Die Töpfermeister in Neukalen
Heinz Neumann
In Neukalen gab es früher maximal zwei Töpfermeister zur gleichen Zeit, die mit Lehrlingen und Gesellen den Bedarf an Töpfen, Kannen, Krügen, Flaschen, Vasen, Tellern, Bechern und Schüsseln aus Ton decken konnten. Edle Tongefäße und Teller wurden auch bemalt. Die lehmige Arbeit der "Pötter" brachte ihnen so manchen Scherznamen ein, wie "Dreckpatscher" oder "Lehmtreter".
Überliefert sind noch zwei Standorte eines Töpferofens:
1. Im Garten des Wohnhauses Klosterstraße 13
2. Im Garten des Wohnhauses Ringstraße 1
Den geeigneten Lehm suchte sich der Töpfermeister selbst aus. Als die industrielle Fertigung von Geschirr aus Glas und Porzellan die Produkte der Töpfermeister verdrängte, spezialisierten sich diese immer mehr auf das Ofensetzen.
"Lageplan des Molkereigrundstücks auf der Stadtbleiche zu Neukalen"
Diese Zeichnung fertigte im Dezember 1904 der Maurermeister Harm an.
Hier ist noch der Standort des Töpferofens eingezeichnet, nach welchem die "Lutherstraße" früher den Namen "Töpferstraße" hatte.
In Neukalen sind als Töpfer überliefert:
Ander, Niclas (1647) Töpfermeister
Kobow, Jochim (1673 ... 1706 +) Töpfermeister
Richter, Matthias (1707 ... 1731) Töpfermeister
Müller, Claus (1742 ... 1758) Töpfermeister
Riedche, Andreas (1751) Töpfergeselle
Behrens, Johann Friedrich (1751 ... 1771) Töpfermeister
Busch, Johann Christian (1779 ... 1780) Ofensetzer / Töpfermeister
Hübener, Johann Martin (1782 ... 1829 +) Töpfermeister (beim Amtstor)
Paul, Carl Ludwig Paul (1809 ... 1842 +) Töpfermeister
Paul, Carl Heinrich Theodor (1840 ... 1886 +) Töpfermeister, Sohn des vorigen
Matz, Gottfried Wilhelm (1851 ... 1896 +) Töpfermeister
Matz, Ernst August Wilhelm (1870 ... 1905 +) Töpfermeister, Sohn des vorigen
Bruger, Carl August Friedrich (1865 ... 1868 +) Töpfermeister
Rahnke, Franz Theodor Ernst (1868 ... 1876 +) Töpfermeister
Radtmann, August Friedrich Heinrich (1869 ... 1916 +) Töpfermeister
Radtmann, Paul August Wilhelm (1911 ... 1926 +) Töpfermeister, Sohn des vorigen
Rothenhäuser, Carl Jacob Heinrich Martin (1890 ... 1902 +) Töpfermeister
Jenner, Gustav (ab 1890 in Neukalen) Töpfergeselle
Schulz, Robert August (1901 ... 1964 +) Töpfermeister / Ofensetzer
Struck, Karl (1927 ... 1929) Töpfergeselle
Gebauer, August (1930 ... 1969 +) Töpfermeister
Gebauer, Otto (1932) Ofensetzer, Sohn des vorigen
Kottke, August Theodor Albrecht (1932) Ofensetzer
Plügge, Gerhard (1938) Ofensetzermeister
Wolfgramm, Ernst (1938 ... 1946 +) Ofensetzer, Töpfer
Neumann, Heinz (1949 ... 1976) Ofensetzergeselle
Mollenhauer, Franz (1947 ... 1955 +) Töpfermeister
Piper, Hermann, Ofensetzermeister
Leverenz, Willi Otto Karl, Ofensetzergeselle
Annonce von 1918
Der Töpfermeister Robert Schulz kam um 1900 nach Neukalen. Er wohnte zuerst in der Mühlenstraße 5. Da er sein Handwerk ausgezeichnet verstand und auch etwas Geld von den Eltern besaß, konnte er 1909 / 1910 ein recht ansehnliches Wohn- und Geschäftsgebäude in der Bahnhofstraße errichten. Robert Schulz, der sich als Ofenbaumeister bezeichnete, wurde ein erfolgreicher Unternehmer. Mit mehreren Gesellen und Lehrlingen war er in Neukalen und Umgebung als Ofensetzer tätig. In seinem Wohnhaus, Bahnhofstraße 40, hatte er eine "Glas, Porzellan und Steingut - Handlung". Auf der "Gefolgschaftsliste der Firma Robert Schulz", wie es 1943 hieß, standen:
Schulz, Robert 7.10.1875 Betriebsführer
Fröber, Karl 6.7.1898 Betriebsleiter
Ladwig, Karl 12.1.1885 Zimm. Polier
Schwarz, Wilhelm 31.8.1871 Zimmerer
Nitschke, Wilhelm 27.11.1875 Zimmerer
Hering, Karl 5.7.1894 Heizer
Jenß, Wilhelm 4.7.1916 Gatterschneider
Heincke, Ewald 19.7.1889 Arbeiter
Wolfgram, Ernst 10.1.1868 Töpfergeselle
Meier, Wilhelm 30.10.1876 Kutscher
Putzbach, Wilhelm 25.7.1881 Bremser
Stoll, Fritz 30.10.1903 Planierer
Klonowski, Stan. 8.5.1887 Arbeiter
Wolter, Martin 6.12.1894 Losmacher
Zornow, Wilhelm 15.7.1871 Vorarbeiter
Großmann, Wilhelm 7.1.1895 Arbeiter
Öhlkers, Wilhelm 12.12.1881 Arbeiter
Schuld, Wilhelm 18.3.1889 Wachmann
Karnatz, Karl 25.11.1881 Kutscher
Töpfermeister Robert Schulz
(geb. 7. Oktober 1875 in Mühlbach,
gest. 22. Januar 1964 in Neukalen
Robert Schulz als Lehrling (links)
Am 22. Juni 1911 nahm Robert Schulz an einem Treffen des "Verbandes deutscher Töpfermeister" in Dresden teil.
Annonce von 1926
Robert Schulz betrieb nebenbei auch ein Fuhrgeschäft und ein Taxiunternehmen. An der Teterowerstraße befanden sich dafür die Garagen (heute Wohnhäuser Nr. 2a, 2b und 2c) sowie eine Schlosserwerkstatt. Gegenüber dem Bahnhofsgebäude - am Weg auf der westlichen Seite des Bahngeländes - hatte er einen Zimmereibetrieb mit Sägewerk eingerichtet, für welchen nach dem II. Weltkrieg der Zimmerpolier und Platzmeister Albert Neumann zuständig war. 1951 waren hier 29 Arbeitsleute beschäftigt. Das Sägewerk wurde um 1955 stillgelegt. Robert Schulz gehörte auch das Kieswerk bei Salem, das sogar einen Gleisanschluß an die Bahnstrecke Malchin - Neukalen - Dargun hatte. Er erwarb mehrere Häuser in Neukalen. Sein Schwiegersohn Karl Fröber und der frühere Stadtsekretär Ulrich Kruse arbeiteten im Büro. Nach 1945 waren u. a. die Ofensetzer Ernst Wolfgramm und Franz Mollenhauer bei Robert Schulz angestellt.
Rechnung vom 26.7.1948
Töpfermeister Robert Schulz mit seiner Tochter Elfriede Fröber, geb. Schulz
Ansichtskarte um 1910 (rechts das Haus von Robert Schulz)
Ansichtskarte von 1912
Ansichtskarte (um 1925) mit dem Haus von Robert Schulz
1947 begann ich meine Lehre als Ofensetzer beim Töpfermeister Robert Schulz. 1950 beendete ich die Lehre und arbeitete nun als Ofensetzer. Ich bildete später auch den Lehrling Willi Leverenz aus. Wir hatten genügend Aufträge in Neukalen und in den nahe gelegenen Dörfern. Otto Golz von der MAS in Lelkendorf fuhr uns mit einem alten LKW das Material aus Malchin heran.
Mein Meister Mollenhauer war korpulent und schon etwas älter. Einmal hatte er in einem neu erbauten kleinen Haus am Ende der John-Brinkmann-Straße einen Ofen gesetzt. Robert Schulz sagte einige Tage später zu mir: "Heinz, wir gehen da mal hin und sehen uns den Ofen an." Der Ofen war seitlich etwas eingedrückt durch den dicken Bauch von Mollenhauer, was dieser gar nicht bemerkt hatte. Ich mußte die oberen Schichten bis zur 3. Reihe wieder abreißen und neu setzen, traute mich aber nicht, das meinem Meister zu sagen. Irgendwie war es mir peinlich, daß ich die Arbeit meines Meisters verbessern mußte. Da kam Mollenhauer. "Heini, was machst du da?" Ich druckste herum. Da meinte Mollenhauer: "Du kannst ja nichts dafür, aber ich kann auch nichts dafür, das war mein Bauch!"
1958 meldete Robert Schulz das Ofensetzerhandwerk ab. Die Kiesgrube bei Salem wurde verstaatlicht.
In Neukalen hatten nach 1945 noch Hermann Piper, der auch manchmal einen Lehrling hatte, und August Gebauer als selbständige Ofensetzer gearbeitet. In Teterow war die Produktionsgenossenschaft des Ofenbaues- und Fliesenlegehandwerks "Neue Zeit" gegründet worden. August Gebauer war zu dieser Zeit schon Rentner, Hermann Piper arbeitete in der PGH "Neue Zeit" ab 1.7.1958 und ich ab 15.7.1958. Bis zum 25.1.1976 war ich noch als Ofensetzer tätig, dann mußte ich den Beruf aus gesundheitlichen Gründen aufgeben.
Betriebsfest der PGH "Neue Zeit", von links: Heinz Neumann, Willi Leverenz, Frau Leverenz und Frau Neumann.