Rathaus feiert 220 Jahre
Stadt Neukalen, den 13.05.2021
Hallo Freunde!
Das erste Haus am Platz!
Heute ist Mittwoch, einen Tag vor Christi Himmelfahrt, so war es auch 1801, da geschah in diesem Ort etwas.
Unser Rathaus feiert in diesem Jahr gleich ein zweifaches Jubiläum. Das Hauptgebäude wird am 13.Mai 220 Jahre alt und wurde zuletzt vor 20 Jahren, im Februar 2001 nach umfangreichen Sanierungsmaßnahmen feierlich übergeben.
Das ist doch ein Anlaß mal hinter die Zahlen zu schauen.
Die Geschichte in Kurzfassung würde wie folgt lauten:
Das Rathaus am Markt wurde von den Maurermeistern Meinhardt und Ulrich sowie vom Zimmermeister Gesche 1799 bis 1801 erbaut. Im Mai 1801 gab es eine feuchtfröhliche Feier zur Einweihung. Die Baukosten betrugen 4278 Taler 23 3/4 Schilling. 1879 wurde am Rathaus der Nordflügel angebaut und bis 1924 als Amtsgericht genutzt; 1898 erfolgte der Anbau des Südflügels. Nach einer umfangreichen Sanierung gab es am 9.2.2001 eine Feier zur Neueinweihung des Rathauses. So Freunde, Ihr könnt jetzt für unseren Stadtmittelpunkt ein verdientes Daumen da lassen und das Lesen beenden oder Ihr nehmt Euch die Zeit und lest weiter, aber vergeßt dann nicht Euer gefällt mir!!! Vorab ein großes danke an Wolfgang Schimmel, ohne seine Vorarbeit würde es diese Zeilen so nicht geben.
Zur Geschichte. Schon bald nach der Stadtgründung errichteten die ersten Einwohner auch ein Rathaus für den Magistrat der Stadt. Es fand an der südlichen Kirchhofsmauer, gleich neben dem Bürgermeisterhaus, seinen Platz. 1414 wird es zum ersten Mal erwähnt. Es war ein kleiner einstöckiger Fachwerkbau mit einem Strohdach. Jeden Donnerstag war Markttag, und sobald die rote Flagge vom Rathaus wehte, hatten auch die Verkäufer aus der Umgebung das Marktrecht. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde neben vielen anderen Häusern auch das Rathaus zerstört. Nach dem Krieg war die Stadtkasse leer, und so konnte man erst 1667 daran denken, ein neues Rathaus zu bauen. Da wurde der Bürgermeistersitz dann schon zweigeschossig. Im 18. Jahrhundert nutzte man das Rathaus auch häufig zur Unterbringung und Pflege verletzter fremder Personen, da es eine andere Unterbringungsmöglichkeit nicht gab. Immer wieder waren auch Reparaturen notwendig. Die Bürger drängten vehement auf einen Neubau, Neukalen müsse sich etwas Gebührlicheres leisten können. Es sollte noch dauern bis dies erhört wurde.
Als im Herbst 1799 Johann August Wachenhusen sein Amt als Bürgermeister in Neukalen antrat, erschien ihm das baufällig gewordene alte Rathaus nicht mehr repräsentativ genug, so wie das Volk es lange sagte. So beschloß der Magistrat Anfang Oktober den Neubau eines ansprechenden Rathauses. Bereits am 10.10.1799 begannen die Abrißarbeiten des bisherigen Gebäudes. Viele alte Materialien, unter anderem mehr als 5500 Dachsteine, 30 alte Fenster und 3 Türen, wurden für insgesamt 93 Rthlr. 43 Schilling verkauft. Die Abrißarbeiten kosteten 51 Rthlr. 37 Schilling.
Den Entwurf zum neuen Rathaus fertigte der Maurermeister Johann Gottfried Meinhardt an. Er fuhr zu diesem Zweck extra nach Stavenhagen, um sich das dortige Rathaus anzusehen. So wird auch die optische Nähe beider Häuser ersichtlich.
Am 4.11.1799 konnte schon mit dem Fundament begonnen werden. Am Bau des Rathauses waren beteiligt: Maurermeister Meinhardt und Ulrich sowie der Zimmermeister Gesche; die Glaser- und Malerarbeiten besorgte der Glasermeister Rost. Der Bau stand unter der besonderen Aufsicht des Senators Carow. Von dem im Oktober 1799 abgerissenen alten Rathaus wurden 32 300 Mauersteine abgeputzt und wieder verwendet. Ansonsten kamen die Steine aus den Ziegeleien in Gorschendorf (15 500 Mauer- und 4 500 Dachsteine), Rey (10 000 Mauersteine), Lüchow (7 800 Mauersteine) und "Hagensruhm" (12 000 Mauersteine).
Am 16.6.1800 gab es eine feuchtfröhliche und zünftige Richtköst für die Bauhelfer, welche der Stadt genau 83 Rthlr. 1 Schilling kostete.
Am 13. Mai 1801, es war ein Mittwoch, einen Tag vor Christi Himmelfahrt, konnte dann die Einweihung des neuerbauten Rathauses stattfinden. Es gab eine große Feierlichkeit mit Branntwein, Bier, belegtem Brot und Torten. Die Straßen waren festlich erleuchtet. Für jedes Stadtviertel erfolgte unter Leitung des Viertelsherrn extra eine Feier. Der Magistrat versammelte sich erstmalig im Rathaus. Auf dem Marktplatz spielte der Musikus Burmeister aus Gnoien zum Tanz auf. Somit war also das heutige Rathaus, anfänglich noch unverputzt, fertiggestellt. Die Baukosten betrugen 4278 Rthlr. 22 3/4 Schilling, das wären heute 210.000 €, ein Schnäppchen. Neukalen hatte nun endlich ein festes Rathaus mit einem großen Saal. Dieser große Raum wurde damals häufig zu familiären Festlichkeiten oder Tanzveranstaltungen vermietet.
Das erste Haus am Platz stand, der Komplex ringsherum entwickelte sich in den Folgejahren. Unsere Kurzfassung:
Der Sternberger Landtag beschloß am 9.1.1878 mit großer Mehrheit, daß die Städte Neukalen, Brüel, Krakow, Kröpelin, Marlow, Rehna und Sülze Sitz eines Amtsgerichtes werden sollen. Die Neukalener waren begeistert von dieser Entscheidung, versprachen sie sich doch davon eine Verbesserung der städtischen Entwicklung. Da kein anderes geeignetes Gebäude zur Verfügung stand, erfolgte 1878/79 durch das Großherzogliche Justiz - Ministerium auf der Grundlage eines Vertrages vom 29.7.1878 ein Anbau an das bestehende Rathaus (Nordflügel) mit Gefängnisraum, Dienstwohnung und Spazierhof für die Gefangenen. Die Polizeistation hielt sich dort bis Anfang der 1990-ziger Jahre, das sollte zumindest den Älteren unter Euch noch bekannt sein. 1878 / 1879 wurden nun die vereinbarten Umbauten vorgenommen und ein neues Gebäude als nördlicher Seitenflügel an das Rathaus angebaut. Ausführender Betrieb war Maurermeister Harms.
Ab 1.10.1879 nahm das Amtsgericht seine Arbeit auf. Als Amtsrichter fungierte Herr Peters, der aus Neubuckow nach Neukalen versetzt worden war.
Um dem gesamten Komplex ein ansehnliches Äußeres zu geben, wurden das neue Gebäude und das Rathaus 1879 neu gestaltet und verputzt. Als Verzierung an der Hauptfront, oben im Spitzgiebel, wurde Minerva, Göttin der Weisheit und der Kunstfertigkeit, dargestellt. Mit einem Relief an der Südseite des Rathauses wollte der leider unbekannt gebliebene Künstler ein Sinnbild des pulsierenden Lebens schaffen. Im Giebel über dem Eingang des Amtsgerichts war das mecklenburgische Wappen angebracht. Leider sind alle diese Bildnisse bei späteren Renovierungen abgeschlagen worden. Zum Amtsgericht Neukalen gehörten: Neukalen, Kämmerich, Kleverhof, Küsserow Hof, Küsserow Dorf, Kl. Wüstenfelde, Gülitz, Salem, Schlakendorf, Franzensberg, Schönkamp, Warsow und Neu-Wüstenfelde. Fast 45 Jahre fanden in Neukalen Gerichtsverhandlungen statt, dann war es wieder vorbei. Das Gericht wurde geschlossen, die Stadt kaufte den Anbau und ab 1926 wurden dort Wohnungen vermietet.
Seit 1879 gab es auch die Sparkasse in unserer Stadt, die suchte zur Jahrhundertwende einen neuen Standort. 1897 reifte die Idee diese als Südflügel an den Komplex anzufügen. Gesagt getan, der Altbestand wurde abgerissen und im März 1899 war die Einweihung der Sparkasse mit Wohnungen im 1. Obergeschoß. Dort wohnte unsere Oma Klemke, da waren wir früher jeden Sonntag, standen vor der steilen Treppe und riefen. Oma hieß seitdem nur “Hallo-Oma“. Kleine interessante Randnotiz, die beiden gerade neuen Handwerksmeister Zingelmann (Dach zusammen mit Meister Mehls) und Schacht (Türen) waren an diesem Bau beteiligt. Beide Firmenunternehmen gibt es heute noch.
So stand das Ensemble, halt, der Westflügel kam noch dazu, unsere gute alte “Bussi“. In den späten 30-ziger Jahren hatte man schon einige Verzierungen an der Fassade entfernt, der Grund ist bekannt. Um 1965 erfolgte eine Renovierung des Rathauses, wobei das Dach teilweise verändert und der vordere Giebelaufbau sowie die letzten Verzierungen entfernt wurden. Um 1980 machte das Rathaus keinen guten Eindruck mehr. Der Putz bröckelte schon an vielen Stellen ab. Da die 700-Jahrfeier Neukalens bevorstand, sollte das Rathaus dringend neu verputzt werden. Am 6.4.1981 begannen die Brigaden Mosch und Hinrichs vom VEB (K) Bau Malchin mit den Arbeiten. Zusammen mit dem alten Putz schlug man bedauerlicherweise auch die restlichen Zier- und Schmuckelemente ab. Das Rathaus mit seinen beiden Nebengebäuden wurde neu verputzt und mit roter Farbe angestrichen. Bis zur Festwoche (1. bis 7.6.1981) zur 700-Jahrfeier schaffte man allerdings nur die Süd- und Ostseite. Als einzige Zierde wurde eine Sonnenuhr an der Südseite des Rathauses neu angebracht.
Vor 20 Jahren, am 9.2.2001 genauer, wurde das Rathaus nach einer umfangreichen, sehr teuren Sanierung, anläßlich des 200.Geburstages, feierlich “neueingeweiht“.
Die Funktion eines Rathauses hielt aber nicht mehr lange stand, ein bißchen über 1 Jahr. Die Belegschaft wurde drastisch gekürzt, der Bürgermeister verlor seinen hauptamtlichen Status, Neukalen wurde Mitglied im Amt Malchin Land (2002). Das alles kann, muß man sicherlich detailliert sehen, wichtig, das unser Rathaus wieder sein altes “Chic“ bekam. Heute ist eher ein Haus der Dienste und Vereine, es ist ein Kleinod, ein Fotomotiv, ein Aushängeschild der Peenestadt. Das eine oder andere Wehwehchen hat es auch, aber bei klammen Kassen, ist die Bewältigung schwierig.
Ach wir könnten noch. Vor 10 Jahren, Anfang Dezember 2011, wurde auch der Marktplatz im neuen Glanz übergeben und gibt seitdem dem “alten Gemäuern“ einen würdigen Rahmen. Jetzt ist Schluß. Wer mehr Details wissen möchte, dem empfehlen wir die Internetseite unserer Stadt. Danke für die Aufmerksamkeit!
Bild zur Meldung: Rathaus feiert 220 Jahre
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