Vorgeschichte zum Denkmal
Stadt Neukalen, den 16.11.2020
Nun wollen wir Euch die Vorgeschichte zu unseren eben verfaßten Zeilen nicht vorenthalten. Tauchen wir ein, in eine Zeit vor über 100 Jahren.
Die Steinmetz-Familie Berendt begeht in diesem Jahr ihren 108.Geburtstag in Neukalen. Und zu diesem Jubiläum lassen sich einige Fäden bis in heutige Zeit ziehen. So z.B. die aktuelle Geschichte mit dem staatlich anerkannten Erholungsort Neukalen. Der Stammvater der Familie Berendt, wohnhaft im thüringischen Schmalkalden weilte in den Jahren um 1910 herum, desöfteren zu Kuraufenthalten in Neukalen. Diese Luftveränderung bekam ihn vorzüglich und es wurde ernsthaft über einen Umzug nachgedacht. 1912 ergab sich dann die Gelegenheit. Steinmetzmeister Schoepfer hatte in der Darguner Straße, nahe dem Friedhof, ein Haus gebaut und dort sein Geschäft eröffnet. Das alles stand aus familiären Gründen zum Verkauf und Herrmann Berendt kaufte dies für sich und seinen Sohn Georg, der später sich eine Frau aus Neukalen suchte und den Betrieb übernahm.
Die zweite Parallele ist die Kranzniederlegung am Kriegerdenkmal am heutigen Sonntag. Unser Andreas hat wieder für schöne Bilder davon gemacht. Jetzt die Verbindung zu Georg Berendt. Er ist quasi der Urheber dieses Denkmales. Seine Idee setzte sich unter den Bewerbung durch. Ein Denkmal für die Gefallenen des ersten Weltkrieges war lange schon geplant. 1922 wurden hölzerne Tafeln in der Kirche postiert. 1925 keimten die ersten Gedanken zu was “Festem“ auf. Als Platz wurde der Gartsbruch auserkoren. Aus riesigen Findlingen die bei der Gasanstalt lagen, sollte ein Herr Kruse was “meißeln“. Er gab auf, verständlich. Aber die Idee wurde nicht aufgegeben. Es wurde 1929 eine Denkmalslotterie eingeführt und es fanden sich Bürger die eine Spendensammlung organisierten (ja das liegt wohl im Neukalener Blut). Die neu gegründete Denkmalsgemeinschaft bevorzugte immer noch den Gartsbruch. Da brachte die Stadt eine neue Idee ins Spiel, die “Insel“. Diese frühere Insel zwischen zwei Peenearmen war nach Abbruch der Wassermühle um 1800 und Verlandung des nördlichen Peenearms sowie des Mühlenteiches eine sumpfige Wiese geworden und diente der Rohrwerbung (Schilfgewinnung). Als um 1929 die Peene und der Hafen ausgebaggert wurden, legte man die Wiese durch Auffüllung mit der Modder trocken. Hier sollte schließlich das Denkmal seinen Platz finden und die Umgebung entsprechend angelegt werden. Jetzt wurde ein Wettbewerb der Entwürfe gestartet und den gewann jener Georg Berendt.
Während Georg Berendt mit seinen Beschäftigten im Sommer 1930 mit der Errichtung des Denkmals begann, sorgte ein eigens geschaffenes "Baukommitte des Kriegerdenkmals" dafür, daß die notwendigen Erd- und Transportarbeiten durchgeführt, Grünflächen und Blumenrabatten angelegt sowie Bäume gepflanzt wurden.
Das Denkmal wurde aus vorgefertigten Blöcken aus Kunststein an Ort und Stelle aufgebaut. Die Inschrift "Vergiss mein Volk die treuen Toten nicht! 1914 - 1918" aus großen bronzenen Buchstaben auf der Vorderseite ist weithin sichtbar. An der linken und rechten Seite befindet sich jeweils eine gegossene Bronzetafel mit den Namen der Gefallenen. Die Krönung bildete ein “2,25 Meter“ hoher Adler. Als Material hatte die Firma Betonwerkstein - vom Bildhauer überarbeitet - verwendet. Dieser Adler war auf der Leipziger Messe ausgestellt und von der Denkmalsgemeinschaft gekauft worden. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß diese nach einer Form gegossene Adlerdarstellung weiter auf keinem anderen Denkmal verwendet wurde, also einmalig nur in Neukalen vorkam.
Ist schon Wahnsinn, 2,25 Meter, was für Koloß. Am 19.10.1931 war die feierliche Übergabe. Unmengen von Menschen zogen mit einem Umzug durch die Stadt Richtung Insel. Neben Bürgermeister Ziegler gab es auch Gedichte von Kindern, darunter z.B. Luise Wilken und Hans Schoknecht. 1931 beschaffte man Bäume zur Bepflanzung des Denkmalplatzes, u. a. auch 30 rotblühende Kastanien. Die Birken am Peeneufer des Kriegerdenkmalplatzes pflanzte 1933 Hermann Iben - der spätere Bürgermeister nach 1945 - im Rahmen von Notstandsarbeiten.
Die Geschichte des Adlers nahm ein trauriges Ende, Schatzsucher aufgepaßt. Während der Zeit des II. Weltkrieges verwahrloste der Platz. Nach dem Einmarsch der Roten Armee forderten deutsche Kommunisten, die das Sagen im Rathaus hatten, von Georg Berendt und seinem Sohn Heinrich Berendt die Entfernung des Adlers. Aus Angst vor Schwierigkeiten schlichen beide nachts in den Park, schlugen den Adler in Stücke und versenkten alles in der nahen Peene. Eine unversehrte Abnahme des gesamten Adlers war ihnen leider unter diesen Bedingungen nicht möglich.
Etwa 1958 wurde der Park neu gestaltet, in den folgenden Jahren mehr oder weniger gepflegt und schließlich vor einiger Zeit durch ABM - Kräfte erneut in Schuß gebracht.
Die Form, in welche der Adler 1930 gegossen wurde, existiert noch, ebenso die Firma. Jedoch scheiterte die Anschaffung eines neuen authentischen Adlers an den hohen Kosten. 2007 setzten sich mehrere Bürger unserer Stadt, u.a. Schmiedemeister Günter Brinkmann, Lothar Wutschke, Wilfried Schober, René Birr, Daniel Herbst, Bernd Lucka und Andreas Ulbricht, dafür ein, daß das Denkmal wieder von einem Adler gekrönt wird. Er ist zwar etwas kleiner, gibt dem Denkmal aber ein würdevolles Ansehen.
So das war mal ein kleiner Ausflug in die Stadtgeschichte. Danke an Wolfgang Schimmel für die Vorarbeit und Euch noch einen schönen Abend!
Bild zur Meldung: Vorgeschichte zum Denkmal
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