen anlangt, so stellte sie sich, wie folgt:

Es besuchten              

I a,                   31 Knaben

I b,                   36 Mädchen

II a,                  42 Knaben    

II b,                  28 Mädchen

III                    72 Schüler

IV                    84 Schüler

V                     88 Schüler

Volksschule    46 Schüler

 

Im Ganzen besuchten also die Schule 423 Schüler resp. Schülerinnen. Von diesen gehn zu Ostern d. J. durch Confirmation ab, aus Cl. I a und II a, 19 Knaben, aus I b und II b, 14 Mädchen, aus der Volksschule 6 Knaben und 8 Mädchen, im Ganzen also 25 Knaben und 22 Mädchen, so daß also, wenn wir noch ungefähr 10 sonstige Abgehende hinzurechnen, circa 366 bleiben würden. Nach einem ungefähren Überschlag würden zu Ostern dann hinzutreten gegen 62 Kinder, so daß wir gegen das Vorjahr ein plus von fünf Kindern erhielten.

Den Unterricht ertheilten sechs Lehrer und zwei Assistenten, von denen 4, der Rector, die Herren Kossow, Winter und Hagen zu Mich. v. J. neu eintraten. Abgesehen von diesem immer störenden Wechsel, hat die Schule im verflossenen Jahre mit manchem Ungemach zu kämpfen gehabt. Zunächst ver­lor sie im Laufe des Sommers ihren langjährigen Dirigenten, den Herrn Rector Billenberg, nachdem ihm zu Ostern v. J. die erwünschte Ruhe war ertheilt worden. Die erste Klasse wurde in Folge dessen bis Mich. von dem Lehrer Herrn Haack, jetzt zu Ludwigslust, verwaltet. Gegen Ende des Sommerhalb­jahres erkrankte dann der Lehrer der Volksschule Herr Knoll nicht unbedenklich am Veenenfieber, so daß, nachdem die Kollegen einige Wochen vor und nach Mich. seine Klasse mit verwaltet hatten, ein Assistent berufen werden mußte, welcher der Klasse bis zum 1 Februar d. J. vorstand. Durch Gottes Gnade so weit gekräftigt, vermochte Herr Knoll von dieser Zeit an, den Unterricht selbst wieder zu leiten. Kaum ins Winterhalbjahr hineingetreten, begannen die Masern sich zu zeigen und traten bald so heftig auf, daß die unteren Klassen wegen zu geringen Besuchs nur mangelhaften Unterricht empfangen konnte, ja die letzte, Elementarklasse mußte auf 14 Tage gänzlich geschlossen werden.

Nehmen wir dies alles zusammen, so wird es nicht Wunder nehmen können, wenn die Schule im Allgemeinen das Ziel nicht erreicht hat, welches sie bei normalem Verlauf hätte erreichen können und müssen.

Zum Schluß des Berichts kann ich es nicht unterlassen an den löblichen Schulvorstand die Bitte hier öffentlich auszusprechen, dafür sorgen zu wollen, daß wir auch für die beiden unteren Klassen bald möglichst fest angestellte Lehrer erhalten, da ein einiger Wechsel, wie es nun einmal bei den Herrn Assistenten beliebt wird, weder den Klassen selber, an denen die Herrn unter­richten, noch auch der ganzen Schule irgendwie zum Vortheil, im Gegentheil nur zum größten Nachtheil gereichen kann und muß.

Der Herr aber, welcher bisher Seine schützenden Hand über unsere Schule gehalten, wolle ihr auch ferner Seinen Segen, Seine Gnade nicht ent­ziehen.

                                                                              Ehlers, Rector"

 

Auf eine Anfrage des Vorstandes der deutschen anthropologischen Gesell­schaft füllte Rektor Ehlers 1877 folgendes Formular für die 380 Schüler (darun­ter keine Juden) aus:

 

1. blaue Augen, blonde Haare, weiße Haut       168

2. blaue Augen, braune Haare, weiße Haut         37

3. blaue Augen, braune Haare, braune Haut          1

4. graue Augen, blonde Haare, weiße Haut         78

5. graue Augen, braune Haare, weiße Haut         20

6. graue Augen, braune Haare, braune Haut          6

7. graue Augen, schwarze Haare, braune Haut      1

8. braune Augen, blonde Haare, weiße Haut       34

9. braune Augen, braune Haare, weiße Haut       27

10. braune Augen, braune Haare, braune Haut      6

11. braune Augen, schwarze Haare, braune Haut  2

                 ——————————————————     

                                                                            380

 

Vom 18.1. bis 1.2.1877 war die Schule wegen einer verstärkt auftreten­den Krankheit, der sogenannten brandigen Bräune, geschlossen.

 

"G. P. M.

In der Raths und Bürgerausschuß - Sitzung d. 8 Januar d. J. bei Einrei­chung des Etats der hiesigen Schulkasse pro 1878, worin ein Deficit von 200 M. enthalten, machte Unterschriebener den Vorschlag, ob es nicht angemessen wäre, um Einnahmen und Ausgaben der Schulkasse im Gleichgewicht zu brin­gen, so wie den Beitrag der Stadtkasse, etwas abzumindern, die Volksklasse eingehen zu lassen und die Kinder derselben in den übrigen Klassen zu vertheilen. Es wurde hierüber aber kein Beschluß gefaßt.

Ich halte es für meine Pflicht, nochmal wieder hierauf zurückzukommen und glaube nicht, daß die Schule hierdurch verschlechtert wird oder verlieren kann.

Michaelis 1862 wie das neue Schulhaus bezogen wurde, waren 532 Schüler und hatte zu der Zeit Herr Oberschulrath Schröder 8 Lehrer für diese Schülerzahl genügend gehalten. Es sind jetzt aber noch nicht ganz 400 Schüler, also ca. 130 weniger, so daß meiner Ansicht nach, die Klassen nicht überfüllt werden, wenn ein Lehrer weniger ist. Diese Veränderung würde zu nächsten Ostern am besten auszuführen sein, weil dem Vernehmen nach, 2 Lehrer abge­hen und wahrscheinlich nur Assistenten angestellt werden.

Sollte diese Veränderung ausgeführt werden, so könnte eine verheira­thete Stelle eingehen und brauchte nur ein Lehrer wieder angestellt zu werden. Es würde der Beitrag der Stadtkasse hiernach um ca. 700 M. abgemindert.

Uebrigens ist es zur Genüge bekannt, daß eine Schule, woran mehrere Assistenten wirken, nicht gehoben wird und es jedenfalls besser ist, wenn auch einige Kinder mehr in den Klassen sind, wenn geprüfte Lehrer unterrichten.

Ich bitte daher, dies Gesuch in reiflicher Erwägung zu ziehen und darüber Beschluß zu fassen, ob dies ausführbar ist. Sollte dies nicht zu erreichen sein, so muß entweder das Schulgeld, oder der Beitrag der Stadtkasse erhöhet wer­den, um die Gehalte der Lehrer bezahlen zu können.

Neukalen d. 19 Januar 1878

                                                                                                                           HStüdemann

                                                                                                                 Berechner der Schulkasse“

 

 

 

Einschulung der Kinder aus Schlakendorf und Franzensberg ab 1879

 

„Die Verhandlung wegen hiesiger Einschulung der Kinder aus Schlaken­dorf und Franzensberg ist noch nicht beendigt, vielmehr ist ehgestern ein Rescript an den Schulvorstand zum Bericht in dieser Angelegenheit eingegan­gen. Meiner Ansicht nach dürfte daher die fragliche Angelegenheit wegen Verminderung der Lehrer bis dahin ausgesetzt werden, bis feststeht, ob die gedachten Kinder hier eingeschult werden oder nicht.

Neukalen 24 Januar 1878                                     LM.

 

Ich bin darin mit dem Herrn Hofrath Mau einverstanden daß die Verhand­lungen wegen Einschulung der Schlakendorfer Kinder abzuwarten sind, möchte aber proponiren, daß schon jetzt ein Vortrag an das Hohe Ministerium wegen Abminderung der Lehrerzahl an hiesiger Schule abgelassen würde, da sich voraussichtlich die Verhandlungen mit der Haushaltsbehörde in die Länge ziehen werde; denn ich bin auch mit Herrn Senator Stüdemann der Ansicht daß bei der jetzigen Schülerzahl an hiesiger Schule ein Lehrer weniger sein kann und überall die Stadtcasse nicht immer und immer mehr zu höheren Leistungen für die Schule heran gezogen werden kann als es jetzt schon geschieht.

Neukalen den 25 Januar 1878

                                                                              HReinhardt"

 

 

Die Kinder aus Schlakendorf und Franzensberg gingen bis Ostern 1879 in die Schule in Franzensberg. Die Franzensberger Schule ging ein - wahr­scheinlich aus Altersgründen des Lehrers und der geringen Schülerzahl. Ab Ostern 1879 gingen jedenfalls die 31 Kinder in die Neukalener Schule. Die Stadt forderte vom Unterrichtsministerium in Schwerin dafür jährlich 900 Mark, um davon einen neu einzustellenden Lehrer bezahlen zu können.

 

"Zwischen der obersten Verwaltungs - Behörde des Großherzoglichen Haushalts zu einem Theil und dem Magistrat zu Neukalen zum andern Theil ist über die Mitbenutzung der Stadt Schule zu Neukalen für die Schulkinder aus dem Pachthof Schlakendorf und der Ortschaft Franzensberg die nachstehende Vereinbarung abgeschlossen und vollzogen.

 

§ 1.

Für die Zeit von Michaelis 1879 ab besuchen die Schulkinder aus den obengenannten Ortschaften die Stadt - Schule zu Neukalen, und nehmen nach Maaßgabe der bestehenden oder zu erlassenden Schul - Ordnungen am Unter­richt in derselben theil. Die für das Domanium bestehende Dispensation vom Besuche der Sommer - Schule wird für die Schulkinder aus Schlakendorf und Franzensberg vom Unterrichts - Ministerio geordnet werden.

 

§ 2.

Für die in § 1 festgestellte Mitbenutzung der Schule zu Neukalen wird von der Großherzoglichen Haushalts - Verwaltung zur Schulkasse daselbst ein fester Beitrag von jährlich 900 Mark, quartaliter postnumerando zahlbar, gelei­stet. Falls zeitweise die Zahl der Schulkinder aus den genannten Ortschaften über 40 hinausgehen sollte, so wird für diese Zeit für jedes überschüssige Kind eine Extrazahlung von 20 Mark pro Jahr geleistet, ebenfalls quartaliter post­numerando fällig.

 

§ 3.

Gegen die in § 2 festgestellte Zahlung cessirt alle und jede weitere Leistung für die Stadt Schule zu Neukalen sowohl Seitens der obersten Ver­waltungs - Behörde des Großherzoglichen Haushalts als Seitens der Eltern der Schulkinder.

§ 4.

Die vorstehende Vereinbarung ist fest auf die 5 Jahre Michaelis 1879 / 1884 abgeschlossen; von Ostern 1884 ab steht jedem Theil eine zu Ostern jeden Jahres zulässige zweijährige Kündigungsbefugnis zu, so daß dies Verhältnis eventualiter zuerst zu Ostern 1886 gelöst werden kann.

       Neukalen, den 4. Febr. 1879             

                                                                              Bürgermeister und Rath

                                                                  L Mau     Reinhardt       Stüdemann

                                                                                 und Bürgerausschuß

Dr. R. Buschmann     CWasserstradt     A. G. Fischer     HLembcke     Th. Karnatz     R. Fischer     Ad. Wagenknecht     W. Stüdemann   F. Bremer     J. Seemann     Willgohs"

 

 

1886 erfolgte dann in Schlakendorf der Neubau eines Schulhauses, so daß die Kinder aus Schlakendorf und Franzensberg ab Ostern 1887 dort zur Schule gehen konnten.

 

 

 

1882 … 1896

 

1882 traten viele Scharlacherkrankungen auf.

1882: "Neukalen, 5. Juli. Der Rektor hiesiger Stadtschule, Woisin, verläßt schon zu Michaelis wieder unsere Stadt, da derselbe vom Großherzoglichen Konsistorium zu Neustrelitz zum Rektor an der  Mädchenschule in Schönberg berufen ist."

1882: "Neukalen. Sicherem Vernehmen nach wird Konrektor Beltz in Wittenburg einem Rufe als Rektor nach hier folgen."

1883: "Neukalen, 9. April. Der Lehrer Tegtmeyer hieselbst ist zu Ostern d. J. pensioniert worden."

 

1885 wurden Fichten am Schulplatz zu den dahinter liegenden Gärten angepflanzt.

 

Am 21.4.1890 wurde dem cand. phil. Franz Stüdemann, ein Sohn des wailand Senators Stüdemann, die Genehmigung zur Einrichtung einer Privat­schule erteilt. 1905 hatte die Privatschule des F. Stüdemann nur noch einen Schüler - den Sohn des Erbpächters Kluth aus Schwarzenhof. Mit dem Ausscheiden dieses Schülers ging dann diese Privatschule ein.

 

Um 1890 flossen aus der Stadtkasse jährlich 4000 Mark in die Schul­kasse, dazu wurde von der Stadt Holz und Torf geliefert.

Um 1891 erhielt ein Junglehrer der 6. Klasse an Gehalt monatlich 58 Mark 85 Pfg. Dazu hatte er eine Stube im Dachgeschoß des Schulhauses als Freiwohnung.

 

1892 wurde eine Privat - Mädchenschule durch Kaufmann Bruger und Lehrer R. Funck gegründet. Das Großherzogliche Mecklenburgische Ministerium, Abteilung für Unterrichts - Angelegenheiten erteilte am 11.10.1892 die Genehmigung unter den Bedingungen, daß

"1. die §§ 36 und 37 der dortigen Schulordnung auf diese Schule Anwendung finden,

2. als Lehrerinnen oder Lehrer nur solche Personen angestellt werden, welche der evangelisch lutherischen Confession angehören und die Befähigung zum Unterricht durch eine gültige Prüfung nachgewiesen haben,

3. der Religionsunterricht an 11jährige und ältere Mädchen durch einen dazu qualificierten Lehrer ertheilt wird, und

4. der Eintritt neuer Mitglieder in den Vorstand der Genehmigung des unterzeichneten Ministerii bedarf."

 

1893 hatte die Stadtschule 405 evangelische und 2 jüdische Schüler.

 

"G. P.

betreffend Reform der Mädchenklassen unserer Bürgerschule.

Die Gründung einer höheren Mädchenschule hieselbst, die fast aus­schließlich von Bürgerkindern besucht und mit schweren Opfern unterhalten wird, legt den Gedanken nahe, daß unsere Schule den an sie gestellten Anforderungen nicht entspricht. Und die Schulverwaltung muß allerdings aner­ken­nen, daß Übelstände vorhanden sind. Dahin gehört in erster Linie die Überfüllung der Klassen II und III. Die Überfüllung dieser Klassen führt dahin, daß bei der Versetzung aus diesen Klassen weniger die Fähigkeit der betref­fenden Schüler den Ausschlag giebt, als vielmehr die Platzfrage. So sitzen augenblicklich in der II. Kl., desgleichen in den beiden ersten Klassen manche Schüler, die nicht dahin gehören, die dem Unterricht in diesen Klassen noch nicht folgen können und die anderen zurückhalten. Daß das störend einwirkt auf den ganzen Unterricht und die Resultate auch bei den besseren Schülern beeinträchtigt, braucht nicht erst nachgewiesen zu werden.

Von anderen offenkundigen Übelständen will ich hier schweigen.

Andererseits ist es unverkennbar, daß die Einwirkung gebildeter Damen auf die Mädchen in erzieherischer Hinsicht eine heilsame ist.

Da nun die Unterhaltung der hiesigen höheren Mädchenschule den betref­fen­den Eltern große Opfer auferlegt, und diese Schule bei den vielen Abtheilungen doch nichts Ordentliches leisten kann; so erachte ich es als eine Pflicht der Schulverwaltung, resp. des Magistrats und der Bürgerschaft, hier Wandel zu schaffen und unsere Schule so einzurichten, daß sie allen billigen Anforderungen entsprechen kann.

Zu dem Ende empfehle ich Folgendes:

       I. Trennung der II. Klasse nach den Geschlechtern

       II. Anstellung zweier Lehrerinnen für die beiden ersten Mädchenklassen, und zwar einer für höhere Mädchenschulen geprüften für die I Klasse und einer für Bürgerschulen geprüften für die II Kl.

       III. Die Einführung einer fremden Sprache und zwar der französischen als facultativen Unterrichtsgegenstand in den beiden ersten Mädchenklassen.

Der französische Unterricht wird in 4 wöchentlichen Stunden in der II Klasse und in 4 desgl. in der I Klasse ertheilt und zwar gegen eine Erhöhung des Schulgeldes für die betreffenden Schülerinnen um 20 Mark p. a.

Um die Kinder, die an diesem Unterricht theilnehmen, nicht zu überlasten, werden sie von einzelnen Unterrichtsgegenständen befreit.

Neukalen, den 9. Februar 1893.

                                                                              JVoß, Pastor."

 

 

"Protocollum am 9. Februar 1893.

Es waren anwesend die Herren vom Magistrat, Herr Geh. Hofrath Mau, die Herren Senatoren Reinhardt u. Kossow, ferner Herr Pastor Voss, Rector Oldach, Kaufmann Broder u. Kaufm. Lange.

Obige Herren waren unter dem heutigen zusammengetreten, um über eine Reform der Schule (im Anschluß an ein von dem Pastor Voss einge­reichtes Erachten u. ein heute eingereichtes gehorsamstes Promem. zu berathen.

Es wurde beschlossen vorbehältlich der Genehmigung des Bürgeraus­schusses u. des hohen Ministeriums von Ostern d. J. ab folgendes einzuführen

       1) Trennung der 2ten Klasse der hiesigen Bürgerschule nach den Geschlechtern.

       2) Anstellung 2er Lehrerinnen an den beiden ersten Mädchenklassen u. zwar an Kl. Ib einer für höhere Schulen geprüften und an Kl. IIb einer für Volksschulen geprüften.

       3) Einführung des facultativen Unterrichtes in der franz. Sprache in den beiden ersten Knaben u. Mädchenklassen.

       4) Anstellung einer Industrielehrerin für die ersten 5 Klassen u. die Unterschule, welche im Stande ist, methodischen Unterricht zu ertheilen.

       5) Um die hierdurch entstehenden Kosten aufzubringen, das Schulgeld, wie folgt, zu erhöhen:

       Klasse I auf                 20 Mark pr. a.

       Klasse II auf               18 Mark pr. a.

       Klasse III auf              16 Mark pr. a.

       Klasse IV auf              12 Mark pr. a.

       Klasse V auf               10 Mark pr. a.

       Klasse VI auf                8 Mark pr. a.

       Das Schulgeld der Unterschule bleibt in der bisherigen Höhe.

       6) daß hinfort nur für die 3 ersten Kinder einer Familie Schulgeld bezahlt werden sollen, während die nächstfolgenden Kinder frei von Schulgeld sind.

       Neukalen, am 9. Februar 1893.

       Mau          J Voß     Otto Oldach     Reinhardt

       A Kossow     Ernst Broder     Aug. Lange"

 

1893 hatte die Stadtschule 405 evangelische und 2 jüdische Schüler.

 

Ab Ostern 1894 wurden die obigen Vorschläge verwirklicht. Für die 1. Mädchenklasse war die Witwe Johanna Kluge, geb. Willubitz angestellt, welche von Friedenau nach Neukalen zog.

 

1894 richteten der Kaufmann F. H. Albrecht, Bäcker W. Anders und Müller A. Wagenknecht eine Privatmädchenschule ein. Unterrichtsbeginn war am 22.5.1894. Den Unterricht leitete Fräulein Dorothea Hahn. Der Religions­unterricht wurde vom Lehrer Struck erteilt. Die Namen der Privatschülerinnen: Maria Wagenknecht, Ina Anders, Anna Benduhn, Philippine Albrecht, Erna Marcus (aus Schorrentin), Meta Sass (aus Gehmkendorf), Frida Schröder (aus Salem) und Henny Martens. Um 1903 war Frl. Stoll Leiterin dieser Privatmädchenschule.

 

1895 legte Rektor Oldach einen umfangreichen Lehrplan für die 6klassige Bürgerschule und 1klassige Volksschule vor. Dieser Lehrplan wurde vom Schulvorstand durchgesehen und für gut befunden.

 

Am 17.6.1896 vermerkte Rektor Oldach, daß an dem in Neukalen stattfindendem Sängerfest am Sonntag, Montag und Dienstag auch die Schule sich beteiligt. Es wurde ein großer Ausflug mit Gesang auf der Friedrich - Franzens - Höhe durchgeführt.

 

 

"Mecklenburgische Vaterlandskunde"

von Gustav Quade, zweiter Band, 1895,

Seite 319 - 320:

 

"27. Neukalen.

1. Die Stadtschule. Die Stadtschule in Neukalen ist bis in die erste Hälfte dieses Jahrhunderts eine Kirchspielschule gewesen und daher wohl ganz aus kirchlichen Mitteln erhalten worden. Sie bestand vor dem Jahre 1826 aus einer einclassigen Knaben- und einer einclassigen Mädchenschule. Im genannten Jahre stellte man einen Conrector an, der eine zweite Knabenclasse erhielt. Die Vorbereitung für die Stadtschule mußten die Kinder vom sechsten bis achten Jahre in gesetzlich gestatteten Winkelschulen erhalten. Diese Einrichtung blieb bis zum Jahre 1849, wo man die Schule in fünf Classen theilte, von welchen die fünfte und vierte für Knaben und Mädchen gemeinschaftlich waren, die dritte dagegen eine reine Mädchenclasse bildete und die zweite und erste nur für Knaben bestimmt wurden. Zu derselben Zeit richtete man für die oberste Mädchenclasse auch eine Industrieschule ein. Die Mangelhaftigkeit dieser Einrichtungen veranlaßte im Jahre 1854 aufs Neue eine Reorganisation. Letz­tere war jedoch nicht geeignet, allen Uebelständen gründlich abzuhelfen, da namentlich der Neubau eines Schulhauses unterblieb. Nach der im letztge­nannten Jahre getroffenen Umänderung bestand die Schule aus einer Bürger­schule mit vier Classen für beide Geschlechter und aus einer Volksschule mit zwei Abtheilungen neben einander und mit halbtägigem Unterrichte. Die Zahl der Classen betrug sechs mit fünf Lehrern und einer Lehrerin. In der Bürger­schule wurden 322 und in der Volksschule 175 Kinder unterrichtet.

Die Volksschule besteht seit circa 15 Jahren noch aus einer Classe, die zweite Classe ging wegen mangelnder Schüler ein.

Die Bürgerschule besteht aus sechs aufsteigenden Classen, von denen seit circa zehn Jahren die erste Classe nach Geschlechtern getrennt ist. Ostern 1894 ist auch die zweite Classe nach Geschlechtern getrennt und für die erste Mädchenclasse eine Lehrerin angestellt. Sonst war hier keine Lehrerin.

       Die Schülerzahl ist folgende:

        I a =    26 Knaben,                                         I b =    30 Mädchen,

       II a =   38 Knaben,                                         II b =   40 Mädchen,

                                           III =     54 Kinder,

                                           IV =    78 Kinder,

                                           V =      71 Kinder,

                                           VI =    74 Kinder,

                               Volksschule = 36 Kinder.

 

Die Schule wird aus landesherrlichen, kirchlichen und städtischen Mitteln erhalten, sowie aus dem Ertrage des Schulgeldes. Eine Schulsteuer ist bisher nicht eingeführt.

Die Gehalte steigen von 1050 - 1350 Mark (Familienstellen). Die zwei Hülfslehrer haben 700 Mark und freie Wohnung und Feuerung, die Lehrerin 900 Mark ohne jegliche andere Emolumente.

 

2. Privatschulen: eine Knabenschule mit 8 Knaben. - Die Mädchenschule, die hier früher bestand, ist aufgelöst, als Ostern die Lehrerin für die Stadtschule angestellt wurde."

 

 

Anmerkung:

Anders als heute, gingen in damaliger Zeit die ältesten Schülerinnen und Schüler in die Klasse 1.

 

Zeichnung des Schulgebäudes auf einer Ansichtskarte von 1897

Zeichnung des Schulgebäudes auf einer Ansichtskarte von 1897.

 

Zeichnung des Schulgebäudes auf einer Ansichtskarte vor 1900

 

Zeichnung des Schulgebäudes auf einer Ansichtskarte vor 1900.

 

Das Schulgelände um 1900

 

Das Schulgelände um 1900.

 

Das Schulgebäude auf einer Ansichtskarte von 1907 oder früher

 

Das Schulgebäude auf einer Ansichtskarte von 1907 oder früher.